Beitrags-Archiv für die Kategory 'Aus der Tiefe des Raumes'

Aus der Tiefe des Raumes, weil WM is’ (11.)

Montag, 12. Juli 2010 12:27

schluß

(Leere Leinwand, keine Tröten, kein Geschwätz. Sengende Hitze und flimmernde Stille. Ein Bär und ein Hase schwitzen zwischen Geranien. Eine Stunde vergeht. Eine weitere. Dann räuspert sich der Bär.)

„Ja bitte?“

„Seltsame Koinzidenz! Finden Sie nicht?“

„Wie meinen, werter Herr Mahler?”

“Elfmal trafen wir uns zum Gespräch über den rollenden Ball!“

„Numerologie? Oder Alaaf?“

„Eher vier Wochen Karneval! Elf – etymologisch die Eins drüber – die Zahl der Narren, das was auf die Zehn Gebote folgt, die Rückennummer des historischen Linksaußens damals in fußballerischer Steinzeit: der Wilde, der Unberechenbare.“

„Ich sehe, Sie haben ihren Elfmeter verwandelt!“

„Danke für die Blumen. Wenn ich Sie was fragen dürfte, Herr von Lippstadt-Budnikowski?“

„Ich bitte darum, Herr Mahler!“

„Die sprachliche Einfärbung in Ihrer von mir gerne gelesenen Kolumne ‘Hömma, wat ich grad am Denken bin’? Bedeutung? Schnapsidee?“

„Ein Spiel! Das Wüten, Hadern, Granteln nach dem Spiel – in der heutigen Zeit leider als Ausdruck mittelalterlichen Gehabes verurteilt – ist Bestandteil des Ereignisses und wird vom Erzeuger längst nicht so ernst genommen wie vom Konsumenten. Man entledigt sich des fürchterlichen Ernstes des verronnenen Spieles, indem man  mit dem fürchterlichen Ernst der Nachbetrachtung spielt.“

„Nicht auch Ausdruck einer latenten Sehnsucht nach einer Zeit, die den Fußball noch nicht tot interpretierte oder zur zynischen Gelddruckmaschine verkommen ließ? Die Kathedralen der FIFA leuchten über den Townships, bleiben leer und verrotten. Das Kapital hinterläßt seine monumentalen Ruinen.“

„Treffer!“

„Das Positive?“

„Die vorletzte Woche. England. Argentinien. Müller. Der kurze Rausch.”

„Das Negative?“

„Das Gequatsche. Das Geraune. Die Spekulationen. Die Abrechnungen. Das Nachtreten. Es nimmt kein Ende!

„Man wird hören! Der gestrige Abend?“

„Horrible, würde der Brite sagen. Ein Mannschaft, die ihren Zenit überschritten hat, holt den Pokal.“

„Geschichte wiederholt sich. Deutschland 1974, Brasilien 1994 und 2002, Italien 2006. Mir war unerträglich die Penetranz mit der Herr Rethy dem Zuseher große iberische Fußballkunst verkaufen wollte.“

„Richtig! Das Dogma Ballbesitz besagt nichts anderes, als das Spiel zu verhindern. Die von den Medien gefeierten Neuerfinder sind Totengräber und merken es nicht. Humorlose Konditionswunder! Schrecklich!“

„Tja, das Nationale Nachkarten verlangt es wohl den Iberer aufzublasen. Wer ‚uns’ schlägt, muß wohl dem Genialischen nahe sein. Nervtötend.“

„Leider – und dies zuzugestehen schmerzt – leider nur übertroffen von der traurigen Phantasielosigkeit der Elftal. Übrigens: Man beachte die Farbe des Kostümes des Sängers!“

„Da ziehe ich aber den Hut! Sie wußten davon?“

„Der Zufall belohnt den, der sich ihm überlässt!“

„Nun? Ich sehe Sie in Reisevorbereitungen!“

„Die Wälder rufen. Die Stadt ist überhitzt! Die Aufrechtgeher stinken. Meine Nase rebelliert. Ihre Pläne!“

„Ich ziehe mich zurück. Am Scheinwerferlicht ist mir nur bedingt gelegen. Geheimer Fieberthermometerhalter ist eine ehrenvolle Aufgabe.“

„Ihre Bescheidenheit ehrt Sie. Ich danke Ihnen. Es war eine gute Zeit.“

„Glück auf all Ihren Wegen!“

(Der Bär erhebt sich. Er wickelt zwei Büchsen Thunfisch, ein Glas Heidelbeermarmelade und fünf Karotten in einen alten Schal, schultert das Ganze und macht sich auf den Weg. Uyahamba! Der Lütte Stan bleibt noch ein wenig sitzen und genießt die Stille. Die Leinwand bleibt leer. Uhamba kusasa!)

Thema: Aus der Tiefe des Raumes | Kommentare (1) | Autor: Christian Lugerth

Aus der Tiefe des Raumes, weil WM is’ (10.)

Samstag, 10. Juli 2010 7:06

dritter_platz

„Wenn ich Sie was fragen dürfte, Herr Mahler?“

„Ich bitte darum, Herr von Lippstadt-Budnikowski!“

„Die Südfrucht zu unseren Pfoten? Dezenter Hinweis auf die Sinnlosigkeit des heutigen Spieles?“

„Auch – und da stimme ich mit dem von mir immer mehr geschätzten Herrn Kahn überein – unnötig wie eine Einwechslung von Herrn Gomez vor der Neunzigsten Minute.“

„Des weiteren? Sind Sie sauer?“

„Das haben Sie gut erkannt!“

„Weshalb?“

„Der kuriose, von jeder wirklichen Selbstkritik bereinigte Umgang mit dieser Niederlage.”

“Konkret!”

“Ein um sich selbst kreiselndes Spanien, das sich kaum eine wirkliche Torchance erspielte und dann den Sieg durch einen mit teutonischer Kraft eingenickten Kopfball nach Eckstoß erzielt – Randbemerkung: Puyol ist Jahrgang Ballack! Und: Böse mittelalterliche Standardsituation! – wird zur unbesiegbaren Übermannschaft erklärt, in der Hoffnung von eigener Angst und – Verzeihen Sie! – taktischer Dummheit abzulenken. Man frage Ottmar Hitzfeld, was zu tun ist.“

„Übertreiben Sie nicht?“

„Selbstverständlich übertreibe ich, doch sehen Sie nicht auch in der Essenz ein Stück Wahrheit?“

„Gewiß! Wo sehen Sie das Hauptproblem? Medien? Leitung? Spieler?“

„Pubic Viewing!“

„Fehlt da nicht was?“

„Wer des Englischen mächtig ist, sieht im fehlenden Buchstaben den Hinweis. Alle finden alles total geil, um wenig später total traurig sein zu dürfen, während Edelfan Merkel in der Halbzeitpause die Krankenkassenbeiträge kurz mal total in die Höhe schnellen läßt. Und Herr Löw hatte keine Ahnung, wie das alles passieren konnte. Aber die Frisur sitzt.“

„Konsequenzen?“

„Ich befürchte eher nicht. Eher läßt Populist Theo Zehnerle den Sammer  – Merke: U 21! – über die Klinge springen!“

„Interpretiere ich Sie richtig, so sehen wir am morgigen Abend dann doch ein nicht unwesentliches Spiel, was die Zukunft der Leitung betrifft.“

„Gewiß, doch befürchte ich die Nationale Populistencombo ist sich dessen nicht ganz bewußt. Uruguay lahmt nicht!”

“Mehr Sein, weniger Darstellung?”

“Sie sagen es! Zum Finale bitte!“

„Hup Holland?“

„Es würde mich freuen! Wenn ich Sie noch was fragen dürfte, Herr von Lippstadt-Budnikowski?“

„Ich bitte darum, Herr Mahler!“

„Sie planen doch nicht etwa große Abschiedsfeierlichkeiten für den kommenden Montag?“

„Ich bitte Ihnen!“

„Ich danke Sie!”

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Aus der Tiefe des Raumes, weil WM is’ (9.)

Mittwoch, 7. Juli 2010 9:00

ballack

„Wenn ich Sie was fragen dürfte, Herr Mahler?“

„Ich bitte darum, Herr von Lippstadt-Budnikowski!“

„Hup Holland?“

„Oranje boven! Absolut verdienter Sieg, wenn auch im altgermanischen Stil mit Einsprengseln alter Spiellust. Ich freue mich für sie. Ewig Zweiter zu sein, ist kein Zuckerschlecken! Und wichtig: alle Beteiligten immer humorvoll und intelligent in ihren Äußerungen nach dem Spiel.”

„Elegante Überleitung zum Thema des gestrigen Tages im Quartier der Nationalen Jugendbande?“

„So war es gedacht!“

„Chapeau! Ihre Einschätzung?“

„Der kleine altkluge Interimskapitän schießt über das Ziel hinaus. Von einem Einzelabiturient oder Einserkind hätte ich nicht erwartet, daß er das Blatt von Doof Dieckmann für Machtspielchen benutzt.“

„Alte Rechnungen, offen noch von der letzten europäischen Meisterschaft?“

„Davon ist auszugehen. Und Herr Löw hält sich vielsagend raus. Wie nach des Werbeprinzen Backpfeife. Eindeutige Signale! Schade!“

„Ich stimme zu. Vielleicht etwas verfrüht, solch eine Haltung. Noch ist alles Spekulation, ob, wie und wann der Alte von Görlitz noch benötigt wird. Wobei, ich bleibe bei meinem Rat, den ich vor Wochen und vor dem geschätzten Herrn Hoeneß an anderer Stelle ausgesprochen hatte. Eine Frage der Würde!“

„Da stimme ich wiederum zu. Zwei Generationen, die nicht mehr zusammenpassen. Wo sich der dreizehnjährige Ballack auf realsozialistischen Bolzwiesen noch den dritten Sehnsuchtsstreifen auf seine Kickschuhe klebte oder malte, wurde Klein-Philipp im selben Alter von Frau Mama Lehrerin (halbes Deputat!) zwischen Reitstunde, Philosophie-Leistungskurs, Tai-Chi für Hochbegabte und Fußballinternat hin- und herchauffiert, das stets frisch geschmierte Nutellabrot im Handschuhfach.“

„Welch blumige Wut!“

„Keine Wut. Lediglich das Nichtverstehen der Respektlosigkeit und des dummen Timings. Philipps Mannschaft? Strebertum praecox!“

„Befürchten Sie Auswirkungen für den heutigen Abend?“

„Sie sehen mich prognoseunfähig! Was ich befürchte: eventuell ist da dann doch dem Einen oder Anderen etwas zu Kopf gestiegen.“

„Wenigstens hat die Dame mit den hängenden Mundwinkeln zu tun und erspart uns öffentliches Gejubel!“

„Gut so. Auch der Alte von Görlitz wäre besser zu Hause geblieben. Man lasse die Mannschaft da unten in Ruhe ihre Arbeit tun.“

„TOI, TOI, TOI?“

„TOI, TOI, TOI!!“

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Aus der Tiefe des Raumes, weil WM is’ (8.)

Sonntag, 4. Juli 2010 8:17

halbfinale1

„Wenn ich Sie was fragen dürfte, Herr Mahler?“

„Arne Friedrich netzt ein gegen die Albiceleste!“

„Welche Frage wollte ich stellen, mein Bester?“

„Arne Friedrich netzt ein gegen die Albiceleste?“

„Der gestrige Nachmittag hat Folgen?“

„Arne Friedrich netzt ein gegen die Albiceleste?“

„Das neue Mantra? Zu Ehren des Elefantengottes!“

„Auch! Aber vor allem Ausdruck eines vor diesem historischen Ereignis nie auch nur ansatzweise gedachten Gedankens. Schmecken Sie: Arne Friedrich netzt ein gegen die Albiceleste! Unfaßbar!“

„Sie, als Bär beim Äußern eines Superlatives!“

„Ich gestehe, ich bin von mir selber überrascht. Gar nicht die Art der Artgenossen!“

„Das Haar in der Gazpacho?“

„Die regierende Konfirmandin in der Kostümjacke des Grauens legt scheu die gefalteten Hände auf die Knie und sitzt neben Herrn Zuma, als bäte sie um Aufnahme in seinen Harem.“

„Gönnen Sie ihr nicht die einzige Freude in diesen Wochen?“

„Nicht die Bohne. Falsche Bühne!“

„Sonstige Erkenntnisse?“

„Die Zahl vier, ewig verbunden nun mit England, Argentinien und – wie gehabt – Hartz! Kuriose Numeristik! Ihre Zusammenfassung der Ereignisse?“

„Ich wage ihr Arne-Mantra zu toppen!“

„Ich bin gespannt!“

„In der achtundfünfzigsten Minute gelingt Mertesacker ein Hackentrick!“

„Tatsächlich?“

„Können Hasen lügen?“

„Chapeau! Dieser Punkt geht an Sie! Der nächste Gegner?“

„Ich gehe davon aus, daß ihm die Knie schlottern!“

„Yep! Nutzen wir die freien Tage!“

„Hasta miercoles! Venceremos!“

„Bueno! Que te vaya muy bien!“

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Aus der Tiefe des Raumes, weil WM is’ (7.)

Samstag, 3. Juli 2010 15:46

viertelfinale3

(Brütende Hitze ist untertrieben. Man schwitzt. Und fröstelt trotzdem. Aufregung.)

„Wenn ich Sie was fragen dürfte, Herr Mahler?“

„Ich bitte darum, Herr von Lippstadt-Budnikowski!“

„Aufgeregt?“

„Darüber spreche ich nicht!“

„Aufreger des Tages?“

„Depp Dieckmann läßt Messi auf Fressi reimen. Vorurteil bestätigt: Deutscher ‚Humor’ und seine nicht auszurottende Tendenz zur Latrinenhaftigkeit.“

„Erfreuliches?“

„Holland schickt am 9. Weltantidiskriminierungstag eine Abordnung von Inter Leverkusen, welches sich in brasilianische Jacken gekleidet hat, nach Hause.“

„Give Persie a chance?“

„Ich bitte darum! Auch wenn ich indigniert feststellen muß, daß die Restwelt zur Zeit versucht den germanischen Fußball des vergangenen Jahrzehnts zu kopieren. Einzelleistung, Standards, effektiv rumpelnd.“

„Der Nationale Ausdruck einer Mannschaft vielleicht doch nur Klischee?“

„Lediglich Futter für den Boulevard!“

„Wer ist der Herr mit den vier Armen, der uns heute Gesellschaft leistet?“

„Ganapati, der ‚Herr der Scharen’, hier meist bekannt als Ganesha. Man bittet ihn um Glück auf dem Weg. Man bittet um die Kraft, sein Ziel weise und intelligent zu erreichen.“

„Vier Arme? Genetisch? Fehlentwicklung?“

„Metapher, mein Bester! Die vier Arme der Virtuosität: Schweinsteiger, Özil, Müller und – Lachen Sie nicht! – der gute alte Zenklose! Die Stellung der Hände  – eine sogenannte Mudra – signalisiert: ’FÜRCHTET EUCH NICHT!’. Ich denke dies ist heute vonnöten.“

„Ist eine Niederlage einkalkuliert!“

„Aber gewiß doch. Triumph macht fett und trunken. Wir erinnern an Herrn Beckenbauer anno 1990: ‚Diese Mannschaft wird auf Jahre unschlagbar sein!’ Vogts und Ribbeck folgten. Trauer wiederum verpflichtet zur Arbeit.“

„So dürfen wir heute nachmittag ernten?“

„Würde mich freuen, auch wenn ich mein Innerstes hier nicht nach außen kehren mag!“

„Verstehe einen Bär, wer will. Mir schlottert das Gebein!“

„Dies, bester Herr von Lippstadt-Budnikowski, höre ich. Glotze an!“

„Eine letzte Frage noch? Stimmt es, daß vor gar nicht allzu langer Zeit Spiele noch durch Münzwurf entschieden wurden? Quasi eine Art Gottesentscheid?“

„Gewiß! Fragen Sie Hannes Löhr!“

„Warum hat man dies abgeschafft?“

„Winnetou ist tot!“

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Aus der Tiefe des Raumes, weil WM is’ (6.)

Freitag, 2. Juli 2010 7:29

viertelfinale2

(Brütende Hitze. Man schweigt. Ausdauernd. Nach geraumer Zeit Herr Mahler.)

„Sie sind des Lateinischen mächtig, Herr von Lippstadt-Budnikowski?“

„Grundlagen! Warum?“

„Si tacuisses, Philo und Fuß mansisses!“

„Was habe ich verbrochen?“

„Nicht Sie! Herr Schweinsteigers Äußerungen über den Argentinier an sich, der den armen und anderen Fans die Plätze auf der Tribüne wegnimmt! Ein neuer Handtuchkrieg, da der Engländer die Liegestühle am Pool geräumt hat? Albern!“

„Erfreuliches?“

„Unbedingt und mit weitem Abstand: die Heimreise des Gegelten aus Portugal. Wie bemerkten die Altvorderen gerne? Täte Dummheit weh, müßte der den ganzen Tag schreien. Auf Platz zwei: die Rückkehr des Herrn Lothar Matthäus in den Weltfußball, genauer nach Kamerun. Eine tragikomische Gestalt! Und Sie? Haben Sie sich erholt?“

„In Ansätzen. Sorge treibt mich um. Der dritte Wahlgang.“

„Konkret!“

„Ihr Alptraum wird wahr. Merkel und der Neue Präsident ante arenas. Schlechtes Karma! Drei Wahlgänge. Spiel. Verlängerung. Elfmeterschießen. Meinem von der Hitze leicht lädiertem Nervenkostüm nicht zuträglich!“

„Mich irritiert in diesem Zusammenhang die Taktlosigkeit der Dame. Nach einem innenpolitischen Fiasko Flucht und maßlose Verschwendung von Steuermitteln. Eine Flugstunde kostet über zehntausend Euro. Geschmacklose Truppe. Zum Sport: Sie tippen?“

„Ich befürchte Heimflug am Sonntag! Merkel holt die Buben heim!“

„Zweifel? Das nationale Feuer? Ist es erloschen?“

„Realitätssinn, bester Herr Mahler! Die beiden überzeugenden Siege gelangen gegen Teams, die weitgehend körperlos spielten. Im Herzen jedoch Hoffnung auf den Wundertüteneffekt. Sie?“

„Heute erst mal Holland und der wahnsinnige Herr Robben. Es gilt zu verhindern, daß das Halbfinale zur Copa Latinamericana mutiert.“

„Weshalb?“

„Fragen Sie Herrn Schweinsteiger! Das alte Europa und seine Kultur verteidigen! Spaß beiseite. Holland ist dran. Auch auf Grund einer gewissen Dankbarkeit gegenüber Herrn van Gaal, dessen Grundlagentraining auch unserer Nationalen Jugendtruppe gutgetan hat.“

„Außer Herrn Klose.“

„Klose ist Quartalsspielers. Er muß wohl die heilenden Hände des Herrn Löw spüren. Ein Kuriosum.“

„Man erwartet für den morgigen Tag Temperaturen, die sich in Richtung Vierzig Grad bewegen!“

„Da sage ich, meidet die öffentlichen Schauplätze! Bleibet zu Hause und freut Euch dort redlich! Schließen Sie bitte das Fenster, Herr von Lippstadt-Budnikowski!“

„Ihr Wunsch sei mir Befehl. Bewahren wir kühlen Kopf und schweigen!“

„Yep!“

(Stunden später. Der beste Sportteil der Welt gibt Archibald Mahler recht. Der Bär kratzt sich an seinem Pöter und schnarcht weiter. Es ist mal wieder Sommer, Klärchen!)

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Aus der Tiefe des Raumes, weil WM is’ (5.)

Dienstag, 29. Juni 2010 12:48

tiefe9

„Wenn ich Sie was fragen dürfte, Herr Mahler?“

„Ich bitte darum, Herr von Lippstadt-Budnikowski!“

„Ich finde Sie hier in kontemplativer Versenkung? Beten Sie? Für unsere Nationale Jugendtruppe?“

„Wieder einmal schießt Ihre Interpretation einer Vermutung weit übers Ziel hinaus. Doch vollkommen falsch liegen Sie nicht. Übers Beten denke ich nach, das Beten auf dem grünen Rasen!“

„Das habe ich auch beobachten dürfen, eine Welle der öffentlichen Frömmelei überschwemmt die Wiesen Südafrikas.“

„Falsch und fragwürdig! Es ist davon auszugehen, daß keiner darum bittet, Gott möge ihm helfen, seine Nerven im Griff zu halten, keinen Gegenspieler zu verletzen, kein vorsätzliches Handspiel zu begehen und falls er ein mehr als eindeutiges Abseitstor geschossen habe, dieses dem Referee  mitzuteilen!“

„Ein bißchen viel verlangt, finden Sie nicht?“

„Gewiß, doch ist Grundzug jeglicher Religiosität nicht die Bitte um das Wohlergehen des Anderen? Man vergißt gerne, daß sowohl Schütze als auch Torhüter – sollte es das Prinzip Gott geben, wovon auszugehen ist – beide unter dessen Schutz stehen. Mir scheint der Gebettext der Herren Kicker ist eher jener der Falschparker und Steuerhinterzieher. ‚Lieber Gott, mach’s Äuglein zu, schieb die Schuld den Andren zu.’ Was meinen Sie?“

„Verlangen Sie von den Aufrechtgehern nicht Erkenntnis, die sie nicht leisten können. Die Balltreter sind lediglich Vertreter der Gattung der nackten Affen, eine Art moderner Hohepriester. Der Zweibeiner spiegelt sich im Ritual mit den Bällen, zieht als Fan im Mensch und vice versa Trost aus der Leistung der Seinigen.“

„Und mehr noch: tiefsten Lustschmerz aus der Niederlage, die beweist, wie schlecht – wieder einmal – die Welt das gepeinigte Ego behandelt hat. Beweisführung quasi der permanent subjektiv empfundenen Benachteiligung. Bringt mir den Schuldigen! Und dann wird gekreuzigt. Zuerst die Trainer.“

„Sie erinnern sich an das Titelbild der taz? Klinsmann auf Golgatha?“

„Gewiß! Besser konnte man das Prinzip ‚Hosianna! Kreuziget ihn!’ im Fußballgeschäft nicht darstellen. In keinem anderen Bereich wird so viel gemunkelt, spekuliert. Verschwörungstheorien. Dunkle Mächte allenthalben!“

„Offensichtlich dieser Glaube  ein tiefes Bedürfnis der Gemeinde  “Pöhler der Ersten Stunde” und Hauptargument gegen alle Arten elektronischer Beweisführung! Der Mythos, der die eigene Niederlage verschleiert und den verdienten Sieg der Anderen kleinredet, über Jahrzehnte hinweg.“

„Dagegen ist nichts einzuwenden. Mich stört lediglich die Argumentation eines Luis Fabiano – und da steht er nicht allein – die da lautet: ‚Beschiß machte dieses Tor erst richtig schön.’ Die stolzgeschwellte Brust des Rasers, der nicht erwischt wurde. Es mangelt mir leider an jeglicher Wertschätzung solchen Tuns. Ewige Pubertät? Ihre Meinung zu Brasilien, in diesem Zusammenhang?“

„Eine Effektivität, ebenso wie bei den Niederländern, von fast schon erschreckendem Ausmaß. Nicht schön anzusehen, ermüdend!“

„Schönes Stichwort. Die Anhäufung ermüdet. Ich freue mich auf die spielfreien Tage.“

„Da sagen Sie was, lieber Herr Mahler! Das Flutlicht aus und alle Tore offen! Morgen ist kein Spiel!“

„Hosianna!“

„Übertreiben Sie es nicht! Bis Freitag dann! Schlafen Sie sich aus!“

„Danke schön, Herr von Lippstadt-Budnikowski, desgleichen. Ach: der Tipp noch!“

„Japan und Spanien!“

(Er gähnt und schläft auf der Stelle ein. Herr Mahler folgt seinem Beispiel. Ruhe kehrt ein. Zwei Stunden später: Herr Mahler erwacht: schreckensbleich.)

„Herr von Lippstadt-Budnikowski, um Himmels Willen, wachen Sie auf!“

„Hier bin ich! Sprechen Sie! Was plagt Sie!“

„Ein Alptraum, ein veritabler! Ein das Wohl der Nation gefährdender Alptraum!“

„So sprechen sie doch, ich bitte!“

„Die Merkelin, Kanzlerin auf Abruf, kündigt Ihre Ankunft für den Samstag zu Kapstadt an.“

„Menetekel! Menetekel! Stümperei ante portas! Bad Vibrations! Hängende Mundwinkel! Unvorteilhafte Kostümjacken! Wie kann man dies verhindern? Haben Sie eine Idee?“

„Gauck wählen!“

(Man schläft wieder ein. Gewitter. Unruhige Nacht. Maradona lacht. Herr Mahler spricht im Schlaf.)

“Breakings News: Herr Blatter entschuldigt sich bei England und Mehicho und denkt über Videobeweis nach! Sic!”

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Aus der Tiefe des Raumes, weil WM is’ (4.)

Montag, 28. Juni 2010 7:15

tiefe4

„Wenn ich Sie was fragen dürfte, Herr Mahler?“

„Ich bitte darum, Herr von Lippstadt-Budnikowski!“

„Sind Sie traurig?“

„Keineswegs, denn ich sehe in der Hochstilisierung eines schönen Spiels zur gewonnenen oder verlorenen Schlacht keinen Gewinn, weder emotional noch intellektuell. Sie finden mich eher nachdenklich.“

„Die Fehlentscheidungen?“

„Jawohl. In beiden Spielen des gestrigen Tages. Menschliche Unpäßlichkleit. Eingriffe schwerster Art in Ablauf und Entwicklung des Spieles. Fatal.“

„Glauben Sie denn es gibt Mittel, dies zu verhindern? Oder ist der Fehler, das Drama, die Ungerechtigkeit nicht wesentlicher Bestandteil der Oper um den runden Ball?“

„Wenn gewisse Grenzen der Blindheit überschritten werden, beginne ich an dieser These zu zweifeln. Ich erinnere mich an meine ersten Bilderapparaterfahrungen im März dieses Jahres. Eishockey ist eine höchst spannende und rasante Gelegenheit und es gibt Torrichter. Man sollte es zumindest ausprobieren. Der gestrige Tag ruft förmlich danach. Davon abgesehen, waren die beide Siege hochverdient, der deutsche mehr, der argentinische weniger, wobei: Herr Maradona ist Rock ’n’ Roll, wenn ich das so sagen darf.“

„Ich wiederum gebe zu, ich spiele mit dem Gedanken mir ein Trikot des Herrn Müller anzuschaffen.“

„Bleiben Sie, wie sie sind!“

„Sie sind und bleiben eine Euphoriebremse! Stichwort: Einschätzung der Leistung der Übertragungsgesellschaften?“

„Der Herr ARD bemüht sich, dem Mann aus der Tiefe des Raumes gebührt mein ganzer Respekt. Der hysterische Twen RTL: unerträglich.“

„Beispiele?“

„Klinsmann und Jauch. Ersterer nach den wütenden Protesten der Mexikaner – in diesem Zusammenhang sei noch mal auf die sportliche Haltung von Albion hingewiesen! – als er sagte: „Ich lääbe ja in Kalifornien. Da sind die Mexikaner in meiner Nachbarschaft. Sie lääben aus dem Bauch heraus!“ Wie meinen? Die ganzen mexikanischen Hungerlöhner, die im “Golden State” Rasen mähen, Toiletten putzen und die Gurken sortieren, immer schön aus dem Bauch heraus, oder was? Und wie kommt Herr „Ich bin schon längst Millionär“ Jauch dazu, sich darüber lustig zu machen, daß Maradona sich immer mal wieder bekreuzigte? Relikte unreflektierten und dummdreisten Germanentums. Oh sancta simplicitas! Ihre Erkenntnisse?“

„Staunen mehr denn Erkenntnis. Vier Spiele unseren Nationalen Jugendbande, vier verschiedene Visitenkarten abgegeben. Eine Wundertüte mit der Möglichkeit des Ausschlages nach ganz oben. Furcht vor Argentinien wäre unangebracht! Der von mir nicht immer verehrte Herr Löw tut offensichtlich seine Arbeit. Man folgt ihm unerbittlich!“

„Gegen die Lateinamerikaner ist zu hoffen, daß aus dem Serbienspiel Lehren gezogen werden. Die Engländer haben gestern für ihre Verhältnisse fast körperlos gespielt, dies gebe ich zu bedenken.“

„Aus den Haaren, die sie in jeder Suppe finden, flechten andere Perücken, mein lieber Herr Mahler! Das Flutlicht aus und alle Tore offen! Morgen ist auch noch ein Spiel!“

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Aus der Tiefe des Raumes, weil WM is’ (3 Lions)

Samstag, 26. Juni 2010 11:56

tiefe10

“Is it allowed, to ask you a question, Mister Mahler!“

“You’re welcome. Please go ahead, my dear Duke of Lippstadt-Budnikowski!”

“So, are you nervous?”

“No. Not a bit!“

„Have you been practicing penaltys lately?“

“Stupid question. You boring me!”

“I guess, you slept quite well!”

“Surely, I did. But I have to confess, I had a monstrous dream!”

“Would you like to share your dreams with us!”

“I dreamt about the finale!”

“Oh, quite interesting. Who were the participants?”

“Don’t laugh, please, but the game was North Corea versus South Corea.”

“So, who became the world champion in your soccer-dreamland?”

“Nobody! Even during the extra-time none of the teams succeeded to score. So they started the penalty-shootout. And it’s still going on. When I decided to wake up, the score was 59 to 59.“

“I sounds like you suffering from a serious case of fever pitch.”

“That’s what I’m afraid of.”

“Will you bet on an english victory?”

“I have to!”

“Why?”

“I don’t know. They didn’t play quite well up to now, their coach is a horrible italian, the only title, they ever won, came to pass by an invalid goal and Mister Beckham is a gas! So what! But, I have to admit, it’s kind of a  juvenile dream. Hard working, smoking and drinking dirty white man kick and rush away all soccer-science, high-tech fitness-programms and intellectual idle talk about that primitive and a little bit stupid game called football.”

“The sleazy man should beat the sniffy boy, you say?”

“That’s what I hope!”

“But, aren’t you a German Bear!”

“Not at all. I’m from Kamschatka near Wyoming. Let me ask you, what’s your favorite team?”

“El Tri.”

“Pardon me?”

“Mehicho!”

“Why?”

“That’s a whole different story. Switch off the floodlight and all the goals wide open. Tomorrow there will be an other game!”

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Aus der Tiefe des Raumes, weil WM is’ (2.)

Samstag, 26. Juni 2010 0:21

tiefe3

„Wenn ich Sie was fragen dürfte, Herr Mahler?“

„Ich bitte darum, Herr von Lippstadt-Budnikowski!“

„Sie kamen ja recht überraschend zu ihrer neuen Aufgabe. Hatten Sie Zeit sich etwas vorzubereiten? Ein Trainingslager?“

„Riechlesen des richtigen Buches. Peter Esterhazy!”

„Peter wie? Osterhasi?“

„Scherzkeks! Ich zitiere: ‚Schau ein Spiel nie so nebenbei an, abschätzig, als wärest Du zum göttlichen Mahl geladen und stocherst nur mit der Gabelspitze in der Speise herum. Sieh dir das Match elegant an, generös. So, als schautest du dir in der Todeszelle dein letztes Spiel an, das dir der Wärter gestattet hat. Als ginge es um Leben und Tod.’ Ich frage Sie: Ist es so schlimm?“

„Manchmal schlimmer! Jedoch, was war für Sie die gute Nachricht des gestrigen Tages?“

„Michael Ballack!“

„Verzeihung, aber er weilt nicht in Südafrika!“

„Lieber Herr von Lippstadt-Budnikowski, zwar ist Ihr Wissensvorsprung in Sachen – wie Sie es nennen – Große Pöhlerei Festspiele ein immenser, dennoch bin ich – Ihrer Diktion folgend – kein Vollpfosten. Selbstverständlich seine Rückkehr nach Leverkusen. Die vernünftige Entscheidung eines vernünftigen Spielers, der meist einen – lassen Sie mich es metaphorisch beschreiben – Spielstil des geschlossenen Hosenschlitzes pflegte. Ostschule, mannschaftsdienlich, effektiv, allerdings oft mit einer gewissen Tragik behaftet. Ich wünsche ihm Glück.“

„Ich stimme zu. Für Sie die schlechte Nachricht des Tages?“

„Joachim Löw.“

„Weshalb? Er hat, soviel ich weiß, nicht vor, Gomez in die Startformation gegen England zu beordern!“

„Andere Baustelle! Seine Diktion. ‚Die jungen Spieler gingen durch ein Stahlbad!’ Das – um es flapsig auszudrücken – geht gar nicht. Man spielt ja nicht in Kunduz oder Bagdad. Schwere Verfehlung!“

„Sie sind streng!“

„Ich will doch schwer hoffen! Ach, ich vergaß: natürlich noch die Spieler der Schweizer Nati!“

„Präzisieren Sie!“

„Was diese Agoniekicker dem Gesicht des hochgeschätzten Herrn Hitzfeld an Schatten und Falten zugefügt haben, geht auf keine Appenzeller Kuhhaut!“

„Chapeau! Ihre Frage?“

„Sehen Sie einen Favoriten nach Abschluß der Vorrunde?“

„Der nächste Weltmeister spricht spanisch!“

„Diesseits oder jenseits des Atlantiks?“

„Vamos a ver! Aber portugiesisch spricht er nicht! Weder diesseits noch jenseits des Atlantiks. Ya veras!“

„Herr von Lippstadt-Budnikowski, sie überraschen mich! Verbales Florett!“

„So soll es auch bleiben. Das Flutlicht aus und alle Tore offen! Morgen ist auch noch ein Spiel!“

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