MDdW / Heute von Versöhnung verwirrt

Dann hat Mahler weitergedacht und weil es ein Sonntag war an dem Tag an dem er weiterdachte, wollte er das Gedicht, welches selbstredend ein Gedicht des großen Samuel B. war, wieder in die richtige Reihenfolge der Worte bringen. Von vorne, quasi. Das war nicht einfach, weil das Poem von hinten her schon ein beträchtliches Eigenleben entwickelt hatte. Aber Mahler kennt da nix und tut es.
ich möchte daß meine Liebe stürbe
daß es regnet auf den Friedhof
und in die Gassen wo ich gehe
jene beweinend die mich zu lieben glaubte
Daraufhin war Mahler nicht mehr traurig, zum einen weil es ein Sonntag war und der Himmel recht blau sich gab, aber vor allem deshalb weil, wenn bär über ein Poem so schön traurig sein kann, dann braucht der Bär nicht mehr traurig zu sein.
MDdW / Heute von der versöhnten Verwirrung

Mahler dachte nach und kurz und weiter und zäumte ein Gedicht von hinten auf.
„glaubte lieben zu mich die beweinend jene
gehe ich wo Gassen die in und
Friedhof den auf regnet es daß
stürbe Liebe meine daß möchte ich“
Später war und blieb er traurig noch. Dann erinnerte er sich doch, um einiges zu vergessen. Aber das Gedicht blieb gut. Andersherum eigentlich. Am Morgenmeer?
MDdW / Heute von versöhnter Verschiedenheit

kein zimmer frei
tritt ein und nein nicht von dir nachdem
ins schloß die tür
das schloß nicht dein und frei
die tür fiel ins schloß
das schloß nicht dein
man sagt die neuen herren trampeln
trampeln durch die vorsichtig und
auf ewigkeit getrimmten
und konzipierten
gärten wie wildschweine dir
oh alter sack und wanstigkeit
oh geheimrat
willst du vergangenheit verhärten
der garten wächst doch du mein dichterfürst du
zwar angelegt geharkt und das restleben geparkt
im garten weiter warten
noch ein stück bis sich der kopf erhitzt und
platzt und stürmt und drängt
wer sich zwängt ins lebenskorsett
atmet weniger
ich bin dein
und geist deines zimmers
österlich’ wohngemeinschaft
verschieden in frieden
MDdW / Studierzimmer / Des Mahlers Bedenken

Der Fels war weggerollt gewesen / der Bär trat ein / es schien ihm / er sei nicht allein / und sprach drum so: / “Soll ich mit dir das Zimmer teilen / Pudel, so laß das Heulen / So laß das Bellen / und reiche die Fernsehzeitung dem bärigen Gesellen / Ob einer muß die Zelle meiden / wenn Enge in Begegnung kriecht / jede Antwort strenge riecht / bevor man eine Frage stellte / ungern heb’ ich das Gastrecht auf / bevor ich selber eingerichtet / im fremdem Raum / in fremder Stadt / es hängen Bilder an der Wand / alte Erzählungen wohlbekannt / man wäre gerne fortgerannt / doch sitzt bald über andrer’ Leut’ Geschicht / fettleibig grinsend zu Gericht / das soll man nicht!“ / Zum wem er spricht? / Ist es ein Schatten? / Ists Wirklichkeit? / Trägt Budnikowski ein luftiges Sommerkleid? / Vier Augen schauen ihm fordernd und frei / ins Bärengesicht / Geister und Larven eilen herbei / Peitschen, die knallen und rasselnde Rätschen / heut hüpft ein Herz / und draußen tanzet ein Mädchen / der Herr singt vom nahenden Lenz. / Es rieselt sacht / der Bär zog ein die letzte Nacht / der Ofen brodelt, zischt / und morgen dann ein andrer spricht.