Kleben / Bilder / Gedanken / Schrank / 042
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Ich glaube, wir sind blind.
Blinde, die sehen.
Und Blinde, die sehend nicht sehen.
(Jose Saramago)
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„Mahler?“
„…“
„Mahler??“
„….“
„Mahler???“
„…..“
„Verfaulte Möhre aber auch!“
„Budnikowski? Ich höre!“
„Was machen Sie?“
„Ich denke nach!“
„Sie schweigen mich an!“
„Nachdenken und Plappern schließen sich meistens aus!“
„Ich dachte gestern in unserer Konstellation bin ich nun der neue Klugscheißer!“
„Tja!“
„Dann schweigen Sie halt weiter.“
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Der Wahrheit (Achtung! Dehnbarer Begriff in diesen Tagen: ruft Euch zu: der Säzzer!) die Ehre (Heilandzack! Noch dehnbarerer Begriff zurzeit. Ihr wisst scho: der Säzzer!) zu geben: Archibald Mahler, Bär vom Brandplatz, dachte tatsächlich intensiv nach, was heißt: er versuchte sich zu erinnern. Vor ein paar Jahren war es gewesen. Dieses Gedicht. Sommer war es. Heiß. Sehr heiß. Menschenleere Wälder. Steppen. Weiter Blick. Der Ehrenwerte Ernst Albert – ja er vermißte ihn, konnte es aber noch nicht eingestehen im Bärentrotz – hatte es in jenem Sommer oft vor sich her und hin gemurmelt. Das Gedicht. Es war ein Wintergedicht. Nicht meteorologisch zu deuten, eher assoziativ zu denken. Und Mahler hatte es damals nicht verstanden, nur geahnt, was die Nachricht sein könnte, die diese düsteren Worte transportierten, während er auf einen Fahrradgepäckträger sich durch Brandenburgs Wälder und Steppen chauffieren ließ. „Dem eigenen Schmerz hinterhersinnen?“ Nein, es war anders. Aber vielleicht ist dies, was er noch erinnert, nun so eine Art Extrakt, eine Weiterführung, ein Wink, ein Link, ein Winklink, ein Echo, eine hilflose, hilfesuchende Antwort auf diese Tage, in denen der Tod wieder in die Mitte der Gesellschaft rückt und breitbeinig grinsend Platz genommen hat. Was der gemeine Aufrechtgeher geflissentlich zu ignorieren sucht und lieber Wälder niederholzt, um neue Trassen für seine heiligen Blechkisten in die Landschaft betonieren zu können und autogipfelt. Oh heilige Hektik!
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„Budnikowski, ich habe nachgedacht, aber ich kann mich nicht erinnern!“
„An was, Mahler?“
„Was ich gestern sagte, diese neue Überschrift! Warum und woher?“
„Schmerz / Nachsinnen / Ich / Was meinst Du eigentlich?“
„So ähnlich!“
„Vielleicht können wir einfach mal hier in die Landschaft schauen und gucken, was uns dazu einfällt!“
„Aber wir waren hier doch schon mal!“
„Gestern ist nicht jetzt!“
„Das ist richtig. Aber wenn man wieder irgendwo hingelangt, wo man schon mal war, ist das nicht Zeichen?“
„Aufgabe, Mahler, Aufgabe!“
„Weia! Darf ich Sie ab heute Immanuel nennen?“
„Kanttu machen!“
„Wir hätten es besser wissen können, wenn wir gewußt hätten!“
„Wer sagt das?“
„Der Schatten!“
„Welcher?“
„Der!“
„Morgen werde ich seinen Namen wieder aussprechen können!“
„Versprochen?“
„Versprochen!“
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Und dann fiel dem Archibald Mahler, Bär vom Brandplatz auch wieder das Gedicht ein. Obwohl er es immer noch nur in Teilen begreift. Mehr ist aber auch nicht nötig.
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Im Schnee
Der Wahrheit nachsinnen –
Viel Schmerz!
Endlich Begeisterung
Bis zum Tod
Winternacht
Du reine Mönchin!
(Georg Trakl)
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