Beitrags-Archiv für die Kategory 'Dr. Mahlers Gesammelte Bänke'

DR. MAHLERS GESAMMELTE BÄNKE XXVI

Freitag, 8. Juli 2011 20:45

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Archibald Mahler will aufstehen. Weiter! Archibald Mahler wollte aufstehen! Weiter! Archibald Mahler wollte schon längst aufgestanden sein. Weiter! Archibald Mahler sitzt immer noch auf derselben Bank. Seit wann? Weiß er nicht. Er sitzt, saß und blieb sitzen. Noch ist Sommer. Mal warm, mal kühler, mal schwüler, aber grün wie sonst auch und auf dem Alten Friedhof in der Kleinen Häßlichen Stadt in Mittelhessen. Es gibt auch keinen Grund aufzustehen. Vielleicht gab es unlängst einen oder sogar Gründe aufzustehen. Weiter! Wo die herkommen, die Gründe? Unruhe? Verpflichtung? Verträge? Freunde? Freude? Heute? Alles keine Gründe. Kein Bär braucht Gründe. Ein Bär steht auf oder nicht. Steht er nicht auf, bleibt er sitzen. Manche Bänke haben es sogar verdient, ein wenig länger besessen zu werden. Und dann ist da die Zeit, dann war da dieses Etwas Zeit, war weg die Zeit, ist gerne weg, schnell, immer schneller und weg. Was soll man da machen? Aufzustehen und rumzurennen wie eine gesengte Bärensau häuft auch nicht mehr Zeit auf dem Lebenskonto an. Das Leben ist eine Badewanne ohne Stöpsel. Zeit ist. Das kann man auch singen. Ein schöner Tag kann davon ein Lied singen. Manchmal hört dieses Lied der ehrenwerte Herr Ernst Albert in seiner Höhle. Das Lied des schönen Tages über die Zeit, die ist. Wenn Ernst Albert mal Zeit hat. Soviel Zeit hat der aber auch nicht mehr. Aber das ist ein anderes Thema. Archibald Mahler will jetzt aufstehen. Zehn Tage auf einer Bank gesessen. Weia und Potzrempel die Waldfee! Da protestiert der Hirnnomade im Bären. Weiter! Wohin? Mist! Keine Idee! Wird aber jetzt Zeit! Da kommt der ehrenwerte Herr Ernst Albert! Er schaut nach seinem Bären. Und spricht: „Komm mal mit, Genosse! Ich hab da was gefunden! Das wird Dir gefallen!“ Der Bär steht auf. Weiter!

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DR. MAHLERS GESAMMELTE BÄNKE XXV

Mittwoch, 29. Juni 2011 3:50

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Da ist die neue Bank. Da ist der Pfeil. Man sieht ihn kaum. Aber er ist da. Er weist irgendwo hin. Wohin? Keine Ahnung. Einatmen. Ausatmen. Gut, Einatmen und Ausatmen ist nicht alles, manchmal muß man auch nachdenken und hadern. Aber engagiertes Einatmen und Ausatmen kann auch gut klingen. Archibald Mahler verabschiedet sich. Vom Alten Friedhof in der Kleinen Häßlichen Stadt in Mittelhessen verabschiedet er sich. Er steht auf und er weiß nicht wohin die nächste Reise führt. Gut, Bank muß. Aber welche? Und wo? Und wann? Wenn nicht jetzt, dann eben später, liebe Aufrechtgeher. Und während gesucht und geschwiegen wird, die nächsten Tage oder wie lange auch immer, kann man mal nachdenken. Über das Gewicht des Mondes. Die Farbe des Amazonas kurz hinter Manaus. Den Eisengehalt von Spinatsuppe. Die Magenverträglichkeit von Gedichten. Die Haarfarbe von Pippa Middleton. Den Wahrheitsgehalt der letzten Nebenkostenabrechnung. Das gestrige Mittagsmahl der nordkoreanischen Kickerinnen. Das Urlaubsziel von Carla Kachelmann. Die Farbe der Socken von Jogi Lagerfeld. Den Intelligenzquotient einer Parkuhr. Den Kontostand von Franz Beckenbauer. Die sexuelle Orientierung von orakelnden Kraken. Das nächste Kunstobjekt der weichen Laterne im Ried. Die Schuhgröße von Happy Feet. Den Spielplan der Laienspieltruppe „Die Vorhänge“ für die Spielzeit 2014/15. Den Alkoholgehalt von Babynahrung. Den Zustand der eigenen Festplatte. Die noch vorhandene Speicherkapazität im Dachstübchen der Erwartungen. Den Giftgehalt im Nachgedenken. Das Dressing des kosmischen Wortsalats. Den Tag vor der nächsten Nacht. Die Nacht, die gestern ausfiel. Die Nacht, die heute etwas länger bleibt. Den einen Gedanken vor dem letzten Schlaf. Die Dichte des vorletzten Bieres. Und was man überhaupt vom Leben will. “Dicke Eier brauchen länger bis sie gar!” Hätte Mahatma Schmidt gerne gesagt. Oder Joschka Berlusconi? Oder Erich Özdemir? Oder Guido Kretschmann? Oder George Bin Laden? Oder Philipp Ballack? Oder ich? Oder wer auch immer. „Baßt scho!“ Sagt der Franke. Bis bald!

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DR. MAHLERS GESAMMELTE BÄNKE XXIV

Dienstag, 28. Juni 2011 17:25

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Der Ärger ist verflogen. Es folgt der Zweispalt. „Muß das sein?“ So lautet die Frage. Keine Angst, Archibald Mahler macht keinen Rückzug. Das was gestern konstatiert, bleibt auch heute stehen. Ein Bär schielt nicht nach Wählern oder Röcken. Nein, es ist die neue Bank, genauer: das Bankmonstrum. Ein Aufrechtgeher, der wohl schon zu Lebzeiten eine ordentliche Verdrängung vor seinem gesellschaftlichen Bug herschob, hat dieses Riesenteil auf die Grabstätte seiner selbst und seines Clans setzen lassen. Darf es ein bißchen mehr sein? Die marmorne Wucht läßt Herrn Mahler etwas ratlos zurück. Der tote Freund vom Winde ins Meer geweht, bei Gegenwind Aschereste im Bart oder auf dem Hemd, das ist die romantische Vorstellung vom Dahinscheiden. Keine Spuren, nur ein Lied und ein tränenfeuchter Gedanken und dann wird wieder gezankt. Und jetzt das hier. Riesenbank, schwere Ketten, Engelreliefs, Marmor, Tafeln und eine Gruft? Über allem in Stein gemeißelt und sichtbar bis ans Ende aller Tage: der Name des Clans. „Sehet und vergesset nie: wir waren besser. Wir haben es geleistet. Selbst der Staub unserer Knochen leiert Euch noch Respekt aus den Rippen. Beuget Rücken und Knie.“ La Familia. Na ja, so einmal im Leben oder Tod einen Archibald Corleone geben? Nicht wirklich. Und der Bär denkt, selbst wenn die Aufrechtgeher behaupten vor dem Tode seien alle gleich, scheint ihm doch, daß wenige Tage nach Verbuddelung oder Verbrennung die gute, alte Zweibeinerprotzerei wieder fröhliche Urständ feiert. Muß nich. Und außerdem ist Stein kalt am Pöter. Selbst bei über dreißig Celsiusen. Also steht der Bär auf. Da steht eine Holzbank. Hin! Was hat man auf die Mauer gemalt? Huch! Es menetekelt und fordert auf. Schauen wir mal hin. Bis morgen.

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DR. MAHLERS GESAMMELTE BÄNKE XXIII

Montag, 27. Juni 2011 21:54

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Archibald Mahler ärgert sich. Die Bank ist schön. Es ist also sinnfrei das Ärgern. Archibald Mahler weiß das. Aber er ärgert sich. Wenn man sich ärgert und trotzdem nicht nur dumm ist, was heißt manchmal ist man schon sehr dumm und weiß auch darüber, ist das Ärgern gleichzeitig Genuß und Qual. Die geladene Seele will die Eruption, das sinnende Hirn lacht sich ins Synapsenfäustchen. Wie dumm. Aber Ärger muß auch mal. Es hat mit der Moral zu tun. Archibald Mahler preßt seinen Pöter auf die Bank, auf diese wirklich schöne, ruhige, wohl ins Grün hinein gesetzte Bank, in der Hoffnung die Bank spreche zu seinem Pöter und dann zu seinem Herzen und sagte zum Beispiel, wie sinnfrei das Ärgern, aber Archibald Mahler ärgert sich. Das kommt von was, das Ärgern. Meist vom die Augen aufhalten. Das Auge ist offen, etwas kommt rein und dann ist es drin. Und soll da nicht sein. Paßt nicht. Stört. Soll raus. Und der Ärger? Na ja! Schmeißt es wieder raus, das Unangenehme. Irgend etwas aber spricht mit moralisch gestrecktem Finger: Ärger nicht gut sein! Ach, Pustekuchen und Potzrembel! Archibald Mahler ärgert sich. Die Bank ist schön. Der Sommer streichelt sein Fell. Hilft alles nichts. Muß raus! Der Ärger! Was denn? Archibald Mahler sagt: „Der nackte Oberkörper eines männlichen Aufrechtgehers außerhalb eines Freibades oder gar auf Alten Friedhöfen ist eine größere Plage als ein Haufen Hundekacke!“ Archibald Mahler ärgert sich immer noch. Trotzdem steht er auf. „Was ist das denn für eine Bank? Die Bank eines Palastes?“ Das beste Mittel gegen Ärger ist die Ablenkung.

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DR. MAHLERS GESAMMELTE BÄNKE XXII

Sonntag, 26. Juni 2011 14:12

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Und also setzt sich der ehrenwerte Herr Ernst Albert neben den Bären. Es entspinnt sich ein Gespräch.

„Herr Chef und Aufrechtgeher! Sie sitzen nun schon seit geschätzten drei Minuten. Und bleiben sitzen. Was ist geschehen?“

„Urlaub!“

„Was ist das!“

„Zeit!“

„Hat man die nicht immer? Ohne Zeit kein Tag, keine Nacht. Also ist sie da die Zeit, wie die Luft oder das Wasser oder die Hundekacke!“

„Nicht jeder ist Bär, mein Freund!“

„Und sonst?“

„Ich habe gestern Herrn Zimmermann besucht.“

„Tanzt er noch?“

„Er wackelt vor allem mit dem rechten Knie. Und ordnet – recht unrhythmisch allerdings – mit der linken Hand sein widerspenstiges Haar.“

„Hat er noch diesen Hut?“

„Ja. Diesmal sogar mit einer kleinen Feder im Hutband!“

„Habe ich etwas verpaßt?“

„Jein! Man verpaßt immer, wenn man nicht vor Ort. Seien Sie jedoch versichert: Dornbirn spielte in einer anderen Liga. Erfreulich war es nichtsdestotrotz. Von Zeit zu Zeit sieht man den Alten eben gerne.“

„Dann kann ich ja weiter Bänke sammeln.“

„Das nächste Mal reisen Sie wieder mit. Das tut dem Meister gut!“

„Vermeiden Sie die Hybris, Herr Ernst Albert. Gab es Erkenntnisgewinn am gestrigen Abend?“

„Gewiß!“

„Sprechen Sie?“

„Ein Künstler trägt keine Verantwortung für Deine Erwartungen.“

„Atmen nach Noten?“

„So kann man das nennen. Machen Sie es gut, bester Bär. Bis bald.“

Der ehrenwerte Herr Ernst Albert steht auf und macht sich auf den Weg die eine oder andere Reise anzutreten. Archibald Mahler blickt ihm nach und erhebt sich desgleichen. Auch er hat ein Ziel. Die nächste Bank.

Thema: Dr. Mahlers Gesammelte Bänke, Robert Zimmermann | Kommentare deaktiviert | Autor: Christian Lugerth

DR. MAHLERS GESAMMELTE BÄNKE XXI

Samstag, 25. Juni 2011 11:44

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Es gibt ja Aufrechtgeher, die suchen sich schon zu Lebzeiten das Stückchen Acker aus, unter dem dann ihre mürben Knochen und ausgelaufenen Gebeine verrotten sollen. Ähnliches berichtet man von Archibald Mahlers Artgenossen in Alaska oder Kamschatka. Wenn den alten Petz die große Bärenmüdigkeit überfällt, dann rafft er sich ein letztes Mal auf und schleift sich unter ein Gebüsch oder in eine Höhle am anderen Ende seines Waldes und wartet dort auf das weiße Licht. Am ungestörtesten stirbt sich immer noch alleine und das Gesterbe ist ja kein öffentlicher Vorgang. Oder? Nun gut. Archibald Mahler muß seit langer, langer Zeit heute wieder mal an sein ehemals abbes Bein denken und wie er da zweigeteilt lag auf dem Brandplatz, Bein hier, Rest dort und nicht wußte, wie ihm geschah und immer noch nicht weiß, was damals geschehen, aber eines sicher weiß, daß nämlich das weiße Licht schon um die Ecke geschielt hatte und hätte ein Müllmann oder ein trunkener Jungmuselmann und nicht der ehrenwerte Herr Ernst Albert ihn vom Asphalt der Kleinen Häßlichen Stadt aufgehoben, bevor vielleicht sogar eine Blechmilbe ihn überrollt oder dieses entsetzliche mobile Kehrmaschinenteil, wer weiß? Und so schaut er auf diese noch gedenksteinfreie, stille Wiese zu seinen Tatzen  und denkt, daß dies kein übler Ort zum späteren Verrotten sei. Und schaut noch ein wenig länger und denkt ein wenig weniger und hört ein Lied und da weiß er, daß er dann doch lieber nicht auf dem Friedhof der Kuscheltiere begraben sein möchte. Kein Gedenkstein. Oder vielleicht doch? Aber bis zur letzten Höhle hat er ja auch noch etwas Zeit. Also steht er auf und macht sich auf den Weg. Zur nächsten Bank.

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DR. MAHLERS GESAMMELTE BÄNKE XX

Freitag, 24. Juni 2011 18:15

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„Nur ein toter Aufrechtgeher ist ein guter Aufrechtgeher!“ Huch? Nein! Niemals käme Archibald Mahler, Bär vom Brandplatz und in diesem beginnenden Sommer Sammler von Bänken, auf die Idee einen solchen Satz zu denken, zu bedenken oder gar niederzuschreiben. Oder? Der Bär stellt lediglich fest, was für ein friedliches Wesen der gemeine Aufrechtgeher sein kann, wenn er unter der Erde sein Unwesen treibt. Und welche Ruhe er dabei ausstrahlt. Gepriesen seien die Orte, die sie sich schaffen, die Herren und Damen Aufrechtgeher, um sich gelegentlich ihre Endlichkeit vor Augen zu führen. Nützt zwar meistens nichts und fährt die Aufgeregtheiten und Übersteuerungen nicht wirklich auf Null – meint Herr Mahler – nichtsdestotrotz, man sitzt hervorragend auf dem Alten Friedhof in der Kleinen Häßlichen Stadt, welche hier ausgesprochen hübsch ist. Manchmal pinkelt zwar ein Köter auf einen Gedenkstein oder ein in Plastiktextilien gewandeter Läufer huscht über den Kiesweg, aber sonst keine Klagen. Ruhet sanft und verwittert in Würde. Und sorgt Euch nicht. Jeden Abend schläft man ein und weiß man wirklich, ob man je wieder erwacht? Man traut sich trotzdem zu stürzen in den Schlund hinab. Wer weiß, ob die Aufrechtgeher, die hier unter der Erde wandeln, nicht einfach nur durch ein nicht enden wollendes Traumfernsehprogramm zappen und zappeln. Keiner der dort war, kam zurück und konnte berichten. Aber ruhig muß es dort sein. Das ist doch was. Solche Sachen denkt heute der Bär und dabei ist noch gar kein Herbst. Wahrscheinlich freut sich der Bär über diesen einen Augenblick am heutigen Tage, als er körperlich spüren durfte, was dies sein kann: die Ruhe draußen, die Ruhe drinnen. Das einzige, was er für Sekunden hörte, war das Rauschen des eigenen Bluts. Aber jetzt juckt es am Pöter. Das heißt, erstens sich kratzen und zweitens weiter zur nächsten Bank. Man hat ja noch einiges vor, bevor das weiße Licht angeknipst wird. Oder die weiße Hitze?

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DR. MAHLERS GESAMMELTE BÄNKE XIX

Donnerstag, 23. Juni 2011 13:29

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Archibald Mahler sitzt auf einer weiteren Bank weiterhin und ihm fällt ein, wie ihm nichts einfällt, aber etwas auf ihn fällt, ein totes Insekt vielleicht, ein Blatt, Mückenkot oder ein Teil einer abgestorbenen Knospe, Regentropfen vereinzelt, im selbstmörderischen Fall aus Wolkentürmen hinab, bereit im Gras zu zerschellen, ein Gedanke, bedacht, verworfen, tot und vergessen, ein vorbeihuschendes Geräusch, gehört, bemerkt, beerdigt in den Katakomben der Erinnerung und dann fällt ihm auf oder vielleicht doch ein, so geht es tag ein, tag aus, tag tot und nicht nur hier, rund um die eine weitere Bank in der Sammlung des sitzenden und sinnenden Bären, nein, auch draußen und trotzdem, schaue hin, wie schön die Welt sein kann, wenn man sie betrachtet in Ruhe und nicht betatscht mit wurstigen Fingern, und es ist gut so und keiner, der hinschaut, beweint die vielen kleinen Tode in diesem nun zu Ende gegangenen Lenz, der seine Arbeit ausgezeichnet gemacht, und dann fällt dem Bären auf, daß wenn dieser Satz, der an Länge zunimmt mit jeder Sekunde, die dieser Tag verliert, am Ende vielleicht einen Punkt erhält, bekommt, ihm zugeteilt wird, dieser Satz oder Gedanke sein wird, was er noch nicht ist, solange ein lesendes Auge auf ihm ruht und doch bald – o mein Gott – und gibt es Grund sich davor zu fürchten, fragt sich Archibald Mahler und denkt ein kräftiges „Nein“; setzt einen Punkt und auch dieser Satz hat sein Ende. Da fällt dem Bären nichts mehr ein. Doch! Da vorne ist eine neue Bank. Archibald Mahler erhebt sich.

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DR. MAHLERS GESAMMELTE BÄNKE XVIII (KOPFLOSER ENGEL / KAPITEL ACHT)

Montag, 20. Juni 2011 8:12

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Und so geht die Geschichte weiter, die Archibald Mahler einfiel, als das Viech sein Bein hob:

…………..

Podulski hatte Henriette gerade am Ort der vereinbarten Übergabe festgezurrt, als ein gellender Schrei die Nacht zerriß. „Liiiiiiebling!“ Podulski blickte hinter sich und sah Gisela Henriette Hellinger, barfuß, bekleidet lediglich mit einem weißen Nachthemd und ein riesiges Samuraischwert über ihrem Kopf schwingend, auf sich zurasen. Ein Racheengel, offensichtlich darauf aus alles an ihm begangene Unrecht gnadenlos zu bestrafen. „Elendes Schwein! Hände weg von meinem Herzblatt. Faß, Henriette, faß.“ Podulski spürte, wie sich die Zähne des aufgeregten Tieres in seinen Oberschenkel bohren wollten, verhinderte dies mit einem gezielten Schlag auf die breite Nase von Fräulein Stützerbach, schwang sich über das Eisengitter und duckte sich in dem Moment, als das Samuraischwert wenige Zentimeter über seinen Kopf rauschen wollte, hinter den schwarzen Engel. Die ganze aufgestaute Wut der Gisela Henriette Hellinger gab dem Hieb der Waffe eine solche Wucht, daß dieser mit einem sauberen Schnitt den Kopf des schwarzen Engels vom seinem Rumpf trennte, in dem Moment als Hellinger um die Ecke gestürzt kam und mit einem gewaltigen Hechtsprung seine Frau zu Boden warf und ihr die Waffe entwand. Der fallende Schädel traf Podulkis Hinterkopf und ihm wurde schwarz vor Augen. „Ich bring das Schwein um.“, waren die letzten wutverzerrt geschrieenen Worte, die er vernahm, bevor er in eine kurze Ohnmacht fiel und es heftig zu regnen begann.

Podulski kam zu sich. Er lehnte mit dem Rücken an einem kopflosen Engel, sein Schädel und sein rechter Oberschenkel schmerzten, seine Kleider waren durchnäßt und vor ihm hockte Ingo Wolfbeuel, den Kopf des Engels in den Armen und sagte: „Gruß von Deinem Chef. Jetzt stünde es 1:1, Du könntest Dir nächste Woche frei nehmen und Du sollst Dir zu dem abgeschlagenen Kopf eine schöne Geschichte für den Polizeibericht einfallen lassen. Ein Täter würde sich später schon finden.“ Podulski blickte in den nächtlichen Himmel der Universitätsstadt Gießen, rieb sich mit der rechten Hand den Nacken und sah wie sein Chef und dessen Frau, sie eine Boxerhündin an der Leine führend, er ein funkelndes Monstrum von Schwert in der Hand haltend, hinter Röntgens Grab in der regennassen Nacht verschwanden. Er dachte darüber nach, ob es vielleicht nicht doch besser wäre, den Bürojob im Bundeskriminalamt in Wiesbaden, dem man ihm kürzlich angeboten hatte, anzunehmen, als ihm Bingo Ingo mit windschiefem Grinsen eine angezündete Zigarette reichte. „Rauch erstmal, Herr Kommissar.“ Er tat, wie ihm befohlen. Nein, er konnte nicht nach Wiesbaden, denn wer sollte dann bei MITLIFEKRISE den Bass bedienen. Das konnte nur er, Gottes Fritz Podulski, Hauptkommissar bei der Kripo Gießen. Und Mann für die etwas spezielleren Fälle.

………..

So! Das war die Geschichte, die Archibald Mahler eingefallen war, als das Viech sein Bein hob. Jetzt ist es weg. Gut so. Pause erstmal. Aber auf dem Alten Friedhof gefällt es dem Bären. Er bleibt noch ein wenig. Archibald Mahler erhebt sich und macht sich auf zu einer neuen Bank. Bis morgen dann!

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DR. MAHLERS GESAMMELTE BÄNKE XVII (KOPFLOSER ENGEL / KAPITEL SIEBEN)

Sonntag, 19. Juni 2011 19:59

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Und so geht die Geschichte weiter, die Archibald Mahler einfiel, als das Viech sein Bein hob:

…………..

Hellinger blickte sich gehetzt um und fluchte. Müssen denn ausgerechnet heute, kurz vor Mitternacht, an einem verregneten Herbstabend, mitten unter der Woche, ganze Autokolonnen den Nahrungsberg hoch und runterrollen, wenn der Chef der örtlichen Kripo gerade dazu ansetzt das Eisentor am südöstlichen Eingang des Alten Friedhofs mit einem eleganten Sprung zu überwinden? Und muß ihm dann auch noch ein Gassi gehender Nachbar entgegenkommen, ein joviales „Na Herr Kommissar, immer im Dienst, was?“ zurufen, um darauf den mitgeführten Hund sein Geschäft an der Friedhofsmauer verrichten zu lassen? Viele, viele Fragen und Hellinger wußte sie nicht zu beantworten.

Henriette von Stützerbach war etwas irritiert. Der Alte Friedhof, gewiß, das war, nach mehr als 10 Tagen, endlich wieder bekanntes Terrain. Aber sie konnte sich beim besten Willen nicht daran erinnern, hier jemals mitten in der Nacht und dann auch noch angeleint herumgelaufen zu sein. Und warum sie der andere Mann, der wohl eine Art von Freund ihres dicken, behaarten Entführers sein mußte, jetzt auch noch am Eisengitter, welches das Grabmal mit dem Schwarzen Engel einzäunte, festband, und Anstalten machte, sie hier im Dunkeln und Kalten alleine zu lassen, erschloß sich ihr nicht und das erste Mal seit langer Zeit fing sie an zu bellen, laut und ausdauernd. Und dann ging alles sehr schnell.

………..

So! Pause erstmal. Archibald Mahler erhebt sich und macht sich auf zu einer neuen Bank. Und dem nächsten Kapitel. Bis morgen dann!

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