Countdown to Bethlehem / Klappe / Die Drei
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„Herr Archibald Mahler, wenn Sie mir eine kritische Anmerkung gestatten, aber wir befinden uns eben gar nicht dort, wo wir uns befänden täten und sollten auf unserer nächsten Reise. Da oben waren wir doch schon. Am Ehrentag des Ehrenwerten und als wir auf dem Steine thronten.“
„Freund und Hase Budnikowski, fiel mir doch ähnliches eben auf: Recht haben Sie. Man muß wohl manches Mal zurückreisen, um vorwärts zu kommen.“
„Ohne dort aber sich festzusitzen! Und der Apfel?“
„Erkenntnis vielleicht?“
„Reichte es nicht da einmal reinzubeißen?“
„Ich befürchte der gemeine Aufrechtgeher muß mit ganzen Apfelbäumen beworfen werfen, um wenigstens ein Stamperl Erkenntnis sein eigen nennen zu dürfen.“
„Aha! Verstehe! Überleitung! Wir fahren in die Stadt mit dem Trichter in Sachen Erkenntnis und so!“
„So isses! Und, was meine Bärigkeit selbstfettend erfreut: da gibt es Lebenskuchen! Mit gaaannzz viel Honig drinnen.“
„Darf ich mit?“
„Mit Lied!“
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Countdown to Bethlehem / Klappe / Die Zwote
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„Noch mal kurz rückblickend zusammenfassen, Herr Budnikowski! An jenem Feiertag saßen wir auf diesem Stein!“
„Und der war keiner der rollenden Steine!“
„Gegenteil! Seit Jahrhunderten fest verankert!“
„Tja, Mahler. Ich als hektisch Hoppelnder, man wünscht es sich gerne gelegentlich! Verankerung!“
„Meine Bärigkeit wiederum, tendierend zum Ausharren an den Ufern der Flüße, wartend, starrend dann, eventuell einrostend: vielleicht ein wenig mehr Bewegung wieder!“
„Dann singen Sie heute das Lied!“
„Aber erst wenn die Koffer gepackt!“
„Jetzt! Ein rollender Stein benötigt keine Koffer!“
„Wenn Sie meinen! Gute Reise also uns!“
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Countdown to Bethlehem / Klappe / Die Erste
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„Bär Mahler! Da haben wir geschwiegen. Ordentlich lange!“
„Nun denn, Budnikowski! Was soll man schon sagen dieser Tage!“
„Mein Freund! Sie haben da zwei Pflaster!“
„Nötige Impfungen!“
„Gegen was denn?“
„Die Zeitläufte!“
„Aha! Und der zweite Pieks?“
„Aufrechtgeher und die Hybris! Und Sie? Was hilft?“
„Likör! Und anderer Süßkram!“
„Warum nicht? Im Übrigen eine Anmerkung noch: Ist denn schon Weihnachten?“
„Nein! Nein! Das war. Haben Sie es vergessen? Der letzte Ehrentag!“
„Jetzt wo Sie es erwähnen! Septon in der Wallonie! Man feierte …“
„Pssst! Da kommt er!“
„Das heißt wohl, wir müssen verreisen?“
„Denke ich auch! Mahler! Koffer packen.“
„Pfeifen Sie mir dazu ein Lied!“
„Liebeslied gefällig? Wo hier schon Herzen rumliegen!“
„Wohlan, Budnikowski!“
„Und die Pelagia? Fährt die mit?“
„Teilstrecke!“
„Ihr Lied!“
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Hinterm Hof ist Reimen vor Ort / 15
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Man sollte es versuchen. Egal was. Man sollte einem Versuch eine Chance geben. Wer seinen Pöter an Faulheit kettet und Rechthaberei noch dazu, ist ein mutloser Aufrechtgeher. Darüber sprachen die Herren Archibald Mahler und Kuno von und zu Budnikowski in der gemütlichen Küche, während draußen vor dem Fenster die kleine immer häßlicher – nicht nur optisch, auch innerlich – werdende Stadt in Mittelhessen hyperventilierte. Dann wird die Umgebung verreimt. Zwei Hirne versuchen eines zu werden. Geht nur über den Verzicht. Nicht über ein Gericht.
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Es fuhr mal mit der Straßenbahn eine kleine Meise
Nach Hoyerswerda wollt sie nicht
Da war sie schon gewesen
Das schwört sie Stein auf Bein
Doch als der Wecker bimmelte
Und Rosenduft sie weckte
Der frisch aus Minz‘ gebrühte Tee
Ihr ganz besonders schmeckte
Griff sie zu ihrer Lesebrille
Warte Leser warte
Las diese alte Karte
Pickte in eine Birne
Nun Mahler bitte Hirne
Wie kommen in den Reim Tomaten
Ganz ohne die Moral
Und wieviel Striche auf dem Deckel
Du Budnikowski zahl
Es kippt das Wasser auf die Decke
Nach dem Unmöglichen Du strecke Dich
Sonst Ruhe auf dem Küchentisch
Und Frieden
Hienieden
Oh Aufrechtgeher
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Und dann beschlossen die zwei Gefährten, da morgen schon wieder ein September, ihren vom Ehrenwerten Herrn Ernst Albert überreichten Auftrag nun zu beenden. Soll der doch wieder. Wenn die Blätter bunt sich färben, würden sie wieder zurückkehren in den Ring. So ward es beschlossen. Und wenn Mahler und Budnikowski etwas beschließen, dann tun sie das auch und verbleiben bis denne!
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Hinterm Hof ist Reimen vor Ort / 14
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Bären sind gelegentlich zwar mit die Hellsten, aber nicht die Schnellsten. Und wer den Bären drängelt, krieg schnell eine gedengelt. Wenn’s auch nur verbal geschieht. Dem Hasen vor Ort aber läßt der Bär so einiges durchgehen. Tiefe Zuneigung eben. Kann man sich seinen Reim drauf machen. Versify like Mahler.
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Wem der Verstand was schlichter
In Nürnberg nahm man einst den Trichter
Und pimpte auf das Denkorgan
Am besten wirke sagte man
Ein Sud aus Ingwer Knoblauch Bohnenkern
Auch Chilischoten nahm man gern
Was unbedingt hinein noch müsse
Thymianzweig und Nüsse
Das dann drei Monde ziehen lassen
Und so der Dummheit eins verpassen
Wenn’s wirkt tut es nicht schaden
Man kann darin auch baden
Doch bleib vor allem lebensfroh
Man kann es machen so und so
Ich schon immer bin gewesen
Dürfen Sie nun lesen
Für ein entschieden lautes
Mach es so
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Der Hase muß lachen. Morgen werden die Reime zusammengerührt.
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Hinterm Hof ist Reimen vor Ort / 13
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Hasen sind schnell. Gelegentlich auch mal allzu flott. Bären machen Andeutungen. Wollen aber diese Andeutungen nichts allzu ernst und so gemeint haben müssen. Hä? Man hat es nicht im Griff. Also sitzt der Budnikowski in den wärmeren Innenräumen und macht sich so seine Gedanken. Ungereimt? Auf keinen Fall.
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Rose her und etwas Minze
Wenn es kalt wird
Liebe auch und
Grinse
Schmeiß Tomaten in den Sugo
Eine Birne in den Hugo
Sei ein Wasser tief und still
Stopf die Pfeife rauche Dill
Dann kann der Winter
Lieder singen
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Der Bär denkt nach bis morgen. Und so.
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Hinterm Hof ist Reimen vor Ort / 12
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„Demnach naht der Herbst, Herr Mahler?“
„Wie kommen Sie darauf, Budnikowski?“
„Nun, Sie suchen eine Baumhölle auf. Etliche Ihrer Mitpetze überwintern in solchen Höllen!“
„Ach Freund, war wohl nur ein Reflex von Kopp und Rest, da Temp’raturen in die Knie geknickt.“
„Nochmal zurück zu unserer Faulheit?“
„Weia!“
„Tja!“
„Ich weiß! Morgen hat der Geheimrat Geburtstag!“
„Also fangen Sie an!“
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Niedergangen ist die Sonne,
Doch im Westen glänzt es immer;
Wissen möcht ich wohl, wie lange
Dauert noch der goldne Schimmer?
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„Das, werter Bär, ist doch entlehnt!“
„Nein, es ist sogar Buchstab‘ für Buchstab‘ geklaut!“
„Wenigstens ehrlich!“
„Stets!“
„Das kann ich auch! Den Geheimrat beklauen!“
„Obwohl Sie keine solchen haben?“
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Du kleiner Schelm du!
Daß ich mir bewußt sei,
Darauf kommt es überall an.
Und so erfreu ich mich
Auch deiner Gegenwart,
Du Allerliebster,
Obgleich betrunken.
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„Der Geheimrat kann es schon mal auch im Kleinen! Oder?“
„Man darf weiter von ihm lernen! Sagen Sie doch immer, werter Mahler!“
„Wissen Sie noch?“
„Gewiß!“
„Freundschaft!“
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Hinterm Hof ist Reimen vor Ort / 11
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„Mensch Mahler! Faul sind wird schon dieser Tage!“
„Budnikowski! Der Sommer kann müde machen!“
„Freuen Sie sich auf den Herbst?“
„Der Herbst als durchgängige Jahreszeit wäre mir eine Freude!“
„Temperaturobergrenze?“
„Sagen wir 24 Grad mit leichter Abweichung nach oben. Im Bereich der Zehntel!“
„Korinthenkacker!“
„So wuchs ich auf, mein Freund!“
„Ähem! Mahler? Bevor ich nervös werde: Hat man auf uns geschossen?“
„Und wenn?“
„Da wiederum haben Sie recht. Die Ohren in den Wind!“
„Und auch den Pöter ausrichten in Sachen Antwort!!“
„Naturalamente heute Ihr Lied!“
„Gerne!“
„Blödes Lied! Man jammert rum!“
„Muß man durch!“
„Schönes Lied also?“
„Schon!“
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Hinterm Hof ist Reimen vor Ort / 10
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„Bunt ist wieder!“
„Und Sonne dabei!“
„Hatte man uns vermisst?“
„Wer?“
„Gelegentlich vermisse ich mich selber!“
„Geht mir nicht so viel anders!“
„Was vermissen Sie an sich selbst?“
„Wenn ich das wüsste!“
„Hier jedoch ist angenehm!“
„Da pflichte ich bei!“
„Wer hat denn nun eigentlich was gesagt?“
„Ist dies nicht gänzlich ohne Bedeutung?“
„Aber hier ist gut!“
„Ich jedenfalls fühle mich an diesen Orte sehr wohl!“
„Nun denn bis morgen!“
„Gibt es auch Gartenlieder?“
„Gewiß!“
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Hinterm Hof ist Reimen vor Ort / 09
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„Herr Mahler! Wo sind wir?“
„Wir sind nicht! Wir waren, bester Budnikowski!“
„Sind wir schon länger nicht das, was wir eh nie waren?“
„Solange wir aus einem in sich selbst verlorenen Leben keine müden Legenden stricken, können wir auch mal gewesen sein! Sogar heute!“
„Auch wenn es regnet?“
„Zurück zu Ihrer Frage, Freund! Erinnern Sie sich?“
„Ja. Wir haben zugesehen, wie etwas zurückgebaut wurde!“
„Nennen wir es beim Namen. Dieses Das wurde abgerissen!“
„Und es war ziemlich laut. Und staubig! Und wir hatten Schiß!“
„Sprechen Sie, Budnikowski und Löffeldenker vom klein gedachten Wir oder vom groß in die Welt verlautbartem Wir?“
„Sie meinen bestimmt das oft anmaßende IchVermeidungsWir?“
„Danke für die Wortschöpfung!“
„Mahler, meinen Sie das kann man, falls es gelesen wird, verstehen?“
„Na ja! Am lautesten brüllt heutzutage der Narziß ein Wir in den Tümpel!“
„Das schlägt aber Wellen ins Spiegelbild!“
„Eben! Dann muß er sich nicht ins Angesicht schauen!“
„Wer reimt?“
„Schnick Schnack Schnuck!“
„Mist!“
„Tja!“
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Obwohl den Vogel in der Hand
Der nicht einmal ein Spatz
Fällt manche Taub‘ zu schnell vom Dach
Sie fühlte sich verkannt
Ein Traum der stand am Strassenrand
Den Daumen steil im Wind
Er endete in den Regalen
Die kostenfrei doch ich muss zahlen
Mit den paar Münzen
Die mir übrig sind
Das letzte Heft in das ich schmier
Ich schenk es Dir
Wirf’s weg
Doch morgen nicht und auch nicht später
Vor der Zeit
Träume sind Verräter
*
„Und wer hat’s gereimt?“
„Tja? Wer hat’s gereimt?“
„Ich hätte auch noch einen!“
„Her damit!“
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Wer nie in dunklen Kaschemmen saß
Soll nicht vom Tresen reimen
Gruß an die Genossen
Auf den hohen Rossen
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„Und wer hat’s gereimt?“
„Tja? Wer hat’s gereimt?“
„Ich hätte auch noch einen!“
„Schnauze!“
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