Autorenarchiv

„Auch dieses Jahr ein paar Gedanken ins Buch geklebt!“ So sprach der Bär und legte los / 008

Montag, 26. April 2021 20:57

kleben21_007

…..

„Es gibt eigentlich recht wenig zu lachen, bester Budnikowski! Und wir sind so vergesslich!“

„Ich weiß. Wir müssen bitterer beginnen als ich hoffte, da ich Sie wiedertraf, Freund Mahler!“

„Man mag nicht hinschauen müssen!“

„Aber wir müssen!“

„Dann wollen wir aber auch!“

„Solange wir das können!“

„Und dann werden wir es bald wieder müssen!“

„Wären wir gescheit, würden wir sagen, wir dürfen! Noch!“

„Oder dürfen können, würden wir sagen müssen! Solange es noch geht!“

„Mahler! Was haben wir vergessen?“

„Budnikowski! Gestern war der Tag des Baumes!“

„Dieser Anblick lässt eigentlich kein Vergessen zu!“

„Beim Aufrechtgeher schon!“

„Gibt es gute Reime über Bäume? Aber nicht so romantische Karotten!“

„Können wir mal drüber nachdenken!“

„Sonst müssen wir ran!“

„An die Kettensäge?“

„Nee an den Reim!“

…..

Wenn Dich dieser Schmerz

Wie jene Säge die Holz

Zersplittert kreischend

Trifft wie Sonne die zerbrennt

Lebensgeschichten

Deinen Baum hüte

(Ernst Albert / Reimstudent und gerne Gehender)

…..

„Also ich fand, lieber Budnikowski, da ist noch Luft nach oben!“

„Seien Sie nicht so streng! Der Ehrenwerte Ernst Albert ist doch noch ein Lernender!“

„Sind wir das nicht alle?“

„Und ich hoffe, Herr Mahler, wir bleiben das auch!“

„Wenn wir dürfen!“

„Das eben wird die nächste Frage werden!“

…..

Thema: Klebebilder 2021 | Kommentare deaktiviert | Autor: Christian Lugerth

„Auch dieses Jahr ein paar Gedanken ins Buch geklebt!“ So sprach der Bär und legte los / 007

Donnerstag, 22. April 2021 16:29

kleben21_006

…..

„Da sind Sie ja! Sind Sie es?“

„Denke schon. Ich sehe aber auch gar nichts. Die Sonne blendet.“

„Ihre Stimme klingt vertraut. Ist jedoch, eine Frage nur, sie über den Winter in tiefere Register gerutscht?“

„Ich höre mich selten selber sprechen, alter Freund, aber möglich wäre dies schon!“

„Ich dagegen führte doch einige Selbstgespräche in den letzten Wochen!“

„Ich dachte Sie schliefen!“

„Gedacht war es auch so, nur so recht gelingen wollte es mir nicht!“

„Ja, man hörte sie sich wälzen, schnorcheln, rumrumpeln. Schlimme Geräusche! Und dann all` diese wilden Reime!“

„Tja, der Ehrenwerte Ernst Albert gab mir Samuel Beckett zu lesen. Da ist ein Bärenhirn lange mit beschäftigt!“

„In Hasenhirne passt das dann wohl nicht?“

„Würde ich nicht behaupten wollen!”

“Desweiteren: Mahler, haben Sie meine Sonnenbrille gesehen?“

„Hatten Sie jemals eine besessen?“

„Ja. Damals.“

„Stimmt. Und jetzt?“

„Freue ich mich wieder mit Ihnen sprechen zu können!“

„Ich auch! Ich habe Ihnen auch was mitgebracht. Eine kleine Geschichte!“

„Raus damit!“

…..

Hier ist die Geschichte, die Mahler dem Hasen mitgebracht hat, obwohl sie eigentlich der Budnikowski dem Bären mitbringen wollte. Aber das ist auch egal.

..

Ein Mönch sprach zu Dschau – dschou:

„Meister, ich bringe Euch nichts mit. Was habt Ihr mir zu sagen?“

Dschau – dschou erwiderte: „Trag es fort!“

…..

Archibald Mahler begann zu lachen. So heftig schüttelte ihn die lenzige Giggelei, daß er beinahe von der trockenen Eiche hinunterpurzelte. Der Kuno Budnikowski aber hielt ihn fest. Und dann pfiff er wieder ein wildes Lied. Macht er ja gerne.

…..

Thema: Klebebilder 2021 | Kommentare deaktiviert | Autor: Christian Lugerth

„Auch dieses Jahr ein paar Gedanken ins Buch geklebt!“ So sprach der Bär und legte los / 006

Dienstag, 20. April 2021 16:59

kleben21_005

…..

„gewaltiger Durst knirscht Eingeweide platzen

verschütte ich meine Erwartung blüht

und teilt der Wald eher seine Geschichten

vergieße die eigenen Vorräte auf den fremden Grund

grundlos freudig“

…..

„Also Herr Mahler, Ihnen dürstet nach dem Wesentlichen? Dem Gegenüber!“ Die Stimme kenn ich. Schreibt der Schreiber.

…..

„Laubsuppe knirscht knistert Sonnenbrandkekse im

lenzscheuen Gehirne

lange Leiden weilen lange an Leinen

harren der Klinge Gespräch

Seelenpflaster keine Pläne

mäanderne Freundlichkeit auftauender Wein

vorne beginnen Schnürsenkel binden Hut ziehen“

…..

„Also freuen Sie sich auf mich, Gefährte Mahler?“

„Gewiß, bester Budnikowski! Aber wo sind Sie?“

„Schauen Sie nach oben!“

…..

Thema: Klebebilder 2021 | Kommentare deaktiviert | Autor: Christian Lugerth

„Auch dieses Jahr ein paar Gedanken ins Buch geklebt!“ So sprach der Bär und legte los / 005

Samstag, 17. April 2021 16:40

kleben21_004

…..

„aus dem Koppe rutscht mit Verve das Blut in die Eingeweide

Forderung des winterlich entleerten Abdomens schweige nun

Denkgeklingel mit Bärlauch austapezieren den Ranzen

später wieder Wörterbach Ruhe nun Kiefer mahle Zunge tanze

den Daumen hoch für den Gaumen es taumeln sachte Rülpser ins Gebüsch

ähem Echo schallt“

…..

„Ich glaube eine kleine Rast täte wohl, lieber Mahler!“ Wer spricht?

…..

„der Speise eine Weise singen wärmt Leib Seele und quäle nicht

mit leerem Bauch das Studium voran wie schon die Römer sangen einst“

…..

“Plenus venter non studet libenter.” Wer spricht?

…..

Thema: Klebebilder 2021 | Kommentare deaktiviert | Autor: Christian Lugerth

„Auch dieses Jahr ein paar Gedanken ins Buch geklebt!“ So sprach der Bär und legte los / 004

Mittwoch, 14. April 2021 16:17

kleben21_003b

…..

„hinter mir der Weg liegt vor mir das neue Jahr schon gestorben vor der Zeit

das Nest verließ ich singend im Aprillaunengewitter am Stock

drücke ich mich die Höhe hinauf neue Lieder wie erste Schmetterlinge

taumelnd Rauhreif auf den Flügeln durch eine hohle Gasse steigend

flatterhaft ohne Ziel der Trommelwirbel Ungewißheit in den Innereien es knirscht

des Winter Laub unter dem Fuß gnädige Erinnerung“

…..

Der Ehrenwerte Ernst Albert sagt dazu nüscht. Er läßt den Mahler den Winterschlaf reimend aus seinem Fell bürsten. Er hat ja selber genügend an der Denkbacke. Soll der Bär mal.

…..

„Herr Ernst Albert! Ich habe Hunger!“

…..

Das sollte man ernst nehmen. Also über Aufbruch nachdenken.

…..

„und wäre man dieses eine welke Blatt

und wäre man dieses eine Blatt was welken wird

und bliebe man ein Blatt welkend

man bliebe ein Blatt

und welkte

eben noch“

…..

„Mahler, jetzt iss aber mal gut! Ich habe auch Hunger! Auf!“ Sprach dann doch der Ehrenwerte Ernst Albert und Besitzer des neuen Wanderstocks.

…..

Thema: Klebebilder 2021 | Kommentare deaktiviert | Autor: Christian Lugerth

„Auch dieses Jahr ein paar Gedanken ins Buch geklebt!“ So sprach der Bär und legte los / 003

Montag, 12. April 2021 17:33

kleben21_003

…..

„ich will es nicht wissen

was mir das Fremde in mir hielte ich es in den Händen gestern war

Bergwerke tiefe Gräben gesprengt in den Karst schuppender Erinnerungen

Laub im Lenz schon runzelnd“

…..

„Mensch Mahler! Eben erwacht und schon in diesen Tiefen unterwegs?“ Hätte der Ehrenwerte Ernst Albert entgegnen mögen.

…..

„mein Finger streicht über

rauhe Häute Schürfwunden liebevoll Gewebe vernarbt

diese Landkarte mag ich lesen morgen wenn übrig verlorene Zeit“

…..

„Mannobär! Da haust Du ja was raus!“ Würde der Ehrenwerte Ernst Albert niemals sagen. Da er seinen Denkbär und die alten Meister liebt. Sie waren beide in den Wald gegangen. Dem Frühling entgegen wandern. Während der ersten Rast bat Archibald Mahler um ein Gedicht, zwecks des Erwachens. Man las ihm folgendes vor. Nein, er selbst las es.

…..

gut gut es gibt ein Land

wo die Vergessenheit

sacht auf die unbenannten Welten drückt

da verschweigt man den Kopf der Kopf ist verstopft

und man weiß nein man weiß nichts

der Sarg der toten Münder stirbt

am Strand er ist angelangt

es ist nichts zu beweinen

..

mein Einsamsein ich kenne es ja ja ich kenn‘ es kaum

ich habe Zeit so sag ich mir ich habe Zeit

doch welche Zeit hungrig Gebein die Zeit des Hunds

die des stetig verblassenden Himmels meines Stückchen Himmels

des Strahls der zitternd emporschimmert

der Mikronen der Dunkeljahre

..

es heißt ich soll von A nach B gehen ich kann es nicht

ich kann nicht `raus ich bin in einem fährtenlosen Land

ja ja es ist eine feine Sache die sie da haben eine ganz feine

was ist das fragen sie mich nichts mehr

Spirale Staub von Augenblicken was es ist das gleiche

Die Stille die Liebe der Haß die Stille die Stille

..

(Samuel Beckett / Sechs Gedichte / 1947 – 1949)

…..

„Das gefällt mir. Sehr gut. Darüber will ich nachdenkend werden. Bestimmt und ganz bald. Aber ich bin immer noch so müde!“ Könnte der Archibald Mahler geantwortet haben. Wahrscheinlich sogar gewiß.

…..

Thema: Klebebilder 2021 | Kommentare deaktiviert | Autor: Christian Lugerth

„Auch dieses Jahr ein paar Gedanken ins Buch geklebt!“ So sprach der Bär und legte los / 002

Samstag, 10. April 2021 15:25

kleben21_002

…..

„So tun als ob und wäre wenn dies Licht die Sonn‘

Und schien so hin auf’s wachend‘ Haupt und regte rege an und

Dann den Fuß bewegt geschwungen und mit Schwung bewegt es sich

Und den leicht‘ Gedanken ohne alle Schranken posaunt ins Himmelblau

Fegt weg das Grau aus den Synapsen nie mehr tapsen

Und vermuten nein sich sputen weil das Leben rast.“

So weit dachte der Bär unter der Höhensonne.

…..

„Sie fehlen mir ganz ungeheuerlich! Ranzen Sie Ihren Ranzen ans Freie. Mir ist nach Gespräch!“ Dies hätte Gefährte Budnikowski sagen können. Vielleicht tat er es sogar.

…..

„Doch all diese Schatten der Realitäten im Leben dem verpassten mit jener

Erkenntnis der späten die fallen herab auf den Boden als ob es geschehen

Zu spät all die Wehen nach der Geburt was nicht ist wird nicht werden

Phantasie nur im Koppe darum stoppe all‘ dies Beharren als sei was nie war

Es schneit noch immer kein Gewimmer diese Lampe ist keine Sonne.“

So weiter dachte der Bär bei einem knappen Blick aus dem Fenster. Über seinem Kopp wärmt es vor sich hin.

…..

„Ich verstehe. Den Bären zu bedrängen? Man ist nicht gut beraten. Wenn man meiner benötigt, immer und gerne!“ Dies wäre eine mögliche Entgegnung des Hasen. Stimmt möglicherweise.

…..

„Die Leisten dieses müden Jahres bei denen bleibe und schustere nicht rum

Im Nebel dem wundersam ungefähren und überquere den Fluß wenn

Die reißenden Wasser gezähmt solange gelähmt das Verlangen bleibe

Es rauschet das Blut nicht es fließet gemächlich

Doch jucket es in den Nasenflügeln es grüßen von den Hügeln

Die Kreuze man wird steigen wieder höher und hinauf

Solange kauf Dir was am besten nüscht

War das jetzt ein Gedüscht?“

Mit diesen Worten schloss der Bär nochmals die Augen. Reicht für heute.

…..

„Und wer schippt den Schnee weg?“ Ein letztes Wort des Budnikowski. Der kann nicht anders. Und: “Die Lampe über dem Bären bleibt an!”

…..

Thema: Klebebilder 2021 | Kommentare deaktiviert | Autor: Christian Lugerth

„Auch dieses Jahr ein paar Gedanken ins Buch geklebt!“ So sprach der Bär und legte los / 001

Donnerstag, 8. April 2021 17:27

kleben21_001

…..

„Als der Frühling noch ein Lenz gewesen

Und buntes Band durch laue Luft vom Eis befreit der Bach

Vor den Toren lachend durch frisches Grün schritt hurtig ausschreitend

freudig Volk und emsig bald auch die ersten Immen schwirrten

War das Erwachen mir die größte Freud’ nach langem Winter!“

So sprach der Bär.

..

(Kaum zu verstehen, Verzeihung, was er da hinter dem Fensterglas murmelt. Bin ich Lippenleser? Na ja, zumindest brennt mal Licht! Glück auf: Der Säzzer)

..

„Doch heut‘ da von Feuchte schwerer Schnee ruht auf Fensterbrett und Herzen

Im Bein dem einstens abben rumoren rheumatisch klamme Schmerzen

Da mag man doch verbleiben innerlich in jeder Hinsicht Art!“

So sprach der Bär des Weiteren.

..

(He! Hallo! Wachheit! Säzzer die zwote!)

..

„Auch wenn Es fordert harsch voll der üblich‘ Ungeduld nach Außerhalb zu treten

Und raus aus Hirn und Haus in Wälder Auen an den Bach

Zu singen lärmen und mit Freudenkrach dem Leben an den Hals

Ich bin nicht wach in dieser grauen Feuchtigkeit

Nein bin es leid

Wenn selbst der Winterschlaf die Welt nicht läßt erblühen

Warum dann all die Mühen sich wiegen in den Schlaf

Auf Träumen wild zu reiten und beizeiten dann bereit

Hoffen dies nur die Doofen?

Die Schlauen poofen heiter weiter?“

Auch dieses sprach der Bär, soweit man es denn vernehmen konnte.

..

Gut! Freund Archibald Mahler scheint ja noch nicht ganz auf der Höhe des Weltgeschehens zu sein. Aber wer ist das schon dieser Tage, mag er auch anderes behaupten wollen. Wundern wir uns nicht, bleiben dran! Bis gleich dann!

…..

Thema: Klebebilder 2021 | Kommentare deaktiviert | Autor: Christian Lugerth

Und was könnte besser sein? Bären schlafen, Hasen hüpfen an so’nem Abend in Frieden / 8

Montag, 15. März 2021 10:56

traum1

…..

Wie soll man da schlafen? Wie soll man schlafen in einer Welt unter dem Diktat des Aufrechtgehers? Wie soll man da schlafen? Wie soll man schlafen, wenn das fortgeschrittene Alter den Schlaf mit ständigen Wachphasen durchschießt wie ein altes Fischernetz? Wie soll man da schlafen? Wie soll man schlafen, wenn die Stürme nachts an den Dachpfannen rütteln und es über deinem Bett rumpelt und trommelt, als sei Keith Moon wieder von den Toten auferstanden? Wie soll man da schlafen? Wie soll man schlafen, wenn der Freund und Gefährte, wie er dies gerne tut, sich mal wieder eine Zweitidentität zugelegt hat, in diesem Fall die des Skisprungkünstlers Karle G.? Wie soll man da schlafen? Wie soll man schlafen, wenn dann auch noch unter dem Bett (Glaubt der Budnikowski denn dann merkt man es nicht? Gruß Der Säzzer) wilde Siegesfeiern abgehalten werden, eben weil der Karle wieder so weit geflogen ist? Wie soll man da schlafen? Wie soll man schlafen, wenn draußen einerseits eine so noch nicht erlebte gespenstische Ruhe herrscht, die jedoch spürbar von hektischem und ungeduldigem Gemurre und Gepolter durchwoben ist? Wie soll man da schlafen?

…..

Tja, eigentlich schlief er trotzdem ganz gut der Archibald Mahler, der wackere Bär vom Brandplatz, wohnhaft in der kleinen häßlichen Stadt in Mittelhessen. Die Verdrängungsmechanismen funktionierten diesen Winter vor allem im Schlaf ganz vorzüglich. Was eindringt in die Winterruhe wird flugs zu Träumen umgemodelt und die läßt man dann am langen Bewußtseinsarm verhungern und dreht sich nochmal um. Und die Wellen schlagen regelmäßig ans Ufer und wiegen dich wieder in den Schlaf. Wäre da nicht die innere Uhr, die selbst wenn der Aufrechtgeher sich nicht zwischen dem meteorologischen und dem astrologischen Lenzbeginn entscheiden kann, dieser Döösbaddel, den Bären an der Kandare hält. Nicht so einfach das alles dieser Tage. Und dann noch diese dämliche Zeitumstellerei. Verschlimmbesserung, Dein Name ist Homo sapiens.

…..

Der letzte Traum jedoch war eine emotionale Gratwanderung. Es war einer der Träume, wo sich der Träumer ganz sicher ist, schon längst erwacht zu sein. So saß der Bär am Waldrand und blickte einen Abhang hinab, sah in der Ferne einen See und Fliegen summten und Bienen brummten an einem warmen Frühlingsabend in Frieden, als ihn eine eiskalte Bö die Decke über die Nase ziehen ließ und er zurückkehrte in den Schlaf, denn das war die Realität: eiskalte Winde vor dem geschlossenen Fenster und alle Lenze noch fern. Also sprach zu ihm der Ehrenwerte Ernst Albert. Und diese Worte drangen klar und ohne Verlust in seinen aufnahmebereiten Kopp: „Drehe Dich nochmal um. Eine Woche hast Du noch Zeit. Mindestens. Laß erstmal Ostern ins Land ziehen. Dann sehen wir weiter! Schönen Traum noch!“

…..

Derweilen pfiff Budnikowski ein Lied. Ganz leise nur. Er wachste seine Holzlatten. Und flog davon.

…..

Thema: Jetzt ist 2021 | Kommentare deaktiviert | Autor: Christian Lugerth

Und was könnte besser sein? Bären schlafen, Hasen hüpfen an so’nem Abend in Frieden / 7

Sonntag, 28. Februar 2021 10:30

traum2

…..

Es war ruhig geworden. Nun schon seit Wochen. Winterruhe, obwohl draußen Packeis und Warmlufteinbrüche miteinander Ringelpiez tanzten. Budnikowski sogar zwang sich zum Schlaf und es gelang ihm weitgehend. Doch gestern träumte ihm wieder, er hätte Latten unter den Pfoten, er spränge und flöge und Medaillen und plötzlich ein Kloß im Hals, der verhinderte den Siegesschrei. Er dachte voller Rücksicht (aussterbende Geisteshaltung!) an des Mahlers Winterruhe. Und so sprach der Kloß zu ihm: „Hase? Kennst Du meine Geschichte? Nein? So höre!“

…..

„Es lebten einmal ein alter Mann und sein Weib. Eines Tages bat der Greis die Frau: “Back mir doch einen Kloß!” “Woraus? Seit einer Woche gibt es kein Mehl im Haus.” “Feg den Speicher aus, kratz die Lade aus; so bringst du genug Mehl zusammen.”

Die Alte ging, fegte den Speicher aus, kratzte die Lade aus und brachte zwei Handvoll Mehl hinaus. Sie buk einen Kloß und legte ihn ans Fensterbrett zum Abkühlen. Da sprang der Kloß aus dem Fenster heraus und rollte auf den Boden, dann durch die Tür raus und schließlich in die weite Welt hinaus.

Er stolzierte voran, er sang und jagte Hühnern und Gänsen Angst ein: „Aus dem Speicher gefegt, aus der Lade gekratzt, in Butter gebacken, aus dem Fenster verschwunden!“

Da traf der Kloß den Hasen: „Bleib stehen, Kloß! Jetzt fress´ ich dich auf!“ Der Kloß aber sang: „Aus dem Speicher gefegt, aus der Lade gekratzt, in Butter gebacken, aus dem Fenster verschwunden, der Opa konnte mich nicht fassen, die Oma konnte mich nicht fassen und du, Hase, mach dir keine Hoffnungen!“ Und er rollte weiter.

Da traf der Kloß den Wolf: „Bleib stehen, Kloß! Jetzt fress´ ich dich auf!“ Der Kloß sang: „Aus dem Speicher gefegt, aus der Lade gekratzt, in Butter gebacken, aus dem Fenster verschwunden, der Opa konnte mich nicht fassen, die Oma konnte mich nicht fassen, der Hase konnte mich nicht fassen und du, Wolf, mach dir keine Hoffnungen!“ Und er rollte weiter.

Da kommt aus dem Wald der Bär: „Bleib stehen, Kloß! Jetzt fress´ ich dich auf!“ Der Kloß aber sang: „Aus dem Speicher gefegt, aus der Lade gekratzt, in Butter gebacken, aus dem Fenster verschwunden, der Opa konnte mich nicht fassen, die Oma konnte mich nicht fassen, der Hase konnte mich nicht fassen, der Wolf konnte mich nicht fassen und es ist mir leicht, dir, Bär zu entwischen.“ Der Bär sah ihn nicht mehr.

Da traf er den Fuchs und auch der wollte ihn fressen. Der Kloß begann: „Aus dem Speicher gefegt…“ Der schlaue Fuchs sprach: „Wie schön und gewitzt! Doch hab´ ich so schlechtes Gehör. Setz dich auf meine Nase und sing doch noch mal, so dass ich dich hören kann.“

Glücklich und froh, ein offenes Ohr zu finden, sprang der Kloß dem Fuchs auf die Nase und begann zu singen. Der Fuchs riss das Maul auf und verschwunden war der Kloß in einem Schluck.“

…..

Und des Bären Schlaf wurde löchriger, unruhiger. Man wälzte sich hin und her. Hatte ja jemand eine alte Erzählung aus seiner Heimat Kamschatka in die Nacht gesprochen?

…..

Thema: Jetzt ist 2021 | Kommentare deaktiviert | Autor: Christian Lugerth