Beiträge vom 11. März 2010

Eine Nachtwanderung endet in Frauenhänden

Donnerstag, 11. März 2010 13:46

eva_pelagiaBären haben ja nichts gegen Frauen. Also Bärenmänner, um präzise zu bleiben oder zu werden. Aber zuviele Begegnungen? Nee! Da draußen in den Wäldern und auf den Bergen sieht man sich auch nur einmal im Jahr, so im Mai oder Juni, und dann sieht man sich richtig und zwar intensiv richtig. Wird zumindest erzählt. Und spätestens, wenn das „sich gesehen haben“ bei den Bärendamen Früchte trägt, jagen diese die Herren vom Acker. Zu Recht, denn es kommt immer wieder vor, daß so eine Frucht, wenn sie sich zu einem niedlichen Bärenjungen entwickelt hat, auf der Speisekarte von Papa Bär landet, worüber sich dann die Menschen fürchterlich aufregen, um dann anderntags an ihren eigenen Schutzbefohlenen rumzufummeln. Und dann ist das Geschrei groß, weil keiner was mitgekriegt haben will, obwohl die meisten Bescheid wußten. Aber das ist ein Thema im Zusammenhang mit Traumaverarbeitung, also etwa aus der Kategorie Abbes Bein / Anoperation und darüber wollte Archibald auch gar nicht nachsinnen, als er erwachte, sondern nur kurz anmerken, daß er als Bär nichts gegen Frauen hat, er sich aber nicht sicher ist, ob er von einer Frau gerettet werden möchte. Denn dies geschah gerade.

Ernst Albert hatte gestern seinen Bären unter dem Buch des Herrn Kotzwinkle liegen lassen und hatte sich sogleich ins Bett begeben. Der Tag war lang gewesen und anregend und der Schlaf ein tiefer. So bemerkte Ernst Albert nichts von Archibald kleiner Nachtwanderung.

Eine Stimme, es war die Stimme von Horse Badorties, hatte Archibald hinausgerufen, hinaus in den Park, um dort ruhig und cool, mit seiner ganzen gelösten strahlenden Persönlichkeit, sich der vitalen Meditation und dem Beknabbern von Buschwerk zu widmen. Und so erhob sich der Bär und schlafwandelte rumpelnd durch die Höhle, versuchte dabei, auf der Suche nach der Wohnungstür, in den Kleiderschrank einzudringen (Polterdirumpel!), verstreute, nach einem schmerzlichen Zusammenprall, das in der Küche gelagerte Leergut über den Steinfußboden (Schepperdiklepper!) und kroch zu guter letzt – vielleicht ist dies ja der Geheimgang in die Freiheit! – in das Schalloch einer der Gitarren von Ernst Albert (Rasselditwäng!), bis ihn die sanften Hände der wachgewordenen Eva Pelagia dort befreiten und zurück auf das rote Sofa trugen und dabei vorsorglich – Frauen wissen oft intuitiv Bescheid über die Gründe männlicher Ver(w)irrung – das Buch des Herrn Kotzwinkle zurück in das Bücherregal stellte. Bärensicher.

Archibald erwachte. Die Sonne kitzelte seine Nase. Die letzte Nacht, nichts als ein einziger undefinierbarer Schatten. Besser so. Denn von mütterlichen Händen wieder auf den rechten Weg gebracht zu werden, ist auch für herumstromernde Bären eine sehr zwiespältige Angelegenheit, rein küchenschypsologisch betrachtet.

Thema: Küchenschypsologie | Kommentare deaktiviert | Autor: Christian Lugerth