Aus der Tiefe des Raumes, weil WM is’ (4.)

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„Wenn ich Sie was fragen dürfte, Herr Mahler?“

„Ich bitte darum, Herr von Lippstadt-Budnikowski!“

„Sind Sie traurig?“

„Keineswegs, denn ich sehe in der Hochstilisierung eines schönen Spiels zur gewonnenen oder verlorenen Schlacht keinen Gewinn, weder emotional noch intellektuell. Sie finden mich eher nachdenklich.“

„Die Fehlentscheidungen?“

„Jawohl. In beiden Spielen des gestrigen Tages. Menschliche Unpäßlichkleit. Eingriffe schwerster Art in Ablauf und Entwicklung des Spieles. Fatal.“

„Glauben Sie denn es gibt Mittel, dies zu verhindern? Oder ist der Fehler, das Drama, die Ungerechtigkeit nicht wesentlicher Bestandteil der Oper um den runden Ball?“

„Wenn gewisse Grenzen der Blindheit überschritten werden, beginne ich an dieser These zu zweifeln. Ich erinnere mich an meine ersten Bilderapparaterfahrungen im März dieses Jahres. Eishockey ist eine höchst spannende und rasante Gelegenheit und es gibt Torrichter. Man sollte es zumindest ausprobieren. Der gestrige Tag ruft förmlich danach. Davon abgesehen, waren die beide Siege hochverdient, der deutsche mehr, der argentinische weniger, wobei: Herr Maradona ist Rock ’n’ Roll, wenn ich das so sagen darf.“

„Ich wiederum gebe zu, ich spiele mit dem Gedanken mir ein Trikot des Herrn Müller anzuschaffen.“

„Bleiben Sie, wie sie sind!“

„Sie sind und bleiben eine Euphoriebremse! Stichwort: Einschätzung der Leistung der Übertragungsgesellschaften?“

„Der Herr ARD bemüht sich, dem Mann aus der Tiefe des Raumes gebührt mein ganzer Respekt. Der hysterische Twen RTL: unerträglich.“

„Beispiele?“

„Klinsmann und Jauch. Ersterer nach den wütenden Protesten der Mexikaner – in diesem Zusammenhang sei noch mal auf die sportliche Haltung von Albion hingewiesen! – als er sagte: „Ich lääbe ja in Kalifornien. Da sind die Mexikaner in meiner Nachbarschaft. Sie lääben aus dem Bauch heraus!“ Wie meinen? Die ganzen mexikanischen Hungerlöhner, die im “Golden State” Rasen mähen, Toiletten putzen und die Gurken sortieren, immer schön aus dem Bauch heraus, oder was? Und wie kommt Herr „Ich bin schon längst Millionär“ Jauch dazu, sich darüber lustig zu machen, daß Maradona sich immer mal wieder bekreuzigte? Relikte unreflektierten und dummdreisten Germanentums. Oh sancta simplicitas! Ihre Erkenntnisse?“

„Staunen mehr denn Erkenntnis. Vier Spiele unseren Nationalen Jugendbande, vier verschiedene Visitenkarten abgegeben. Eine Wundertüte mit der Möglichkeit des Ausschlages nach ganz oben. Furcht vor Argentinien wäre unangebracht! Der von mir nicht immer verehrte Herr Löw tut offensichtlich seine Arbeit. Man folgt ihm unerbittlich!“

„Gegen die Lateinamerikaner ist zu hoffen, daß aus dem Serbienspiel Lehren gezogen werden. Die Engländer haben gestern für ihre Verhältnisse fast körperlos gespielt, dies gebe ich zu bedenken.“

„Aus den Haaren, die sie in jeder Suppe finden, flechten andere Perücken, mein lieber Herr Mahler! Das Flutlicht aus und alle Tore offen! Morgen ist auch noch ein Spiel!“

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Autor: Christian Lugerth
Datum: Montag, 28. Juni 2010 7:15
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