Beitrags-Archiv für die Kategory 'Dichtung der Wahrheit'

MDdW / Schneefall und die anderen Kälten

Sonntag, 10. März 2013 17:38

DW16

Wenn Ihrs nicht fühlt, ihr werdets nicht erjagen, wenn es nicht aus der Seele dringt und mit urkräftigen Behagen die Herzen aller Hörer zwingt. Da hilft kein Schal zwischen Schnee und Haut, da hilft kein leises Zeigen auf, da hilft nur laut und gleich danach verzichten, schlachtet die Kühe, bevor sie Euch vernichten, wenn es nicht längst schon, Tag für Tag, gescheh’n, die Uhren dreh’n sich kopflos schnell, zu hastig, Donnerwetter, schießt hinein in die Ziffernblätter, schießt die Zeit aus ihren Fugen, dämlich die Einzelhändler lugen, heilig’, heilig’ mein Geschäft, der Dackel Fortschritt pinkelnd kläfft, am Bein der Vernunft perlt dumpf Urin, wer jetzt nicht schaut, schaut nie mehr hin, Frostschutzmittel in den Adern, vom ewigen Wachstum tun sie salbadern die lebensfeigen Geldzählwanzen mit schlank trainierten Wohlstandsranzen, ausgebrannt und feig’, zu feig’ die Melancholie zu nehmen als ihr Kind, was ein weiter Weg, oh Menschenkind, dort könnte Heimat sein, wo man nicht jeden Stein aufs nützlich hin betastet und hodenlos mit Kaffeebechern, wohin eigentlich, wohin denn hastet? Man denkt, der Schnee am Pöter er sei so kalt! Die Welt ist kälter doch, du Narr! Im Süden Frostbrand, im Norden einzeln Krisenschnee! Noch, oh germanische Wanstrepublik! Mich fröstelt.

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MDdW / Meteorologie, Klagen und „No Lenz“

Samstag, 9. März 2013 18:34

DW15

(Mahler hat nicht vor einzufordern, denn immer ist es nicht angebracht das Maul aufzureißen, wenn die Welt schlingert. Heute jedoch ein empörter Leserbrief an den Lenz. Geschrieben hat ihn der andere Lenz.)

(AN DIE SONNE)

„Seele der Welt unermüdete Sonne

Mutter der Liebe, der Freuden, des Weins

Ach ohne dich erstarret die Erde

Und die Geschöpfe in Traurigkeit.

Und wie kann ich von deinem Einfluß

Hier allein beseelt und beseligt

Ach wie kann ich den Rücken dir wenden.

Wärme Milde! mein…“

(Mahler wird es jetzt zu jammerig. Also obiges Poem. Jammern kann er auch. Was stand da? „Wärme Milde?“ Wahrscheinlich folgt noch: „Süßer Strahl.“ Oder gar: „Vaterland!“ Weia! Seine Wanstigkeit zweifelt an der Empfindung. Sein Pöter aber ist mit wärmenden Textilien unterlegt. Das hilft ihm nicht wirklich. Seine Wanstigkeit friert. Morgen dann ein eigen’ Poem.)

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MDdW / Wo wären wir denn jetzt eigentlich?

Mittwoch, 6. März 2013 23:18

DW14

„Sie gleichen dem Geist, den Sie versuchen zu begreifen, nicht mir, bester Mahler!“

„Nicht Ihnen? Wem denn dann, ich als Ebenbild der Gottheit? Noch nicht mal Ihnen? Wo sind wir denn nun?“

„Hinter uns küssen sich Honecker und Breschnjew.“

„Küssen oder Küsten?“

„Egal! Es geschah!“

„Weia? Wann ging diese Welt unter? Erinnern Sie sich!“

„Nein!“

„Wo sind wir jetzt?“

„Hier!“

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MDdW / Pandämonium Germanikum ‘21 / Nr. 1

Dienstag, 5. März 2013 20:55

DW13

„Welche Wonne ein Kuhfladen zu sein und in der Sonne zu liegen!“

„Wer hat’s gesprochen?“

„Der Lenz!“

„So ein Quark! Gekackt wird auf die Wiesen erst im Herbst!“

„Sie zweifeln, Ihro Wanstigkeit, nun am Ertrag, den auch die Jugend bringen mag?“

„Mag, bester Freund, bedenk’ er: mag!“

„Es stürmt und drängt und der steil’ Berg, er mag erklommen werden.“

„Nun, nicht vom Zwerg! Verzeih, der Pfad hinauf, er ruft nach Schritt!“

„Noch denk ich nach, doch prinzipiell, da komm ich mit!“

„Dann aber schnelle, denn lenkt der Fuß hinab ins Tal und Bett, dann bitte helle sei es noch am Firmament und auch im Hirne, gelle!“

„Ich biete, bester Mahler, der Vernunft sofort die Stirn und steig’ hinauf, hinab auch gern auf allen vieren.“

„Herr Lenz, den Wettstreit werden Sie verlieren!“

„Wart doch, wo willst Du hin, ich hab Dir noch so manches zu erzählen.“

„Ein andermal.“

(Mahler geht um den Berg herum und verschwindet.)

„Wenn er hinaufkommt, werd ich ihn schon zu sehen kriegen. Hätt ich ihn gern kennen lernen, er war mir wie eine Erscheinung. Ich denk, er wird mir winken, wenn er auf jenen Felsen kommt. Unterdessen will ich den Regen von meinem Reiserock schütteln.“

(Budnikowski erscheint an der anderen Seite des Berges, naß und schlammig. Er kriecht auf allen vieren. Noch oder noch immer.)

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MDdW / Denkmal der Freundschaft (Pankow?)

Montag, 4. März 2013 20:47

DW12

„Mahler, draußen Graupel noch!“

„Sieh an, der Lenz ist da!“

„Weiß ich es nicht? Sitz ich doch neben Ihnen, Ihro Wanstigkeit!“

„Schön, daß man sich erinnert!“

„Ach, das alte Spiel. Vor Monaten zu Ilmenau!“

„War ich das da?“

„Gewiß! So lassen Sie uns – da die Sonn’ frohlockend auf uns niederscheinet, errichten ein Denkmal der Freundschaft!“

„Und wer beginnt, den Pfosten in die Erd` zu rammen?“

„Wohl der Geheimrat, also Sie!“

„So soll es sein, es lauscht mein Gegenüber, so dies Dir:

Zur Erinnrung guter Stunden,

Aller Freuden, aller Wunden,

Aller Sorgen, aller Schmerzen,

In zwei tollen Dichter Herzen

Noch im letzten Augenblick,

Laß ich Lenzgen dies zurück.

Ich muß dann mal! Wipfel, Gipfel und so.“

„Tschö, Ihro Wanstigkeit: dies also hier und Dir. Oder schon Ihnen?:

Ihr stummen Bäume, meine Zeugen,

Ach käm’ er ungefähr

Hier wo wir saßen wieder her:

Könnt’ ihr von meinen Tränen schweigen?

Und morgen, Mahler?“

„Wird sich entzweit!“

„Schon ist’s soweit?“

„Der Zeiten Läufte machen’s nötig wohl!“

„Welch ein schlecht vergoren’ Kohl!“

“Difficile est satiram non scribere!”

“Bitte, Herr Geheimrat?”

“Lenzgen, Ihre Feder stellte es voraus der ersten Eseley!”

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MDdW/ Nacht; Mahler unruhig vor alter Mauer

Sonntag, 3. März 2013 16:55

DW11

Das will mir schier das Herz verbrennen. Bilde mir nicht ein, was Rechts zu wissen, bilde mir nicht ein, ich könnte was lehren, die Menschen zu bessern und zu bekehren. Daß ich erkenne, was die Welt im Innersten zusammenhält, und tu nicht mehr in Worten kramen. Weh! Steck ich in dem Kerker noch? Das ist deine Welt! Das heißt eine Welt! Wessen Straße ist die Straße, wessen Land ist das Land, dieses Instrument sollte mal Faschisten töten können, stand auf dem Gitarrenkoffer. Flieh! Auf! Hinaus ins weite Land! Wie alles sich zum Ganzen webt, eins in dem andern wirkt und lebt? Wenn Dein starker Arm es will? Keine Räder stehen still, das Hamsterrad es dreht und quietscht und quetscht den letzten Tropfen Würde und Verstand heraus und aus und von allen Geistern, gut und schlecht, verlassen, Hammer und Säge und Sichel, schafft Platz, schafft Platz, hinfort, hinweg, der Mond verbirgt sein Licht, wie es in meinem Herzen reißt, was Menschenherz erschaffen, darf’s Menschenfaust zernichten? So schnell, so billig, so feil ohne dem Wohle nur einen Gedanken, Geister ums Haupt mir, düstre Gedanken, Kohle zum Wohle der Kohle zum Wohle und methadongestählt grinsen Lemminge. Es ist und wird ein Graus. Beredte Wortlosigkeit. Da hilft kein Geist, nicht mal der Teufel, vielleicht der alte Fritz, doch nur als Teufel. Ich Ebenbild der Gottheit? Bloß nicht! Lieber ein Stein, auf dessen Wangen Moos! Oh, Germane 21!

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Mahlers Dichtung der Wahrheit / Teilzeitplagiat

Donnerstag, 28. Februar 2013 19:04

DW10

Ich habe seit kurzem, ich weiß nicht, wodurch, alle meine Munterkeit eingebüßt, meine gewohnten Übungen aufgegeben, und es steht in der Tat so übel um meine Gemütslage, daß die Erde, dieser treffliche Bau, mir nur ein kahles Vorgebirge scheint; seht ihr, dieser herrliche Baldachin, die Luft; dies wackre umwölbende Firmament, dies majestätische Dach mit goldnem Feuer ausgelegt, kommt es mir doch nicht anders vor als ein fauler, verpesteter Haufen von Dünsten. Welch ein Meisterwerk ist der Mensch; wie edel durch Vernunft, wie unbegrenzt an Fähigkeiten, in Gestalt und Bewegung wie bedeutend und wunderwürdig; im Handeln wie ähnlich einem Engel; im Begreifen wie ähnlich einem Gott. Die Zierde der Welt, das Vorbild der Lebendigen; und doch, was ist mir diese Quintessenz von Staube? Ich habe keine Lust am Manne. Weia! Wer hat dies auf jungfräulich’ Bütten gekritzelt? Euer Willy S. oder unser Wolfgang von G.?

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MDdW / Prolog im Himmel oder Friedrichshain

Mittwoch, 27. Februar 2013 23:22

DW09

(In der Rolle des Herrn: Herr von Lippstadt – Budnikowski. Den Mephistopheles gibt entgegen seiner ursprünglichen Intention Herr Archibald Mahler. Die korrekte Wiedergabe des Originaltextes kann zu dieser späten Stunde, die eine frühe ist, nicht gewährleistet werden. Als erster spricht der Herr. Und stets antwortet ihm der Mephistopheles.)

„Kennst Du Faust?“

„Reden wir von den fünf Fingern?“

„Wenn einer die noch ballt.“

„Ballt er sie,

Ist er sich seiner Torheit hoffentlich bewußt!

Er fordert ein die Sterne, Ferne und fordert ein und ein

Und findet keine Lust

Und nah und fern und rechts und links

Zerlegt sich seine Brust.“

„Er mag verwirrt und aller Klarheit fern,

Wenn er mir dient, gekrümmten Rückens,

Ich nehm’ ihn gern!“

„Und falls dann doch,

Tut Mut gut oder besser Wut?“

„Solang er auf der Erde lebt.“

„Was hast Du ihm verboten?“

„Es irrt der Mensch, solang’ er strebt.“

„Nicht dieser Vers! Der ist pervers!“

„Willst Du die Faust noch retten?“

„Mein Herr, um’s Leben eines, der noch lebt?“

„Du magst nicht wetten.“

„Von Zeit zu Zeit seh ich Dich gern. Nur eine Frage noch: Wer räumt den Müll weg?“

„Müll?“

„Vom Auge des Betrachters uns’rer Zusammenkunft aus links gesehen.“

„Ein guter Mensch in seinem dunklen Drange

Ist sich des rechten Weges wohl bewußt.“

„Mein Herr, eins hätt’ ich gerne noch gewußt:

Ist der Geheimrat nicht ein übler Dummschwätzer?“

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Mahlers Dichtung der Wahrheit / Teilzeitplagiat

Montag, 25. Februar 2013 18:40

DW08

So spricht vor Friedrichshainer Wand – Schweig, wer die Worte nie gekannt! – frei benutzend dies und jenes – Welcome to heut’!  – Mephistopheles zum Herrn. Wir hören’s gern: Da du, o Herr, dich einmal wieder nahst und fragst, wie alles sich bei uns befinde, und du mich sonst gewöhnlich gerne sahst, so siehst du mich auch unter dem Gesinde. Verzeih, ich kann nicht hohe Worte machen, und wenn mich auch der ganze Kreis verhöhnt; mein Pathos brächte dich gewiß zum Lachen, hättst du dir nicht das Lachen abgewöhnt. Von Sonn’ und Welten weiß ich nichts zu sagen, ich sehe nur, wie sich die Menschen plagen. Der kleine Gott der Welt bleibt stets von gleichem Schlag, und ist so wunderlich als wie am ersten Tag. Ein wenig besser würd er leben, hättst du ihm nicht den Schein des Himmelslichts gegeben; er nennt’s Vernunft und braucht’s allein, nur tierischer als jedes Tier zu sein. Er scheint mir, mit Verlaub von euer Gnaden, wie eine der langbeinigen Zikaden, die immer fliegt und fliegend springt und gleich im Gras ihr altes Liedchen singt; und läg er nur noch immer in dem Grase! In jeden Quark begräbt er seine Nase. Wer eig’nes Denken hier will entdecken, durchsuch’ er die Geheimratsecken.

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MDdW / Weia, die Himmlischen Heer(z)scharen!

Sonntag, 24. Februar 2013 19:54

DW07

Was wollen wir ordern / was wollen wir fordern / wir kommen von hinten / aus vergangener Zeit / wir schlagen den Gong / wir entfalten uns breit und schnell / unbegreiflich / dreht sich irdene Pracht / was wir fordern und ordern / wird darüber gelacht / wechselt Paradieseshelle mit frustrierender Nacht / bevor der Aufbruch erfolgt / die Ernte just eingebracht / werden Laken gereinigt / bevor man in sie / wer lacht / die Stürme sie brausen / wollen wir wetten / gestern heut’ morgen / gestern / wütende Ketten / haben sie dich gesteinigt / wandelt sanft noch dein Tag / wer zu erkennen vermag / was die Stunde geschlagen / läßt die Eingeweid’ klagen / was wolltest du sagen / was / all’ deine ach hohen Werke / auf dem Pfad des Donnerschlages / sie stolpern und taumeln / und wer ist’s der vermag / zu erahnen und nennen / wo wohnt das Erkennen / die Kreuzung scheint frei / und wer kommt vorbei / es ist ja er ist’s / Hallo Herr Mephistopheles?

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