Beiträge vom März, 2010

Wie sich die Öffentlichkeit interessierte und Archibald mit Herrn Hoeneß telefonierte

Mittwoch, 31. März 2010 8:53

telefon„Mer hotts it leicht, aber leicht hotts einen!“ sagen die Südbadener, die meist Unsinn erzählen, aber hier ausnahmsweise mal recht haben. Da schmeißt man ein Steinchen ins mediale Wasser und dann das. Die Öffentlichkeit interessierte sich. Die Presseticker hyperventilierten.

„(dpa) Unbescholtener Bär zum Komatrinken gezwungen. Ein zur Zeit beschäftigungsloser Musentempelarbeiter hat in einer hessischen Kleinstadt einen ihm anvertrauten Bären im Rahmen eines fragwürdigen Reinigungsrituals zum Alkoholmißbrauch gezwungen. Unter dem Vorwand die äußerst umstrittene ‘Tschurtschenthalermethode’ anzuwenden, hat er dem wehrlosen Tier etwa zehn griechische Anisgetränke eingeflößt. Zudem hat er das betrunkene Tier  aufgestachelt über die sogenannten ‘Aufrechtgeher’ und ihre Ausdrucksweise herzuziehen. Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Frau Mechthild Dyckmans, hat sich des Falles angenommen.“

„(sid) Beispiellose Hetze im Netz – Speerspitze der deutschen Kugeltretkunst als ‘Die Blöden’ bezeichnet. In einem mittelhessischen Blog, der von einem Bären betrieben wird, wurde gestern die Speerspitze der deutschen Kugeltretkunst in herabsetzender Weise als ‘Die Blöden’ bezeichnet. Der Präsident des Vereins will sich des Falles persönlich annehmen. Zitat: ‘Es kann nicht angehen, daß Menschen in diesem unserem Lande wenige Stunden vor einem Spiel von nationaler Bedeutung sich in solch despektierlicher Weise über unsere Kugeltretkünstler äußern. Wir reißen uns hier den Arsch auf und ihr!’ Der DFB ließ mitteilen, daß er auf Grund momentaner Arbeitsüberlastung schwerens Herzens auf ein Ermittlungsverfahren verzichtet.”

Die Vierbuchstabenzeitung faßte es zusammen: „DENKSTE ARCHI! Stockbesoffener mißbrauchter Bär kann Sieg der ‘Blöden’ gegen Manchester nicht verhindern.

Die Haustür klingelte. „Sie sind Herr Ernst Albert?“ „Ja!“ „Mitkommen!“ Die Haustür fällt ins Schloß. Archibald ist allein. Das Telefon klingelt. „Archibald Mahler, Bär vom Brandplatz bei Ernst Albert. Hallo?“ „Was haben Sie sich da eigentlich gedacht?“ „Wie?“ „Wir reißen uns hier den Arsch auf und Ihr?“ „Was?“ „Und das kannst Du dem Chef von dieser Truppe der taktischen Foulspieler sagen: der erste Platz gehört uns. Egal wie. Egal wo. Egal wann.“ „Wer sind sie denn?“ „Aber weil der gestrige Abend mich milde gestimmt hat: wenn Du elfmal schreibst in Deinem Blog: ‚Die Blöden sind die Speerspitze der nationalen Kugeltretkunst!’, will ich Gnade vor Recht ergehen lassen. Klar?“ Am anderen Ende der Leitung fiel der Hörer in die Gabel. (So was gibt es doch gar nicht mehr! Schönen Gruß vom Setzer)

Und weil Archibald Mahler, der Bär vom Brandplatz keine Lust hat, sich mit Herrn Hoeneß zu zoffen:

Die Blöden sind die Speerspitze der nationalen Kugeltretkunst! Die Blöden sind die Speerspitze der nationalen Kugeltretkunst! Die Blöden sind die Speerspitze der nationalen Kugeltretkunst! Die Blöden sind die Speerspitze der nationalen Kugeltretkunst! Die Blöden sind die Speerspitze der nationalen Kugeltretkunst! Die Blöden sind die Speerspitze der nationalen Kugeltretkunst! Die Blöden sind die Speerspitze der nationalen Kugeltretkunst! Die Blöden sind die Speerspitze der nationalen Kugeltretkunst! Die Blöden sind die Speerspitze der nationalen Kugeltretkunst! Die Blöden sind die Speerspitze der nationalen Kugeltretkunst! Die Blöden sind die Speerspitze der nationalen Kugeltretkunst!

„Potzrembel!“, dachte Archibald. „Wieso gerade elfmal?“ Woher sollte er auch wissen, daß Herr Hoeneß einer der Miterfinder der Konkreten Poesie ist. Das Telefon klingelte. “Hier bei Albert. Mahler am Apparat.” “Kleinen Augenblick. Ich verbinde sie mit Frau Dyckmanns!”

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Archibald sagt “Westerwelle” und wird von Ernst Albert gebremst wegen der Blöden

Dienstag, 30. März 2010 9:53

worteSei gegrüßt, Tschurtschenthaler Gregor. Ernst Albert und Archibald wären bereit. Die Gläser sind gefüllt. Archibald legt los. „Voila! Liebe Aufrechtgeher, wenn ich folgendes in der nächsten Zeit nicht jeden Tag doppelt, drei- bis hundertfach lesen, hören und riechen müßte, wäre ich sehr dankbar. Es geht unter anderem auch um meine Gesundheit. Also, notieren Sie bitte: Hallooo? Gänsehautfeeling. Nachhaltig. Ich warne davor. Der Saal kochte. Emotionaler Moment. Sie stehen kompakt. Bio. Woche der Wahrheit. Die Parteivorsitzenden unterhielten sich angeregt. (Na zdrave!) Bio. Passt schon. Zutiefst betroffen. Ich finde, er hat seine Sache gut gemacht. Großes Tennis! Ich melde mich dann. Kopfprämie.  Geht klar. Schönen Tag noch! Haben Sie eine Paybackkarte? (Slainte!) Haarscharf daneben. Wir bedauern das außerordentlich. Mehr Service für weniger Geld. Liebe isst. Entspannen Sie sich. Genuß pur. Bio. Auf dem Weg zu sich selbst. Die Abseitsfalle schnappt zu. Ganz normales Geschäftsgebaren.  (Genatzt!) Verjährt. Die Tragweite seines Handelns. Ich bin fokussiert. Uns fehlt das Siegergen. Er hat die Haare schön. FDP. Personenschaden. Da muß man sich dran gewöhnen. Bio. Man gönnt sich ja sonst nix. (Kippis!) Ich fahr meinen Wagen gleich weg. Zeitfenster. Zeitnah. Bio. Green Building. Hier ist richtig was los. Wir sprechen hier über. Wir sprechen hier nicht über. Alleinstellungsmerkmal. Stockfehler. (Txin Txin!) Ein typischer Pokalfight. Ich bin nun mal so. Kultur des Hinsehens. Jetzt wird es eng für den Trainer. Literaturpapst. Fitneßpapst. Kochpapst. Papst. Bio. Kachelmann. (Kampai!) Migrationshintergrund. Das Geheimnis des Erfolges. Was geht? Ich habe Vertrag bis 2012. Soziale Teilhabe. Gerne. Bio. Endzeitstimmung. Interessierte Öffentlichkeit. Vorgängerregierung. (Bottoms up!) Die Krise meistern. Kulturbulent. Was habe ich damit zu tun? Gemeinsames Duschen. Also ich hatte meinen Spaß. Bio. Nimm drei, zahl zwei. Leistungsträger. Internationales Entsetzen. Steuersenkungen. (Stößchen!) Wir schauen nur nach vorne. Verzögerungen im Betriebsablauf. Das gehört einfach dazu. Bleibt Ribery? Bio. Ich bin mir das wert. Abzocke. Zum Gegenangriff blasen. Bärenstarke Laufleistung. Okeee?“ Das neunte Getränk rinnt die Kehlen hinab, begleitet von einem kräftigen: Jamas!

Archibald spürt erste Erleichterung. Aber da geht noch was. „Da geht noch was. Westerwelle…“

Ernst Albert bremst Archibald Mahler, den Bären vom Brandplatz. Nicht nur wegen des bevorstehenden zehnten Unterhaltungsgetränkes aus Griechenland und weil er sich nicht vorwerfen lassen will, unschuldige Bären in den Trinkersumpf hinabzureißen, nein: die Blöden stehen vor der Türe. Und da gilt es sich vorzubereiten. Gelingt die Traumaaufarbeitung?

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Die Tschurtschenthalermethode

Montag, 29. März 2010 13:04

apotheke„Jo schaug, wann es Dich verruckt moacht, noa schpeibst es aus!“ Und: „Sums nit und suff an Meum athamaniticum Jacq.“ Das hatte Ernst Albert Archibald gestern ins Ohr geflüstert. Selbstredend ist – dies vermutet selbst ein Bär, der noch am Anfang seiner Bildungsreise durch die Welt steht – das eine tirolerisch und das andere Latein, kann also nicht originär von Ernst Albert stammen,  obwohl der seine Bildungsreise durch die Welt schon etwas früher angetreten hatte. So sei es! Urheber dieser weisen Worte ist der Tschurtschenthaler Gregor, ein Drogist und Schnapselbrenner aus dem abgelegenen Glungezertal in Tirol. Drunten in der Landeshauptstadt am Inn hatte der Tschurtschenthaler Gregor eine Drogerie und dort hatte Ernst Albert auf einer seiner Reisen den Tschurtschenthaler Gregor kennengelernt. Er hatte vor dessen Drogerie gestanden und das alte Ladenschild photografiert, als die Tür aufging und ein stattlicher alter Mann mit riesigen verhornten Händen Ernst Albert hineinwinkte. „Keamens enk eini, Luschn.“

Ernst Albert stand in einem leeren Ladengeschäft, welches  gewiß seine 250 Jahre auf den – allerdings auch leeren – Regalbrettern hatte. In der Mitte des Raumes befand sich ein wackliger Holztisch, auf diesem ein Blecheimer und daneben eine große Flasche Schnaps. Und wie der Herr Albert so schaute wie eine Luschn, weil er nix verstand, hat der Tschurtschenthaler Gregor ihm ein Stamperl von dem Selbstgebrannten eingeschüttet und dann die von ihm entwickelte Methode erklärt.

Er erzählte, daß ihm seit Jahren auffalle, daß, wenn er von seinen Bergen herabsteige, die Menschen in den Tälern und Städten immer wahnsinniger und hektischer würden, weil sie innerlich vermüllt seien. Und daß der schlimmste Müll gar nicht mal der Dreck in den Flüssen, in der Luft und in den Nahrungsmitteln sei, sondern der Dreck in den Hirnen und Herzen der Menschen. Und daß fast alle Krankheit nicht aus dem Himmel in den Menschen hineinfalle, sondern daß die Menschen einen großen Spaß daran hätten, sich gegenseitig krank zu machen. Und schlimmer wie jede „Fotzn“, die man dem anderen mit der Hand auf die Wange haue, seien die „Fotzn“ die man mit Ausgesprochenem und Hingeschmiertem austeile. Und das sei eine gewaltige Menge, die der Mensch täglich an unsinnigen, geheuchelten und sinnlos nachgeplapperten Worten aufnehme, sei es über Ohr, Auge oder Nase. Und deshalb: „Jo schaug, wann es Dich verruckt moacht, noa schpeibst es aus!“ Und das sei die Methode. Du sprichst zehn Worte, die Dir seit Tagen das Hirn und Herz vermüllen laut vor Dich hin, spuckst dreimal in den Blecheimer und: „Jammerst nicht rum und säufst ein Stamperl Bärwurz.“ Und machst Dich an die nächsten zehn Worte. Und so weiter und so fort, bis Du eine angenehme Leere in Dir hast. Und die fühle sich richtig „bearig“ an. „Pfiat enk, i muaß buggln.“

So saß Ernst Albert vor dem Kränkelbären, Bleistift und Papier in der Hand, neben sich – in Ermangelung des Originals – einen griechischen Anisschnaps und vor sich Eva Pelagias Putzeimer. Und Archibald Mahler, der Bär vom Brandplatz, begann eine lange, lange Liste zu diktieren. Denn wenn eine sensible Bärennase unter die Aufrechtgeher fällt, da kommt schon was zusammen.

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Drei Tage war der Archi krank, jetzt schaut er wieder, Gott sei Dank!

Sonntag, 28. März 2010 16:06

roentgenDer Schmerz, aber: Die Krankheit. Die Sorge. Die Angst. Die Diagnose. Die Medikamentation. Die Pflege. Die Heilung. Man braucht hier gar nicht auf diesen albernen, aber höchst lukrativen Mond-Venuszug aufzuspringen, dennoch: eine Tendenz ist klar erkennbar. Archibald lag im Bett oder vor dem Bilderapparat, Ernst Albert fuhr in der Weltgeschichte herum und mal gewannen die Blöden, dann waren die Blauen Erster. Tage im Gleichmaß: gelegentliche Bärenstöhner, exzessiver Honigkonsum und abgestandene Luft, bis Eva Pelagia eingriff und Archibald von dannen trug. Die Tat.

„Aha, soso, na ja!“ sagte die Ärztin des Hauses, ihr Gesicht legte sich in zu honorierende Falten und man schob Archibald unter das Strahlengerät. Immerhin hatte ein Bürger dieser Stadt, der hier zudem begraben liegt, einst die durchsichtig machende Wirkung dieser Strahlen entdeckt und sie für die Heileheilekunst verfügbar gemacht. Archibald Mahler, der Bär vom Brandplatz wurde geröntgt, das erste Mal. Wenig später lag das Photo auf dem Schreibtisch der Frau Doktor. „Aha, soso, na ja!“ Die Falten im Gesicht der Heilkünstlerin nahmen an Tiefe und Bedeutung zu. „Der Lichtkranz um das Gehirn deutet auf eine Frühform einer eventuell streßbedingten  Überreizung der vorderen Hirnlappen hin, eine sogenannte supracogitatio literaris humilis. Der weiße Fleck an der rechten Pfote ist Folge einer gemeinen Übersaugung auf Grund eines latenten Phantasiestaus, eines vacui thematis generalis. Die stark hervortretenden Augen legen einen mehrtägigen Bilderapparatentzug nahe, extractio televisio.“ Archibald zuckte. Der Kampf der Blöden gegen die Blauen hatte doch gerade erst an Fahrt aufgenommen und dann so etwas. „Am meisten Sorgen aber macht mir dieser große, höchstwahrscheinliche posttraumatische Wärmestau – concalesco extremo abdomalis – mit leichter Rechtstendenz im Bereich des Unterlaibs. Offensichtlich die Spätfolge einer nicht hundertprozentig fachgerechten Anoperation eines abben Beines.“ „Vielleicht aber auch nur erste Anzeichen des körpereigenen Frühling!“, dachte der Bär, wagte es aber nicht bei so viel Sachverstand in Weiß zu widersprechen. Eva Pelagia schaute ein wenig erschüttert, was zum einen ein Grundzug ihres zutiefst emphatischen Wesens ist, aber auch mit ihrer Verstrickung in die Causa “Abbes Bein/Anoperation” zu tun hatte. Also sprach die Weißkittelin:„Machen Sie sich mal nicht zu viel Sorgen. Ruhe, viel Trinken, Verzicht auf Genußgifte aller Art und Ruhe, viel Ruhe. Aber das habe ich ja schon gesagt. Ach ja, und die kleinen Punkte am Hals deuten auf eine ganz normale infektiöse Angina hin, verursacht durch Scheißwetter und eine defectio virium, einen allgemeinen Schwächezustand. Streßbedingt. Mann, bin ich fertig. Oh. Entschuldigung. Auf Wiedersehen.“ Man schob die Beiden sanft aus dem Sprechzimmer. „Fräulein Else, schicken Sie mir jetzt den Hasen mit der Obstipation herein.“

Archibald war die Lust am Kranksein gründlich vergangen. Gerade noch ein lebensbejahender, bildapparatschauender Leidensbär mit einem leicht kratzenden Hals und wenig später schon ein Fall für die Notschlachtung. Er schaute aus dem Fenster. Es regnete. Kalter Wind. Herr Lenz hatte Termine außerhalb des Landes wahrgenommen. Es rappelte im Treppenhaus. Ernst Albert kehrte zurück. Er roch nach Genußgiften. Die Zugfahrt war lang gewesen. Aber als er seinen zerrütteten Bären sah, lachte er nicht, sondern er hatte eine Idee. Er flüsterte dem Bären etwas in Ohr. Dann tröstete Ernst Albert Eva Pelagia, den sie konnte nichts dafür, weder für dieses noch für jenes. Archibald schaute aus dem Fenster. „Na klar! Deshalb! An die Arbeit!“

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Sekundärer Krankheitsgewinn, ein geheimer Fieberthermometerhalter und Tom Waits

Mittwoch, 24. März 2010 6:12

krank„I never saw my hometown / until i stayed away too long!“ Das hatte Tom Waits einst gesungen. Lang ist’s her! Und obwohl Bären nicht zum permanenten „Hätte! Wäre! Wenn!“ der Aufrechtgeher neigen, es war mehr als Erleichterung, was Archibald spürte, als das Scheppern des Tores zur Hofeinfahrt ihn weckte. Die Rückkehr des Hausherrn! Warum aber Ernst Albert sich geschlagene 93 Sekunden vor Lachen schütteln mußte, bevor er den Bären unter seinem papiernen Kolder  hervorholte, bleibt ein Geheimnis der düsteren Psyche der Zweibeiner. Bären lachen Opfer per se niemals aus. Es kann zwar sein, daß diese, falls lecker, verzehrt werden, aber auslachen? Niemals! Doch Archibald Mahler, der Bär vom Brandplatz, war froh über die Rückkehr der Lachwurz E. A. und so verzichtete er darauf heute den Moralbären rauszukehren. Man ist ja nicht der Papst. Archibald zitterte. „Nein, Herr Lenz, beruhigen Sie sich! Kein Vorwurf! Nur die falsche Kleidung und der falsche Zeitpunkt! Nur die Nächte! Ich weiß!“ Der Bär seufzte. So war auch das geklärt.
Oh Krankheit, wenn nicht all zu heftig, Du schönste Zeit im Leben eines Mannes – Verzeihung! – Bären. Ein kleiner Seufzer: Eva Pelagia eilt herbei mit einer Tasse Honig, die befeuchtet ist mit etwas Kräutertee. Ein großer Seufzer: der geheime Fieberthermometerhalter (im Bild unten links in Teilen zu erkennen) eilt herbei und erzählt einen schmutzigen Witz. Ein Riesenseufzer: Ernst Albert eilt herbei und man darf im Bilderapparat Kugeltreten schauen. Heute abend: Die Blauen gegen die Blöden. Archibald lag im Bett der Hausherren. Leise sang er das Hohelied des sekundären Krankheitsgewinns vor sich hin. Er schloß die Augen und gab den konzentriert Leidenden. Ganz bedächtig räumte er seinen Gedankenschrank einmal komplett aus und dann wieder komplett ein und hatte im selbem Moment schon wieder vergessen, was er da gerade getan hatte. Oh Vanitas, wie erfrischst Du doch die Bärenseele! Archibald, der schwächelnde Bär legte ein Schweigegelöbnis ab. Die Fastenzeit fordert eine Geste! Wenn wer was wissen möchte: „I tell you all my secrets / but i lie about my past / so send me off to bed for evermore.”
Im Nebenzimmer beging Ernst Albert seinen monatlichen Tom Waits – Tag und packte seine Reisetasche. Das Klavier ist erkältet. Nicht ich.

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Draußen vor der Tür liegt ein Bär

Dienstag, 23. März 2010 8:19

pennerMit der Heimkehr ist das immer so eine Sache. Auch bekennende Solitäre, wie sie Bären nun einmal sind, haben durchaus gewisse Erwartungen in Bezug auf einen ordentlichen Empfang nach etwas längerer Abwesenheit. Pochierter Lachs auf Preiselbeerbett, mit Honigschnaps flambiertes Aas, die Heizung auf voll, im Bilderapparat auf paar hübsche Naturfilme – egal ob über Alaska oder die Kurilen – und, wenn möglich, keine dummen Fragen: das sind schon ein paar Standards. Und dann ist die Tür verschlossen, keiner zu Hause und selbst die Nachbarin, die aushelfen könnte, ist an der Arbeit. Hallooo! (Kurze Entschuldigung für diesen Ausdruck an alle Leser jenseits der Zielgruppe 14 bis 49! Herzlichst: Der Setzer) Archibald hatte sich das alles ein wenig anders vorgestellt. Der Regen hatte zwar nachgelassen, aber so ein feuchtes Fell juckt und stinkt und ein anoperiertes Bein reagiert in solch einem Fall gerne mit rheumatischem Zucken. Archibald ließ seinen Magen knurren, eine sanfte Form des Protests gegen Ernst Alberts und Eva Pelagias unerwartete Abwesenheit.
Linderung brachte der nicht zu bremsende Mitteilungszwang des modernen Aufrechtgehers. Vor der verschlossenen Haustüre lagen dutzende dieser Umsonstzeitungen, mit denen ein durchschnittlicher Haushalt tagtäglich belästigt wird. In diesen Blättern, welche als Baum eine weit sinnvollere Erscheinungsform darstellen würden, äußern sich periphere Schreiberlinge zu peripheren oder an anderer Stelle schon hundertmal durchgekauten Ereignissen. Im Wesentlichen bestehen diese Papierberge aber aus beigelegten Empfehlungen für die umliegenden Kaufbuden. Aber Archibald war diese weitere humanoide Überflüssigkeit im Moment außerordentlich willkommen. Auch die guten alten Hobos, Penner und Clochards, mit denen Archibald Mahler, der Bär vom Brandplatz, sich heute sehr verbunden fühlte, wissen die wärmende Wirkung von Zellulose zu schätzen. Der Bär deckte sich zu und seine feine Nase rochlas diese Meldung:
Hase und Maus mußten sterben. Ein Hase und eine Maus sind am Freitagabend Opfer eines Beziehungsstreits eines Paares geworden. Ein Mann und seine Lebenspartnerin hatten sich im bayrischen Schönau in angetrunkenem Zustand derart gezofft, daß sie das Haustier des jeweils anderen umbrachten. Eine Nachbarin hörte Hilferufe der Frau und alarmierte die Polizei, welche die Situation beruhigen konnte. Die Frau verbrachte die Nacht dann bei einer Verwandten.“
Und wieder hatte die Realität die Fiktion um Längen geschlagen. Vor wenigen Tagen noch, an historischer Stätte, hatte Archibald intensiv nachgedacht und fabuliert, wie denn einstens sein Bein abgegangen sein könnte. Und jetzt dies. Realität war leider auch, daß die Hausherren nicht anwesend waren und der durchnäßte Bär ante portas lag. So riecht ein Skandal! Doch Archibald war nicht gewillt sich auf die Ebene der zweibeinigen Überempfindlichkkeit und des Gejammers herabzulassen. Er nahm seine momentane Situation als eine weitere Übung in Sachen Akzeptanz an und schlief ein. Wird schon wer kommen! Sspakojnaj notschi!

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Herr Mahler kritisiert Herrn Lenz, mietet eine Zweithöhle an und geht nach Hause

Montag, 22. März 2010 8:19

zweitwohnungEs hatte die Nacht über aus Kübeln gegossen. Archibald erwachte und kroch aus seinen Unterschlupf. Er war nach seinen Rundflug über die kleine häßliche Stadt vor dem einsetzenden Regen in den Park geflüchtet. Die freundlichen Gärtner hatten dort im letzten Herbst eine Holzkiste aufgestellt, diese mit Laub gefüllt und mit Styropor fein säuberlich ausgekleidet, damit dort Igel und andere Bedürftige ihre Winterruhe halten können. Dort hatte der Bär sich – Gelernt ist gelernt! – verkrochen und bestens geschlafen, den indischen Heilblättern sei es gedankt. Nun war er aufgewacht. Auf, neben und vor der Kiste nieselte es. Archibald Mahler, der Bär vom Brandplatz, schickte einen extrem lenzkritischen Blick zum grauen Himmel. Herr Lenz hatte dies wohl bemerkt, trat hinter einer Birke hervor und sprach: „Werter Herr Mahler! Ich sehe sehr wohl ihren vorwurfsvollen Blick. Auch verstehe ich diesen, angesichts der Tatsache, daß mein Vorgänger Ihnen dieses Jahr einiges zugemutet hat. Doch erwarten Sie nicht zuviel vom Frühling! Es gibt kein Versprechen im Frühling, es gibt nur ein Wetterleuchten dieses Versprechens. Wissen Sie es zu würdigen und zehren Sie davon!“ Daraufhin spannte Herr Lenz seinen Regenschirm auf und verschwand hinter dem nächsten Gewächshaus. Unter Archibalds Hintern raschelte es. Ein Igel kroch ins Freie, drehte sich um und bemerkte: „Mein lieber Herr Bär, diese Unterkunft wäre jetzt zu haben. Bis Mitte oder Ende November, wenn Sie Interesse haben!“ Großartig, ein kleiner Sitz draußen auf dem Lande! Na ja, zumindest im Grünen. Hocherfreut stimmte Archibald zu. Auf den Handschlag verzichtete er wohlweislich. Man kennt das ja mit den Igeln und eine entzündete Pfote ist eine lästige und langwierige Angelegenheit. Der Igel nickte kurz zum Zeichen des Abschieds, zog sich ein Regencape über und verkroch sich unter dem nächsten Gebüsch. „Potzrembel aber auch, diese indischen Heilblätter haben es aber in sich!“, dachte Herr Archibald Mahler.
Der große russische Geschichtenerzähler Leo Tolstoi soll einst gesagt haben: „Der Gedanke ist alles. Der Gedanke ist der Anfang von allem. Und Gedanken lassen sich lenken. Daher ist das Wichtigste: Die Arbeit an den Gedanken.“ Nicht daß Archibald, der er ja erst vor wenigen Tagen das Buchstabenriechen erlernt hatte, schon die Muße gehabt hätte, die über 1500 Seiten von „Krieg und Frieden“ durchzuschnüffeln, aber mit obigen Ausspruch hatte Herr Tolstoi ganz gewiß recht. Es war also höchste Zeit, sich mal wieder vor den Gedankenschrank zu setzen und die letzten Tage und Gedanken zu ordnen. Zudem begann es wieder zu regnen und des Bären neuer Landsitz hatte leider keine Heizung. Wenn man sich an einen gewissen Komfort gewöhnt hat, also bitte! Mag man es spätrömisch nennen oder nicht! Archibald machte sich auf den Weg nach Hause.

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Immer wieder sonntags kommt die Erinnerung

Sonntag, 21. März 2010 7:21

vaterDas Eisentor stand offen. Archibald flog hinaus in die häßliche Stadt. Und er sah, daß diese häßliche Stadt den Aufrechtgehern immer noch nicht häßlich genug war. Er sah, daß die Zweibeiner in der ganzen häßlichen Stadt zwischen all den häßlichen Kaufbuden riesige Löcher gegraben hatten. Was suchten sie? Archibald schien es, ein riesiger Grizzlybär habe die Straßen durchwühlt, auf der Suche nach dem Aas, welches er letzten Herbst eingebuddelt hatte. Aus den Löchern strömte der faulige Geruch alter Kanalisationsrohre. Archibald sah hunderte rotweißer Plastikgeländer, welche die Vertiefungen, in denen sich kein einziger Zweibeiner aufhielt, umstellten. Sie hatten diese Löcher geschaufelt und gebaggert und haben dann, nachdem sie nichts gefunden hatten, panisch die Flucht ergriffen. Ihre Bagger haben sie einfach zwischen den schreiend bunten Kaufbuden stehen gelassen. Archibald Mahler, der Bär vom Brandplatz sah einen großen, schwarzen Mann, der eine schwarze Melone auf dem Kopf trug und hektisch zwischen den großen Löchern umherlief. „Hereinspaziert!“ schrie er unentwegt. „Hereinspaziert!“ Seine Stimme überschlug sich. Ihm folgte eine Handvoll Kinder. Die Kinder trugen uralte, verblichene und schmutzige Theaterkostüme. Wo hatten sie diese alten, erbärmlichen Kostüme gefunden? In einer der Gruben? Ein kleiner, dicker, häßlicher Junge war als Eichhörnchen verkleidet. Er schwitzte. Der große Schwarze Mann und die verkleideten Kinder drückten den Tüten und Taschen voller Lebensmittel, Elektroartikel, Kleidungsstücke und Kopfschmerztabletten aus den Kaufstuben zerrenden Aufrechtgehern bunte Zettel in die Hand. Die Tütenschlepper warfen einen kurzen Blick auf diese Zettelchen, ließen sie dann auf die Straße gleiten oder warfen sie – das bot sich an – in eines der großen Löcher. „Hereinspaziert! Hereinspaziert!“ Dann sah der Bär einen anderen Mann. Er trug ein Pappschild vor sich her, welches er an einem langen Holzstab befestigt hatte. Auf dem Pappschild stand geschrieben: „Holger sagt: Laßt Eure Finger aus den Hirnen derer, die von Euch abhängig sind. Denn sie rechnen mit Euch. Lukas 8.13.“

Archibald blieb stehen. Er stand vor einer riesengroßen Glasscheibe. Er blickte in Bärenaugen. Hinter der Scheibe saß in einem lächerlichen, mit Plastikblumen versehenem Regal: Verwandtschaft. „Gefangenbefreiung! Und zwar sofort!“, schrie es in Archibald. Der Revoltebär erwachte. Er bummerte gegen die Scheibe. Das dicke, häßliche Eichhörnchenkind lachte blöde. Eines der Bärenviecher hinter der Glasscheibe, ein stämmiger Grizzly, blinzelte ihm zu. „Vater?“ Archibald preßte seine Nase gegen die Scheibe. „Junior! Alles in Ordnung! Kümmere Dich nicht! Du hast zu tun! Bis bald!“

Warmer, dicker Regen fiel vom Himmel. Es war Zeit in den Park zurückzukehren.

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Breaking News + Breaking News + Breaking News + Breaking News + Breaking News +

Samstag, 20. März 2010 5:50

herr_lenzGuten Tag, lieber Herr Lenz!

Das hat diesmal gedauert!

Ich will aber hier nicht doof rumkritteln!

Deshalb auch ein herzliches Willkommen von Ihrem treuen Diener Archibald Mahler, dem Bären vom Brandplatz.

PS: Bitte nicht gleich wieder abhauen! Gelle!

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Von der perfekten Abulieüberwindungsstrategie

Freitag, 19. März 2010 10:39

blaetterDer frischgetaufte Bär bog um die Ecke. Das Eisentor stand offen. Drei Gärtner begrüßten ihn als einen der ersten Gäste. Archibald Mahler, Bär vom Brandplatz, nickte freundlich, aber nicht allzu redselig. Er betrat den Botanischen Garten der kleinen Stadt. Um präzise zu bleiben, er betrat den Botanischen Garten der Studentenlehranstalt der kleinen Stadt in Mittelhessen. Selbstverständlich spürt ein offizieller Frühlingsriecher, wenn ein solcher Park nach der langen Winterpause wieder geöffnet wird. Berufsehre! Der Bär war hungrig. Wo waren die Blätter, von denen er geträumt hatte? Wenige Schritte hinein in den noch recht kahlen und grünlich braunen Park und siehe da. Ein beherzter Sprung.

Das Kauen von Blättern, speziell von Bambusblättern hat mehrere, meist sehr positive Wirkungen. Einmal wird der während des Winterschlafes versuppte und verschlammte Organismus eines Bären auf schonende und natürliche Art und Weise gereinigt. (Fragen Sie Horse Badorties!) Auch beruhigt das gleichmäßige und meditative Kauen das durch zu viel Nachdenken leicht gereizte Bärenhirn. Des weiteren ist es ein hervorragendes Therapeutikum gegen die Abulie. Die Abulie, unter der Denkbären gerne leiden, ist die krankhafte Unfähigkeit, konkrete Entscheidungen zu treffen. Der Trick ist der: wer kaut, denkt nicht. Er wird gleichsam gekaut und sein Hirn kann wieder frei atmen. Nicht zu unterschätzen ist die halluzinogene Wirkung, welche manche der Blätter schlagartig enntfikkelln gkgöhhnen dunn. Turnoffyourmindrelaxandfloatdownstreamitisnotdyingitisnot……. Isn`t it? Der Bär flog um die Ecke. Das Eisentor stand offen.

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