Countdown to Bethlehem / Klappe / Hex sechs
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„So recht kommen wir nicht voran!“
„Da haben Sie Recht, Herr Budnikowski!“
„Woran es wohl liegen mag?“
„Vielleicht fehlt ein passendes Gefährt? Vielleicht mangelt es an Traute? Die Sterne liegen ungünstig in der Gegend rum? Oder hat sich gar ein Schicksal? Ähem?“
„Nein, Mahler! Keine Verschwörungstheorie aus Ihrem gescheiten Plappermaul! Ihrer unwürdig!“
„So bitte ich Sie um den heutigen Reim, derweilen ich das Lied suche in meinem Zimmermannspeicher!“
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„Es stehen still auf kalten Gleisen
Züge
Die Aufrechtgeher wollten reisen
Rüge
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Die Klage springt von Ohr zu Ohr
Das blind
Und man bleibt bleed wie stets zuvor
Was wir heut’ sind
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Des Alltags Räder knirschen, mahlen
Wer soll dies alles nur bezahlen
Nirwana winkt und Weihnachtsmärkte
Das Hirn des Menschen einst verzwergte
Und heute nicht mehr wachsen will
Der See er ruht und schweiget still
Es kräuseln sich die Wellen
Grau doch sanft
Des Säntis Ruf in Ferne bleibt
Man kann“
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„Sehr anmutig, Herr Hase. Geben wir nicht auf.“
„Der See bleibe unser Freund! Auch wenn er uns trennt, von einem Drüben.“
„Budnikowski: das Lied!“
„Sehr schön. Manchmal sind Millionen Meilen auch nur ein paar Meter!“
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Countdown to Bethlehem / Klappe / Die grade 5
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„Jetzt waren wir doch schon einige Male hier und immer wieder ist man erstaunt wie finster dieser See blicken kann.“
„Man kann es nur im Reime fassen, so schwant mir!“
„Gut. Sie, Mahler, reimen und ich pfeife das Lied dazu. Schwanet mir dito!“
„Weia! Da schwant mir doch einiges dazu!“
„Ich: weiß! Hihi!“
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„Stahlgrau die Wasser heute
Der Ritt über den See
Die Gefahr zu versinken schien gering
Das Hufeisen dröhnte auf den eisernen Platten
Das Schiff blieb im Hafen
Der Säntis lockte
Ein Teufelsfingerwinken
Dann klappte der Himmel zu
Und schmiss mit Schnee um sich und Eiseskälte
Reiter reite und reite weiter
Esel du
Dein Pferd ist kein Ochse
Im Stall dann aber bete zur gnädigen Nacht“
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„Mahler! Recht wuchtig!“
„Budnikowski! Entlehnt! Oder so!“
„Dann jetzt das Lied?“
„Gerne!“
„Olala! Nach Art der Franzosen? Pardauz!“
„Fragen Sie den Ehrenwerten Ernst Albert! Diese Sprache in den Ohren seiner Kindheit öfters erklang!“
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Countdown to Bethlehem / Erste Kerze brennt
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„Wussten Sie, Herr Mahler, daß der Aufrechtgeher einst in Vorbereitung des Advents fastete?“
„Nun denn, Freund Budnikowski, da ein Bär ab dem November meist in seiner Höhle sich in Richtung nächstes Jahr schlief, was soll man da noch kauen?“
„Kann es sein, daß Etliche die Orientierung verloren haben und die Völlerei statt der Vernunft regiert?“
„Weia!“
„Wer zündet die erste Kerze an?“
„Sie brennt!“
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Countdown to Bethlehem / Klappe / Numero 4
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„Ah! Lebkuchen!“
„Ah! Dominosteine!“
„Herr Budnikowski! Ich lese Ihre Gedanken, jedoch mit Nahrungsmitteln spielt man nicht!“
„Herr Mahler! Dieses wäre niemals mein Plan gewesen! Ich bin hier um mich ein wenig betrichtern zu lassen!“
„Das sieht Ihnen ähnlich. Wissenserwerb ohne eigene Anstrengung. Als ließe man sich den gesamtem Brockhaus in die Aorta fixen!“
„Mahler! Esse er einen Lebenskuchen, wie sie so nett bemerkten und entspannen Sie sich! Ich möchte heute eine Aufrechtgehersimulation durchleben. Fremdes Wissen eingetrichtert und alle Mühen scheuen.“
„Ja, ja! Das Ratgeberleben! Scheußlich! Schauen wir aus dem Fenster!“
„Warum!“
„Es ist unser Auftrag, Budnikowski! Jedem kurzem Geschwätz ein kleines Beweisfoto anhängen!“
„Aber wir wissen doch, daß wir hier waren!“
„Tja! Die Welt aber, sie zweifelt!“
„Eitelkeit!“
„Daumen hoch!“
„Gibt es auch ein Lied über Daumen!“
„Selbstredend!“
„Mahler, ich rate: Herr Zimmermann!“
„Gewiß! Hören Sie! Und das ist der alte Baum in Nürnberg! Und wir die Herren der drei Ringe des Ehrenwerten!“
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Countdown to Bethlehem / Klappe / Die Drei
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„Herr Archibald Mahler, wenn Sie mir eine kritische Anmerkung gestatten, aber wir befinden uns eben gar nicht dort, wo wir uns befänden täten und sollten auf unserer nächsten Reise. Da oben waren wir doch schon. Am Ehrentag des Ehrenwerten und als wir auf dem Steine thronten.“
„Freund und Hase Budnikowski, fiel mir doch ähnliches eben auf: Recht haben Sie. Man muß wohl manches Mal zurückreisen, um vorwärts zu kommen.“
„Ohne dort aber sich festzusitzen! Und der Apfel?“
„Erkenntnis vielleicht?“
„Reichte es nicht da einmal reinzubeißen?“
„Ich befürchte der gemeine Aufrechtgeher muß mit ganzen Apfelbäumen beworfen werfen, um wenigstens ein Stamperl Erkenntnis sein eigen nennen zu dürfen.“
„Aha! Verstehe! Überleitung! Wir fahren in die Stadt mit dem Trichter in Sachen Erkenntnis und so!“
„So isses! Und, was meine Bärigkeit selbstfettend erfreut: da gibt es Lebenskuchen! Mit gaaannzz viel Honig drinnen.“
„Darf ich mit?“
„Mit Lied!“
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Countdown to Bethlehem / Klappe / Die Zwote
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„Noch mal kurz rückblickend zusammenfassen, Herr Budnikowski! An jenem Feiertag saßen wir auf diesem Stein!“
„Und der war keiner der rollenden Steine!“
„Gegenteil! Seit Jahrhunderten fest verankert!“
„Tja, Mahler. Ich als hektisch Hoppelnder, man wünscht es sich gerne gelegentlich! Verankerung!“
„Meine Bärigkeit wiederum, tendierend zum Ausharren an den Ufern der Flüße, wartend, starrend dann, eventuell einrostend: vielleicht ein wenig mehr Bewegung wieder!“
„Dann singen Sie heute das Lied!“
„Aber erst wenn die Koffer gepackt!“
„Jetzt! Ein rollender Stein benötigt keine Koffer!“
„Wenn Sie meinen! Gute Reise also uns!“
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Countdown to Bethlehem / Klappe / Die Erste
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„Bär Mahler! Da haben wir geschwiegen. Ordentlich lange!“
„Nun denn, Budnikowski! Was soll man schon sagen dieser Tage!“
„Mein Freund! Sie haben da zwei Pflaster!“
„Nötige Impfungen!“
„Gegen was denn?“
„Die Zeitläufte!“
„Aha! Und der zweite Pieks?“
„Aufrechtgeher und die Hybris! Und Sie? Was hilft?“
„Likör! Und anderer Süßkram!“
„Warum nicht? Im Übrigen eine Anmerkung noch: Ist denn schon Weihnachten?“
„Nein! Nein! Das war. Haben Sie es vergessen? Der letzte Ehrentag!“
„Jetzt wo Sie es erwähnen! Septon in der Wallonie! Man feierte …“
„Pssst! Da kommt er!“
„Das heißt wohl, wir müssen verreisen?“
„Denke ich auch! Mahler! Koffer packen.“
„Pfeifen Sie mir dazu ein Lied!“
„Liebeslied gefällig? Wo hier schon Herzen rumliegen!“
„Wohlan, Budnikowski!“
„Und die Pelagia? Fährt die mit?“
„Teilstrecke!“
„Ihr Lied!“
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Hinterm Hof ist Reimen vor Ort / 15
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Man sollte es versuchen. Egal was. Man sollte einem Versuch eine Chance geben. Wer seinen Pöter an Faulheit kettet und Rechthaberei noch dazu, ist ein mutloser Aufrechtgeher. Darüber sprachen die Herren Archibald Mahler und Kuno von und zu Budnikowski in der gemütlichen Küche, während draußen vor dem Fenster die kleine immer häßlicher – nicht nur optisch, auch innerlich – werdende Stadt in Mittelhessen hyperventilierte. Dann wird die Umgebung verreimt. Zwei Hirne versuchen eines zu werden. Geht nur über den Verzicht. Nicht über ein Gericht.
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Es fuhr mal mit der Straßenbahn eine kleine Meise
Nach Hoyerswerda wollt sie nicht
Da war sie schon gewesen
Das schwört sie Stein auf Bein
Doch als der Wecker bimmelte
Und Rosenduft sie weckte
Der frisch aus Minz‘ gebrühte Tee
Ihr ganz besonders schmeckte
Griff sie zu ihrer Lesebrille
Warte Leser warte
Las diese alte Karte
Pickte in eine Birne
Nun Mahler bitte Hirne
Wie kommen in den Reim Tomaten
Ganz ohne die Moral
Und wieviel Striche auf dem Deckel
Du Budnikowski zahl
Es kippt das Wasser auf die Decke
Nach dem Unmöglichen Du strecke Dich
Sonst Ruhe auf dem Küchentisch
Und Frieden
Hienieden
Oh Aufrechtgeher
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Und dann beschlossen die zwei Gefährten, da morgen schon wieder ein September, ihren vom Ehrenwerten Herrn Ernst Albert überreichten Auftrag nun zu beenden. Soll der doch wieder. Wenn die Blätter bunt sich färben, würden sie wieder zurückkehren in den Ring. So ward es beschlossen. Und wenn Mahler und Budnikowski etwas beschließen, dann tun sie das auch und verbleiben bis denne!
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Hinterm Hof ist Reimen vor Ort / 14
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Bären sind gelegentlich zwar mit die Hellsten, aber nicht die Schnellsten. Und wer den Bären drängelt, krieg schnell eine gedengelt. Wenn’s auch nur verbal geschieht. Dem Hasen vor Ort aber läßt der Bär so einiges durchgehen. Tiefe Zuneigung eben. Kann man sich seinen Reim drauf machen. Versify like Mahler.
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Wem der Verstand was schlichter
In Nürnberg nahm man einst den Trichter
Und pimpte auf das Denkorgan
Am besten wirke sagte man
Ein Sud aus Ingwer Knoblauch Bohnenkern
Auch Chilischoten nahm man gern
Was unbedingt hinein noch müsse
Thymianzweig und Nüsse
Das dann drei Monde ziehen lassen
Und so der Dummheit eins verpassen
Wenn’s wirkt tut es nicht schaden
Man kann darin auch baden
Doch bleib vor allem lebensfroh
Man kann es machen so und so
Ich schon immer bin gewesen
Dürfen Sie nun lesen
Für ein entschieden lautes
Mach es so
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Der Hase muß lachen. Morgen werden die Reime zusammengerührt.
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Hinterm Hof ist Reimen vor Ort / 13
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Hasen sind schnell. Gelegentlich auch mal allzu flott. Bären machen Andeutungen. Wollen aber diese Andeutungen nichts allzu ernst und so gemeint haben müssen. Hä? Man hat es nicht im Griff. Also sitzt der Budnikowski in den wärmeren Innenräumen und macht sich so seine Gedanken. Ungereimt? Auf keinen Fall.
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Rose her und etwas Minze
Wenn es kalt wird
Liebe auch und
Grinse
Schmeiß Tomaten in den Sugo
Eine Birne in den Hugo
Sei ein Wasser tief und still
Stopf die Pfeife rauche Dill
Dann kann der Winter
Lieder singen
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Der Bär denkt nach bis morgen. Und so.
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