Voller Magen wandert nicht gerne, kein Grund alles über den Haufen zu werfen (Walden Four)
Manchmal ist man ja dumm. Das passiert sogar einem Bären, obwohl er tagtäglich von Aufrechtgehern umgeben ist, die eigentlich als abschreckendes Beispiel dienen müßten, was das Diktat der „Großen Allgegenwärtigen Dummheit“ betrifft. Also war Archibald von seinem Tagesschlaf aufgewacht und binnen Sekunden wütete ein entsetzlicher Hunger in seinem Gedärm. Die beim Wandern massenhaft verbrannten Kalorien forderten Ersatz. Der Magen schrie: „Empty!“ Und da noch keine Entscheidung darüber gefallen war, wie Thunfischbüchsen und Marmeladenglas zu öffnen wären, mußten die fünf Karotten dran glauben und wanderten binnen Sekunden in den Bärenabdomen. Haps! Schluck! Aaah! Der Bär schulterte seine Reisegepäck – „Ah, entschieden leichter!” – und wollte seinen Körper in Gang setzten. „Verdammter Finne! Entschieden schwerer!“
Die Sonne hatte sich auf die andere Seite der Erdkugel verabschiedet, eigentlich Zeit die ersten Meter zu machen. Archibald Mahler, gelegentlich ein Freßsack, setzte einen Fuß vor den andern, langsam erst, bedächtig dann, Zeitlupe, Superzeitlupe, Stillstand. Schwerer Atem und hereinbrechende Nacht. Am Straßenrand hatte ein Aufrechtgeher ein etwas demoliertes Fahrrad an einen Laternenpfahl gelehnt. Nicht daß der Bär jemals Fahrrad gefahren wäre und obwohl man als Erzähler auch dazu verpflichtet ist, die Spitzen einer allzu überbordenden Phantasie zumindest zu kappen, trotzdem: Archibald bestieg das Fahrrad. Die Diskrepanz zwischen der Länge seiner Beine und der Entfernung der Pedale frustrierte ihn. Der volle Magen und die kühlende Dunkelheit taten ihr übriges. Schon wieder schlief der faule Bär.
Sonntagmorgen vor der Stadt. In der Ferne Kirchenglocken. Man erwachte. Erste buntgewandte Aufrechtgeher rannten an Archibald vorbei. „Ah, die Laufenden auf der Suche nach sich selbst, da sind sie wieder!“, dachte der Bär und wunderte sich, warum er auf einem Fahrrad aka in Bärendenke: Blechteil mit Rädern saß und so gut und tief geschlafen hatte. Die Sonne warf ihren Turbo an. Sollte er einen weiteren Tag vertrödeln und auf die nächste Nacht warten, um weiterzuziehen? Der innere Schweinebär klopfte ihm anerkennend auf die Schulter. Schon wollte er herabsteigen und sich wieder in das gemütliche Pförtnerhäuschen zurückziehen, da erblickte er, hinter den Ruinen, Hallen, Schuppen, Bürotrakten und Garagen die Wipfel der Bäume des nahen Waldes. „Auch wenn mir der Saft heute literweise den Bärenpöter herabrinnt, Strafe muß sein und die Trödelei der heutigen Nacht muß wettgemacht werden!“ Archibald schaute an sich herunter. „Und auf den Hüften sitzt auch noch einiges an Winterspeck. Weg damit! Den heutigen Tag widme ich der Schwierigkeit und ihrer Überwindung. Soll Gott, der Herr ruhen!“ Und ein Bär zieht los! The Bridge!