Beitrags-Archiv für die Kategory 'Musentempel'

Mr hotts it leicht, aber leicht hotts ein! Oder: Man hat’s nicht leicht, aber manchmal geht’s schnell!

Mittwoch, 18. August 2010 21:20

teufelsstich

(Die Bühne ist in rotes Licht getaucht. Musikeinsatz. Laut, sehr laut. Die Musik läuft unter der ganzen Szene. Die Mimen müssen brüllen. Man versteht trotzdem kaum ein Wort. Man kann es aber hier nachlesen. Der Beelzebub kommt, packt den Bären und jagt ihm eine Spritze in den allerwerten Bärenpöter. Archibald Mahler – und das nicht nur in seiner Rolle als Suchender Bär – schreit auf.)

„Potzrembel die §$%&$§ Waldfee, was soll das denn?“

„Ha, er fragt, was dies solle, das fragt er, der Bär, er, der Bär, der sucht und jetzt flucht, fragt, was dies solle, dieser Bär, der die Welt durchschreiten will, vom Himmel zur Hölle und, hahaha, von wegen wieder zurück, dieser Bär fragt, was dies solle, wenn Herr Beelzebub persönlich seinen Weg kreuzt und ihn erinnert, wo der Schmerz zuhause ist und da fragt er, der Bär, mich, mich fragt dieser Bär, was das solle? Ja, hols doch der Teufel!“

„Was wollen Sie von mir? Ist das die feine Art, harmlose Wanderer zu überfallen und mit Spritzen zu traktieren?“

„Apart, apart dieser kleine Wanderbär und so wunderbar dumm. Nichts will ich, nichts und noch mal nichts mal zwei geteilt durch vier weniger sieben mal sieben und wieder nichts ist nichts und dreimal null ist null ist null und ein bißchen Spaß muß sein! Alaaf! Der größte Spaß ist, den selbsternannt harmlosen Wühlern in den Innereien des Weltgetriebes ihre neugierige Nase lang zu ziehen und sie mittenmang in die größten und stinkendsten Misthaufen zu stecken. Dort mögen sie riechen, was die Welt bewegt und durch die Zeiten treibt. Da wo es stinkt, da laß dich ruhig nieder! Die Welt ist nackt, zerrissen ist ihr Mieder!“

„Wer sind Sie? Und außerdem riechen Sie unfein?“

„AAAAHHHHHAHAHA! Ein kleiner Bildungsaffe! Unfein riechen! Pech und Schwefel, bierseliger Achselschweiß und schwache Blase im Schritt, vermoderter Knoblauch im Backenzahn und hinten raus ein verstopftes Klärwerk. Unfein riechen, mein lieber Freund, dein Charme läßt mich Buttersäure weinen! Die Welt ist keine Parfümerie. Die Welt ist geronnenes Blut, zerrissenes Hemd, gebrochenes Rückgrat, verfaulte Schwüre, aasiger Neid und Killeregos! Halt Dir ein mit Klosterfrau Melissengeist getränktes Seidentüchlein unter Dein feines Näschen, wenn Du über die Leichenberge steigst, die unsere geschätzten Aufrechtgeher zwischen Dir und Deinen Ziel aufgetürmt haben! Heureka war gestern!“

„Sie sind ja wütend, mein Gott!“

„AAAAARRGHHH! Noch einmal dieses Wort aus deiner Schnauze und ich nagele Dein Fell mit 95 von Kardinal Mixa selbstgeschmiedeten Nägeln an die nächste Kirchentür und die Regensburger Domspatzen singen dazu ‚Im Odenwald, im Odenwald da macht der Baecker Buben kalt!’ Zum Teufel aber auch!“

„Sind Sie etwa?“

„Hundert Punkte und das war: SPITZE!

(Der Beelzebub springt in die Höhe, wie eine Mischung aus Hans Rosendahl und Pete Townsend am Ende eines Songs. Archibald Mahler – also dem Suchenden Bär – fallen die Augen zu. Seine Zunge wird schwerer und schwerer.)

„Waaaas iisstt mitttt miiiir? Es iist aaahles so scheen bunt hiaar!“

„Lysergsäurediethylamid?“

„Hää??“

„Lucy in the sky with diamonds! Aber auf die harte Tour, mein Freund! Zum Kerker bitte rechts abbiegen! Das kachelt, Mann!“

„Wääre ichschshch dock zuuu Haause, nach Haussse telefonierennieren, Teflonfahnen aller Länder vereinigt Eueueuch! Aua, das brennt!“

„Ja, brennen sollst und nicht nur an zwei Enden! Willkommen in der Unterwelt!“

(Rauch, Nebel, Krach, halbnackte Rockerbräute und theatrales Headbanging. Der übliche Klamauk eben und weg ist der Bär. Ein letztes Lachen des Beelzebub! Dem Fischreiher geht das alles zu weit und er fliegt davon. Die Bisamratte kriegt sich nicht mehr ein vor Lachen und die Raben drehen eine Runde über die Bühne. Sehr dekorativ.)

Thema: Musentempel | Kommentare deaktiviert | Autor: Christian Lugerth

Was man sieht bedeutet nichts, denn es ist nur da oder auch nicht! (Wenn der Schatten recht hat!)

Dienstag, 17. August 2010 22:16

guter koenig-sepia

(Das Lied vom Teddybären ist verklungen. Die Raben hatten sogar mitgekrächzt und die Bisamratte mitgeschunkelt. Nebel hüllt die Bühne ein. Der Lütte Stan leistet offensichtlich ganze Arbeit.)

„Was war dies für ein Lied, Herr Schatten?“

„Es war der König und nicht der Zimmermann, der eben jetzt Dein ungeduldiges Ohr besang.“

„DER König?“

„Der König ist tot!“

„Welcher?“

„Alle!“

„Und Sie? Sind Sie ein König oder – Verzeihung – der Schatten von einem König, der noch lebt?“

„Wenn alle Könige tot sind, warum sollte ich dann noch leben?“

„Stimmt auch wieder! Manchmal ist man ja blöd, Herr Schatten!“

„Aha, der Bär ist weise vor seiner Zeit! Aber Vorsicht: Hüte Dich vor Lob auf dem Weg!“

„Aber ich frage mich…“

„Da wirst Du keine Antwort finden!“

„Auch wieder richtig! Also: bin ich jetzt eigentlich schon bei Ihnen oder noch nicht so richtig ganz?“

„Ich bin nicht da. Aber ich freue mich sehr, wenn Du mich besuchen kommst!“

„Und diese blöde Ebene! Was hat die für eine Bedeutung?“

„Es ist eine Ebene!“

„Aber…“

„Kein Aber, Herr Mahler. Wenn in einem Stück oder in einem Lied eine Lokomotive oder ein Paar Schuhe oder ein Kuß oder der Regen auftauchen, sind das erstmal eine Lokomotive, ein Paar Schuhe, ein Kuß oder der Regen. Man muß es nicht mystifizieren.“

„Ist das jetzt kompliziert oder bin ich dumm?“

„Weder noch! Ich bin nur ein unverbesserlicher Schlaumeier. Das Alter! Verzeih mir! Versuche diese Ebene zu durchqueren! Wenn nicht: suche Dir einen anderen Weg. Aber paß auf die Rose auf!“

„Wollen Sie schon wieder gehen, Herr Schatten?“

„Der Abendnebel hüllt uns ein. Ich habe mir inzwischen angewöhnt des Nachts zu schlafen. Der Katze geht es gut, die Blätter fallen von den Bäumen und mögen die Götter uns gnädig sein. Gute Nacht!“

„Bis bald!“

(Eine Nebelbank schiebt sich zwischen den Suchenden Bär und das Orakel. Der Fischreiher bemerkt, die Sicht auf das Geschehen sei inzwischen sehr eingeschränkt. Und Archibald fröstelt es. Er arbeitet sich unauffällig Richtung Hinterbühne und zischt in die Kulissen.)

„Technik!“

„Sie wünschen, Herr Mahler!“

„Es ist ja beeindruckend, daß Sie es sogar schaffen die Nebelmaschine in Gang zu setzen, aber übertreiben Sie nicht etwas, Herr von Lippstadt-Budnikowski!“

„Verzeihung, Herr Mahler, das bin nicht ich. Die Natur ist’s. Plötzlicher Herbsteinbruch!“

„Dann machen Sie die Heizung an!“

„Rotes Licht könnte ich anbieten! Dann wirkt es zumindest wärmer!“

„Worauf warten Sie?“

(Technik ab und die Bühne wird in rotes Licht getaucht. Plötzliche Unruhe im Auditorium. Die Schwanenjungen rufen: „Vorsicht! Hinter Dir! Paß auf! Hinter Dir! Hinter Dir da steht der..…!”)

Thema: Musentempel | Kommentare deaktiviert | Autor: Christian Lugerth

Vom Erstellen eines Blacks am hellichten Tag, der Ebene OHNE-END und ein Lied für den KING

Montag, 16. August 2010 20:27

empfang der blume

(Der aufmerksame Leser wird sich gefragt haben, wie ein Black auf einer Freilichtbühne und das auch noch am zwar grauhimmeligen, aber doch hellichten Tage bewerkstelligt wird. Ganz einfach. Während der Protagonist – Herr Mahler als Suchender Bär – mit seinem neuen Requisit beschäftigt ist und den Text für die nächste Szene – Monolog!!! – aktiviert, stürzt der Mann für alle Fälle – unser Lütten Stan – an die Rampe und bittet das Publikum die Augen zu schließen. Man kommt der Bitte nach. Lediglich die Jungschwäne weigern sich ihre Köpfe unter ihr Gefieder zu stecken. Vernachlässigbare Ignoranz der Jugend! In dieser Zeit der imaginierten Finsternis führt nun Stan den Bär zum SMARAGDFALL, der für wenige Sekunden wieder zum banalen Schal wird, der Bär klettert daran – und Bären können das, und wie! – ein guten Meter in die Höhe, Stan bittet das Publikum bis ZEHN zu zählen, dann die Augen zu öffnen, macht sich darauf vom Acker, es wird Licht in den Köpfen, der Bär atmet einmal tief durch und dann spricht er folgende Worte.)

„Es dauert mir zu lange! Das Leben keines Bären kennt Unendlichkeit! Kein Bär ward schon in jungen Jahren, wenn wild noch in der Brust schlägt sein eifrig forschend Herz, zum Alten Bär vom Berge und findet ab sich mit dem steten Lauf der Welt, wirft fort die Fragen in den Fluß des Vergessens und atmet nichts als aus, dann ein. Nein! Hier sitze ich, halte die Rose in den Händen, die Türen, Schlösser mir eröffnen soll und was ich sehe, ist nichts als eine weiße, nackte, staubige Ebene. Baumlos und heiß liegt sie zu meinen Füßen, kein Weg, kein Pfad kreuzt ihre Ödnis, sie findet weder hinten noch vorn ein Ende und hinterm Horizont da geht’s nicht weiter. Nein! Kein Bär, kein Aufrechtgeher scheint diese Wüste je gequert. Jungfräulich liegt der Sand vor meinen Augen, nicht eine Spur, kein Zeugnis irgendeines Lebens. Blick ich nach oben, fällt mir ein trostlos, stählern Himmel auf den Kopf und die Welt scheint mir wie ein großes Einweckglas und auf dessen Grund lieg ich, ein Kilo Pflaumen. Warum ist keine Antwort mir, der ich in die Weite hinaus rufe und brülle? Nicht mal ein Echo traut sich die endlose Stille zu durchbrechen. Gnadenlos und Satz für Satz, Stück für Stück wirft mir die Leere all meine Fragen zurück vor meine Tatzen. Was soll ich tun? Die wüste, leere Ebene queren? Gefahr laufen an ihrem Ende zu stürzen in einen ewigen, alles verschlingenden Abgrund? Oder hier warten, bis die Rose fault in meinen Händen und die bleichen Knochen meines ausgetrockneten Leibes eines Tages einem Wanderer, der sich am Ende aller Zeiten hierher verirrt, als Wegweiser oder Mahnmal dienen? ‚Hier starb ein Suchender und nahm seine Fragen mit ins staubige Grab.’ Ach wäre ich zu Haus geblieben, auf der Fensterbank, die kleinen Dummheiten der Aufrechtgeher betrachtend, mir meinen Bärenteil denkend und zufrieden zwischen Thunfischbüchse und Marmeladenglas hin- und herpendelnd. Meinethalben verspottet als Sofabär, doch entronnen der Sinnlosigkeit der EWIGEN SUCHE! Potzrembel die Waldfee aber auch! Was ein wüstes Land zu meinen Füßen!“

(Erschöpft blickt der Bär über die Köpfe der Schauer hinweg und imaginiert konzentriert die Wüste Gobi oder die Salzwüste von Utah oder stellt sich einfach vor, er habe gewaltigen Hunger. Der Gesichtsausdruck ist derselbe. Dann singt er ein Lied, was so nicht im Text stand.

‚Baby let me be,

Your lovin teddy bear

Put a chain around my neck,

And lead me anywhere

Oh let me be

Your teddy bear.’

Und wieder spricht das Orakel. Auch das mit der Projektion klappt einwandfrei.)

„Ich kenne sie, die Ungeduld. Früher, als ich soviel älter war als jetzt, hat sie mich gequält. Tag und Nacht! Keine Angst, das gibt sich. Halt Deine Rose fest. Du wirst sie noch gebrauchen.“

„Wann?“

„Sing das Lied weiter. Es ist schön. Laß uns heute den KING ehren!”

Thema: Musentempel | Kommentare deaktiviert | Autor: Christian Lugerth

Am Fuße des Smaragdfalles erhält der Suchende Bär eine Zauberkugel und hebt ab

Sonntag, 15. August 2010 19:30

tip des fremden freunds

(Beteiligte, Bühne und Dekoration wie gestern. Wetter heut entschieden bescheidener. Das Publikum hält trotzdem durch. Insbesondere die Bisamratte fühlt sich wohl. Sie mag es feucht. Fortsetzung der Szene.)

„Und alles, was ich sag ist vage!

Nun, bester Bär, komm her und frage.“

„Ich stehe hier und muß gestehen,

Ich weiß nicht, wohin soll ich gehen,

Obwohl ein Ziel mir ward genannt.

Bist Du ein Freund, mir nicht bekannt?“

„Errät man wohl, wohin Du strebest

Und was der Ruf, der Dich ereilte?

Was ist der Wunsch, an dem Du klebest?“

„Der lange schon in meinem Herzen weilte!“

„Gut Freund, laß enden mich den ein Gedanken

Und bremse nicht das Wort, das aus mir quillt.

Ich finde, was Du suchst, Du wirst mir danken,

Gib mir die Tatze, Bär, die Wette gilt!“

„Es sprach zu mir ein Schatten, voller Wärme!

Ei nun, mein Herr, was lacht ihr ob der Red’?“

„Verzeiht, mir reißen die Gedärme,

Der Wind der Wiederholung durch die Szene weht.

Es wird gesucht, solang man glaubt zu finden.

Und auf den Straßen steht man sich im Weg!“

„Wer nicht nach vorne schaut, der wird erblinden!

Wer seinen Pöter nur am Herde pflegt,

Den werden nicht Poeten finden

Von seiner Tat der Nachwelt wohl zu künden!“

„Oder durch Dummheit deren Zorn entzünden!

Hier gibt’s nicht Neues zu erfahren,

An dieser Kreuzung wart ich schon seit tausend Jahren,

Daß mir beglückt der Rücken wird gekehrt

Und Parzival zu Haus sich redlich wehrt!“

(Der Bär spürt eine gewisse Entmutigung in sich wachsen, will umkehren, Suche Suche und Rose Rose sein lassen, da trifft ihn des Gedankens volle Wucht.)

„Freund, fremd, unbekannt und VAGE!

Dies ist der Schlüssel! Ich bin nicht dumm!

Denn alles, was Ihr sprecht auf meine Frage,

Das meint Ihr sicher andersrum!

Sag mir, wo denn die Rosen sind geblieben…“

„Gut Freund, Dein Wunsch hat Dich hierher getrieben.

Ich helfe Dir, denn stark scheint Dein Bemüh’n,

Zwecks der Erkenntnis in die Welt hinauszuzieh’n.

Drum paß und merk auf jedes günst’ge Nu,

Hier, diese Kugel, Bär, er packe sie! Nun, greif er zu!

Jetzt gib mir drei Sekunden von hier zu verschwinden,

und tu die Blicke aller Schauer an Dich binden,

denn ich muß backstage und mach dann kurz nen Black,

schließ Deine Augen! TOI TOI TOI!“

„Schon ist er weg!“

(Der Bär hält die orangene Zauberkugel in den Händen. Nach wenigen Sekunden: der angekündigte Black. In der kompletten Finsternis greift eine magische Hand nach dem Bären und katapultiert ihn in die Höhe. Zauberei?)

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Der Fremde Freund erscheint, handelt sich Ärger ein mit der Regie und wird dann gefragt

Samstag, 14. August 2010 21:42

auftritt fremder freund

(Bevor die technischen Probleme bis ins Detail ausdiskutiert werden, springt der Lütte Stan mit einem beherzten Hasensatz auf die Bühne. Dem Bär ist es recht. Er hat keine Lust zu streiten und es ist Zeit für eine erste Möhre. Draußen deklamiert nun der Fremde Freund – im folgenden ff. – seinen einführenden Monolog.)

„Ich salutier den werten Schauern!

Wenn einer wissen will genauer,

Wer ich und was die meine Rolle

Und was ich hier berichten wolle,

Dem sei in knapp gereimten Sätzen

Die, hoff ich, wisst Ihr all zu schätzen,

Vermeldet, daß ich bin die Kraft,

Die auf der Szen’ Verwirrung schafft.

Ich bin der Freund, der bleibt Euch fremd,

Ich trage weder Hos noch Hemd

Und was ich rate oder mein,

Im selbem Atemzug vernein

Ich’s, und tu dies mit Recht.

Die Welt ist bös, die Welt ist schlecht.

Und alles was ich sag ist vage,

Drum bester Bär komm her und frage!

Ähem!

UND ALLES WAS ICH SAG IST VAGE,

DRUM BESTER BÄR KOMM HER UND FRAGE!!!“

(Dies wäre des Bären Stichwort gewesen, allein der Bär tritt nicht auf. Die Möhre schmeckt so gut. Der Hase extemporiert.)

„Also:

Ein jeder Satz von mir ist Rätsel.

Ich mach aus Deinem Hirn ne Bretzel,

Oder vielleicht ein Laugenweck.

Ich wünscht ein Bär käm um die Eck

Und täte mich was Rechtes fragen.

Ich kann das Stichwort noch mal sagen:

Das alles was ich sag ist vage,

Drum bester Bär komm her und frage.“

(Pause. Dann geht es mit ihm durch.)

„Hömma, dat geht mich getz gewaltig anne Nerven, Du Heiopei. Ich könnte schön auffe Chaiselonge sitzen, wat Rohkost knabbern unne DFB-Pokal inne Flimmerkiste betrachten tun, aber nee, da laß ich mich breitschlagen fürre brotlose Mimenkunst, und dann iss der Herr Bär, der angeblich dat Kulturerbe vonne Aufrechtgehers mitte Suppenkehle eingelöffelt hat, nich inne Lage sein Stichwort in seine Gehörgänge zu kriegen und seinen Bärenpöter auffe Bühne zu schleifen. Also, dat glaub ich doch nich!“

(Das Publikum ist höchst amüsiert. Szenenapplaus. Man freut sich immer am meisten, wenn was schiefgeht. Herr von Lippstadt-Budnikowski errötet ob der unerwartet positiven Resonanz. Neben ihm steht der Bär.)

„Werter Kollege, wenn Sie Ihre Publikums- und Kollegenbeschimpfung beendet haben, würde ich mich freuen, wenn wir die Szene zu Ende spielen könnten. Im übrigen ist der Abend nicht als Komödienstadel konzipiert! Sie wissen, was ich meine?“

„Nee! Aber dat werden der Herr mir wohl gleich verklickern tun!“

„Die dialektische Färbung!“

„Hömma Protti, hinter die Bühne die Pausenkarotten reinschieben tun un dann am rummoppern. Ja lüg ich denn!“

„Verzeihen Sie, aber ich spreche gerade in meiner Funktion als Regisseur.“

(Unruhe im Auditorium. Die Raben krächzen und drohen mit Raub der Abendkasse. ‚Könnt Ihr das nach der Vorstellung unter Euch ausmachen?’ ‚Weiter! Oder sei ihr Ballack und Lahm?“ Die Mimen schauen verdattert. Dann geht es weiter.)

„Und alles was ich sag ist vage,

Drum bester Bär komm her und frage.“

„Ich stehe hier und muß gestehen,

ich weiß nicht, wohin soll ich gehen,

obwohl ein Ziel mir ward genannt.

Bist Du ein Freund, mir nicht bekannt?“

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Das Orakel meldet sich, eine Rose kommt ins Spiel und der Projektor gibt seinen Geist auf

Freitag, 13. August 2010 21:10

guter koenig-ende

(An der Rückwand der Bühne eine Erscheinung. Fata Morgana? Halluzination? Oder eine ganz banale Projektion? Die Raben jedenfalls sind begeistert und halten endlich ihre Schnäbel. Archibald, als Bär jenseits seiner Rolle als Suchender Bär, freut sich. Er hätte nicht gedacht, daß der Lütte Stan das so toll hinkriegen würde. Toneinsatz.)

„Dummkopf! Esel!“

„Wieso Dummkopf und Esel, sehr geehrter Herr Schatten an der Wand?“

„Herr Bär, ich übersetze nur, was Dir soeben nachgerufen wurde. Glupak heißt Dummkopf, Magarac Esel. Kroatisch! Die Menschliche Vuvuzela benutzt jeden Tag eine andere Sprache! Heute halt kroatisch. Mit thailändischen Einsprengseln. Nah peeh ist das Geistergesicht.“

„Die war so laut! Und hat gesagt, sie würde wissen, wie alles geht.“

„Wer sich von Ratgebern leiten läßt, kann genau so gut eine Parkuhr nach der Zeit fragen, lieber Freund Mahler!“

„Sie kennen meinen Namen?“

„Man hat mir erzählt, Du hättest Dich aufgemacht rauszufinden, was die Welt im Innersten zusammenhält. Sehr ehrenwert!“

„Wissen Sie die Antwort?“

„Langsam, langsam. Du sprichst nicht mit mir, sondern mit meinem Schatten. Mein Schatten – selbst wenn er auf diese Frage eine Antwort hätte – es wäre die Kopie der Kopie der eventuellen Antwort, ein plattes Abbild einer fragwürdigen These und am Ende würdest Du diesem Schatten auch noch glauben.“

„Das habe ich jetzt, verzeihen Sie, nicht ganz verstanden!“

„Das war keine richtige Frage!“

„Wieso?“

„Fast!“

„Könnten Sie das noch mal erklären, vielleicht?“

„Geht doch! Hier und heute leider nicht. Da mußt Du schon zu mir kommen.“

„Gerne. Wo wohnen Sie, wenn Sie kein Schatten mehr sind?“

„Wenn ich das wüßte. Ich bin nicht da!“

„Das ist aber doof.“

„Du findest mich schon. Das weiß ich!“

„Ehrlich?“

„Glaube daran! Aber Du mußt mir etwas mitbringen. Nicht wegen mir, aber die Aufrechtgeher, die für mich arbeiten und auf mich aufpassen, sind da etwas eigen.“

„Was denn?“

„Was Dir einfällt!“

(Archibald denkt nach.)

„Bären haben es, glaube ich, nicht so mit Mitbringseln!“

„Denk nach!“

„Also Ernst Albert bringt Eva Pelagia immer geklaute Rosen mit!“

„Dann bring mir eine Rose und ich will….“

(Es tut einen gewaltigen Schlag und der Schatten verschwindet. Die Raben schwingen sich kreischend in die Lüfte, die Bisamratte pinkelt vor Schreck dem Fischreiher ans Bein, die Schwaneneltern bergen ihre Jungen unter den Flügeln und der Lütte Stan schaut hinter der Bühnenrückwand hervor.)

„Herr von Lippstadt-Budnikowski haben Sie dafür eine Erklärung?“

„Ich wollte mein Requisit für die nächste Szene holen, da bin ich über das Kabel gestolpert und habe den Projektor…“

„Keine Details, Sie Hirsch! Vorhang!“

„Haben wir leider nicht, Herr Mahler!“

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Freies Feld, ein Hut und das Tröten der Ratgeber

Donnerstag, 12. August 2010 19:38

menschliche vuvuzela

(Hinter der Bühne entspannt sich ein kleiner Disput. Dadurch verzögert sich ein Auftritt.)

„Und das, was ist das mein lieber Herr von Lippstadt-Budnikowski?“

„Das ist ein Hut, Herr Mahler!“

„Das sehe ich. Und wer soll dieses Ding bitte auf seinen Kopf setzen?“

„Sie! “

„Warum?“

„Zum einen: als Kostümbildner fordere ich ein Mindestmaß an kreativer Freiheit und zum zweiten: der Suchende Bär bricht auf und durchquert eine extrem heiße Ebene, Salzwüste, oder Steppe oder so und da schadet eine Kopfbedeckung nicht.“

„Freies Feld, mein Lieber, freies Feld lautet die Szenenbeschreibung. Von extremen Temperaturen steht hier nichts.“

„Ich dachte halt, wo keine Bäume stehen und dann ist da noch  Sommer und die Sonne brennt. Russische Weiten zum Beispiel.“

„Wie sehe ich denn aus? Wie ein behaarter Champignon!“

„So ist die Eitelkeit Ihnen doch nicht fremd. Hören Sie, das Publikum ruft nach Ihnen. Schnell raus!“

„Wir sprechen uns noch! Welche Szene?“

„Die erste! Los! Raus!“

(Der Bär stürzt auf die Szene. Freies Feld. Grauer Himmel. So grau, daß man einen Nagel drein schlagen möchte, seine Badehose dran zu hängen. Im Hintergrund stürzt sich hinab ein grüner Schal aka der SMARAGDFALL. Eine seltsam anmutende Figur erwartet den Bären, der einen seltsamen Hut auf dem Schädel trägt. Es ist die Menschliche Vuvuzela – im folgenden DMV genannt. Sie beginnt zu sprechen. Laut. Sehr laut.)

„HIER! FREMDER! HIER! FRAG! ICH WEISS! ICH WEISS! DER WEG IST LANG, DER WEG IST SCHWER, WO GEHST DU HIN? WO KOMMST DU HER!“

„Hallo erstmal!“

„HIER! FREMDER! HIER! FRAG! ICH WEISS! ICH WEISS! DER WEG IST LANG, DER WEG IST SCHWER, WO GEHST DU HIN? WO KOMMST DU HER!“

„Wer sind Sie?“

„HIER! FREMDER! HIER! FRAG! ICH WEISS! ICH WEISS! DER WEG IST LANG, DER WEG IST SCHWER, WO GEHST DU HIN? WO KOMMST DU HER!“

„Sie sind sehr laut! Wissen Sie das eigentlich? Warum?“

„HIER! FREMDER! HIER! FRAG! ICH WEISS! ICH WEISS! DER WEG IST LANG, DER WEG IST SCHWER, WO GEHST DU HIN? WO KOMMST DU HER!“

„Wenn ich wüßte, wo ich hin soll, wäre ich wohl nicht hier!“

„HIER! FREMDER! HIER! FRAG! ICH WEISS! ICH WEISS! DER WEG IST LANG, DER WEG IST SCHWER, WO GEHST DU HIN? WO KOMMST DU HER!“

„Tja, dann zieh ich mal weiter!“

„NAH PEEH! KUN HEEAT! DAG LING! TOLKO SI GLUB DA; KAD BI SAM TRCAO; STIGO; BI TRECI!“

“Wie bitte?”

“WARUM FRAGST DU NICHT? WARUM STELLST DU KEINE FRAGEN? DU BIST SO BLÖD, SELBST WENN DU ALLEINE LÄUFST, KOMMST DU ALS DRITTER AN!“

„Ich weiß nicht, was ich fragen soll!“

„FRAGEN KOSTET NICHTS!“

„Doch. Überwindung! Und außerdem bin ich ein Bär! Bären fragen nicht! Und Sie sind zu laut!“

„GLUPAK! MAGARAC! Glupak! Magarac! glupak! magarac!“

(Hypertonischer Abgang DMV. Der Bär ist wieder allein. Es beginnt zu tröpfeln. Er ist ganz froh über seinen Hut. Er ärgert sich aber auch. Weil er nichts gefragt hat.)

„Was hat die jetzt gesagt? Glupak? Magarac? Ich versteh kein Wort!“

„Dummkopf! Esel!“

(Der Bär dreht sich um. Wer hat da zu ihm gesprochen? Niemand zu sehen. Er hört lediglich das Rauschen des SMARAGDFALLES.)

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Zueignung, Prolog auf der leeren Bühne und dann geht der Suchende Bär erst mal ab

Mittwoch, 11. August 2010 20:09

leere buehne

(Archibald Mahler in seiner Rolle als ‚Der Suchende Bär’ – im folgenden DSB – betritt die leere Bühne. Im Hintergrund Hämmern, Sägen und Geschäftigkeit. Der Lütten Stan baut Bühne, räumt Requisiten von rechts nach links, dann von links nach rechts. Die Zuschauer – sieben Raben, ein Fischreiher, etliche Spatzen, ein Schwanenpaar mit vier Jungen, eine Bisamratte und einige zufällig vorbeiradelnde Aufrechtgeher fordern den Beginn der Veranstaltung. Der Bär hebt an und spricht. Die Sommerseespiele Lausebach 2010 haben begonnen.)

„Die schwankenden Gestalten, dort sie nahen, dem trüben Blick sich wieder zeigend und meine Frage ist, gelingt’s mir heut sie festzuhalten. Wir werden sehen, dann wenn der Vorhang fällt, den wir nicht haben hier. Und nun ergreift mich jenes Sehnen und ein Schauer faßt mich an, denn was ich einst erlebt, aus fernem Geisterreich da winkt und drängt es sich mir zu, auf daß ich Euch bericht davon. Was nun und wohin lenkt der Text den Sinn? Mir schwirrt der Kopf von fremden, wirren Worten.“

(Erste Unruhe im Publikum und hinter der Bühne.)

„Ruhe, verdammt noch mal. Ich muß mich konzentrieren. Gut, weiter denn und wie den Geist der Schauenden belohnen? Sie kommen her zu schaun, zu  sehn, sie wollen gaffend staunen, doch wie man’s tut, sie werden klagen, denn so sind sie. Dem Bären, nein, dem Mimen keine Kränze von der Nachwelt sind geflochten, so wollen wir die Schauer heut verwirren, denn sie gar zu befriedigen, dies ist wohl schwer. Jedoch: der Aufrechtgeher Kraft sie weiset sich im Dichter, der flicht zum Ehrenkranz der Menschen tragisch Tat und dieser Monolog zwickt mir die Zung und knotet meinen Geist, weil er so viele neugedachte Worte hat. Doch denkt auch dran: in bunten Bildern wenig Klarheit, viel Irrtum und ein Fünkchen Wahrheit, und gebet acht, was folgen wird sogleich.“

(Wachsende Unruhe im Publikum, insbesondere bei den Sieben Raben. Zwischenrufe: ‚Der Worte sind genug gewechselt.’ ‚Laßt uns endlich Taten sehen!“ „Mehr Mimen auf die Bühne, aber hallo!’)

„Die Botschaft hör ich wohl, allein mir fehlt der Faden. Doch schreit ich nun im engen Bretterhaus, den ganzen Kreis der Schöpfung aus und wandel mit des Bären Schnelle, vom Silbersee durch die Welt zur Hölle und sicher auch zurück, der gute König wartet und nun, ihr Raben, hört mir zu. Denn ich hab, ach nun, die Weltenschau, die Fensterbank, das abbe Bein, der Flüsse Ufer und Wälder Tiefen und selbst die Pöhlerei durchaus studiert mit Bärenmut und bin so schlau wie dunnemals. Doch ruft und hüpft in mir die Welt und fragt, was sie zusammenhält, im Innersten und auch mein abbes Bein. Nun gut! Es hängt der Bär wie eine Glocke! Text!“

(Rumpeln hinter Bühne. Stan sucht das Textbuch und findet es nicht. ‚Nimm was vom Geheimrat. Das klappt immer.’ Das ist des Hasen Tip.)

„Nun denn, auch wenn man’s nicht mehr kennt, so höret zu, zum Beispiel dies: ‘Und fragst Du noch, warum dein Herz sich bang in deinem Busen klemmt? Warum ein unerklärter Schmerz Dir alle Lebensregung hemmt?’ Weil, ja, warum und dies gilt’s zu erkunden draußen dort. Und Euch, Euch nehm ich mit auf diese Reis und jetzt muß ich, da auch die Bühne noch nicht komplett gericht’t, hinfort. Mit Goethe noch ein letztes Wort, dann bin ich weg, für heut: ‘Flieh! Auf! Hinaus ins weite Land!’ Dank soweit. Nun rührt die Hand.“

(Archibald geht ab. Spärlicher, doch die Erwartungen des Bären eindeutig übersteigender Applaus. Stan springt auf die Bühne, verbeugt sich in den abschwellenden Applaus hinein – Wat mutt, dat mutt! – und beginnt die Bühne umzubauen. Hinter der Bühne bemerkt Archibald Mahler, seit zehn Minuten darstellender Bär, daß er sich vor lauter Aufregung sein gesamtes Fell durchgeschwitzt hat. Stan hat dann auch noch was zu sagen.)

„Ihr Herren, Damen und liebes Getier, das Stück heißt ‚Der König und das abbe Bein’ und dauert bestimmt bis heut nacht gegen vier. Sach ich mal so. Jetzt können Sie wieder klatschen.“

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Der leere Raum ist der Anfang! Sagt Peter und so auch Archibald!

Dienstag, 10. August 2010 7:13

konzeption2

(Eine Fensterbank. Man blickt nicht nach außen, man blickt nach innen. Intensive Gespräche seit Tagen. Knirschende Synapsen. Nahaufnahme.)

„Wenn ich Sie was fragen dürfte, Herr Mahler?“

„Welche Frage!“

„Wenn Sie etwas warten würden!“

„Nein! Sie verstehen nicht, Herr von Lippstadt-Budnikowski! Sinn und Zweck einer jeden Konzeptionsprobe ist doch das Stellen von Fragen. Also fragen Sie!“

„Huch! Diese Ungeduld! So kenne ich Sie gar nicht!“

„Psychologisieren Sie nicht rum! Zur Sache!“

„Ähem! Gibt es einen Text? Oder die Strichfassung eines Textes? Kurz und gut: eine irgendwie geartete Spielvorlage?“

„Nein! Weshalb?“

„Ich dachte, ich stelle die Fragen!“

„Die Künste erlauben nicht, beleidigt zu sein. Hören Sie den unsterblichen Peter Brook: ‚ Ich kann jeden leeren Raum nehmen und ihn eine nackte Bühne nennen. Ein Bär geht durch den Raum, während ihm ein anderer zusieht, das ist alles was zur Theaterhandlung notwendig ist.’ Dies sei uns Maxime!“

„Korrekt zitiert?“

„Eine ganz kleine Abwandlung gestehe ich ein! Was ich sagen will: Der Beginn unseres Ausflugs in die Gefilde der darstellenden Künste ist markiert, der Rest ist die Arbeit. Fünf Darsteller. Sie stehen im Zentrum. Nicht meine Hirnfürze.“

„Fünf? Wer denn noch?“

„Das Orakel, die Menschliche Vuvuzela und – wie bei jedem Roadmovie in Sachen Selbsterkundung – der Beelzebub.“

„Also eine Art Archibald Faust?“

„Übertreiben Sie nicht und spekulieren sich nicht auf die Rolle des Stan Mephistopheles!“

„Die Bühne?“

„Sie steht. Komplett. Sie werden überrascht sein. Packen Sie an Requisiten ein, was Ihnen einfällt, wir werden alles benutzen. Und die Karotten nicht vergessen. Wegen der Pausen!“

„Gerne! Eine Frage noch in meiner Funktion als Leiter der Öffentlichkeitsarbeit: Hat das Eröffnungsstück der Sommerseespiele Lausebach einen Titel?“

„Das Eröffnungsstück der Sommerseespiele Lausebach ist das gesamte Programm der Sommerseespiele Lausebach. Wir stehen erst am Anfang! Tradition kommt später.“

„Trotzdem: der Titel?“

„Sie erwischen mich auf der falschen Tatze. Das habe ich tatsächlich nicht bedacht! Vorschläge, Herr Dramaturg.“

„Von einem Bären, der auszog das Fürchten zu lernen? Mahler I? Dr. Mahler und Mr. Lippstadt-Budnikowski? Die Leiden des jungen Mahler? Der zerbrochne Bär? Am silbernen See stellt sich Mahler eine Frage und bekommt eine Antwort? Archibald und die sieben Fragen? Macbärth? Wen die Wunde prägt?“

„Das abbe Bein?“

„Warum nicht!“

„Das abbe Bein sucht den Guten König?“

„Etwas gewagt! Und sperrig, wenn ich das als Dramaturg bemerken darf!“

„Nehmen wir es als vorläufigen Arbeitstitel! Wir müssen!“

(Man packt und bittet Ernst Albert um eine kleine Mitfahrgelegenheit. Er ist ja schließlich Hauptsponsor der Sommerseespiele Lausebach. Eva Pelagia überreicht die Karotten. Dann Aufbruch Richtung Festspielwiese.)

Thema: Musentempel | Kommentare deaktiviert | Autor: Christian Lugerth

Wegen Vorbereitung der Sommerseespiele Lausebach bis auf weiteres keine Vorstellungen!

Dienstag, 3. August 2010 18:03

konzeption

(Ein Hinterhof. Es ist kühl. – Erstes Apart: Fräulein Else Sommer schwächelt nach furiosem Einstand. Sie will sich doch nicht an der diesjährigen Performance des Herrn Lenz messen lassen? Also: Hintern hoch, Madame! – Zurück auf die Szene. Der Bär ist schweigsam. Sein Gegenüber durchaus ungeduldig.)

„Wenn ich Sie was fragen dürfte, Herr Mahler?“

„Mmh!“

„Ja oder nein?“

„Wie bitte? Ach so! Ja! Wenn es sein muß!“

„Sie sehnen sich zurück in die Wälder? Die Einsamkeit? Ich kann auch gehen!“

„Nein, lieber Herr von Lippstadt-Budnikowski, bleiben Sie! Bitte! Nur eine Idee, die mich umtreibt!“

„Sprechen Sie!“

„Na ja, vielleicht nur ein gewaltiger Pups in meinem Hirn!“

„Raus damit! Ich stelle mich in den Wind!“

„Ihr Risiko! Auf der gestrigen Heimfahrt, die Holzbühne unten am Silbersee!“

„Fiel mir auf! Was ist damit!“

„Musentempel! Bretter! Weltbedeutung!“

„Und?“

„Na ja!“

„Mein Gott! Nach dem Motto: Wie der Herr, so das Gescherr?“

„Einen Versuch wäre es doch wert! Die eigene Geschichte! Selber ersinnen! Selber formen! Selber erzählen!“

„Und ich?“

„Technik. Werbung. Einlaß. Dramaturgie. Sekretariat. Kaffee kochen. Assistenz. Die Bühne fegen.“

„Warum?“

„Dies ist nun mal die Aufgabe der Praktikanten und Hospitanten!“

„Sie können mich mal!“

„Halt, mein Freund, wer wird denn gleich in die Luft gehen? Des weiteren eine entscheidende Rolle, die auf Sie wartet.“

(Lechz! Geifer!) „Ich? Spielen? Bühne? Ach!“

„Gewiß! Der Freund des Helden! Der dramaturgische Katalysator! Das fatale Element! Der Geschichtenwender!“

„Und Sie!“

„Den Rest!“

„Warum?“

„Abstammung! Talent! Ausgangsidee! Gewisse Erfahrungen!“

„Ach ja!“

„Zum Geschäftlichen. Keine feste Gage! Anteiliges Einnahmensplitting!“

„Jeden Tag eine Karotte! Drunter mache ich es nicht!“

„Die Hälfte meiner Möhre! Letztes Wort!“

„Erpresser! (Pause. Stille. Es knirscht im kommunikativen Gebälk.) Gut! Handschlag!“

„Sie sind mein Mann!“

„Für alles! Eins noch! Die Story?“

„Ein Bär zieht aus, sucht sich selber und kehrt zurück als Held!“

„Vielleicht etwas abgelutscht!“

„Wie?“

„Verzeihen Sie, da sprach der Dramaturg in mir!“

„Das geht aber fix! Vorschlag?“

„Ein Möchtegernheld zieht aus, verliert sich, findet das Unerwartete und kehrt zurück als kompletter Bär.“

„Ist einen Gedanken wert!“

„Haben wir Zeitdruck?“

„Nicht die Bohne! Herrn Ernst Alberts Sponsoring ist nicht an Termine gekoppelt.“

„Darf ich unter diesen Umständen einen Vorschlag machen!“

„Sie sollen!“

„Ich koche Kaffee, schäle zwei Möhren, fege die Fensterbank und wir ziehen uns zurück zu einer Konzeptionsbesprechung.“

„Wie lange?“

„So lange es eben dauert. Lassen wir das Pflänzlein in Ruhe gedeihen!“

„Herr Lippstadt-Budnikowski! Sie gefallen mir!“

„Hirn an und Herz auf, Herr Mahler!“

(Zwei zukünftige Theatermacher stehen auf und schlendern über den Hinterhof. Destination Fensterbank. Stirn in Falten. Gewichtigen, doch auch schlendernden Schrittes. Die Pfoten kratzen am Pöter. Oder an den Löffeln. Man denkt öffentlich. Künstler eben. Bis denne!)

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