Anleihen. Ansinnen. Anleid(t)ungen. Acht.
Im stillen Zimmer stummes Sprechen, draußen der Wind
Es ist gut, wenn der Wind sich in den Dachziegeln verfängt, Regentropfen auf den Fenstersims trommeln, des unermüdlichen Draußen’s Musik den warmen, sicheren Hort umtanzt. Da lag ein Buch auf dem Nachttisch, man griff danach, man las sich gegenseitig vor, mal der, mal jener:
„Ein Mann geht, die Stiefel umgehängt, barfuß durch diese Sandwüste unter dem Meer, kennt den Weg von Insel zu Insel, der sonst dem Wasser gehört, geht durch eine besonnte Landschaft auf sicherer Erde, folgt einer unsichtbaren Spur, durch Generationen überliefert, altes Wissen der alten Geschichten: Bei Neumond vom Kirchturm Richtung Süderspitze, quer zum Priel, vorbei an den Planken und Spanten eines gesunkenen jahrhundertealten Schiffs, grüne Pflanzen, Algen und Muscheln, stolz ausgefahren, im Elend gescheitert, den Weg verfehlt, trotz Sternwarte und Kompaß, verfehltes Bemühen gegen die schwarze Gestalt des zufälligen Sturms, der Mensch im Unglück, kein Mensch singt davon.
Ebbe und Flut, Licht und Dunkelheit, Leben und Tod. Das sich Wiederholende ist das Bleibende. Das in sich Kreisende das Ewige. Kein Anfang, kein Ende und keine Vollendung. Das unfertige Bild, die aufgegebene Fuge, der abgebrochene Satz, ausgeführt bis zum Augenblick des Todes. Variationen der vergeblichen Bemühungen eines Lebens. Ein Schauspiel ohne Handlung, Ablauf unbekannt, Personal und Ort nur Zufall, die Erzählung Fiktion, der Bericht Konstruktion des Menschen, Behauptung eines Schicksls, unerkannte Gleichzeitigkeit, unbewußte Erinnerung, Jahre des Vergessens, sinnlose Fragmente, unzusammendhängend. Das unvollendete Bild des Menschen. Das stille Zimmer und das ununterbrochene stumme Sprechen. Worte, die keiner versteht.“
Es ist gut, wenn ein lieber Mensch ein Buch überreicht, bevor man aufbricht zu einer Reise und angekommen, dieses Buch einen willkommen heißt, als hätte es vom – vorläufigen – Ziel der Reise gewußt. Wenn Erinnerung und Erleben sich übereinander schieben, eins werden. Erinnert man sich farbig oder schwarzweiß?
(text / fotos: christian lugerth)