Beiträge vom Mai, 2022

Verschlungene Pfade suchen im Hinterland / 020

Mittwoch, 4. Mai 2022 15:49

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„Uff!“

„Mehr Buchstaben benötige ich heute auch nicht!“

„Da haben wir uns mal wieder was vorgenommen!“

„Müssen wir die Kartoffeln ausbrüten?“

„Wahrscheinlich jede einzelne!“

„Ich wollt ich wär‘ ein Huhn, Mahler!“

„Sie sind Hase und Ihre Eroberung der Eierwelt war mir eh schon immer suspekt!“

„Herr Bär! Diese bescheuerte Eierauslieferungspflicht haben mir irgendwelche Aufrechtgeher an die Löffel gepappt!“

„Wehren Sie sich!“

„Mahler! Wir befinden uns in diesen Minuten auf niedrigem Niveau. Halten Sie Reime noch für möglich?“

„Ich zweifle so beherzt daran wie Sie!“

„Und wenn wir einfach mal nichts tun?“

„Budnikowski. Da fällt mir was ein. Oder um!“

„Her damit!“

*

„nichts

nichts tun

das nichts

das tun des nichts

tu das nicht

das nicht

aber

später

wenn der nebel

tee geworden

trink ihn aus in ruhe“

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Thema: Autor: Christian Lugerth, Verschlungene Pfade | Kommentare deaktiviert | Autor: Christian Lugerth

Verschlungene Pfade suchen im Hinterland / 019

Dienstag, 3. Mai 2022 16:06

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„Mahler, da haben wir den Salat!“

„Budnikowski? Wie meinen?“

„Wir spiegeln uns!“

„Wer in den Teich blickt!“

„Machen Sie sich keine Sorgen?“

„Sie meinen?“

„Na ja! Man verweilt länger und verliebt sich in das, was sich einem entgegenspiegelt!“

„Das, Budnikowski, hatte ich befürchtet!“

„Das Verweilen? Das Spiegeln? Das sich verlieben?“

„Mahler! Ich mache keine Vorwürfe!“

„Ich weiß, bester Freund und Budnikowski. Das Narzißgemütlein ist eine eitle Blüte, aber dieses Wasser unter uns wird man nutzen müssen. Denken wir an die schlummernden Samen!“

„Sie und Ihre Äußerungen machten mich in den letzten Tagen hin und wieder traurig!“

„Ich weiß! Aber die ein oder andere Träne, wie wir gestern bemerkten, würzt jegliches Gießwasser! Düngt vielleicht sogar, was wachsen mag in diesem Sommer!“

„Und was tun wir nun?“

„Dichten Sie einen Vers, der ihre und die meinen Schleusen öffnen mag!“

„Ham‘ Sie noch alle?“

„Budnikowski, überraschen Sie mich!“

*

„nach fest kommt lose

das gewinde schreit auf laut

das bild fällt hinab“

*

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Nachbemerkung: Und des Bären Schleusen öffneten sich. Gewaltiger als befürchtet. Hätte er den Hasen in seiner tiefen Aufwallung umarmt, hätte der Hase auch noch angefangen Tränen ins Gießwasser zu schütten. Dann fing es an zu regnen. Besser so. Ist der Mai zu trocken, wir die Ernte halt verbocken. Oder so ähnlich. Sagt man das so? Vielleicht. Morgen aber endlich an die Arbeit. Na ja!

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Verschlungene Pfade suchen im Hinterland / 018

Montag, 2. Mai 2022 15:06

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„Und jetzt schweres Gerät einsetzen? Was sagen Sie, Mahler?“

„Weshalb?“

„Na ja, die ganzen Steine im Acker!“

„Budnikowski, ich befürchte je schwerer das Gerät, welches wir einsetzen, desto größer die Anzahl der Steine, die wir noch nach oben befördern werden. Manche Steine fühlen sich wohler in der Unsichtbarkeit. Sollen sie doch!“

„Aber der Acker steinfrei, ist das nicht erstrebenswertes Ziel? Falls ich Sie zitieren darf?“

„Irgendwann schon. Die Betonung liegt auf irgendwann. Doch versuche ich eben von Ihro Geduldigkeit zu lernen.“

„Hä?“

„Nun denn. Wir wissen doch nicht wie viele Samen aus den letzten Jahren noch rumliegen im Feld. Und was da plötzlich alles aufploppt. Oder, wünschen wir es uns auch noch so sehr, einfach stille bleibt und nicht keimen will. Wir sollten vielleicht nur die Fingerspitzen benutzen! Das schwere Gerät fördert vielleicht Dinge noch oben, die wir so nicht sehen wollen! Aber, es gibt Samen, welche um Steine herum nach oben ranken können. Und es wollen.“

„Könnten Sie Recht haben. Aber Fingerspitzen? Haben wir Viecher nicht! Halt nur Pfoten!“

„Verzeihung, Meister Budnikowski, auch Ihnen ist das Metaphorische nicht gänzlich fremd!“

„Ah, der alte Moralbär Mahler haut wieder einen raus! Was tun?“

„Wichtig ist, daß es regnet!“

„Zur Not auch zwei bis drei Tränen?“

„Wenn es dem Wachstum dient!“

„Mahler? Wer reimt?“

„Der, der blöd fragt!“

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„blühender kirschbaum

wir tanzen unter blüten

die amsel erntet“

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Verschlungene Pfade suchen im Hinterland / 017 / Heute notwendige Abweichung und kein Reim

Sonntag, 1. Mai 2022 16:03

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„Mahler! Sie knirschen mit den Zähnen! Was ist!“

„Heute keine Reime!“

„Was dann?“

„Budnikowski, mein Hase im kalten Maiwind, eine kleine Erzählung!“

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Ein Bär und ein Hase saßen am ersten Mai, nackten Pöters, auf kalter Erde, die frisch umgepflügt. Ein kühler Ostwind kämmte ihnen das Fell. Man konnte, wenn man denn wollte, selbst in diesen Tagen der Untergänge, ein Wachsen ahnen. Unter sich. Der Hase, geringer an Gewicht und Alter denn der Bär, erwog die Flucht. Nicht nur genetisch bedingt, sondern aus Überzeugung. Der Himmel wölbte sich grau und schwer über den beiden Feldbesitzern. Im Bären rumorte es heute. Der erste Mai. Dieser Tag, der so vielen, denen das Alter schon am ergrauten Zopf zieht, stets ein kleines Ritual der Hoffnung auf gemeinsame Kräfte, Triebe und Erwartungen war, stand in diesen Zeiten seltsam unentschlossen in der Gegend rum. Was einen Bären ärgern kann. Gelegentlich. Na ja. Eigentlich stets. Die Samen seien gesät, ruhten in der Erde und die Erwartung in seinen Eingeweiden blähte so vor sich hin. Und nichts geschah. So sprang er auf und schrie der Scholle entgegen: Heraus zum ersten Mai! Heraus! Mutter Erde zuckte noch nicht einmal mit der Schulter. Auf der Schulter des Bären aber ruhte die kleine, feingliedrige Pfote des Hasen. Druck, bester Bär, Druck, nein, das ist Ihro Abwartigkeit doch nicht angemessen und fremd. Auch ich friere, alter Freund. Lassen Sie uns zuerst die Steine aus diesem Acker lesen und zur Seite räumen. Damit haben wir genug zu tun. Der Bär, dem es stets schwergefallen war, dem Hasen den Vortritt zu gewähren, nickte. Selbstverständlich so, daß es der Hase nicht sehen konnte.

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Thema: Autor: Christian Lugerth, Verschlungene Pfade | Kommentare deaktiviert | Autor: Christian Lugerth