Beiträge vom Februar, 2014

Mr. A. Mahler träumt tageweise ins Buch/sieben

Freitag, 7. Februar 2014 16:13

TTB_007

Dieser Winter fährt mit Mahler Schlittschuh. Ach, täte er es nur der Winter, mit eisernen Kufen über blankes Eis zischen. Vielleicht wäre dann die Winterruhe eine ruhigere als in diesem Jahr. Aber so bleibt es ein Wälzen und ein Schnauben und heute Nacht war er sogar in Indien, während ein Frühlingssturm an den Fensterläden zerrte. Von Indien träumt man selbstredend nicht in schwarz und weiß und Balou, der Gesinnungsgenosse in Sachen Gemütlichkeit, lief ihm auch nicht über den Traumpfad, sondern ein blinder und sehr aggressiver Digeridoo – Spieler, der im Nebenzimmer abwechselnd in seine Höllenmaschine pustete oder dem schlafgestörten Bären Schläge androhte. Der bebrillte und für indische Verhältnisse sehr blonde Pensionswirt (ein indischer Herr van Winter?) hatte ein Einsehen und führte den Bären ein Stockwerk höher und hinter alten knarzenden Türen öffnete sich ein Zimmerflucht, vollgestopft mit Kunstwerken, tropischen Pflanzen und historischen Mobiliar (Zuviel Chatwin gelesen, Herr Mahler?) Außerdem waren die Zimmer zur Straße hin und die ist in Bombay meist rund um die Uhr dezibelstark belebt. Aber nicht genug, teilen sollte sich der fernreiseträumende Herr A. Mahler die Suite mit Wildschweinen – drei an der Zahl – und einem Mann, der ein Baby stillte. „Bis es aus dem Gröbsten raus ist!“ So der Pensionswirt, der wohl auch der Vater des Säuglings. Aber die Zimmer sollten nicht zusätzlich in Rechnung gestellt werden. Ist doch auch was! Und dann wachte – Wer kann es ihm verdenken? – Mahler das x – te mal aus der diesjährigen Winterruhe auf. Verstört. Verschreckt. Und just als er aus dem Bett fallen wollte, fing der ehrenwerte Herr Ernst Albert den Bären auf und fragte ihn, ob er mit in den Breisgau reisen wolle. Und an den See. Und dann an den schwarzen See. Das muß der Bär sich noch durch den Kopf gehen lassen. Aber besser als Indien ist das allemal. Der Bär schlief wieder ein und ihm war, als drücke im jemand dutzende von Geldscheinen in die Tatze. Aber die gehören doch gar nicht mir? Ist das Schwarzgeld? Weiß ich es? Dann wurde es warm und hell in seinem Kopp und Mahler dachte, daß er schwarzsehen könnte, wenn er wieder wach. Zwischen warmen Kissen bleibt die Seele weiß. Mahler schläft endlich. Psst!

Thema: Traumtagebuch | Kommentare deaktiviert | Autor: Christian Lugerth

Mr. A. Mahler träumt tageweise ins Buch / sechs

Samstag, 1. Februar 2014 16:01

TTB_006

Und dann träumte Mahler, er verlöre sein Fell. Er war unterwegs, er hatte es eilig, oder besser: man hatte ihn eilig. Reisetraum. Unterwegs. Ziel vergessen. Oder keines angestrebt. Wer träumt, deutet nicht den Traum, den er träumt. Aber Mahler ahnte träumend, daß ein Mahler ohne Fell kein Mahler mehr ist. Was dann? Ein Fisch? Ein Bärfisch? Ein Fischbär? Eine Reinkarnation? Wiedergeburt als Lachs, der dann von Bären zerlegt wird? Herr Ober, zahlen bitte? Dann wurde der Traum entschieden enger. Zwei eitle Arschkrampen – das darf man schreiben; wenn man schwarz – weiß geträumt hat, lieber Leser – zwei eitle Arschkrampen also, mit denen Mahler in seinem früheren Leben zu tun gehabt haben mußte, grinsten ihn an. Unentwegt. Arschkrampen in Träumen grinsen immer blöd. Oder schießen in der 98. Minute noch ein Tor und dürfen zur Belohnung an der Freundin des Unterlegenen rumfummeln. Mahler aber hat keine Freundin, noch nicht mal im Traum. Wenn ihm das Fell abhanden kommt in Gänze, wars das eh mit dem anderen Geschlecht. Als Delilah dem Samson das wallende Haupthaar abschnitt. Mahler reicht einem der Arschkrampen den Vertrag. Da steht es doch. Schwarz auf weiß. Mahler hatte gelernt: was steht, das steht. Schwarz auf weiß. Vertrauen! Im Traum. Wann? Damals? In wessen Namen? Mahler geht weiter. Alle, die ihm entgegen kommen, grinsen. Auch diejenigen, welche keine Arschkrampen sind. Die Gehwege werden weggeklappt. Die Straße, auf der Mahler fellfrei traumwandelt, wird schmaler. Rechts und links des Steges steigt abendliche Warmluft auf, Dohlen spielen mit der Thermik, singen und schwingen. Leicht. Es abgründelt. Mahler wedelt mit einem Schriftstück, er besteht darauf, daß er den Vertrag genau gelesen habe. Auch das Kleingedruckte, Du Fisch? Gewiß und schwarz auf weiß. So habe ich das gelernt. Von wem? Dann träumt Mahler, daß er aufwacht und fürchterlichen Muskelkater hat. Der Traumschleicher Budnikowski steht neben ihm und schlägt ihm unentwegt die kleine weiße Pfote auf seinen Oberarm. „Hömma, BVB hat gewonnen.“ Mahler dreht sich um, schläft weiter und träumt davon, das Fell des Bären unter den Gerechten zu verteilen. Vor der Zeit, natürlich. Und dann steht er im Foyer eines Musentempels. Warum grinsen heute alle in seinen Wintertraum hinein? Und wer? Ernst Albert oder die Arschkrampen?

Thema: Küchenschypsologie, Traumtagebuch | Kommentare deaktiviert | Autor: Christian Lugerth