Beiträge vom Dezember, 2015

Around the world in 365 days, 8784 hours, many mighty minutes and minutes and waste weeks

Mittwoch, 30. Dezember 2015 20:06

syl15

Karten und Briefe wären noch zu beantworten, gestorben wird im Minutentakt und der Bär ist von seiner Runde zurück. Zuerst ein Lied der Andacht. Der Bär nickt mit.

„Die Mundharmonika gefällt mir gut!“

„Ich würde Ihre Weihnachtswünsche gerne noch beantworten, lieber Mahler, aber ich finde den rechten Vogel nicht, der diese zu Ihnen trägt. Es sind zu viele auf dieser Karte.“

„Sind Sie jetzt David Robert Jones, oder war mir nur etwas erschienen?“

„Ach Identitäten. Ich werde ihnen später ein Liedchen zur Beantwortung Ihrer Frage pfeifen. Ich gestehe jedoch, der Blick in den Spiegel hatte mich überrascht. Wie war das Jahr nun abschließend, das hinter uns liegt?“

„Kratzig. Nächstes Jahr werde ich mir ein anderes Toilettenpapier zulegen.“

„Und sonst?“

„Naja, fünfhundertsiebenundzwanzigtausendundvierzig Minuten Anwesenheit auf diesem Planeten der Kuriosität und Traurigkeit und, lieber Budnikowski, nächstes Jahr wird sich nichts ändern!“

„Doch, andere werden sterben.“

„Wird denn keiner mehr geboren?“

„Schon. Aber wir werden jene nicht kennenlernen!“

„Naja, dann tun wir so als hätten wir die Gestorbenen gekannt!“

„Das alte Spiel! Mahler, was sahen Sie auf Ihrer Runde?“

„Ich schlich an Wänden entlang. Ich traute mir das freie Feld nicht zu. An den Wänden lehnten ausgespielte Karten. Ich stieß dagegen. Sie fielen um und das erschreckte mich. Ich brach die Runde ab. An den Wänden finden sie nun die Abdrücke meiner Tatzen. Nächstes Jahr versuche ich es erneut. Ich werde das freie Feld mit einem Segler queren. Es soll ja kräftig regnen.“

„Nehmen Sie mich mit?“

„Das weiß ich noch nicht.“

„Verwirren Sie meine diversen Identitäten?“

„Zugestandenermaßen, ja!“

„Hömma, dat wird sich nicht ändern lassen, auch in die nächsten achttausendundvierundachtzig Stunden eher nich.“

„Dann pfeifen Sie mir Ihr Lied!“

„Gerne!“

Der Schrank neigt sich, der Hut rutscht und der Bär und der Hase versuchen alles unter den Einem zu verstauen. Noch hält das kommende Jahr die Füße still, wir seh’n uns wieder im April!

Thema: Bemerkungen | Kommentare deaktiviert | Autor: Christian Lugerth

Mahlers Brief, welcher durch puren Zufall so datiert wie hier zu lesen ist, aber trotzdem!

Donnerstag, 24. Dezember 2015 14:41

brief4

Lieber Budnikowski,

messen Sie dem Datum meiner Antwort auf Ihre Leberwurstfrage keine Bedeutung bei, es handelt sich lediglich um einen zufälligen Zusammenstoß diverser Assoziationsketten. Aber auch der Zustand, in dem der aktuelle Winter sich befindet, wäre zu erwähnen, denn ein jeglicher Versuch mich in den Winterschlaf fallen zu lassen endet in Unruhe, öffnet meine Augen und diese erblicken blühende Zweige. Japanische Zierkirsche. Nachtreibende Margariten. Weidenkätzchen. (Betreffs Ihrer Nebentätigkeit nur dies: das Ei ungefärbt belassen oder braten, bitte!) „Das Kind“, welches nun einen spanischen Namen trägt, ist wütend aus der Krippe geklettert und umtost mit der Wucht kreativer Zerstörung die Küsten und Gestade. Gezeitenströme verirren sich und Luftmassen fallen orientierungslos vom Himmel herab. Der Aufrechtgeher hat wieder Grund zu jammern. Selten dämmert ihm, daß Wesensmerkmal der vielbesungenen Freiheit es ist, nicht so viele Dinge zu tun, sondern dies zu unterlassen. Und so schreibe ich Ihnen zu, sollte Sie ein Anfall von transzendentaler Bedeutungshuberei überfallen:  das Leberwurstbrot an der Wand ist die rechte Wahl. Gerne auch gefasst oder gerahmt. Den Meisten ist das Rauschen vor den verspiegelten Fenstern der eigenen Imwaldität sowieso wurscht, wichtig ist die Erregung coram publico und daran herrscht wahrlich kein Mangel. Corizo corazon, Companero!

Kürzen wir ab und schließmuskeln, mein lieber Denkgenosse. Das letzte Jahr war laut und neigte zur geistigen Leere. Steigen wir also am heutigen Tag auf die Blauen Berge, blicken wir am heutigen Tag in die Himmel, suchen wir am heutigen Tag ein anmutiges Ritual. Vielleicht liegt es irgendwo im grünenden Gras. Neben einem Weihnachtsei!

Ach ja, kann man eigentlich auch die althergebrachte, moribunde Herzensbildung an die Wand nageln?

Das fragt sich und grüßt Sie – gelegentlich -  im Zustand schicksalbejahender Wunschlosigkeit!

Ihr Companero cordial Archibald Mahler, Comandante do Plaza de Fuegos

PS: Ihr neuestes Filmwerk gefällt mir! Oder sind Sie es gar nicht, sondern…

kuno_bowie

Thema: Bemerkungen, De re publica | Kommentare deaktiviert | Autor: Christian Lugerth

Budnikowski antwortet und schreibt also an Mahler einen Brief auch über Leberwurstbrote

Donnerstag, 17. Dezember 2015 19:12

brief3

Besten Mahler,

dat iss die Sache so mit die Flecken. Da kannse noch so Vorsicht waltern lassen inne Planungsverfahren, wenn et troppt, isset passiert meist jenseits vonne Gewußtheit. Und dann iss klebrig. Getz zum Bleistift beie Marmeladenschnitten. Und obwohl ich schon höre des Sektierers Gemurre gellen, von wegen iss doch Unterschied obbe Flecken von Brombeer oder Aprikose oder Quitte oder iss Aprikose nur als Marillen anbetungswürdig und kannse bei Aprikose auch in Obergurgl dat Kreuz übere Brust und dat Gestirn kreuzigen tun, ich tu dat mal mit Schal generalisieren, und sach, dat et klebt, wennet klebt und dat persönliche Herkunftsorganigramm vonnem Fleck iss mich Jacke wie Putzlumpen. Wissense, dat öffentliche Anne-Wand-Pinnen iss schon die Crucification, so wie et ebenst die Tendenz geben tut in tägliche Verschärfung, dat die Öffnung vonne Hosenlätzen gewisse Heilsversprechen transportieren könnten soll und so ebenst die Freiheit gewahrt bleiben muß für jede triefende Nase auffe Erdboden. Dat mag der Bourgeois sich anne liberale Joppe heften tun, während der Citoyen auffe tägliche reflektorische Spazierrunde die weggeschmissenen Schnupftücher von seine Mitweltnutzer vonne Asphaltwegen klauben tut. Also geht mich fott mit die heilige Indufällität. Sachens, gittet nich auch eine Versicherung gegen Indivalität? Oder tu ich da watt verwechseln tun, Herr Mahler?

Grüßen Sie mich herzlichst von rechtswegen auch den Mops von Otto von Trottoir

Ihren Budni (Desiechnierter Ministersprecher für Glauben, Taube und Brotbeläge)

PS: Glauben Sie, dat Leberwurst vielleicht besser anne Brotscheiben haften tut, falls et mich mal nache Veröffentlichung von meine Tranzendentalien verlangen tut?

PS 2: Wünschen Sie sich wat von meine Wenigkeit fürret nahende Fest oder reicht et, wenn ich die Löffels stillhalten tu?

Thema: Bemerkungen, De re publica | Kommentare deaktiviert | Autor: Christian Lugerth

Mahler diktierte, während er Brief erhielt, hörte nicht zu, konnte aber nachlesen und antwortete

Dienstag, 8. Dezember 2015 8:36

brief2

Geschätzter Budnikowski,

Sie teilen mir mit, sie werden Marmeladenbrote anbeten. Ich äußere Verständnis angesichts der Unvernunft. Sicher befinden Sie sich auf dem Trotzweg, aber wer wandelt dorten nicht. Also verständnisreich genickt und die Bitte, das Marmeladenbrot nicht an nahe Wände zu nageln. Es tropft. Zu den Sätzen zu setzen noch wäre, daß ich auf einem Buch sitze. Einem Buchbergwerkbuch. Vollendet, abgeschlossen kaum. Das Monstrum, man hatte es Herr Ernst Albert als Dank für eine Musentempelei geschenkt. Schon der Titel. Also das mit der Depression verstehe ich ja mit einer Pöterhälfte, aber was ist raff? Möglicherweise gelingt es mir – nach erfolgter Lektüre – Parrallellenn (das Wort hat fast so viele Esse wie Misisipi) zu den Marmeladenbroten herzustellen. Oder schreibt man Marmaladenbrote? Nein. Das wären Berge in Südtirol. (Wo ich noch nie war!) Also, über achthundert Seiten wären zu durchfräsen. Herr Albert hat keine rechte Zeit, so schaue ich vorher und rein mal. Das Register gestaltet sich versprechend. Ich beginne mit meinen Initialen. Nur so. Apachen, Apfelsaft, Appolonius von Tyana, Apostel, Apotheose, Apusie, Are You Growing Tired Of My Love, Aristoteles, Arnemann Sepp, Arrabal Fernando, Artaud Antonin, Askese, Asklepios Klinik, Ata und Atom Heart Mother und dann May Karl, Mc Cartney Linda, Mc Cartney Paul, Meine Welt, Meinhof Ulrike, Meins Holger, Meister Eckhardt, Melancholie, Melencolia sowie Menschensohn siehe Jesus. Natürlich ist dies bestenfalls Kostpröbelchen in kleinster Dose. Jesses maria! Für Gespräch mit Ihrer Hochwertigkeit sehe ich so Zeitmangel nahen. Ich hoffe auf ein Wiedersehen auf blubbernder Heizung – wenn die Welt noch atmen darf – im Frühjahr dann, also wenn Winter sein wird. Endspiel iss immer. Es ist spät geworden, so longines.

Mit Gruß und Wink

Archibald Mahler

Thema: Anregende Buchstaben | Kommentare deaktiviert | Autor: Christian Lugerth