Beiträge vom Juli, 2019

Hoy und Woj und der Osten / Und Gundi hilft III

Donnerstag, 25. Juli 2019 14:09

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„Moy luby Kmotsik! Dreiundvierzig Lenze lediglich und schon Audienz beim GROSSEN STEIGER!“

„Das steht doch gar nicht auf dem großen Findling!“

„Vorbereitung, Psijasel Bär.“

„Sechsundachtzig Lenze ist des weiteren richtiger!“

„Warum nun, Meister Schlautatze?“

„Vorbereitung desgleichen, Brigader Lampe. Vor einundzwanzig Jahren stand hier, wo wir nun sitzen, der Herr Pfarrer Fink und addierte: dreiundvierzig Jahre Baggerfahrer, dreiundvierzig Jahre Musikus und Poet. Macht sechsundachtzig Jahre. Wollen Sie mein Lieblingszitat hören?“

„Wer hätte Sie jemals bremsen dürfen?“

„Sagt also Gundermann: ‘Ich glaube wer nur Kunst macht, verblödet. Und wer nur arbeitet, verblödet auch.’ Da könnte ich mich vor lauter Freude wund kratzen! Verstanden?“

„Wir sitzen hier auf einem Grab und beharken uns! Dürfen wir das überhaupt?“

„Ich glaube der Mann, welcher hier ruht, hätte damit keine Schwierigkeiten. Das Streiten, Hadern, Zweifeln, Suchen war ihm – was man hört und liest – nicht ganz so fremd.“

„Eigentlich fein. Erinnern Sie sich noch, wie wir einst in Praha in ähnlicher Situation von einer alten würdigen Dame mit Eisesblicken quasi einer Grabschändung bezichtigt wurden!“

„Der Franz K. war aber auch ein Sensibelchen!“

„Der Gundi war ja wohl auch kein Eisbrocken. Ich denke, daß der Tod seiner Grube ihm kräftig ins Lebenslicht gepustet haben dürfte. Soll ich nun mein Lieblingszitat aus dem dicken Buch von Herrn Ernst Albert?“

„Hans-Dieter Schütt!“

„Weiß ich doch. Also: sagt so ein alter Kollege aussem Tagebau zu dem etwas großmäuligen Jungspund: ‚Horche mol her, bist zwor son rechtes Oarschloch, ober die Oarbeit mochste rischtsch glasse!’ Und Gundi ist stolz. Glauben Sie der wäre rechts heute?“

„Fragen Sie mich keine Hättewärewenn-Fragen. Nee. Bestimmt nicht. Aber was die hier auf die Mütze gekriegt haben, nachdem die Landschaften zu blühen beginnen sollten. Und außerdem: Alle oder keiner!

„Aber die Tatsache, daß man seine Heimat zerstört, um sie zu erhalten? Die Dörfer wegbaggern, um die Städte und Kombinate zu heizen? Gelbe Luft und schäumende stinkende Flüsse? Und Schweigen!“

„Sind die heutigen Aufrechtgeher in ihren rollenden und aufgeblasenen Blechbüchsen weiter? Kaum! Man darf seinen Wissensgewinn via gelebtes Leben den Altvorderen nur zum Teil vorhalten. Noch stehen wir auf ihren Schultern. Das schützt davor in den steigenden Fluten unterzugehen.“

„Fluten! Gutes Stichwort, Towaris Bär. Ziehen wir ein paar Meterchen weiter.“

„Tschüß Gundi!“

„Bis bald wieder!“

„Und was sollte besser sein, als so ein Abend in Frieden?“

„Hoy, haben Sie was gesagt?“

„Njet, Woj! Haben Sie was gehört?“

(Knappe zehn Radminuten östlich des Waldfriedhofs von Hoyerswerda liegt der ehemalige, seit Jahren geflutete geflutete Tagebau ‚Scheibe’. Dort war man angekommen. Am Himmel und auch unten schob sich ein Gewitter zusammen. Hören wir mal rein ins erregte Gespräch.)

„Also wirklich, Herr Mahler .. ähem … Woy … Der Ehrenwerte Herr Ernst Albert hat doch einen an seiner Erzählerwaffel. Für ein schickes Bild setzt der uns auf eine Boje mitten im Scheibesee, etliche Meter, für ein Nichtschwimmerkarnickel wie mich gefühlte KILOMETER vom sandigen Ufer entfernt. Wenn nun ein Unwetter vom Himmel fällt und wir ins Wasser?“

„Dann rettet uns ein Engel. Die haben seit Jahren in dieser Gegend laut Gundi etliche Kapazitäten frei.“

„Mein neues Lieblingslied!“

„Psst! Ähem … warum trägt der Ernst Albert eigentlich noch seinen alten Namen auf unserer Dienstreise?“

„Nennen wir ihn Grigori Kossonossow! Der wird sich wundern!

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Hoy und Woj und der Osten / Und Gundi hilft II

Montag, 22. Juli 2019 16:43

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„Wo sind wir, Brigadier Hoy?“

„Da wo einst Kultur in die Wüste geschaufelt wurde, hier unter anderem begann es in HOYerswerda aka WOJerecy!“

„Eulen nach Sachsen tragen?“

„Quatsch, das wäre das Gegenteil davon, Towaris Woj! Hier lagen vor sechzig Jahren abertausende gerodete Kiefern auf unschuldigem Sand rum. Unter der Heide da aber lauerte die braune Kohl’. Erinnern wir uns!

„Und immer liegt sie noch rum?“

„In Massen. Damals war hier Wilder Westen. Goldgräberstimmung. Recht rüpelhaft, was man so liest! Zehn Jahre später dann aber über zwanzigtausend Neulinge in Neustadt. In Platten ohne Platten, also Neubauten, hochgestampft, aber weitgehend vergnügungsfrei.“

„Iss doof, man kann ja nicht nur arbeiten, essen und schlafen! Oder?“

„So ist es. Eine junge Schriftstellerin, die über den Bitterfelder Weg – das war so’ne eigentlich richtig gehoffte, aber leider nur verordnete Wanderroute von Kleinbürgerlichkeitsstadt in Richtung Proletariatshausen – hier landete und vehement focht für Orte der kulturellen Begegnung in Neustadt, indem sie die Sturköpfe, deren Partei immer recht hatte, mit einer lauten Eingabe irritierte!“

„Jugendclub, ok! Aber Ossi? Hießen die schon damals so? Ich dachte, dat iss eine Begrifflichkeit von neueren Datums.“

„Älter! ‚Wie der Stahl gehärtet wurde’. Der Schriftsteller. Mußten alle lesen! Damals!“

„Ach genau … der Dings … (kleines Apart) Herr Ernst Albert, können Sie mal googeln, oder es vielleicht sogar wissen tun? … Ha, genau, Nikolai Ostrowski! Standardwerk! Subbotnik! Aber wieso OSSI?“

„Die standen damals auf Abkürzungen. KPKK. GO. BPKK. MfS. IMS. NSW. ETC. ZK. zB. OK? WK eins bis zehn! Also auch OSSI!”

“Das erklären wir jetzt aber nicht, Brigadier Hoy?“

„Später mal. Mit Gundis Hilfe!“

„Da. Die Tafel. Da hinten. Sehen Sie? Der Ernst Albert macht das Vögelchen. Fröhlich sein und gucken,  Brigader ABM (ähem: Brigadier Archi Bär Mahler!) Dort ging es los mit der Brigade Kohlestück!“

„Quatsch: Brigade Feuerstein, Towaris BWK (ähem: Genosse Budnikowski Woj Kuno.)

„Ein Feuerstein ist ein Kohlestück. Begrifflich.“

„Was Sie nicht alles wissen!“

„Ja som juzo stary wuchac. Man liest, was man kann, wenn die Fremde ruft.“

„Heute gefällt mir diese Stadt! Bürger machen es selbst! Die Kultur!“

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Hoy und Woj und der Osten / Und Gundi hilft I

Samstag, 20. Juli 2019 15:49

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Die zwei Gefährten – eben noch im Turm einer griechischen Kirche dort droben über Kardamilli verweilend, um just durch das Maul eines Todesengels auf einem Friedhof nahe Keitum (auf dem ruhen u.a. die Herren Augstein und Suhrkamp) ins Welttreiben zurückzuspringen – nun in der Lausitz, in einer Stadt, welche im Laufe von 30 Jahren von einsundsiebzigtausend Anwohnern auf knappe dreißigtausend schrumpfte / einlief / zerhackstückt wurde. Aber davon später. Lassen wir die Genossen einfach hinschauen. Sie werden ihre Zeit brauchen Dinge zu verstehen.

„Hier iss auch wie Griechenland!“

„Nu?“

„Also das Phänomen!“

„Nu??“

„Wäre auch möglich im Südwesten der britischen Insel! Im Pub! Oder so ähnlich! Oder Fischbrötchen! In Kiel oder auch Inseln! Aber doch auch wie Griechenland! Vom Phänomen her!“

„Phänomen? Nu???“

„Ja also, Geschmack, Duft, Verbindungen. Klebstoff. Was wo hingehört. Weil es da geboren wurde!

„Ist das jetzt ein Plädoyer gegen alle Formen des segensreichen Internationalismus, lieber Mahler?“

„Einerseits schon, aber nicht so gedacht. Eher gegen die sinnlose Raserei der Aufrechtgeher gesprochen. Die Hälse voller als wie breit das Maul. Es ist vor allem, daß der Ouzo in Griechenland, das Stout im Pub und eben das Fischbrötchen…“

„…besser …“

„… nein, richtiger schmeckt! Zugehöriger!“

„Deshalb sitzen wir jetzt hier zwischen den Platten?“

„Ja, weil der Ernst Albert die Lieder von hier auch hier hören und spielen will und…“

„Psst! Sagen Sie ihm der soll die Musik lauter drehen. Das gefällt mir! Der ist so trauerwütend und zartaggressiv!“

„Gleich! Und der Ernst Albert sagte gestern, vielleicht kann man auch ohne Bananen glücklich sein!“

„Darf ich noch was bemerken?“

„Glück auf!“

„Glück auf!“

„Hä? Wieso äffen Sie mich nach, Herr Budnikowski!“

„Hömma, Schlaubär, meine familiären Wurzeln sind ja wohl aussem Pott wech, also quasi vonne polnischen Seiten rübergemacht inne westfälische Gruben. Da bisse genetisch am wissen tun, dat ein herzhaftes Glück auf, sofort mit die Antwort gleichen Wortlautes entgechnet werden muß, Sie Heiopei! So ist dat, Tatsache!!“

„Gut, dann heißen Sie Woj!“

„Watt?“

„Wegen die Abstammung aus der hiesigen Nachbarschaft, Hasenohr und ich bin Hoy!“

„Tja, dann wollen wir mal zusehen, dat wir uns hier nich verlaufen tun!“

„Wir werden weite Wege gehen, dabei fröhlich bleiben, ohne zu schummeln. Was schmerzt, tut weh, der Rest erfreut!“

„Wat iss mit Fliegen?“

„Tja, Rollfelder sind hier ja ein paar frei!“

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Fifty Ways to Leave Your Country / Rückkehr

Dienstag, 16. Juli 2019 16:38

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hier hat mich mein gott verlorn / und hier holt er mich wieder ein

Eigentlich wäre es das gewesen gewesen. Und Frieden geschlossen, zuvorderst mit dem einen oder anderem sich selbst. Oder so ähnlich. Zurück: Alles in allem (man rede auch von sich selbst auferlegten Verpflichtungen! Gelle!) hat das aber auch gedauert, da oben, im Hinan, wohin die zwei Pilger in Sachen Hellas aufgebrochen waren, im letzten unerträglich heißen Sommer 2018. Und die Schnauze hielten, versiegelten, schwitzend. Jedoch im Ätherischen droben, kühler ist’s da ums Gehirn und der Blick hinab auf das Aufrechtgehergewusel manchmal erhellend, inklusive des Erschreckens ohne alle Heiterkeit. Verschweigen wir aber nicht, daß die Faulheit, nicht unerheblich, die Faulheit der Arbeit eben nicht unerheblich auf den Fuß tritt, falls der nicht eh schon eingeschlafen ist. Und so wünschte man sich von dorten hinabschauend, daß so manchem Quasselkopp ebenst auch das Schweigen der Lammfrommen in die Tastatur spränge. Frommes Gewünsche! Jetzt aber wieder juckt es im eigenen Gefieder und Gefell. Und so sprang man mittels einem ‚Friedhof am Meer’ zurück ins Getriebe. Erwähnbar noch, daß der scharrende Huf des Ehrenwerten Ernst Albert die Beiden zurückruft ins bevorstehende gescheite Gequatsche. In heikler Mission. Frieden!! Vermittlung!! Zwischen oben und unten!! West und Ost!! Brüdern und Bäumen und Schwestern!! Zauberpferde und Flaschengeister!! Vögel und Kirschenesser!! Weia, weia!! Nun gut: ist doch nur’n Text, aber mit `nem Text fangen die zwei Rückkehrer erstmal an. Nennen wir sie HOY und WOY. Welcher wer? Bald!! Ganz!!

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