Post aus Kibris / Im einstigen Akanthou

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- Posta restante für den Bären, falls er dann erwacht -

Merhaba Mahler!

Manchmal tut man ein paar Schritte und reist in untergegangene Zeit. Ich war den Berg hinter Tatlisu hinaufgelaufen. Von unten vom Dach aus, konnte ich sie sehen, die kleine orthodoxe Kirche, am Waldrand da oben. Ich stieg den Berg hinauf, begegnete einem Schäfer, die Lämmer schnupperten an mir und mähten mich an und dann stand ich plötzlich in Akanthou. Bis Mitte der Siebziger Jahre hieß Tatlisu noch Akanthou. Das ist griechisch. Damals explodierte der Jahrzehnte lang schwelende Konflikt. Im Süden lynchten sie die Türken, im Norden marschierte Ankara ein, man vertrieb die Griechen, besetzte ihre Häuser und schändete ihre Kirchen und Friedhöfe. Auch wenn ich nicht Tag und Nacht fromme Blicke nach oben schicke, aber in einer geschändeten Kirche zu stehen: sehr seltsam. Ich mußte beten. Tatlisu heißt übersetzt: süßes Wasser. Doch manche Träne und die Zitronen auf Zypern aka Kibris bleiben immer noch – wie es einst Lawrence Durrell beschrieb – bitter, gelegentlich sogar sehr bitter. Ich stieg hinab und wieder sang der Muezzin. Fünfmal am Tag tut er dies, das Gebet echoet von den Bergen und ich hielt jedes Mal inne und dachte darüber nach, was ich gerade tat. Diesmal atmete ich schwerer als sonst. Weia die Welt! Bis morgen grüßt Sie

Ihr trotzdem hocherfreuter Lippstadt – Budnikowski

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Autor: Christian Lugerth
Datum: Samstag, 31. März 2012 13:08
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