Kleben / Bilder / Gedanken / Schrank / 026
Mittwoch, 7. Oktober 2020 15:49
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Das Pferd kennt den Nachhauseweg besser als wir
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Hier ist ein Ufer. Da sitze ich. Ich weiß nicht, ob ich auf dem Wasser gereist bin und ob das geht und ob dieses kleine Fließgewässer hinter mir in Verbindung steht mit dem SEE. Flußabwärts oder flußaufwärts. Mit oder ohne Schleusen oder Rumherumtragewegen. Ist das weiße Teil unter meinem kalten Pöter ein Boot? Möglich. Wir erinnern uns an das, was wir vergessen haben, weil wir vergessen, an was wir uns erinnern. Etwas hatte mich an der Hand genommen und hier abgesetzt. Als ich aufbrach, obwohl mir jegliche Erinnerung daran fehlt, wußte ich noch wohin. Dann fielen mir die Augen zu, meine Gliedmaßen hingen schlaff an mir herab und etwas griff nach mir, es wurde bunt und wabernd vor meinen Augen, die Zügel fielen mir aus der Hand, das Lenkrad fuhr Karussell und das Pferd wußte, wo der Stall steht und der Hafer wartet und die sanft striegelnde Hand. Jetzt erblicke ich den Schwan. Natürlich! Der Schwan. Der Ehrenwerte Ernst Albert hatte mir unten am See erzählt, daß er als Kind fest davon überzeugt war, daß es nur am See Schwäne gäbe und wie fürchterlich erschrocken und enttäuscht er war, wie er dann, zum Beispiel in so einer nicht definierbaren Stadt wie Hannover Schwäne erblicken mußte. Und also erblicke ich – ich mußte nicht, es geschah - in dieser ganz und gar nicht definierbaren Kleinen Häßlichen Stadt einen Schwan. Und ich erinnere mich auch nur deshalb daran, daß ich demnach hier bin, weil der Schwan auffällig beschriftet ist. Hat der mich über die Wasser geschippert? Ist mein Pferd ein Schwan? Ich kann mich nicht erinnern. Ich weiß nur, daß ich geträumt habe. Aber was? Jetzt bin ich wach und es ist etwas wärmer als gestern. Gleich soll es regnen. Gestern hatte ich davon geträumt, dies zu sagen, was ich jetzt hier sage. Aber viel besser und toller und jetzt lese ich das hier und denke: War es das, was ich wirklich träumte? Immer noch warte ich auf Ernst Albert. Und weil ich schon so lange warte, ist er den Titel los. Ehrenlos. Manchmal würde ich mich lieber an meine Träume erinnern als an meine Niederlagen.
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Thema: Klebebilder | Kommentare deaktiviert | Autor: Christian Lugerth