Beitrags-Archiv für die Kategory 'Im Philosophenwald'

A. Mahler im Philosophenwald / Reisen

Samstag, 7. Juli 2012 11:02

philwald28

Archibald Mahler sitzt auf seinem Gefährt. Doch ist ein Schiff ein Schiff, auch wenn es aussieht wie ein Schiff, ist dieses Schiff ein Schiff, wenn es noch nicht einmal, trotz eines ergiebigen Gewitters in dieser Nacht, auch nur einen Fingerbreit Wasser unter dem Kiel hat? Archibald Mahler spuckt sich selbst dreimal über die rechte Schulter, beschließt, daß dieses Gefährt ein Schiff sei, da es aussieht wie ein Schiff, auch wenn es noch nicht einmal, trotz eines ergiebigen Gewitters in dieser Nacht, auch nur einen Fingerbreit Wasser unter dem Kiel hat und tauft den Pott auf den Namen „DIE DENK“, denn dies wird er nun tun, den Anker lichten, gen Osten rollen, fahren, segeln, gleiten, was auch immer und dabei die Klappe halten und schauen, Grundvoraussetzungen für seine Lieblingstätigkeit. Da hinten rauscht ein kleiner Fluß. Auch das Schiff spitzt seinen Mast und riecht das Wasser. „Ahoi!“ ruft der Bär, „Hü hott“ und „three, two, one and go!“ und es bewegt sich was. Eastward ho! Dann sehen wir ihn also wieder in Swinoujscie, den Denkbären. Möge der Sommer einer werden, der seinen Namen zu Recht vor sich her trägt, warm, ruhig und trocken! Mögen die Winde schräg von hinten ihre Arbeit gleichmäßig tun! Mögen die Brombeeren an den Ufern der Wasserstraßen dem Bären huldvoll ihre vollen Zweige entgegenstrecken! Do widzenia!

Thema: Im Philosophenwald | Kommentare deaktiviert | Autor: Christian Lugerth

A. Mahler im Philosophenwald / Rutschen

Freitag, 6. Juli 2012 20:21

philwald27

Archibald Mahler blickt nach unten. Poliertes Blech, pöterfreundlich, harrt seiner Entscheidung. Es wäre bereit den Bären zu beschleunigen. Am Waldrand tropft Regennachlaß vom Blatt. Kein Starter schießt eine Pistole in die Luft. Der Countdown läuft nicht. Jetzt oder später? Das macht der Bär mit sich selbst aus. Jetzt übernimmt die Schwerkraft und Mahler ist unterwegs. Es geht schnell, die Beschreibung schindet lediglich Zeit. Kein Gedanke daran, die Tatzen auszufahren und bremsend einzugreifen. Eher schon Wehmut, wie schnell alles vorbei. Die Augen geschlossen und vielleicht gelingt es unten, da wo die Rutsche endet, alle Kraft zusammen zu nehmen und die Gravitation läßt es zu, daß Herr Archibald Mahler fliegt, abhebt und landet dort wo er? Wo? Ein Wunsch. Archibald Mahler sieht sich kopflos an einer langen Reihe seiner Kameraden vorbeiwanken, man jubelt ihm zu, er stolpert, stolpert über seinen eigenen Kopp, der im Sande liegt und ruht und so sich ganz so vergißt, dann ein entschlossener Tritt des linken Bärenfußes und ein Kopp fliegt durch laue Luft und knallt gegen einen Baumstamm. „Daneben!“ fiepen sie, die Fledermäuse, doch dem Bären ist es gleich. Da vorne liegt das Schiff am Kai, acht Segel leider hat es nicht, doch aus Holz gebaut ist es und das soll schwimmen können wird behauptet. Vielleicht sogar bis Polen. Von Lippstadt – Budnikowski geht schon mal voran. Was denkt der Bär? Mehr Rutschen und Hände weg vom Geländer? Weia und Potzrembel die Philosophenwaldfee! Irgendwer schreit „Tor!”. Es muß wohl ein Spanier sein. Der Bär landet unsanft, aber weich. Ein Schiff? Ein Schiff! Immer eine Handbreit Wasser unter dem Kiel? Eher nicht. Was tun? Neptun erbarmt sich und sendet ein ordentliches Gewitter. Der Bär wird das Wasser finden. Bis morgen.

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A. Mahler im Philosophenwald / – Kultur

Donnerstag, 5. Juli 2012 14:11

philwald26

(Mahler und von Lippstadt – Budnikowski sind immer noch im Philosophenwald. Mahler sitzt mit von Lippstadt – Budnikowski auf seiner Denkhütte. Von Lippstadt – Budnikowski hat sich beruhigt, Mahler auch. Die Fledermäuse hängen kopfrunters und schlafen. Ruhe im Forst. Es ist schwül. Man disputiert. Hören wir rein.)

„Waren wir zu laut letzte Nacht, Mahler!“

„Spaß hat es gemacht! Und die Fledermäuse haben sich nicht beschwert!“

„Sie sind aber auch ein Bär! Wer hat nun Recht!“

„Brecht oder der Hecht!“

„Weiter?“

„Weiter“

„Mahler, glauben Sie, es gibt so etwas wie einen Gottesgedanken?“

„Na ja!“

„Ich meine so ein Higgsdings, so einen unsichtbaren Gedanken, der Samen und Ursuppe und Knall ist und wirkt und macht und verbindet, etwas entsteht daraus und dann ist es gut! Sie verstehen?“

„Ruhe will man schon mal haben irgendwann, vor sich selbst und seinem Kopp.“

„Wie ich Sie kenne, werden Sie mir in etwa zwei bis drei Sekunden antworten…“

„Einsundzwanzig, zweiundzwanzig, dreiundzwanzig!“

„Eben! Das gibt es nicht!“

„Aber man kann dran glauben!“

„Also gibt es den Gottesgedanken doch!“

„Gewiß, aber nicht als Lösung, schon gar nicht als Erlösung. Glaube ich als Bär, wenn ich glaube.“

„Ich glaube, wenn man was herausgefunden hat, sollte man es für sich selbst behalten!“

„Glaube ich auch!“

„Das ist gut! Mahler?“

„Ja, von Lippstadt – Budnikowski?“

„Ich lauf jetzt los!“

„Das ist auch gut! Dann können wir mal eine Zeit lang die Klappe halten!“

„Hömma, kannse Dir ein Ei drüber braten, Bär!“

„Dann sehen wir uns in wieder in Swinoujscie! Und wann?“

„Mitte August wird es wohl werden! Wie gedenken Sie zu reisen?“

„Erst mit der Rutsche und dann sehen wir weiter!“

„Sie spinnen doch schon wieder!“

„Meinethalben!“

„Also bis die Tage, Mahler!“

„Bis denne, von Lippstadt – Budnikowski!“

(Der Hase verläßt den Philosophenwald, schreitet leichten Fußes über eine Wiese, blickt in den schwülen Himmel hinauf, denkt nach und wendet sich nach Osten. Der Bär hält Ausschau nach einer Rutsche. Soll er mal!)

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A.Mahler im Philosophenwald / Streit -

Mittwoch, 4. Juli 2012 17:04

philwald25

(Mahler und von Lippstadt – Budnikowski sind rein in den Philosophenwald. Mahler zeigt von Lippstadt – Budnikowski seine Denkhütte. Von Lippstadt – Budnikowski wundert sich, weil die Hütte kein richtiges Dach hat. Hören wir rein ins Gespräch.)

„Herr Mahler, ich wundere mich ob der Tatsache, daß Ihre Denkhütte kein richtiges Dach besitzt.“

„Schlimm wäre es, sie hätte eines. Der Gedanke muß nach oben entfleuchen können und fällt ihm ein zurückzufallen, so möge er dies tun und kein Dach hindert ihn an der Rückkehr in den Kopp.“

„Aber der Regen?“

„Der Regen fällt jeglichen Tag, wie Feste, einer der Narren des Herrn Shakespeare einst sang.“

„Kann man überhaupt über die Welt und ihre Dinge nachdenken, ohne sich zu belügen?“

„Es ist sehr schwer, bester von Lippstadt – Budnikowski, sehr schwer!“

„Sollte man es dann unterlassen?“

„Auf keinen Fall, nein, auf gar keinen Fall! Wir sind keine Wissenschaftler. Wir nähern uns ständig an!“

„An was nähern wir uns ständig an?“

„An das, was wir sind, aber so ungern sein wollen!“

„Tot?“

„Auch! Die Vergangenheit war schon immer schneller als die Zukunft!“

„Das ist anstrengend!“

„Aber auch reizvoll!“

„Was machen wir mit dem polnischen Leergut?“

„Auf keinen Fall recyceln. Was leer ist, ist leer.“

„Müll ist Müll, wie der Rheinländer sagt?“

„In etwa. Nicht alles findet ein endgültiges Fach im Gedankenschrank.“

„Streiten Sie gerne, Herr Mahler?“

„Wenn man mich läßt, gewiß!“

„Wollen Sie gewinnen?“

„Nein, Recht gewinnen!“

„Nicht Recht haben?“

„Das ist etwas anderes. Ich kann mich nicht selbst zum Gewinner erklären!“

„Eigentlich recht einfach!“

„Manchmal rächt es sich zwar, dann aber meist zu Recht!“

„Die Mär von der unglücklichen Niederlage gibt es nicht?“

„Die Mär von Glück und Unglück bremst. Wenn der Meteorit zwei Lichtjahre zurücklegt, um Dich zu treffen, während Du auf dem Weg bist, Dir eine Aubergine oder eine Halsschmerztablette zu kaufen, dann hat der Meteorit einen Plan gehabt, den Du eben nicht verstanden hast!“

„Also keine Auberginen und Halsschmerztabletten mehr kaufen?“

„Nein! Nicht auf Meteoriten schimpfen!“

„Sie reden aber einen ziemlichen Mist!“

„Danke, Herr von Lippstadt – Budnikowski, streiten wir uns also! Morgen reden wir dann über Kultur!“

(Und die Fledermäuse im Philosophenwald wundern sich. Bisher saß der Bär des Abends vor seiner Unterkunft und blickte müßig und gelassen in den meist feuchten Sommerhimmel, ließ bedeutsame oder ganz und gar nichtige Gedanken durch das nicht vorhandene Dach seiner Denkhütte nach oben steigen, und heute? Weia, was da durch den nächtlichen Forst hin und her fliegt an wüstem Wort. Wir blenden uns mal aus. Ein Gewitter zieht heran. Erster Blitz. Erster Donner. Regentropfen.)

Thema: Im Philosophenwald | Kommentare deaktiviert | Autor: Christian Lugerth

Dzien Dobdry revisited (tre) tres: Karamba!

Montag, 2. Juli 2012 8:53

em12_07

“Weia!”

“Mir ist jetzt noch schwindlig!”

„Herr von Lippstadt – Budnikowski, Taka – Tuka – Land ist nicht abgebrannt, kann aber fliegen!“

„Das hätte ich nicht erwartet, daß die Herren Iberer endlich so spielen, wie der meist germanische Bewunderer es in ihr in den letzten Jahren oft etwas öde Ballgeschiebe hinein interpretiert hatte. Soviel Tore haben die in den letzten drei Final – und / oder Halbfinalspielen nicht erzielt.“

„Wackeres, armes Italien! Was wohl der Bundesnagelkauer macht?“

„Man mag sich nicht vorstellen, was die Roten mit den Nutellaboys angestellt hätten am gestrigen Abend. Beeindruckend!“

„Keine kritischen Anmerkungen?“

„Fünfzig Prozent Jugendarbeitslosigkeit und Doktor Fuentes!“

„Gestern Abend auch?“

„Vielleicht sind sie ja als Kinder alle in den Zaubertrank gefallen. Egal! Es war ein großes Endspiel!“

„Wo ist Ihr Dialekt, Herr von Lippstadt – Budnikowski?“

„Bester Herr Mahler, aus mir spricht nicht mehr der Anhänger, sondern die Lok aka der Beobachter!“

„Stirbt aus, nicht wahr?“

„So ist das wohl! Kommen Sie mit nach Polen diesen Sommer?“

„Ich denke nach!“

„Ich mache mit!“

Thema: Im Philosophenwald, Pilka Zwelf | Kommentare deaktiviert | Autor: Christian Lugerth

Dzien Dobdry revisited due: KAIROS

Sonntag, 1. Juli 2012 15:19

em12_06

„Hömma, Mahler. Ich hab wat gelesen!“

„Ach? Während der Pöhlereifestspiele?“

„Glaubse nich, wat ich Dir erzählen tu. Kennse Kairos?“

„Gewiß. Die günstige Gelegenheit!“

„Aber tusse auch wissen tun, wat mit die Frisur vonnem Kairos anne Bedeutung veknüpft iss?“

„Sie werden es mir nun gewiß berichten. Voran denn, Herr von Lippstadt – Budnikowski!“

„Also vorne dran am Kopp, so inne Stirnpattien hat der Herr Kairos ordentlich wat an Haarpracht zu bieten, aber hinten anne Birne iss komplette Kahlrasur, weil wennse den Herrn Kairos auf Dich zukommen sehen tust, kannse ihn am sprichwörtlichen Schopfe packen und wennse das nicht packen tust mit dem Packen und dann iss er an dir vorbei, iss hinten nix mehr, et rutschen Deine nachtrauernden Griffels inne Leere namens Pustekuchen und dann kannse nur mehr rummoppern und et  Gomezgesicht mit die wohlgerichtete Coiffeurkunst inne Linse halten. Peching, sach ich mal!“

„Sie meinem weniger Masterplan, mehr Bereitschaft?“

„Mit Hingabe kannse dat auch bezeichnen tun! Wat hat der Herr J. Miezekätzchen auffe taktischen Tafeln hingekritzelt? ‘Hunger nach dem Gipfel’. Hömma, wat meint der? Vor jedem Kick drei Nussgipfels oder ein paar Croissants mit Nutella inne verwöhnte Plautze drücken, oder wat? Kaffeesatzleserei iss dat doch inne formvollendete Sinnlosigkeit! Der soll seine ganzen schlauen DVDs inne Tonne kloppen. Könnt ich mich glatt aufregen tun!”

„Das Unerwartete also! Das nicht Planbare! Wie würden Sie es benennen?“

„Kagawa! Drogba! Balotelli! Iniesta! Leider nicht mehr Müller junior!“

„Hieße er Müllera, dann vielleicht?“

„Mahler, also dat hätte ich getz nicht erwartet von Eure Intellektualität!“

„Über das Pöhlen zu reden und Intellektualität haben wohl soviel miteinander zu tun wie ein Spindfoto und vollzogener Beischlaf!“

„So iss dat wohl!“

„Und heute abend nun, Herr von Lippstadt – Budnikowski?“

„Wie ich et gestern schon bemerkte, Kairos Pirlo und dann ab innet Kloster!“

„Wir auch?“

„Gewiß, aber erst ordentlich einen inne Birne gekippt, woll!“

„Ergebnisoffen? Oder germanisch ergebnisbesoffen?“

„Hömma! Nummero uno!“

Thema: Im Philosophenwald, Pilka Zwelf | Kommentare deaktiviert | Autor: Christian Lugerth

Dzien Dobdry revisited uno: DE(R)MUT

Samstag, 30. Juni 2012 17:42

em12_05

„Sie fanden mich sogleich. Haben Sie sich abgeregt, Herr von Lippstadt – Budnikowski?“

„Hömma Mahler, ich habe noch gar nicht begonnen mich inne Aufregung hinein zu begeben. Kannse mir woll glauben!“

„Wie war die Fahrt?“

„Vonne kompletter Erfreulichkeit geprächt und dat polnische Pilsken kannse bedenkenlos konsumieren tun.“

„Aha! Und nun sitzen wir auf der Bank.“

„Ich sach mal so, dat hat gewisse Vorteile, wennse wen anne Außenlinien sitzen hast, der seine  Blicke auffe Geschehnisse auffe Wiese richtet und im besten Fall korrigierend eingreifen tut. Also generell, sach ich mal. Außer er iss seine Fingernägels bis auffe Haut am abkauen. Kannse nich mehr gucken, nä!“

„Sprechen wir über Sehnsucht!“

„Dat kannse laut singen! Et würde mich erfreuen tun, wenn die ganze Pöhlerei wieder schwatt – weiß werden täte!“

„Abschaffung des Farbfernsehens?“

„Nee, dat iss eher inne mentalen und medialen Bereiche angesiedelt. Ich sach mal, dat Fell am Bären lassen, bevor der Italiener nich inne Kiste liecht.“

„Mehr Demut?“

„Mut auch, sach ich mal.“

„Aber Sie wirken zufrieden!“

„Hömma Bär, dat mit die Untertreibungen lassen wir mal bleiben tun, Sie sehen mich in eine Phase von höchste Zufriedenheit eintreten.“

„Bekommen Sie nicht langsam Angst vor Ihren prophetischen Gaben? Viermal exakte Voraussagen!“

„Hömma, dat iss küchenschypsologisches Grundwissen. Musse nur die Verlautbarungen der Herren aus Nordösterreich anhören tun, weiste dat dat inne Windeln gehen tut.“

„Und Polen?“

„Mit Anstand. Und wennse eh zu Hause bist, musse nich nach Hause fahren tun!“

„Und morgen?“

„Taka – Tuka – Land iss abgebrannt!“

„Dann schweigen wir ein Ründchen, bester von Lippstadt – Budnikowski!“

„Ne aber auch, dat sogar innem Wald von die Philosophens eine Pöhlerwiese rumliecht! Glaub ich dat?“

„Pscht!“

„Hömma!“

Thema: Im Philosophenwald, Pilka Zwelf | Kommentare deaktiviert | Autor: Christian Lugerth

A. Mahler im Philosophenwald / EM BBB 5

Freitag, 29. Juni 2012 9:00

philwald24

Und weil Herr von Lippstadt – Budnikowksi dem Herrn Archibald Mahler ein sehr guter Freund geworden ist – ganze lange und erfüllte sechs Jahre ist das in diesem Monat her, daß man sich kennengelernt hatte – hat Herr Mahler sich einen Stift geschnitzt, ein paar unbeschriebene Blätter von einer Kastanie geborgt, hört dem aufregten Lippstadt – Budnikowski zu und schreibt fleißig, da Herr von Lippstadt – Budnikowski ihm vorliest, was da in der Zeitung steht, die im Zug aus Polen zurück nach Mittelhessen lag und wie klug für diese Zeitung ein ehrenwerter Herr Joachim Hoell geschrieben hat über die Pöhlerei. Herr Mahler ist Linkshänder. Dieses ist der letzte von fünf Teilen:

Eine gigantische Geldspirale

Sponsoren, Investoren, Fernsehen, Merchandising – die Geldströme, die beim Fußball fließen, sind gewaltig. Eine Ablösesumme von 94 Millionen, die Real Madrid für einen einzigen Spieler wie Ronaldo gezahlt hat, mag einen Eindruck vermitteln, welche Gelder in diesem Geschäft bewegt werden. Der FC Chelsea ist dank der russischen Milliarden seines Besitzers Abramowitsch gerade Champions-League-Gewinner geworden – die Rechnung geht also auf. In dieser sich kontinuierlich nach oben schraubenden Geldspirale bleibt für die Kleinen bald nichts mehr vom Kuchen. Großkonzerne gestalten den Sport, die Menschen dürfen zahlen und immerhin auch noch zuschauen.

Vor der brutalen Logik des Finanzkapitalismus kapituliert alles und jeder. Ob bei der aktuellen negativen Wirtschaftsentwicklung in Spanien die zwei Topvereine (und damit auch Großkonzerne) Barcelona und Madrid bald zu den Verlierern gehören werden, bleibt abzuwarten, es sei denn, es findet sich ein ausländischer Investor aus Rußland oder China. Dialektik der Aufklärung.

Wenn auch in Europa die Auswirkungen noch nicht so dramatisch und keineswegs mit den Bedingungen eines Landes wie Pakistan zu vergleichen sind, erleben auch die Gesellschaften der westlichen Welt seit einigen Jahren einen gehörigen Strukturwandel – und im Moment die größte Finanzkrise seit dem Zweiten Weltkrieg. Während die Massen auf den Fanmeilen, beim Public Viewing in ihrer Lieblingskneipe oder nach alter Großväter Sitte vor dem heimischen Fernseher ihre Teams und Stars bejubeln, bauen die politischen Führer, kaum beachtet von den Medien, im Windschatten des großen Sportevents, die europäische Finanzarchitektur auf eine Weise um, daß einem schwindlig vor Angst und Schrecken werden müßte. Die Folgen könnten gewaltig sein.

Der Krieg kann kommen.

Und das hat Herr von Lippstadt – Budnikowski den Herrn Mahler noch gebeten, daß er dies verlautbare. Nämlich, daß alle schräg markierten Worte der Herr Autor Joachim Hoell geschrieben habe. Wenn er das lese und nicht wolle, daß es hier stehe, solle er Bescheid geben, dann werde es weggemacht. Übrigens: Das erste Mal standen diese Worte am 23. Juni im Kontext, der Internetzeitung aus Stuttgart und TAZ – Beilage.

Post scriptum: Herr von Lippstadt – Budnikowski vermeldet – heute morgen extrem gut gelaunt – seine Ankunft im Philosophenwald. Herr Mahler möge sich auf ein auswertendes Symposium gefaßt machen.

Thema: Im Philosophenwald, Pilka Zwelf | Kommentare deaktiviert | Autor: Christian Lugerth

A. Mahler im Philosophenwald / EM BBB 4

Donnerstag, 28. Juni 2012 15:50

philwald23

Und weil Herr von Lippstadt – Budnikowksi dem Herrn Archibald Mahler ein sehr guter Freund geworden ist – ganze lange und erfüllte sechs Jahre ist das in diesem Monat her, daß man sich kennengelernt hatte – hat Herr Mahler sich einen Stift geschnitzt, ein paar unbeschriebene Blätter von einer Kastanie geborgt, hört dem aufregten Lippstadt – Budnikowski zu und schreibt fleißig, da Herr von Lippstadt – Budnikowski ihm vorliest, was da in der Zeitung steht, die im Zug aus Polen zurück nach Mittelhessen lag und wie klug für diese Zeitung ein ehrenwerter Herr Joachim Hoell geschrieben hat über die Pöhlerei. Herr Mahler ist Linkshänder. Dieses ist der vierte von fünf Teilen:

Unglaublicher Reichtum und fürchterliches Elend

Die Bevölkerung ist bitterarm, die Konzerne streichen den Gewinn ein. “Diese Konzerne haben eine Macht, wie sie kein König, kein Kaiser, kein Papst auf dieser Welt je hatte – sie beherrschen die Welt”, resümiert Jean Ziegler im Film. “Die Weltdiktatur des globalisierten Finanzkapitals bedeutet unglaublichen Reichtum, monopolisiert in den Händen von ganz wenigen, und fürchterliches Elend für die Mehrheit der Menschen auf diesem Planeten.” Doch die Näher und Näherinnen in Sialkot sind glücklich, überhaupt eine Arbeit zu haben. Kaum jemand spielt dort Fußball, aber die meisten sind stolz, daß aus ihrem kleinen Ort die handgenähten Fußbälle stammen, mit denen überall in der Welt gespielt wird, von kleinen Kindern bis zu den Weltstars.

Darin liegt der Zynismus des kapitalistischen Systems, daß die um ihr karges Dasein ringenden Menschen in Pakistan froh über die Arbeit, froh über den Lohn und auch noch stolz auf die Tätigkeit sind, obwohl sie in der Wertschöpfungskette am untersten Ende stehen. Unfreiwillig bejahen sie das System, das sie ausbeutet und zerstört, weil die Alternative noch schrecklicher wäre. Dialektik der Aufklärung.

Der New Yorker Schriftsteller Paul Auster sieht im Fußballspiel den Krieg mit anderen Mitteln, eine moderne und friedlichere Variante des realen Krieges zwischen Nationen. Fußball als Statthalter für den realen Krieg. Auf die Psychologie der Masse bezogen, mag das richtig sein, auf die Verteilungskämpfe, die der globalisierte Fußball mit seinen Milliarden anheizt, ist Fußball ein Symbol für den Krieg zwischen Arm und Reich, zwischen Konzernen und Individuen geworden. Und dieser Krieg findet nicht zuletzt auch in den wohlhabenden Ländern der Erde statt.

Und das hat Herr von Lippstadt – Budnikowski den Herrn Mahler noch gebeten, daß er dies verlautbare. Nämlich, daß alle schräg markierten Worte der Herr Autor Joachim Hoell geschrieben habe. Wenn er das lese und nicht wolle, daß es hier stehe, solle er Bescheid geben, dann werde es weggemacht. Übrigens: Das erste Mal standen diese Worte am 23. Juni im Kontext, der Internetzeitung aus Stuttgart und TAZ – Beilage.

Post scriptum: E oggi? Comtesse Stan di Lippi dice: Primo: il affanno tedesco. Secondo: il problema bavarese: sempre secondo! Terzo: Cesare vincere Leone.

Thema: Im Philosophenwald, Pilka Zwelf | Kommentare deaktiviert | Autor: Christian Lugerth

A. Mahler im Philosophenwald / EM BBB 3

Mittwoch, 27. Juni 2012 14:04

philwald22

Und weil Herr von Lippstadt – Budnikowksi dem Herrn Archibald Mahler ein sehr guter Freund geworden ist – ganze lange und erfüllte sechs Jahre ist das in diesem Monat her, daß man sich kennengelernt hatte – hat Herr Mahler sich einen Stift geschnitzt, ein paar unbeschriebene Blätter von einer Kastanie geborgt, hört dem aufregten Lippstadt – Budnikowski zu und schreibt fleißig, da Herr von Lippstadt – Budnikowski ihm vorliest, was da in der Zeitung steht, die im Zug aus Polen zurück nach Mittelhessen lag und wie klug für diese Zeitung ein ehrenwerter Herr Joachim Hoell geschrieben hat über die Pöhlerei. Herr Mahler ist Linkshänder. Dieses ist der dritte von fünf Teilen:

Der Dreiklang der Verblödung

Im Fernsehen dominieren drei Formate – Sport, Kochsendung und Talkshow. Mit diesem Dreiklang der Verblödung glaubt das öffentlich subventionierte deutsche Fernsehen seinem Sendeauftrag nachzukommen. Sind Kochsendungen und Talkshows wenigstens noch im eigentlichen Sinne des Wortes billig produzierte Sendeminuten, sprengt Sport, und da vor allem Formel 1 und Fußball, alle Dimensionen. Für das in Fußball investierte Geld könnten unzählige Autoren- und Dokumentarfilme produziert werden – Formate, die seit Jahren grob zusammengestrichen werden.

Aber der Geschmack der Masse geht über alles, der festgeschriebene Sendeauftrag nur noch Makulatur. Und nicht nur für das Fernsehen ist Fußball ein Bombengeschäft. Das Fußballgeschäft sei “der Inbegriff des entfesselten, wild gewordenen, globalisierten Finanzkapitalismus”, meint der Schweizer Soziologe Jean Ziegler, Mitglied des UN-Menschenrechtsbeirats. “Milliarden von Dollar sind impliziert, Sponsorengelder, Fernsehrechte und so weiter. Aber in Pakistan, dort, wo die Menschen die Fußbälle herstellen, bedeutet dieser globalisierte Finanzkapitalismus täglichen Terror.”

An die 50 Millionen Bälle nähen pakistanische Frauen und Männer im Jahr zusammen – für rund 40 Cent pro Ball, der in Europa bis zu 100 Euro kostet. In dem Film “Der Ball ist rund” (2010) gehen die beiden Regisseure Christian Krönes und Florian Weigensamer zu dem Ort Sialkot im Nordosten Pakistans, das Zentrum weltweiter Produktion von Fußbällen. 50 000 Menschen nähen dort jährlich bis zu 50 Millionen Fußbälle, erwartungsgemäß verdienen die Näher und Näherinnen nur wenig, arbeiten dafür hart und haben keine soziale Absicherung, doch andere Erwerbsmöglichkeiten existieren praktisch nicht. “Es ist eine schwere Arbeit”, erzählt eine junge Näherin. “Ich nähe jetzt schon seit vier Jahren, mit meiner Erfahrung fällt es mir leichter, aber es ist anstrengend. Man braucht sehr viel Kraft.” Über drei Stunden dauert es, einen Ball zu nähen. Nach 750 Stichen sind die 32 Einzelteile der Hülle schließlich verbunden und bilden einen Ball. Drei bis vier Bälle kann eine Näherin am Tag fertigen und erhält pro Stück 40 Rupien, rund 40 Eurocent. In Europa wird der Ball zwischen 25 und 100 Euro kosten.

Und das hat Herr von Lippstadt – Budnikowski den Herrn Mahler noch gebeten, daß er dies verlautbare. Nämlich, daß alle schräg markierten Worte der Herr Autor Joachim Hoell geschrieben habe. Wenn er das lese und nicht wolle, daß es hier stehe, solle er Bescheid geben, dann werde es weggemacht. Übrigens: Das erste Mal standen diese Worte am 23. Juni im Kontext, der Internetzeitung aus Stuttgart und TAZ – Beilage.

Thema: Im Philosophenwald, Pilka Zwelf | Kommentare deaktiviert | Autor: Christian Lugerth