MDdW / Vor dem kalten Tore man wartet
Sonntag, 17. März 2013 18:16
Vom Eise befreit? Dazu nicht mal ein Wort zur Zeit, denn Strom und Bäche künden von des Lenzen’ Schwäche, gluckern kühl und trübsalzäh. Winters Faust deckt braune Flur mit unerbittlichlich’ Weiß, Kranich kehrt und wendet und ihm schwindelt, alles Streben zarter Triebe wartet, es wandeln frierend Aufrechtgeher aus dem hohlen, finstren Tor, erkältet krächzt der Engel Chor, die Auferstehung wird verschoben, der Tag entgraut und ihn zu loben, fällt bestenfalls dem Teufel ein, doch selbst sein glühend’ Pferdefuß verlöscht in einem Regenguß. Man putzt nicht sich heraus, man putzt verschlammten Schuh, blickt nassen Auges auf der Stadt Getümmel, sucht hinter Wolken einen Himmel, ungläubig flüstert groß und klein: Wo ist der Lenz? Bitt’ ihn herein! Und auch Herr Mahler wär’ bereit, das Willkommenstuch zu hissen. Vielleicht tun’s die Narzissen, vielleicht auch können Osterglocken den späten Bengel locken, den Schritt nun eilend zu gestalten, mag er bald Einzug halten. Doch solang die Wolke weint: Warten ist die wahre Zeit.
Thema: Dichtung der Wahrheit | Kommentare deaktiviert | Autor: Christian Lugerth