Kleines Abbes Bein III / Die letzte Tasse Kaffee?

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Vor uns, auf dem ungeordneten Schreibtisch, liegt der gewissenhaft verschnürte Schuhkarton. Von Nagetieren (Insekten?) angefressene Kanten, Kaffeeflecken, fiebrige Kritzeleien. Auf dem ausgebleichten Deckel unten rechts eine Inschrift:

„Hier die Aufzeichnungen des Westmannes Old Schmetterpfote über seine Reisen in die Täler und an die Ränder, der Nachwelt zur verantwortungsvollen Verwendung.“

Vorsichtig öffnen wir die unzähligen Knoten, glätten die Schuhbänder, rollen sie auf. Das Heiligtum entblößt seinen Schatz. Dicht beschriebene, aus einer Kladde gerissenen Zettel. Beschrieben auf Vorder – und Rückseite, die Ränder gefüllt mit Bemerkungen, Zeichen, Pfeilen. Servietten, Saloonrechnungen, Bierfilze, Etiketten, Buchseiten. Bemalt, beschrieben, bekrakelt. Zeitungsauschnitte, fein säuberlich herausgeschnitten teils, hastig herausgerissen ebenso. The Tinseltown Times. El Paso Journal.  Le Mescalero Dimanche. Prairie Today.  Daily Mail of Roswell. Vergilbte Photographien, viele befleckt. Regentropfen? Tränen? Feuerwasser? Immer wieder ein kleiner, wacker in die Wälder und Täler blickender Bär und sein Begleiter, ein recht ordentlich vergilbter Hase. Eine Notiz fällt sofort ins Auge, fällt aus dem Rahmen. Ein Stück Bisonleder, eingeritzt eine hastige Nachricht. Mit einem angekokelten Stück Holz? Getrocknetem Schlamm? Gar Blut?

„Wir happen das Heilischtum erreicht. Unheimelige Stille. ER ist da. Der Häuptling der Kamschakas hat krose Schmerrzen. Das Bein schreit pei jetem Shcritt auf. Operation villeich schlecht. Der Tach vill nich mehr hell sein. Ich kann iHN richen, den Hun… Manitu, Großer .. Steh uns pei! — HIlfe! Klein Ab Bein heißt mich schwaige ..  Nein!“

Dann in einer neuen Schrift:

„atlantapam songo manituam eti. hugh!“

Und jene Photographie, die unsere Herzen rührt. Im Staub liegen die zwei Helden, deren Reise ins Tal wir verfolgen durften, deren ganze Geschichte jedoch noch im Dunkeln liegt. Spuren wurden gefunden, gelesen sind sie noch nicht. Ist dies das Ende? Wird die Geschichte fortgeschrieben? Oder ist sie schon dahin? Eine letzte Tasse Kaffee rinnt die beklommene Kehle hinab. Doch wir werden sie zu finden wissen. Westmänner sterben nicht, solange wir es nicht zulassen.

(Fortsetzung schläft noch)

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PS: Beim Schließen und Wiederverschnüren des Kartons fällt auf, daß der Deckel von innen beschrieben ist! Dem Leser hier zur verantwortungsvollen Verfügung.

Wir treiben auf dem wüsten Meer,

vergessen ist das Land.

Da fliegt ein Vogel auf das Schiff,

ist bunt und unbekannt.

Er singt von Inseln im Sonnenwind,

von wilden Bächen, von Honig und Wein,

von Ländern aus dem Sternenhimmel,

das muss Osti

Hier bricht der Text ab, einer in anderer Schrift beginnt.

Wo bin ich, bin ich in Liebe, wo bin ich, bin ich schon da?

Wo bin ich, bin ich auf Sternen, wann bin ich, bin ich schon da?

…..

Der Rest ist unleserlich. Noch.

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Autor: Christian Lugerth
Datum: Samstag, 15. August 2015 10:37
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