„Auch dieses Jahr ein paar Gedanken ins Buch geklebt!“ So sprach der Bär und legte los / 003

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„ich will es nicht wissen
was mir das Fremde in mir hielte ich es in den Händen gestern war
Bergwerke tiefe Gräben gesprengt in den Karst schuppender Erinnerungen
Laub im Lenz schon runzelnd“
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„Mensch Mahler! Eben erwacht und schon in diesen Tiefen unterwegs?“ Hätte der Ehrenwerte Ernst Albert entgegnen mögen.
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„mein Finger streicht über
rauhe Häute Schürfwunden liebevoll Gewebe vernarbt
diese Landkarte mag ich lesen morgen wenn übrig verlorene Zeit“
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„Mannobär! Da haust Du ja was raus!“ Würde der Ehrenwerte Ernst Albert niemals sagen. Da er seinen Denkbär und die alten Meister liebt. Sie waren beide in den Wald gegangen. Dem Frühling entgegen wandern. Während der ersten Rast bat Archibald Mahler um ein Gedicht, zwecks des Erwachens. Man las ihm folgendes vor. Nein, er selbst las es.
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gut gut es gibt ein Land
wo die Vergessenheit
sacht auf die unbenannten Welten drückt
da verschweigt man den Kopf der Kopf ist verstopft
und man weiß nein man weiß nichts
der Sarg der toten Münder stirbt
am Strand er ist angelangt
es ist nichts zu beweinen
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mein Einsamsein ich kenne es ja ja ich kenn‘ es kaum
ich habe Zeit so sag ich mir ich habe Zeit
doch welche Zeit hungrig Gebein die Zeit des Hunds
die des stetig verblassenden Himmels meines Stückchen Himmels
des Strahls der zitternd emporschimmert
der Mikronen der Dunkeljahre
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es heißt ich soll von A nach B gehen ich kann es nicht
ich kann nicht `raus ich bin in einem fährtenlosen Land
ja ja es ist eine feine Sache die sie da haben eine ganz feine
was ist das fragen sie mich nichts mehr
Spirale Staub von Augenblicken was es ist das gleiche
Die Stille die Liebe der Haß die Stille die Stille
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(Samuel Beckett / Sechs Gedichte / 1947 – 1949)
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„Das gefällt mir. Sehr gut. Darüber will ich nachdenkend werden. Bestimmt und ganz bald. Aber ich bin immer noch so müde!“ Könnte der Archibald Mahler geantwortet haben. Wahrscheinlich sogar gewiß.
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„Auch dieses Jahr ein paar Gedanken ins Buch geklebt!“ So sprach der Bär und legte los / 002

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„So tun als ob und wäre wenn dies Licht die Sonn‘
Und schien so hin auf’s wachend‘ Haupt und regte rege an und
Dann den Fuß bewegt geschwungen und mit Schwung bewegt es sich
Und den leicht‘ Gedanken ohne alle Schranken posaunt ins Himmelblau
Fegt weg das Grau aus den Synapsen nie mehr tapsen
Und vermuten nein sich sputen weil das Leben rast.“
So weit dachte der Bär unter der Höhensonne.
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„Sie fehlen mir ganz ungeheuerlich! Ranzen Sie Ihren Ranzen ans Freie. Mir ist nach Gespräch!“ Dies hätte Gefährte Budnikowski sagen können. Vielleicht tat er es sogar.
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„Doch all diese Schatten der Realitäten im Leben dem verpassten mit jener
Erkenntnis der späten die fallen herab auf den Boden als ob es geschehen
Zu spät all die Wehen nach der Geburt was nicht ist wird nicht werden
Phantasie nur im Koppe darum stoppe all‘ dies Beharren als sei was nie war
Es schneit noch immer kein Gewimmer diese Lampe ist keine Sonne.“
So weiter dachte der Bär bei einem knappen Blick aus dem Fenster. Über seinem Kopp wärmt es vor sich hin.
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„Ich verstehe. Den Bären zu bedrängen? Man ist nicht gut beraten. Wenn man meiner benötigt, immer und gerne!“ Dies wäre eine mögliche Entgegnung des Hasen. Stimmt möglicherweise.
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„Die Leisten dieses müden Jahres bei denen bleibe und schustere nicht rum
Im Nebel dem wundersam ungefähren und überquere den Fluß wenn
Die reißenden Wasser gezähmt solange gelähmt das Verlangen bleibe
Es rauschet das Blut nicht es fließet gemächlich
Doch jucket es in den Nasenflügeln es grüßen von den Hügeln
Die Kreuze man wird steigen wieder höher und hinauf
Solange kauf Dir was am besten nüscht
War das jetzt ein Gedüscht?“
Mit diesen Worten schloss der Bär nochmals die Augen. Reicht für heute.
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„Und wer schippt den Schnee weg?“ Ein letztes Wort des Budnikowski. Der kann nicht anders. Und: “Die Lampe über dem Bären bleibt an!”
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„Auch dieses Jahr ein paar Gedanken ins Buch geklebt!“ So sprach der Bär und legte los / 001

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„Als der Frühling noch ein Lenz gewesen
Und buntes Band durch laue Luft vom Eis befreit der Bach
Vor den Toren lachend durch frisches Grün schritt hurtig ausschreitend
freudig Volk und emsig bald auch die ersten Immen schwirrten
War das Erwachen mir die größte Freud’ nach langem Winter!“
So sprach der Bär.
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(Kaum zu verstehen, Verzeihung, was er da hinter dem Fensterglas murmelt. Bin ich Lippenleser? Na ja, zumindest brennt mal Licht! Glück auf: Der Säzzer)
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„Doch heut‘ da von Feuchte schwerer Schnee ruht auf Fensterbrett und Herzen
Im Bein dem einstens abben rumoren rheumatisch klamme Schmerzen
Da mag man doch verbleiben innerlich in jeder Hinsicht Art!“
So sprach der Bär des Weiteren.
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(He! Hallo! Wachheit! Säzzer die zwote!)
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„Auch wenn Es fordert harsch voll der üblich‘ Ungeduld nach Außerhalb zu treten
Und raus aus Hirn und Haus in Wälder Auen an den Bach
Zu singen lärmen und mit Freudenkrach dem Leben an den Hals
Ich bin nicht wach in dieser grauen Feuchtigkeit
Nein bin es leid
Wenn selbst der Winterschlaf die Welt nicht läßt erblühen
Warum dann all die Mühen sich wiegen in den Schlaf
Auf Träumen wild zu reiten und beizeiten dann bereit
Hoffen dies nur die Doofen?
Die Schlauen poofen heiter weiter?“
Auch dieses sprach der Bär, soweit man es denn vernehmen konnte.
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Gut! Freund Archibald Mahler scheint ja noch nicht ganz auf der Höhe des Weltgeschehens zu sein. Aber wer ist das schon dieser Tage, mag er auch anderes behaupten wollen. Wundern wir uns nicht, bleiben dran! Bis gleich dann!
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