Archibald Mahler kehrt heim / Leere / Gespräch
Archibald Mahler war wieder zu Hause. Leise, sehr leise zog er die Türe hinter sich ins Schloß. Dies war eine alte Gewohnheit. Gelegentlich – wenn er über diese Gewohnheit nachsann, meist in dem Moment da die Klinke seine Tatze verließ – schien ihm, er wolle mit einer möglichst geräuschlosen Rückkehr den Eindruck erwecken, niemals weg gewesen zu sein. Darin glich er den meisten Reisenden, die, so gerne sie einem ihnen allzu engen und langweiligen Zuhause entflohen, doch gleichzeitig ordentlich vermisst werden wollten, andererseits es aber nicht mochten, wenn auf Grund ihrer Rückkehr ein lautes und allzu körperliches Gewese stattfand. Aber so überhaupt keine Reaktion wie in den jetzt immerhin schon zehn Minuten, die Mahler im Flur stand und in die erbarmungslose Stille der restlichen Wohnung hinein lauschte in der Hoffnung ein kleines, kleinstes, ein „Da bist Du ja wieder!“ zu vernehmen, so hatte der heimgereiste Bär auch nicht gewettet. Dies schien ihm eine erstaunliche und absolut neue Erfahrung zu sein. Er räusperte sich. „Herr Budnikowski?“ Nichts. Draußen prasselte der Regen gegen die Fensterscheiben. Mahler beglückwünschte sich zu seinem Entschluß seinen Guck – und Denkposten an der Lahn verlassen zu haben. Sonst nur die große Stille. „Aha! Das meinen die Aufrechtgeher mit Falschgeld.“ Er verlagerte sein Gewicht von der rechten auf die linke Tatze. Langsam, ohne zu zürnen. „Wären Sie hier, Herr von und zu Lippstadt – Budnikowski?“ Vernahm er ein Rascheln? Aus der Küche? Von oben? Budnikowski saß auf einem Küchenschrank. Man sah ihn kaum, vernahm nur ein Wispern. „Mahler! Schön festhalten.“ Der Hase ließ einen seiner langen Löffel herab von seinem begrünten Ausguck und zog unter Aufbietung aller Kraft seiner Nackenmuskulatur den Bären zu sich hoch in luftige Küchenhöhe. Nach geraumer Zeit fand der Bär erste Worte, im Ausdruck eher erstaunt.
„Was machen Sie hier oben, Herr Budnikowski?“
„Ich benötigte Erholung nach den österlichen Erledigungen.“
„Und sonst?“
„Es erfrischt, von oben auf die Leere hinabzublicken! Und man wird nicht gesehen!“
„Ähem, ich wäre jetzt wieder da!“
„Ihre Abwesenheit ließ mich nicht erblinden, bester Mahler!“
„Und wer ist das bitte?“
„Mir war nicht nach Einsamkeit! Aber keine Angst, sie redet nicht!“
„Sicher?“
„Bist jetzt jedenfalls. Auch ich habe geschwiegen.“
„Ähem, ich hätte da… also der Grund meiner Heimkehr… da wäre ein Bitte…“
„Ich sehe, der Bär ist wieder im Zweifel!“
„Na ja! Also… könnten Sie vielleicht…?“
„Kann das bis morgen warten?“
„Übermorgen ist auch gut! Hat sie einen Namen?“
(Fortsetzung folgt)