„Auch dieses Jahr ein paar Gedanken ins Buch geklebt!“ So sprach der Bär und legte los / 009

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Der Hase war vom Baum gefallen. Eben hatte man sich nach langem Winter getroffen, erste Worte ausgetauscht. Und nun dieses Geschehnis. Hören wir rein.
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„Mensch, also Hase, also Budnikowski, was geschah?“
„NICHTS!“
„Aber, Sie fielen vom Ast und jetzt?“
„Ach, einfach nur NICHTS!“
„Was ist denn los?“
„NICHTS!“
„Sie machen mich wahnsinnig. Was soll das?“
„Sagte ich doch. NICHTS!“
„Also wirklich. Ich könnte Sie auf den Mond schießen!“
„Eben! Und jetzt halten Sie mal den Rand! Ich will das zu Ende sehen!“
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Was war geschehen? Man hatte etwas betrachtet. Gemeinsam. Der Hase lachte als Erster und fiel so vom Ast. Der Bär war noch nicht auf Empfang gedreht. Warum lachte der Hase? Weil der Hafermilchtüten – Käseweis spricht wie der Mahler und das kleine Nichts, ja eben, wie der Budnikowski, weshalb er dann eben vom Ast fiel, der Budnikowski. Aber sehen Sie selbst:
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Nichts oder Herr Käseweiss fliegt zum Mond
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Rechtliche Hinweise: Der Mann neben den vielen Figuren ist ein alter Bekannter des Ehrenwerten Ernst Albert. Also hat der Ehrenwerte Ernst Albert dem Hasen und dem Bären obiges Video vorgespielt. Weil es einfach gut ist. So fiel der Hase vom Baum. Wegen der Lacherei mit den feuchten Augen. Wegen dem Video. Verdammt nochmal! Ich wiederhole mich? Weil mir sonst NICHTS einfällt? Danke!
„Auch dieses Jahr ein paar Gedanken ins Buch geklebt!“ So sprach der Bär und legte los / 008

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„Es gibt eigentlich recht wenig zu lachen, bester Budnikowski! Und wir sind so vergesslich!“
„Ich weiß. Wir müssen bitterer beginnen als ich hoffte, da ich Sie wiedertraf, Freund Mahler!“
„Man mag nicht hinschauen müssen!“
„Aber wir müssen!“
„Dann wollen wir aber auch!“
„Solange wir das können!“
„Und dann werden wir es bald wieder müssen!“
„Wären wir gescheit, würden wir sagen, wir dürfen! Noch!“
„Oder dürfen können, würden wir sagen müssen! Solange es noch geht!“
„Mahler! Was haben wir vergessen?“
„Budnikowski! Gestern war der Tag des Baumes!“
„Dieser Anblick lässt eigentlich kein Vergessen zu!“
„Beim Aufrechtgeher schon!“
„Gibt es gute Reime über Bäume? Aber nicht so romantische Karotten!“
„Können wir mal drüber nachdenken!“
„Sonst müssen wir ran!“
„An die Kettensäge?“
„Nee an den Reim!“
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Wenn Dich dieser Schmerz
Wie jene Säge die Holz
Zersplittert kreischend
Trifft wie Sonne die zerbrennt
Lebensgeschichten
Deinen Baum hüte
(Ernst Albert / Reimstudent und gerne Gehender)
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„Also ich fand, lieber Budnikowski, da ist noch Luft nach oben!“
„Seien Sie nicht so streng! Der Ehrenwerte Ernst Albert ist doch noch ein Lernender!“
„Sind wir das nicht alle?“
„Und ich hoffe, Herr Mahler, wir bleiben das auch!“
„Wenn wir dürfen!“
„Das eben wird die nächste Frage werden!“
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„Auch dieses Jahr ein paar Gedanken ins Buch geklebt!“ So sprach der Bär und legte los / 007

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„Da sind Sie ja! Sind Sie es?“
„Denke schon. Ich sehe aber auch gar nichts. Die Sonne blendet.“
„Ihre Stimme klingt vertraut. Ist jedoch, eine Frage nur, sie über den Winter in tiefere Register gerutscht?“
„Ich höre mich selten selber sprechen, alter Freund, aber möglich wäre dies schon!“
„Ich dagegen führte doch einige Selbstgespräche in den letzten Wochen!“
„Ich dachte Sie schliefen!“
„Gedacht war es auch so, nur so recht gelingen wollte es mir nicht!“
„Ja, man hörte sie sich wälzen, schnorcheln, rumrumpeln. Schlimme Geräusche! Und dann all` diese wilden Reime!“
„Tja, der Ehrenwerte Ernst Albert gab mir Samuel Beckett zu lesen. Da ist ein Bärenhirn lange mit beschäftigt!“
„In Hasenhirne passt das dann wohl nicht?“
„Würde ich nicht behaupten wollen!”
“Desweiteren: Mahler, haben Sie meine Sonnenbrille gesehen?“
„Hatten Sie jemals eine besessen?“
„Ja. Damals.“
„Stimmt. Und jetzt?“
„Freue ich mich wieder mit Ihnen sprechen zu können!“
„Ich auch! Ich habe Ihnen auch was mitgebracht. Eine kleine Geschichte!“
„Raus damit!“
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Hier ist die Geschichte, die Mahler dem Hasen mitgebracht hat, obwohl sie eigentlich der Budnikowski dem Bären mitbringen wollte. Aber das ist auch egal.
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Ein Mönch sprach zu Dschau – dschou:
„Meister, ich bringe Euch nichts mit. Was habt Ihr mir zu sagen?“
Dschau – dschou erwiderte: „Trag es fort!“
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Archibald Mahler begann zu lachen. So heftig schüttelte ihn die lenzige Giggelei, daß er beinahe von der trockenen Eiche hinunterpurzelte. Der Kuno Budnikowski aber hielt ihn fest. Und dann pfiff er wieder ein wildes Lied. Macht er ja gerne.
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„Auch dieses Jahr ein paar Gedanken ins Buch geklebt!“ So sprach der Bär und legte los / 006

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„gewaltiger Durst knirscht Eingeweide platzen
verschütte ich meine Erwartung blüht
und teilt der Wald eher seine Geschichten
vergieße die eigenen Vorräte auf den fremden Grund
grundlos freudig“
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„Also Herr Mahler, Ihnen dürstet nach dem Wesentlichen? Dem Gegenüber!“ Die Stimme kenn ich. Schreibt der Schreiber.
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„Laubsuppe knirscht knistert Sonnenbrandkekse im
lenzscheuen Gehirne
lange Leiden weilen lange an Leinen
harren der Klinge Gespräch
Seelenpflaster keine Pläne
mäanderne Freundlichkeit auftauender Wein
vorne beginnen Schnürsenkel binden Hut ziehen“
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„Also freuen Sie sich auf mich, Gefährte Mahler?“
„Gewiß, bester Budnikowski! Aber wo sind Sie?“
„Schauen Sie nach oben!“
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„Auch dieses Jahr ein paar Gedanken ins Buch geklebt!“ So sprach der Bär und legte los / 005

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„aus dem Koppe rutscht mit Verve das Blut in die Eingeweide
Forderung des winterlich entleerten Abdomens schweige nun
Denkgeklingel mit Bärlauch austapezieren den Ranzen
später wieder Wörterbach Ruhe nun Kiefer mahle Zunge tanze
den Daumen hoch für den Gaumen es taumeln sachte Rülpser ins Gebüsch
ähem Echo schallt“
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„Ich glaube eine kleine Rast täte wohl, lieber Mahler!“ Wer spricht?
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„der Speise eine Weise singen wärmt Leib Seele und quäle nicht
mit leerem Bauch das Studium voran wie schon die Römer sangen einst“
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“Plenus venter non studet libenter.” Wer spricht?
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„Auch dieses Jahr ein paar Gedanken ins Buch geklebt!“ So sprach der Bär und legte los / 004

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„hinter mir der Weg liegt vor mir das neue Jahr schon gestorben vor der Zeit
das Nest verließ ich singend im Aprillaunengewitter am Stock
drücke ich mich die Höhe hinauf neue Lieder wie erste Schmetterlinge
taumelnd Rauhreif auf den Flügeln durch eine hohle Gasse steigend
flatterhaft ohne Ziel der Trommelwirbel Ungewißheit in den Innereien es knirscht
des Winter Laub unter dem Fuß gnädige Erinnerung“
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Der Ehrenwerte Ernst Albert sagt dazu nüscht. Er läßt den Mahler den Winterschlaf reimend aus seinem Fell bürsten. Er hat ja selber genügend an der Denkbacke. Soll der Bär mal.
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„Herr Ernst Albert! Ich habe Hunger!“
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Das sollte man ernst nehmen. Also über Aufbruch nachdenken.
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„und wäre man dieses eine welke Blatt
und wäre man dieses eine Blatt was welken wird
und bliebe man ein Blatt welkend
man bliebe ein Blatt
und welkte
eben noch“
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„Mahler, jetzt iss aber mal gut! Ich habe auch Hunger! Auf!“ Sprach dann doch der Ehrenwerte Ernst Albert und Besitzer des neuen Wanderstocks.
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„Auch dieses Jahr ein paar Gedanken ins Buch geklebt!“ So sprach der Bär und legte los / 003

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„ich will es nicht wissen
was mir das Fremde in mir hielte ich es in den Händen gestern war
Bergwerke tiefe Gräben gesprengt in den Karst schuppender Erinnerungen
Laub im Lenz schon runzelnd“
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„Mensch Mahler! Eben erwacht und schon in diesen Tiefen unterwegs?“ Hätte der Ehrenwerte Ernst Albert entgegnen mögen.
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„mein Finger streicht über
rauhe Häute Schürfwunden liebevoll Gewebe vernarbt
diese Landkarte mag ich lesen morgen wenn übrig verlorene Zeit“
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„Mannobär! Da haust Du ja was raus!“ Würde der Ehrenwerte Ernst Albert niemals sagen. Da er seinen Denkbär und die alten Meister liebt. Sie waren beide in den Wald gegangen. Dem Frühling entgegen wandern. Während der ersten Rast bat Archibald Mahler um ein Gedicht, zwecks des Erwachens. Man las ihm folgendes vor. Nein, er selbst las es.
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gut gut es gibt ein Land
wo die Vergessenheit
sacht auf die unbenannten Welten drückt
da verschweigt man den Kopf der Kopf ist verstopft
und man weiß nein man weiß nichts
der Sarg der toten Münder stirbt
am Strand er ist angelangt
es ist nichts zu beweinen
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mein Einsamsein ich kenne es ja ja ich kenn‘ es kaum
ich habe Zeit so sag ich mir ich habe Zeit
doch welche Zeit hungrig Gebein die Zeit des Hunds
die des stetig verblassenden Himmels meines Stückchen Himmels
des Strahls der zitternd emporschimmert
der Mikronen der Dunkeljahre
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es heißt ich soll von A nach B gehen ich kann es nicht
ich kann nicht `raus ich bin in einem fährtenlosen Land
ja ja es ist eine feine Sache die sie da haben eine ganz feine
was ist das fragen sie mich nichts mehr
Spirale Staub von Augenblicken was es ist das gleiche
Die Stille die Liebe der Haß die Stille die Stille
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(Samuel Beckett / Sechs Gedichte / 1947 – 1949)
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„Das gefällt mir. Sehr gut. Darüber will ich nachdenkend werden. Bestimmt und ganz bald. Aber ich bin immer noch so müde!“ Könnte der Archibald Mahler geantwortet haben. Wahrscheinlich sogar gewiß.
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„Auch dieses Jahr ein paar Gedanken ins Buch geklebt!“ So sprach der Bär und legte los / 002

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„So tun als ob und wäre wenn dies Licht die Sonn‘
Und schien so hin auf’s wachend‘ Haupt und regte rege an und
Dann den Fuß bewegt geschwungen und mit Schwung bewegt es sich
Und den leicht‘ Gedanken ohne alle Schranken posaunt ins Himmelblau
Fegt weg das Grau aus den Synapsen nie mehr tapsen
Und vermuten nein sich sputen weil das Leben rast.“
So weit dachte der Bär unter der Höhensonne.
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„Sie fehlen mir ganz ungeheuerlich! Ranzen Sie Ihren Ranzen ans Freie. Mir ist nach Gespräch!“ Dies hätte Gefährte Budnikowski sagen können. Vielleicht tat er es sogar.
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„Doch all diese Schatten der Realitäten im Leben dem verpassten mit jener
Erkenntnis der späten die fallen herab auf den Boden als ob es geschehen
Zu spät all die Wehen nach der Geburt was nicht ist wird nicht werden
Phantasie nur im Koppe darum stoppe all‘ dies Beharren als sei was nie war
Es schneit noch immer kein Gewimmer diese Lampe ist keine Sonne.“
So weiter dachte der Bär bei einem knappen Blick aus dem Fenster. Über seinem Kopp wärmt es vor sich hin.
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„Ich verstehe. Den Bären zu bedrängen? Man ist nicht gut beraten. Wenn man meiner benötigt, immer und gerne!“ Dies wäre eine mögliche Entgegnung des Hasen. Stimmt möglicherweise.
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„Die Leisten dieses müden Jahres bei denen bleibe und schustere nicht rum
Im Nebel dem wundersam ungefähren und überquere den Fluß wenn
Die reißenden Wasser gezähmt solange gelähmt das Verlangen bleibe
Es rauschet das Blut nicht es fließet gemächlich
Doch jucket es in den Nasenflügeln es grüßen von den Hügeln
Die Kreuze man wird steigen wieder höher und hinauf
Solange kauf Dir was am besten nüscht
War das jetzt ein Gedüscht?“
Mit diesen Worten schloss der Bär nochmals die Augen. Reicht für heute.
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„Und wer schippt den Schnee weg?“ Ein letztes Wort des Budnikowski. Der kann nicht anders. Und: “Die Lampe über dem Bären bleibt an!”
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„Auch dieses Jahr ein paar Gedanken ins Buch geklebt!“ So sprach der Bär und legte los / 001

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„Als der Frühling noch ein Lenz gewesen
Und buntes Band durch laue Luft vom Eis befreit der Bach
Vor den Toren lachend durch frisches Grün schritt hurtig ausschreitend
freudig Volk und emsig bald auch die ersten Immen schwirrten
War das Erwachen mir die größte Freud’ nach langem Winter!“
So sprach der Bär.
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(Kaum zu verstehen, Verzeihung, was er da hinter dem Fensterglas murmelt. Bin ich Lippenleser? Na ja, zumindest brennt mal Licht! Glück auf: Der Säzzer)
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„Doch heut‘ da von Feuchte schwerer Schnee ruht auf Fensterbrett und Herzen
Im Bein dem einstens abben rumoren rheumatisch klamme Schmerzen
Da mag man doch verbleiben innerlich in jeder Hinsicht Art!“
So sprach der Bär des Weiteren.
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(He! Hallo! Wachheit! Säzzer die zwote!)
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„Auch wenn Es fordert harsch voll der üblich‘ Ungeduld nach Außerhalb zu treten
Und raus aus Hirn und Haus in Wälder Auen an den Bach
Zu singen lärmen und mit Freudenkrach dem Leben an den Hals
Ich bin nicht wach in dieser grauen Feuchtigkeit
Nein bin es leid
Wenn selbst der Winterschlaf die Welt nicht läßt erblühen
Warum dann all die Mühen sich wiegen in den Schlaf
Auf Träumen wild zu reiten und beizeiten dann bereit
Hoffen dies nur die Doofen?
Die Schlauen poofen heiter weiter?“
Auch dieses sprach der Bär, soweit man es denn vernehmen konnte.
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Gut! Freund Archibald Mahler scheint ja noch nicht ganz auf der Höhe des Weltgeschehens zu sein. Aber wer ist das schon dieser Tage, mag er auch anderes behaupten wollen. Wundern wir uns nicht, bleiben dran! Bis gleich dann!
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