Beiträge vom 29. März 2010

Die Tschurtschenthalermethode

Montag, 29. März 2010 13:04

apotheke„Jo schaug, wann es Dich verruckt moacht, noa schpeibst es aus!“ Und: „Sums nit und suff an Meum athamaniticum Jacq.“ Das hatte Ernst Albert Archibald gestern ins Ohr geflüstert. Selbstredend ist – dies vermutet selbst ein Bär, der noch am Anfang seiner Bildungsreise durch die Welt steht – das eine tirolerisch und das andere Latein, kann also nicht originär von Ernst Albert stammen,  obwohl der seine Bildungsreise durch die Welt schon etwas früher angetreten hatte. So sei es! Urheber dieser weisen Worte ist der Tschurtschenthaler Gregor, ein Drogist und Schnapselbrenner aus dem abgelegenen Glungezertal in Tirol. Drunten in der Landeshauptstadt am Inn hatte der Tschurtschenthaler Gregor eine Drogerie und dort hatte Ernst Albert auf einer seiner Reisen den Tschurtschenthaler Gregor kennengelernt. Er hatte vor dessen Drogerie gestanden und das alte Ladenschild photografiert, als die Tür aufging und ein stattlicher alter Mann mit riesigen verhornten Händen Ernst Albert hineinwinkte. „Keamens enk eini, Luschn.“

Ernst Albert stand in einem leeren Ladengeschäft, welches  gewiß seine 250 Jahre auf den – allerdings auch leeren – Regalbrettern hatte. In der Mitte des Raumes befand sich ein wackliger Holztisch, auf diesem ein Blecheimer und daneben eine große Flasche Schnaps. Und wie der Herr Albert so schaute wie eine Luschn, weil er nix verstand, hat der Tschurtschenthaler Gregor ihm ein Stamperl von dem Selbstgebrannten eingeschüttet und dann die von ihm entwickelte Methode erklärt.

Er erzählte, daß ihm seit Jahren auffalle, daß, wenn er von seinen Bergen herabsteige, die Menschen in den Tälern und Städten immer wahnsinniger und hektischer würden, weil sie innerlich vermüllt seien. Und daß der schlimmste Müll gar nicht mal der Dreck in den Flüssen, in der Luft und in den Nahrungsmitteln sei, sondern der Dreck in den Hirnen und Herzen der Menschen. Und daß fast alle Krankheit nicht aus dem Himmel in den Menschen hineinfalle, sondern daß die Menschen einen großen Spaß daran hätten, sich gegenseitig krank zu machen. Und schlimmer wie jede „Fotzn“, die man dem anderen mit der Hand auf die Wange haue, seien die „Fotzn“ die man mit Ausgesprochenem und Hingeschmiertem austeile. Und das sei eine gewaltige Menge, die der Mensch täglich an unsinnigen, geheuchelten und sinnlos nachgeplapperten Worten aufnehme, sei es über Ohr, Auge oder Nase. Und deshalb: „Jo schaug, wann es Dich verruckt moacht, noa schpeibst es aus!“ Und das sei die Methode. Du sprichst zehn Worte, die Dir seit Tagen das Hirn und Herz vermüllen laut vor Dich hin, spuckst dreimal in den Blecheimer und: „Jammerst nicht rum und säufst ein Stamperl Bärwurz.“ Und machst Dich an die nächsten zehn Worte. Und so weiter und so fort, bis Du eine angenehme Leere in Dir hast. Und die fühle sich richtig „bearig“ an. „Pfiat enk, i muaß buggln.“

So saß Ernst Albert vor dem Kränkelbären, Bleistift und Papier in der Hand, neben sich – in Ermangelung des Originals – einen griechischen Anisschnaps und vor sich Eva Pelagias Putzeimer. Und Archibald Mahler, der Bär vom Brandplatz, begann eine lange, lange Liste zu diktieren. Denn wenn eine sensible Bärennase unter die Aufrechtgeher fällt, da kommt schon was zusammen.

Thema: Küchenschypsologie | Kommentare deaktiviert | Autor: Christian Lugerth