TIP VOM HASE UND DORNEN IN DER NASE

„Sediert, Herr Mahler?“
„Sie sehen mich drogenfrei, Lippstadt-Budnikowski!“
„Ich meine die Wut, unlängst!“
„Ach sehen Sie, manchmal läßt ein Aufrechtgeher ein Nachrichtenblättchen auf einer der Bänke hier liegen und ich kann nicht umhin hineinzuschnuppern und – Peching! – so steigen die Buchstaben auf und hinein in die Nüstern und schwirbeln und tanzen im Hirn herum und führen zu kurzfristigen Turbulenzen und Verwirrtheiten. Dann muß man sich entwüten, sonst gibt es Bauchpoltern und chronisches Pöterjucken.“
„Können Bären unter Misanthropie leiden?“
„Es ist die Frage, ob man dies als ein Krankheitsbild bezeichnen mag.“
„Hören Sie, Bär. Hoppla und:
Mist! Antropia!
Wenn ein Bär den Mensch nicht mag
Ist dies sein Naturell
Liebt der Mensch den Mensch nicht
Ist er allein gar schnell.
Wenn der Bär den Mensch verehrt
Wird er sehr schnell zum Knut
Liebt ein Mensch den Mensch zu sehr
Tut ihm das auch nicht gut.
Steht die Rose in der Vase
Hat der Bär Bedenken
Blüht sie frei in der Natur
Dann frißt er sie.
Mit Dornen in der Nase.“
„Hübsch. Nur die häufige Verwendung des M-Wortes stört mich. Verbleiben wir beim Aufrechtgeher.“
„Was soll sich da schon drauf reimen? Und sonst?“
„So mag es regnen oder schnei’n!“
„Morgen sind Sie wieder ran!“
„Vorschlag?“
„Zehn Reime auf Aufrechtgeher!“
„Sie spinnen!“
„Habe ich nie bestritten!“
„Ich habe Hunger!“
„Ich habe Durst!“
„Ich habe Hunger!“
„Ich habe Durst!“
„Ich habe Hunger!“
„Ich habe Durst!“
„Ähem!“
„Irgendwas ist falsch, Mahler.“
„Genau! Bleiben wir Viech und tun es einfach! Mahlzeit!“
SCHIRME, HERRSCHAFTEN, ZEITEN, JAHRE

„Der Schirm, Herr Mahler!“
„Was ist mit dem Schirm, Herr von Lippstadt-Budnikowski?“
„Es ist nicht wirklich korrekt! Also heute!“
„Ja denken Sie, dies wäre mir nicht bewußt?“
„Nun, aber der Leser vielleicht!“
„Der..! Verzeihung! Ja denken Sie, nur weil der Herr Sommer meint, seine dürftige Bilanz mit ein oder zwei halbwegs erfreulich hellen und trockenen Tagen wieder ins Lot rücken zu können, klappe ich hier optisch den Schirm zu! Potzrembel und Waldfee!“
„Oho, der alte Wüterich bärt wieder! Reimt sich da was!“
„Kaum!“
„Bitte!“
„Wohlan!
Ein gereizter Magen ist dieses Land
Ein gereizter Magen ist dieses Land
Ein geiziges Zagen ist dieses Land
Und baut an seinem Tellerrand
Die alten Herrschaftszeiten
Auf und auf den Schirm
Klappt es und klappert sich
Gereizt und zagend
Wonnig klagend fett
Durch und durch
Und zu die Augen
Weitersaugen weitersaugen
Platzen Krägen und vielleicht
Die Ränzen auch
Denn nur der dicke Bauch
Nicht der Verstand
Hängt über den Tellerrand
Wohin kein Auge reicht
So mag es regnen
Oder schnei’n
Und nirgends Jahreszeiten.“
„Lieber Herr Mahler, da fällt mir was ein. Replikant quasi. Wenn ich mich zurückziehen darf? Morgen mehr!“
„Gerne! Ich wüte noch ein bißchen.“
„Die Aufrechtgeher sind ja auch wieder weltweit in großer Form!“
„Weia! Das kann man singen!“
„Schlafen Sie etwas! Ist besser!“
„Nun denn! Recht haben Sie wohl!“
„Gute Nacht!“
NACHDENKEN ÜBER HERRN GODOT, EIN BRIEFKASTEN UND EINE REPLIKANTATE

„Ich habe da einen Verdacht, lieber Lippstadt und Budni!“
„Oho!“
„Gestern, Tsching Tschang Tschong! Sie erinnern?“
„Vage!“
„Sie werden doch nicht absichtlich den Kürzeren gezogen haben?“
„Ich? Meine Ehre! Sie sehen mich…!“
„Ja gut, blind ist der Bär noch lange nicht! Aber ich bin vorbereitet!“
„Fein! Lasset hören, Mahlerius!“
„Wohlan!
Ich zurück vom Briefkasten
Einst schrieb ich einen langen Brief
Sand ihn an Herrn Godot
Ich schrieb ihm, käm er mal vorbei
Wär ich aufrichtig froh.
Das Schreiben war mir keine Müh’
Galant floß Tint’ und Feder
Der Zweifel hinter meiner Stirn
Schreibt an Godot nicht jeder?
Als ich den Brief zum Kasten trug
Ihn ordentlich frankiert
Da lähmte Angst mir Hand und Bein
Wenn die Post mir dies Schreiben verliert?
Im Kastenschlitz, den ich geöffnet
Ein Umschlag zitternd harrt
Ich trug das Schreiben wieder heim
Der Himmel rosazart.“
„Sie neigen dem Drama zu, Herr Mahler!“
„Wer tut das nicht?“
„Da fällt mir aber auch was ein! Ein Replikation!“
„Ran an den Speck!“
„Man ist Vegetarier. Genetisch, ohne rechte Überzeugung!“
„Her mit der Republik, Hase!“
„Hoppla und:
Replikantate
Godot das ist ein feiner Kerl
Er kommt nur nie vorbei
Und falls er mal gekommen wär’
Bin ich ihm einerlei.“
„Wahrlich unübel. Ich rieche Duette!“
„Und ich bin erschöpft!“
„Gute Nacht denn!“
„Bis morgen, Bär!“
„Ähem? Heißt das Ding nicht Replik?“
WENN DER REGEN MÜDE WIRD

„Los jetzt!“
„Also!“
„War Ihre Idee!“
„Na ja! Man ist zuweilen vorschnell!“
„Zu spät, Sie retten den Freund nicht mehr, Mahler!“
„Schiller!“
„Eine Ballade muß es heute noch nicht sein!“
„Welch weites Herz, Herr von Lippstadt-Budnikowski!“
„Voran! Ab hier keine Gnade!“
„Wohlan!
Wenn der Regen müde wird
Wenn’s naß wird unterm Regenschirm,
Dann fluchen sie und klingeln Sturm,
Doch Gott sitzt nicht in seinem Turm.
Er tritt grad aus,
hat keine Zeit nach Schuldigen zu suchen.
Sie müssen weiterfluchen.
Der Regen drauf von vorne schrägt,
näßt Aug’ und Stirn und pflegt
ein wenig doch den Teint.
Haltlosigkeit nun, Flüche.
Gott betritt die Küche,
den Tee sich zu bereiten.
Beizeiten? Ja, bezeiten!
Nun wird der Regen müde
Und manchem Schuldensucher fährt es in den Sinn:
Am schlimmsten regnet’s in ei’m drin.“
„Aha! Alle Wetter!“
„Eigentlich nur Regen!“
„Wie man’s nimmt!“
„Wer macht weiter?“
„Wir knobeln es aus!“
„In Ordnung!“
„Tsching! Tschang! Tschong!“
„Ha!“
„Bis morgen!“
PLÄNE PLANEN REGENSCHIRM POESIE

„Wo sind Sie?“
„Hier!“
„Unten?“
„Nee, nur tiefer, lieber Herr Mahler.“
„Da wären wir also wieder!“
„Pluralis majestatis?“
„Keine Angst, Herr von Lippstadt-Budnikowski, ich nehme Sie wahr!“
„Scherz gekontert, Bär. Ein Wort zum Regen?“
„Er fällt. Nehmen wir ihn nicht persönlich!“
„Doch einer etwas tieferen Entspannung steht er tropfenweise im Weg!“
„Gewißlich. Planen wir!“
„Reicht nicht der Regenschirm? Was machen Ihre Pläne?“
„Man vergißt!“
„Sogar Sie, Herr Mahler?“
„Was haben Sie gefragt, werter Lippstadt und von?“
„Was werden wir tun unter dem Schirm und über dem Buch?“
„Das Buch in Ehren halten, Feuchtigkeit von ihm abwenden und gelegentlich reimen!“
„Gedichte? Gejambe? Alexandriner? Allitterei?“
„Frei vor sich hin, reim mich oder Fresse!“
„Gegenstände? Ziele? Aufgaben?“
„Ooch!“
„Watt getz?“
„Nö!“
„Sie hatten aber von Projekten gesprochen, Herr Mahler! Hehres! Musentempel! Alas! Es gibt Erwartungen!“
„Das ist die generelle Crux! Außerdem: zu feucht!“
„Morgen soll die Sonne aber!“
„Zu spät, die alte Schlampe Helia!“
„So was liest man nicht gerne im Poesiealbum!“
„Genie, Herr Hase! Strike!“
„Hä?“
„Der Titel! Die Neue Idee! Der Name! Die Verpackung!“
„Auch wenn nichts reinkommt?“
„Verpackung rules the mob!“
„Nun gut! Und heißt wie getz dat Tütken!“
„PoesieSlambum!“
„Darf auch wat über den Meista innet Reimtütken!“
„Wenn gewünscht!“
„Das ergötzt mich!“
„Na dann!“
„Sie fangen aber damit an, Herr Mahler!“
„Da reut einen das große Maul! Bis morgen!“