Beiträge vom 7. April 2018

Anleihen. Ansinnen. Anleid(t)ungen. Zwölf.

Samstag, 7. April 2018 9:52

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„Fühl es vor! Du wirst gesunden: traue neuem Tagesblick!“

Die zwei Reisenden wollten also eine Insel verlassen. Nur wie? Die Suche nach einem Boot war nicht vom Glücksstern beschienen und eine Eisenbahn war nur zu hören, keine Lok aber in Sicht, lediglich Waggons auf einem Abstellgleis und leer in die Ferne ziehende Schienenstränge. Verwirrung wuchs und so die Zweifel, wobei hier einzuschieben wäre, was ist auch da Huhn und was das Ei! Verwirrter Zweifel oder zweifelnde Verwirrung. Gewiß nur war der unbedingt formulierte Willen der Gefährten eine Ortsveränderung anzustreben, die Reise fortzusetzen, zumal ihnen ein Weg zu Füßen lag, schnurgerade ausgerollt gen West. Vom Unvermeidlichen, Gnadenlosen, dem ständigen Wind dieses nicht enden wollenden Winters möge geschwiegen werden. Er weht stets von vorn, welche Richtung man auch einschlagen mag, der kalte Hund. Der Bär formuliert schweren Schritts, der Hase versucht sich am Moonwalk, pfeift und antwortet, wenn gefragt.

„Ich bin zugegebenermaßen etwas verwirrt, bester Budnikowski. Auf der alten Karte lag im Osten ein Bahnhof der Inselbahn, dort auf der sandigen Spitze, sie erinnern sich, wo wir unlängst die alten Pfähle entdeckten und rätselten.“

„Gewiß, Mahler. Aber wir laufen nach Westen, geradeaus, flott wie Otto, was Neues zu beginnen!“

„Man hört das Pfeifen, aber man sieht nichts!“

„Soll ich leiser?“

„Nein, nicht Sie. Die Bahn. Doch vielleicht pfiff all die Tage nur der Wind. In mir sprießen Zweifel wie Gänseblümchen. Der Sinn unseres Gehens, hier und heute?“

„Rumstehen, Bär, ist noch blöder. Selbst die Inseln wandern. Haben Sie doch gesagt!“

„Ich las davon. Im Westen greifen sich See und Sturm den Sand, toben, rauschen, blasen und laden ihre Fracht im Osten wieder ab. Und so wandert die Insel jeden Herbst und Winter ein kleines Stückchen Richtung Moskau. Im Frühjahr packt der einheimische Aufrechtgeher das kostbare S(tr)andgut fluchend auf Laster, fährt das Ganze wieder Richtung San Francisco und lädt es ab, auf daß die Strändkörbe nicht auf Schlick stehen müssen und der Rubel aka Dollar rolle.“

„Das Stetige, das Hin und Her, über das wir die Tage räsonierten, es färbt ab!“

„Wie bitte!“

„Naja, die Einheimischen machen einen auf Sysiphos und äffen die Natur nach!“

„Nur das ihre Chancen in diesem Wettbewerb als Sieger zu enden sehr geringe sind!“

„Wenigstens kommt nichts weg. Vom Sand, meine ich!“

„Das kapieren sie halt nicht. Das eben nichts wegkommt. Vom Abfall. Der Hybris. Aller Dummheit. Und dieses alte Hüpflied in Ihrem Schädel wohl auch!“

„Man kommt gut gelaunt galanter fortwärts! Stimmt doch, lieber Grummelbär!“

„Fortwärts! Schönes Wort. Glückwunsch, Meister Budnikowski! Glückwunsch. (Es wird weiterhin gepfiffen eine Weile. Dann plötzlich der Bär erfreut im Ausruf.) Da! Sehen Sie? Geleise! Ein Kreuz!“

„Rauf! Hoch! Spitzbubenleiter!“

Gesagt getan. Jetzt brummt der Bär. Etwas dissonant. Dann antwortet kein Zug.

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(text / fotos: christian lugerth)

Thema: Ansinnungen 2018 | Kommentare deaktiviert | Autor: Christian Lugerth