Und was könnte besser sein? Bären schlafen, Hasen hüpfen an so’nem Abend in Frieden / 8

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Wie soll man da schlafen? Wie soll man schlafen in einer Welt unter dem Diktat des Aufrechtgehers? Wie soll man da schlafen? Wie soll man schlafen, wenn das fortgeschrittene Alter den Schlaf mit ständigen Wachphasen durchschießt wie ein altes Fischernetz? Wie soll man da schlafen? Wie soll man schlafen, wenn die Stürme nachts an den Dachpfannen rütteln und es über deinem Bett rumpelt und trommelt, als sei Keith Moon wieder von den Toten auferstanden? Wie soll man da schlafen? Wie soll man schlafen, wenn der Freund und Gefährte, wie er dies gerne tut, sich mal wieder eine Zweitidentität zugelegt hat, in diesem Fall die des Skisprungkünstlers Karle G.? Wie soll man da schlafen? Wie soll man schlafen, wenn dann auch noch unter dem Bett (Glaubt der Budnikowski denn dann merkt man es nicht? Gruß Der Säzzer) wilde Siegesfeiern abgehalten werden, eben weil der Karle wieder so weit geflogen ist? Wie soll man da schlafen? Wie soll man schlafen, wenn draußen einerseits eine so noch nicht erlebte gespenstische Ruhe herrscht, die jedoch spürbar von hektischem und ungeduldigem Gemurre und Gepolter durchwoben ist? Wie soll man da schlafen?

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Tja, eigentlich schlief er trotzdem ganz gut der Archibald Mahler, der wackere Bär vom Brandplatz, wohnhaft in der kleinen häßlichen Stadt in Mittelhessen. Die Verdrängungsmechanismen funktionierten diesen Winter vor allem im Schlaf ganz vorzüglich. Was eindringt in die Winterruhe wird flugs zu Träumen umgemodelt und die läßt man dann am langen Bewußtseinsarm verhungern und dreht sich nochmal um. Und die Wellen schlagen regelmäßig ans Ufer und wiegen dich wieder in den Schlaf. Wäre da nicht die innere Uhr, die selbst wenn der Aufrechtgeher sich nicht zwischen dem meteorologischen und dem astrologischen Lenzbeginn entscheiden kann, dieser Döösbaddel, den Bären an der Kandare hält. Nicht so einfach das alles dieser Tage. Und dann noch diese dämliche Zeitumstellerei. Verschlimmbesserung, Dein Name ist Homo sapiens.

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Der letzte Traum jedoch war eine emotionale Gratwanderung. Es war einer der Träume, wo sich der Träumer ganz sicher ist, schon längst erwacht zu sein. So saß der Bär am Waldrand und blickte einen Abhang hinab, sah in der Ferne einen See und Fliegen summten und Bienen brummten an einem warmen Frühlingsabend in Frieden, als ihn eine eiskalte Bö die Decke über die Nase ziehen ließ und er zurückkehrte in den Schlaf, denn das war die Realität: eiskalte Winde vor dem geschlossenen Fenster und alle Lenze noch fern. Also sprach zu ihm der Ehrenwerte Ernst Albert. Und diese Worte drangen klar und ohne Verlust in seinen aufnahmebereiten Kopp: „Drehe Dich nochmal um. Eine Woche hast Du noch Zeit. Mindestens. Laß erstmal Ostern ins Land ziehen. Dann sehen wir weiter! Schönen Traum noch!“

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Derweilen pfiff Budnikowski ein Lied. Ganz leise nur. Er wachste seine Holzlatten. Und flog davon.

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Autor: Christian Lugerth
Datum: Montag, 15. März 2021 10:56
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