Beiträge vom 2. Mai 2012

Beim Sprechen über EIN Früher stellt man fest, daß es DAS Früher niemals gab, auch hier nicht!

Mittwoch, 2. Mai 2012 23:49

hecker10

(Letzte Nacht wurde auf dem Balkon getanzt, auf den man jetzt blickt. Keiner erinnert sich. Niemand hat etwas gesehen. Der Wind ist wieder kühler. Es ist ruhiger geworden in den Straßen.)

„Wollen wir über die Erinnerung sprechen, Mahler?“

„Ach so… ja. Können Sie gerne.“

„Wir, hatte ich gesagt!“

„Wenn Sie wollen, ich habe keine!“

„Wie?“

„Erinnerung!“

„Aber der Balkon, Mahler!“

„Lippstadt – Budnikowski, es gibt ihn, sonst könnten wir ihn nicht sehen oder würden bei jedem weiteren Schritt hinaus in die milde, nun wieder kühlere Luft hinaus, fallen. Hinab. Das könnte schmerzen!“

„Natürlich ist da ein Balkon, doch: warum sind wir hier?“

„Weil wir davor woanders waren!“

„Früher?“

„Wann genau?“

„Früher eben!“

„Früher ist Nägel in Gelee hämmern! Mentaler Wackelpudding!“

„Mein Früher, Dein Früher, unser Früher?“

„Ein jeder backe sich sein Früher selber!“

„Aber, Mahler und Bär, erinnern Sie sich, diesen Balkon schon mal gesehen, betreten oder sonst irgendwie zu haben?“

„Und selbst wenn ja, dann nein!“

„Das bedeutet, wir bleiben sitzen, bis der Balkon zu uns kommt?“

„Quatsch!“

„Sie sind mir ja einer!“

„Morgen gehen wir schauen!“

„Vom Balkon runter?“

„Nein, auf den Balkon drauf.“

„Und erinnern Sie sich dann?“

„Möglich!“

„Und sind wir noch auf der Flucht?“

„Wahrscheinlich bleiben wir dies bis an unser Lebensende.“

„Und wann ist das?“

„Noch so eine Frage, Herr von Lippstadt – Budnikowski und ich sehe mich gezwungen, zu einer Antwort zu greifen, die Sie so nicht hören mögen!“

„Dann schaue ich so lange mal raus. Auf den Balkon!“

„Wann ist das Pokalfinale noch mal genau?“

„Hab ich vergessen, Bär!“

„Nicht schlecht, Hase!“

(Justamente in dem Moment, wo dieses kleine Gespräch an – emotionaler – Fahrt gewinnt, zuckt ein dramatischer Blitz über den Nachthimmel. Warmluft trifft Kaltluft. Höchste Zeit nach oben zu blicken.)

Thema: Zweitausendzwölf | Kommentare deaktiviert | Autor: Christian Lugerth