Anleihen. Ansinnen. Anleid(t)ungen. Zwei.

2018_03

Den Plan machen, keine Pläne zu erstellen

Der Wind pfiff. Kalt, waagrecht, klar, atemlos, schneidend. Den zwei Reisenden schien es, als würfe ein schlechtgelaunter Wetterkoch ohne Unterlaß seine Lieblingsmesser nach ihnen. Es roch nach Schnee. Und nach Salz. Nach Schlick. Die Möwen schwiegen und gingen zu Fuß. Eine Bärennase reckte sich nach oben. Man hatte unter Mühe und Geschnaufe den alten Güterwaggon erklettert und sich einen – in Maßen – komfortablen Sitzplatz ergattert. Da war ein Gleis, aber wo stand der Bahnhof? Ein zartes Gefühl von Abgestelltseins schlich sich in die Herzen der sehenden Passagiere, doch der unermüdliche Luftbeweger blies Bewegung in die Hirne. Fuhr man schon oder bewegte sich nur die Welt drumrum?

„Das Jahr beginnt bewegt. Ist es nicht, Herr Mahler?“

„Wie man’s nimmt. Diesem Waggon fehlt noch die Lokomotive.“

„Dreht die Welt sich eigentlicher schneller, wenn es so pfeift?“

„Man könnte es meinen, lieber Herr Budnikowski. Der Ohrenabrieb ist ein gewaltiger!“

„Ihre Nase hebt sich verdächtig. Wohin riechen Sie?“

„Die geliebte See, sie scheint mir nicht allzu fern!“

„Meine Löffel sind gespitzt doch unter dem Rauschen des Windes vernehme ich kein zweites Rauschen denn meine noch winterlich müden Gedanken. Nebenbei, mir ist nach Nahrung!“

„Lassen Sie sich nicht bremsen! Ich justiere derweilen meinen Kompaß.“

„Können Sie, Freund Mahler, riechen, was dies Jahr auf uns zuweht?“

„Ach, da ich kein Aufrechtgeher, ist die Zukunft mir schnuppe. Lassen sie uns Augenblicke sammeln und gelegentlich danach schnuppern, wo wir herkommen. Das was da über bleibt, ist belastbarer!“

„Nun denn, so verspeise ich meine Winterschlafbegleitmöhre. Soll ja gut für die Augen sein.“

„Sehen Sie!“

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(text / fotos: christian lugerth)

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Autor: Christian Lugerth
Datum: Mittwoch, 21. Februar 2018 16:40
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