Beitrags-Archiv für die Kategory 'Archibalds Geschichte'

Mr. A. Mahler träumt tageweise ins Buch / eins

Montag, 13. Januar 2014 21:29

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„Sprießt im Januar dat Kraut, ist dat Frühjahr längst versaut.“ Ein elektrisches Küchenmesser, welches sonst dazu dient Entenschenkel vom Leib zu trennen, öffnet Mahlers Abdomen. Behende, grünlackierte Fingernägel schieben vorsichtig Innereien nach rechts, nach links. Mahler ist sich unschlüssig auf welcher seiner zwei Seiten er weiterschlafen möge. Der Traum nimmt Gestalt an und schlägt dem Bären die Fernbedienung aus der Tatze. Eine Art von Motor – noch Märklin – Baukasten oder schon Fischer – Technik? – beginnt im Mahler zu rotieren. Zahnrad reibt an Zahnrad und fordert stete Bewegung. Wer war der Chirurgin? Schwarze Locken und halbblinde Augen blicken den Archibald an und – mir nichts Dir (Wer bist DU?) nichts – hängt er in einer Art Rollo, zwischen Lamellen und der eben eingepflanzte innere Motor zwingt ihn zu einer Art hölzerner marionettenhafter Choreographie. Die tanzende Puppe aus Fellinis „Casanova“? Die trommelnden drei Affen vor dem Spielwarengeschäft op d’r Vringsstroß zu Kölle? Ein Duracellbär? Die Umstehenden lachen, weil der Bärentanz sie amüsiert. Mahler aber hängt in seinem Vorhang und neigt sich vorwärts, seitwärts, rückwärts, grinsiert und spricht seltsame Worte: „Sprießt im Januar dat Kraut, ist dat Frühjahr längst versaut.“ Wahrscheinlich rezitiert er anderes, aber der Traum, der Traum. Eine geballte Faust schlägt ihm ins Kreuz, das feucht vom Schweiß und starr, schieb ihn nach vorne, da ist ein Bildschirm, er schaut sich an und zu und unter seinen Tatzen wächst ein Rednerpult und dies ist nicht der Platz, den Mahler jemals anstrebte. Ein Bildschirm seiner selbst vor dem schlaftrunkenem Auge? Doch wehre Dich gegen einen Traum im Januar, der ansonsten kalt und regungslos vorbeizieht an den Traumlosen und unbemerkt zerfriert. Aus trock’nem Rachen schiebt sich ein Bärensatz: „Aufrechtgeher keine Instrumente als die Beine wenn Du Dich fortbewegen magst Du bist noch nicht so weit machst Du aus der Welt einen Parkplatz lacht sie Dich aus Bleib bequem Särge sind billiger geworden zieh in den Krieg Dein Kind versorgen wir Hörst DU Sie rufen wieder Höre weg.“ Kleine zipfelbemützte, weißbehemdete, stimmbruchkieksende Buben preisen die Zeitung des nächsten Tages an: „Express, Stadtanzeiger, Express, Stadtanzeiger! Winterschlaf soll abgeschafft werden! Archibald Mahler zum Bären des Jahres gewählt! Express, Stadtanzeiger, Express, Stadtanzeiger!“ „Gib dem Juppes doch mal ein Bierchen!“ „Sicher dat!“ Archibald Mahler führt seine rechte Tatze ganz langsam an die linke Seite seiner Stirn. Et Fränzche zappt noch ens.

Thema: Archibalds Geschichte, Traumtagebuch | Kommentare deaktiviert | Autor: Christian Lugerth

Ein Monat belanglos’ Geschwätz / Twelfth Nite

Samstag, 28. Dezember 2013 18:08

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Budnikowski war sich nicht mehr sicher, ob er eingeschlafen war, weil Mahler nicht mehr redete oder ob Mahler eingeschlafen war und Budnikowski deshalb auf dem Sofa Platz genommen hatte, um noch einen letzten Jahresrückblick zu lesen, zu betrachten oder gar zu verfassen? Nein, so etwas tut man nicht! Nein! Und nochmals nein! Mahler wiederum ist sich sowieso nie sicher, wo ein Traum endet und warum. Wer schneller einschläft, wacht schneller auf! Das ist nicht immer lustig, wenn sogar der Winterschlaf eines Bären von der senilen Bettflucht attackiert wird und eine nachtwache Wut das Hirn und den Leib attackiert. Budnikowski war bis vor gar nicht langer Zeit kein Anhänger des Winterschlafes gewesen, doch heute Abend oder gestern mittag oder morgen früh war ihm, als wäre er in einen unfaßbaren Tiefschlaf versunken und mutmaßte derweil, nicht mehr auf dieser Welt zu sein. Aber wo war Mahler und wer spricht gerade mit Budnikowski? Solange Mahler mit ihm spricht, ist er dieser Welt habhaft, der Kuno Budnikowski. Dies war ihm Gewißheit. Bis heuer. Dem Archibald Mahler wiederum ist plötzliche Abwesenheit kein Fremdwort. Er liebt es ohne Ankündigung seinen Hut vom Kleiderständer zu nehmen. „Entschuldigung, leider kann ich heute nicht bei Dir sein. So ist es.“ Budnikowski begreift, daß man sich für Tatsachen nicht zu entschuldigen braucht. Das Wort leider kann man streichen. Wenn die Titanic untergehen will, muß sie nicht den Eisberg um Erlaubnis fragen. Mahler schläft unruhig. Sein einst abbes und wieder angenähtes Bein zuckt und löst sich vom restlichen Körper und beginnt zu tanzen. Alleine. Die aufgerissenen Nähte bummern offen und schauen dem tanzenden Glied zu. Welchen Tanz tanzt ein einsames Bein? Mahler schlägt in seinem Traumtagebuch nach. Einen solchen Traum hatte er noch nie notiert. Potzrembel! Er hatte noch nie einen Traum in seinem Traumtagebuch notiert. „Das ist dumm von Dir!“ Mahler war, als spräche Budnikowski zu ihm. Aber schläft der nicht? Budnikowski wirft sich von der einen Seite auf die andere. Mahler schnarcht verstimmt. Alle Insomnia braucht Ruhe an ihrer fiebrigen Seite. Dann verhakeln sich zwei Pfoten ineinander. Der Schlaf wird leichter. Man verläßt ein Jahr vor der Zeit. Budnikowski ist sich nicht sicher, ob Mahler schon eingeschlafen ist. Vor dem Schrei des Schmetterlings. Keine Musik mehr. Atmen noch. Und weiter. Und weg. Mahler war sich nicht mehr sicher, ob er eingeschlafen war, weil Budnikowski nicht mehr redete oder ob Budnikowski eingeschlafen war und Herr Mahler deshalb auf dem Sofa Platz genommen hatte…

Thema: Archibalds Geschichte | Kommentare deaktiviert | Autor: Christian Lugerth

Heute 600zwo und morgen weiter mit Dichtung

Samstag, 27. April 2013 17:52

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Der Vollmond hatte kalte Luft vor Mahlers Pranken geschaufelt, da schweigt man noch ein fröstelndes Ründchen in die Nacht hinein. Morgens trotzdem wird es heller als ehedem und die Vögel zirpen, feuchtes Gefieder schlägt Tropfen an die Fensterscheiben. Ein letztes Mal hilft Samuel B. über den Fluß der Wortlosigkeit:

Da tagte es

Lös ein das ausgetauschte Lebwohlsagen

das Linnen entrollt in deiner Hand

mehr hast du nicht übrig fürs Land

und das Glas über deinen Augen unbeschlagen

Mahler denkt darüber nach, ob der Verzicht auf Sehhilfen Vor- oder Nachteile hat.

Thema: Anregende Buchstaben, Archibalds Geschichte | Kommentare deaktiviert | Autor: Christian Lugerth

Heute: nach 600mal A. Mahler nun die 600eins

Freitag, 26. April 2013 17:44

DW37

600mal reden statt zu schweigen, wenn bär Welt guckte und der ehrenwerte Herr A. Mahler dankt so heute dem Lippstadt – Budnikowski, Ernst Albert, der immer noch besten aller Frau Pelagias, allen Lesern und vor allem sich selbst, weil wenn man was ertragen muß bis ans Ende der Tage, dann ist es einer selbst. Draußen regnet froher Regen auf trockenfrisches Gras, in Mahler Samuel Beckett again tröpfelt zum Jubiläum, das schon wieder entrauscht ist seit Tagen, die nie waren.

Musik der Gleichgültigkeit

Herz Zeit Luft Feuer Sand

Der Ruhe Einsturz der Lieben

Übertöne ihre Stimmen damit

Ich mich nicht mehr

Schweigen höre

Archibald Mahler denkt so nach über den Unterschied zwischen Silber und Gold.

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Dem Jahr Zwozwölf zum Abschied, auch wenn Auge und Hirn und Kreislauf schon entfleucht

Samstag, 17. November 2012 16:19

winterschlaf

Drei Jahre und fünfhundertfünfundfünfzigmal Weltschau lassen selbst den stärksten Bären intensiver altern. Der Schlaf wird brüchiger, transparenter, nestwarmes Durchschlafen ist nur noch eine Erinnerung an längst vergangene Tage der Unschuld. Der Körper beugt sich dem Diktat der Sorgen und Denkkurven und Weltgifte und Orthopädien. Manche wache Stunde dräut dem unschuldigen Schläfer. Man muß vorsorgen. Lektüre, Vitamine, pflanzliches Fett und Eiweiß und Notbeleuchtung. Archibald Mahler, sicher nach Mittelhessen zurückgekehrter Bär vom Brandplatz, hat sich entschieden diesen Winter über die Gedanken und gedruckten Worte anderer seine Höhle sein zu lassen. Erste und bunte Träume durchrauschen den Bären. Stören wir also nicht weiter. Schlaf er gut! Bis die Tage!

sun is red / moon is cracked / daddy’s never coming back / nothing’s ever yours to keep / close your eyes, go to sleep / if I die before you wake / don’t you cry, don’t you weep / nothing’s ever as it seems / climb the ladder to you dreams / if I die before you wake / don’t you cry, don’t you weep / nothing’s ever yours to keep / close your eyes, go to sleep.

Die Sonne versinkt. Rot. Der Mond zerspringt. Vater ist tot. Nichts ist, was Du je behalten darfst. Schließ die Augen, bitte schlaf. Sterbe ich in dieser Nacht, weine nicht, hab auf Dich acht. Nichts ist, wie es jemals war, wenn Du träumst, dann träume klar. Sterbe ich in dieser Nacht, weine nicht, hab auf Dich acht. Nichts ist’s, was Du kannst behalten. Schließ die Augen und Hände falten.

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Archibald Mahler weiterhin am See und doch in Mittelhessen (Autobiographisches Hirnen Sechs)

Donnerstag, 25. Oktober 2012 18:00

steg2

Natürlich hat der Budnikowski mal wieder recht. Weg hier, nur weg. Leiblich und mental. Keine Fragen mehr stellen. Was hätten sie auch geantwortet, der Doktor und das Fräulein? „Wir sind nicht dazu bestellt Ihnen das zu sagen. Gehen Sie in Ihr Zimmer und warten Sie. Das Verfahren ist nun einmal eingeleitet, und Sie werden alles zur richtigen Zeit erfahren.“ Vielleicht geht es so. Keine Fragen mehr stellen, sondern warten bis dir jemand eine Frage stellt. Archibald Mahler vermeint einen Hauch von Bewegung festzustellen, an der Oberfläche des Aspikbodensees. Er verspürt wenig Lust, nun da er sich auf den Weg nach Prag gemacht hat, um sich mit Herrn Budnikowski am Grabe des Ehrenwerten Herrn Kafka zu treffen, sich noch einmal umzudrehen. Zu spät. Nein, heute fühlt er sich seit langem mal wieder richtig beieinander. Fast als seien er und er selbst und seine restlichen Varianten ein einziges Ich. Ich bin einer, so einer wie ich bin. Nicht schlecht dieses Lied. Als am Steg ein Boot anlegte, um den Bären abzuholen, war dieser schon längst unterwegs. Kein schöner Oktober dieses Jahr. Aber viel begriffen, selbst wenn es nicht zu begreifen ist.

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Archibald Mahler weiterhin am See und doch in Mittelhessen (Autobiographisches Hirnen Fünf)

Mittwoch, 24. Oktober 2012 15:26

brandplatz8

In zwei Monaten ist die Heilige Nacht. „Vielleicht sollte ich schon mal in den Keller, das Lametta suchen, um es dann aufzubügeln.“ Ein Gedanke, den Herr Mahler sogleich verwirft. Winterschlaf, oh Du Retter vor aller Versuchung in dieser Richtung. Weiter geht es im Kopp des Bären. Nehmen wir mal an, das Bein bleibt dran und der Nagel rostet nicht, das Heimatbild bleibt demnach hängen an morscher Wand. Aber wer ist es, der nun betrachtet dieses Bild? Derjenige, der jener seiner möchte, der er war als dies Bild gemalt, geschossen, genommen, vielleicht gar sein will Bestandteil des (noch) hängenden Bildes? Ein sich den Pöter kratzender Fremder, dem das Bild keine Geschichte mehr erzählt, seine Netzhaut ihn unbeteiligt hinterläßt, dessen Haupt sich ratlos schüttelt, so feste er auch hinschauen mag? Und was sieht das Bild, schaute es zurück? Traurige Sehnsucht? Projektion und Bitte um Erlösung? Oder ruf das Bild gar: „Hau ab, Verräter! Flüchtling! Glotz den neuen Stadtplan an.“? Als Archibald Mahler sich einst am Brandplatz Archibald Mahler taufte – man weiß es nicht, aber man munkelt, dies sei eine der ersten Selbsttaufungen in Mittelhessen gewesen – war eines gewiß: da ist wieder ein Bein am Bären dran. Aber ist es tatsächlich jenes, welches ihm einst in einem Akt beispiellos sinnloser Gewalt vom Restleib gerissen? Weia, was alles an einem Wesen dran klebt, dran geklebt wurde im Laufe eines Lebens. Frage: Gehört das zu mir? Bin ich es gar? Oder kann das weg? Was ist Kunst? Heute lichten sich die Nebel nicht mehr. „Jemand muß Archibald M. verleumdet haben, denn ohne daß er etwas Böses getan hatte, wurde er eines Sonntagnachts …“ Archibald Mahler blickt in Richtung Aspikbodensee. Er kann ihn nicht mehr sehen. Zeit zu gehen? Wer oder was spricht da in seinem Kopf? „Jemand muß Archibald M. verleumdet haben, denn ohne daß er etwas Böses getan hatte, wurde er eines Sonntagnachts seiner Heimat verwiesen.“

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Archibald Mahler weiterhin am See und doch in Mittelhessen (Autobiographisches Hirnen Vier)

Dienstag, 23. Oktober 2012 17:53

brandplatz6

Gibt es so etwas wie ein Recht auf Rückfahrkarte? Oder Wiedergutmachung? Oder Heimkehr? Oder ein Recht auf unbegrenzte Reservierung von Räumen, Zimmern oder Herzen, die man einmal verlassen oder verstoßen oder verflucht oder gekündigt hat? Gut, seinem abben Bein hatte er ja nicht gekündigt, dachte Archibald Mahler, wie er so die Kreideumrisse des einst fehlenden Teiles betrachtete. Es ist wieder dran am restlichen Mahler und dies ganz ohne Abstoßungsreaktionen. Da hat man aus dem Spital namens Welt schon ganz anderes pfeifen hören. Die Narbe und die Nähte sie stören nicht weiter, aber sie sind da. Das Bein ist zurückgekehrt, aber an windigen Tagen: der Bär spürt es, als sei es ihm ein Fremdbein. Dem Bein ist daraus kein Vorwurf zu basteln und der Bär bettelt hiermit auch nicht um eine Prothese, doch Heimat ist keine Konstante und der dümmste Aufrechtgehersatz aller Seiten ist und bleibt: „Laß uns alles vergessen, was vorher war.“ Und danach vom Leben “wie früher” träumen. Weia! Gewiß, manchmal ist es tröstlich Bilder eines – in der Rückschau – beglückenden “Früher” an die Wand zu nageln. Doch wenn der Nagel rostet und bricht? Auch dies geschieht. Darf man so etwas ein schönes Lied nennen? Mahler tut es einfach. Ob er morgen mal den Aspikbodensee an eine mittelhessische Wand nageln soll?

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Archibald Mahler weiterhin am See und doch in Mittelhessen (Autobiographisches Hirnen Drei)

Montag, 22. Oktober 2012 19:30

brandplatz3

Die Schwermut. Ja, die Schwermut. Noch ein schönes Lied. Trotz der Schwere und der Mutlosigkeit, die damit verbunden gelegentlich. Die Schwermut ist der Bleigürtel des Nachsinnens. Beim Hinabtauchen in die Tiefen der Geschichten und Gedanken leistet sie wesentlichen Dienst. Ohne Schwermut werden die Tiefen nicht erreicht. Gewiß, kalt ist es da unten in den Tiefen, garstig und das Licht schwindet mit jedem Meter an Höhenverlust aka Tiefengewinn. Es geht nicht darum Rekorde aufzustellen. Nicht nach unten hin, nicht nach oben hin. Hoch muß, Runter muß auch. Denn genauso notwendig wie das Erschrecken beim Blick in die Tiefe: das Auftauchen aus der Tiefe, die Annäherungen ans Oben, die Rückkehr zum Licht, das Ahnen des Lichtes erst, die Ungeduld und oben dann das Wissen, nachdem du die Oberfläche von unten her durchdrungen: es ist alles noch da. Luft. Sonne. Oben. Eine gewisse Zeit lang. Dann muß man wieder runter. Als wäre man ein Grindwal. Archibald Mahler erinnert sich, wie er einst im März vor drei Jahren auf die beinlose Skizze seines Selbst starrte und nicht begreifen wollte und konnte, wer ihm da sein Bein vom Bärenleib gerissen hatte. Warum, Potzrembel die Waldfee? Gibt es da überhaupt etwas zu verstehen? Wohl kaum, im besten Falle wäre da eine Vermutung, die bedenkenswert ist. Der Großteil der Aufrechtgeher erträgt seinen eigenen Schmerz wohl nur dann, wenn er einem anderen seinen Schmerz zufügen kann. Schön doof. Fördert der Aspikbodensee diese Eigenart? Wohl kaum. Täte der Bär dies denken tun, wäre er schon in die Falle getappt. Immer noch verflucht warm. Der Winterschlaf muß warten.

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Archibald Mahler weiterhin am See und doch in Mittelhessen (Autobiographisches Hirnen Zwei)

Sonntag, 21. Oktober 2012 14:39

brandplatz4

Manchmal wird man seiner selbst ansichtig. Auch wenn es nur eine Skizze ist, ein Entwurf oder eben ein paar hastig hingeworfene Kreidestriche. Das ist etwas anderes, als in den Spiegel zu schauen. Man ist nicht das, was das eifrige oder zittrige Ego aus dem eigenen Spiegelbild macht. Ich bin das Gesicht, das andere an mir sehen. Sichte das Gesicht! Auch wieder ein schönes Lied. Damals, im März vor drei Jahren, saß der damals noch namenlose Bär am Brandplatz zu Gießen vor einer Skizze. Etwas bärenähnlich Beinloses hingekrakelt auf ein Mäuerchen. Alte Geschichten, kodiert lagen sie vor seiner Nase. Alte Geschichten erzählen meist von Verlust, selten von Gewinn. Um den Gewinn ein Mäuerchen des Schweigens. (Wer gescheit!) Von dem Verlust eine Erzählung ohne Lüge und mit offenem Visier und freundlichem Gesicht. (Wer nicht auf der Flucht!) Und du schaust und schaust in den Spiegel und auf die Skizzen, Striche und die verworfenen Entwürfe und immer fehlt etwas. Und wenn das, was gerade noch fehlte, plötzlich wieder da ist, fehlt etwas anderes. Oder schon wieder und zurück. Der im März vor drei Jahren noch namenlose Bär hatte einen Verlust überlebt. Und wollte wieder wer sein. Das ist ihm gelungen. Warum sitzt er dann an den Ufern des Aspikbodensees und leidet unter Seelenschüttelfrost? Weil, eben weil! Weia, ist das warm heute. Wärme kann man aber auf und in Sepiagedanken nicht spüren!

Thema: Archibalds Geschichte, Im Heckerland | Kommentare deaktiviert | Autor: Christian Lugerth