Kleben / Bilder / Gedanken / Schrank / 044

Dienstag, 24. November 2020 16:28

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…..

Things are going to slide, slide in all directions

Won’t be nothing, nothing you can measure anymore

(Leonard Cohen)

…..

„Und hier wäre ein geeigneter Platz in Sachen Winterschlaf, lieber Archibald Mahler und Genosse?“

„Warum nicht? Augen durch und zu!“

„Hä?“

„Mein Lieblingsverdreher in Sachen Virus. Unlängst in einer der Gazetten der Kleinen Häßlichen Stadt zu lesen, bester Budnikowski und Wegbegleiter!“

„Na ja, häßlich schon diese Stadt, aber so häßlich, wie die Orte, die wir in letzter Zeit aufzusuchen, um nachzudenken?“

„Es hilft die Lage objektiver zu beurteilen. Man macht sich klar, was unter der Oberfläche so rumliegt. Wie sprach einst meine Großmutter in Kamschatka? Ist der Lack erst ruiniert, denkt‘s sich gänzlich ungeniert. Oder so ähnlich!“

„Das haben Sie doch vom Ehrenwerten Herrn Ernst Albert! Oh! Weia! Habe ich den Namen zu früh …“

„Ach, Budnikowski. Sie haben ja recht. Es wird auch für mich Zeit, die längere Abwesenheit des Ehrenwerten EA einfach zu akzeptieren.“

„Aber warum müssen wir dann auch in Trümmern sitzen und unsere Hirne malträtieren?“

„Na ja, wahrscheinlich Veranlagung. Die einen tun es, die anderen nicht.“

„Gut, hirnen macht ja auch Laune. Und da haben Sie Recht, wir tanzen alle auf dünnem Eis! Und etliche meinen, sie könnten – mir alles, dir nichts – den Abgrund auf dünnem Eis am Steuer eines SUV überqueren. Vielleicht auch Veranlagung, Freund Mahler?“

„Da enthalte ich mich, lieber Budnikowski. Seltsam nur, daß die einen, die lieber daran glauben mögen die Welt sei ein hochglänzender Werbeprospekt, der Gegenseite vorwerfen deren Nachdenken mache aus der Welt die Trümmerwüste und nicht der eigene Auspuff oder der leere Bücherschrank!“

„Jetzt enthalte ich mich. Zum Winter, der zwar heuer lange werden soll, obwohl er seit Jahren keiner mehr ist: Wir wäre es mit einem etwas festerem Gemäuer in Sachen Winterschlaf? Da drüben zum Beispiel, Mahler! “

„Das Weiße Haus? Na ja, das scheint ja noch verrammelt für Außenstehende!“

„Jetzt verstehe ich! Wenn Sie nachdenken, sieht vor Ihrem inneren oder auch äußeren Auge das Weiße Haus so aus wie dieses Weiße Haus, obwohl das gar nicht das Weiße Haus ist, für Sie aber zum Weißen Haus wird, also jenem.“

„So ähnlich. Ich denke, wer sich zu oft blenden läßt erblindet schneller!“

„Und morgen?“

„Die Zukunft vor der alle, also alle die etwas zu verlieren haben oder sie glauben dies auch nur, so schreckliche Angst haben, die war schon und ist immer da! Gebe zu, daß ist jetzt ein bißchen wirr, aber ich muß immer an ein Lied denken, welches ich gerne beim Ehrenwerten Ernst A … gehört habe. Und das ist ein altes Lied.“

„Können Sie es mir vorsingen? So als Schlaflied?“

„Ich versuche es!“

…..

The Future (to be continued)

…..

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Kleben / Bilder / Gedanken / Schrank / 043

Donnerstag, 19. November 2020 14:37

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…..

Gemeinsam zu lügen ist einfach geiler

Als einsam der Wahrheit zu folgen

(Georg Seeßlen)

…..

„Ist das Existieren tatsächlich Schmerz? Was meinen Sie, Mahler?“

„Weshalb, Budnikowski?“

„Na ja! Was da gestern an der Wand stand!“

„Oder lehnte?“

„Sie sind ja drauf!“

„Verzeihung. Natürlich nicht. Aber daß das Leid Bestandteil jeglicher Existenz ist, ist ja jetzt nicht nur eine Erfindung des Infektionsschutzgesetzes. Fragen Sie mal die dreißig Lachse, die meine Verwandten im August so täglich fressen müssen, um den Winter in Kamschatka oder Wyoming zu überleben!“

„Verstehe ich jetzt nur in kleinen Dosen, lieber Bär!“

„Na ja. Wir saßen hier schon im Frühjahr. Der Tod hatte an die Türen einer undankbaren und überfressenen Gesellschaft geklopft. Der Aufrechtgeher nickte dazu scheinbar verständnisvoll bestätigend und versprach innezuhalten. Mit voller Hose. Drei Minuten, Quatsch, drei Sekunden lang, verglichen mit den kleinen Ewigkeiten. Um gleich darauf wieder seine Blechkiste durch die Autowaschanlage zu schicken! Den Tod ignorierend. Vor allem den Tod der anderen. Und eben den Schmerz.“

„Der Anderen?“

„Nur der Anderen! Den eigenen Schmerz aber hochjubeln!“

„Die sind schon ein bisserl doof! Oder?“

„Na ja. Ein bisserl gefährlich auch. Die Selbstabschaffung war schon immer – gelegentlich aber immer häufiger – so ein Hobby der Aufrechtgeher!“

„Und jetzt?“

„Das Karussell nimmt Fahrt auf. Der Aufrechtgeher glaubt immer noch daran sich die Zukunft verfügbar machen zu können!“

„Der traurige Mann mit der gelben Perücke in Amerika ist aber nicht schuld?“

„Danke für den Einwurf, geschätzter Gefährte und Hase! Es ist die Angst!“

„Und nicht die Furcht!“

„So ist es!“

„Darf ich ein Lied vorschlagen?“

„Immer! Motto?“

„Hadschi Halef Omar Ben Hadschi Abul Abbas Ibn Hadschi Dawuhd al Gossarah.“

„Budnikowski! Sie sind ja drauf!“

„So isses! Kara ben Mahler!“

„Halten wir Abstand. Auch zu uns selbst!“

„Nennt man das Denken?“

…..

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Kleben / Bilder / Gedanken / Schrank / 042

Mittwoch, 18. November 2020 11:59

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…..

Ich glaube, wir sind blind.

Blinde, die sehen.

Und Blinde, die sehend nicht sehen.

(Jose Saramago)

…..

„Mahler?“

„…“

„Mahler??“

„….“

„Mahler???“

„…..“

„Verfaulte Möhre aber auch!“

„Budnikowski? Ich höre!“

„Was machen Sie?“

„Ich denke nach!“

„Sie schweigen mich an!“

„Nachdenken und Plappern schließen sich meistens aus!“

„Ich dachte gestern in unserer Konstellation bin ich nun der neue Klugscheißer!“

„Tja!“

„Dann schweigen Sie halt weiter.“

…..

Der Wahrheit (Achtung! Dehnbarer Begriff in diesen Tagen: ruft Euch zu: der Säzzer!) die Ehre (Heilandzack! Noch dehnbarerer Begriff zurzeit. Ihr wisst scho: der Säzzer!) zu geben: Archibald Mahler, Bär vom Brandplatz, dachte tatsächlich intensiv nach, was heißt: er versuchte sich zu erinnern. Vor ein paar Jahren war es gewesen. Dieses Gedicht. Sommer war es. Heiß. Sehr heiß. Menschenleere Wälder. Steppen. Weiter Blick. Der Ehrenwerte Ernst Albert – ja er vermißte ihn, konnte es aber noch nicht eingestehen im Bärentrotz – hatte es in jenem Sommer oft vor sich her und hin gemurmelt. Das Gedicht. Es war ein Wintergedicht. Nicht meteorologisch zu deuten, eher assoziativ zu denken. Und Mahler hatte es damals nicht verstanden, nur geahnt, was die Nachricht sein könnte, die diese düsteren Worte transportierten, während er auf einen Fahrradgepäckträger sich durch Brandenburgs Wälder und Steppen chauffieren ließ. „Dem eigenen Schmerz hinterhersinnen?“ Nein, es war anders. Aber vielleicht ist dies, was er noch erinnert, nun so eine Art Extrakt, eine Weiterführung, ein Wink, ein Link, ein Winklink, ein Echo, eine hilflose, hilfesuchende Antwort auf diese Tage, in denen der Tod wieder in die Mitte der Gesellschaft rückt und breitbeinig grinsend Platz genommen hat. Was der gemeine Aufrechtgeher geflissentlich zu ignorieren sucht und lieber Wälder niederholzt, um neue Trassen für seine heiligen Blechkisten in die Landschaft betonieren zu können und autogipfelt. Oh heilige Hektik!

…..

„Budnikowski, ich habe nachgedacht, aber ich kann mich nicht erinnern!“

„An was, Mahler?“

„Was ich gestern sagte, diese neue Überschrift! Warum und woher?“

„Schmerz / Nachsinnen / Ich / Was meinst Du eigentlich?“

„So ähnlich!“

„Vielleicht können wir einfach mal hier in die Landschaft schauen und gucken, was uns dazu einfällt!“

„Aber wir waren hier doch schon mal!“

„Gestern ist nicht jetzt!“

„Das ist richtig. Aber wenn man wieder irgendwo hingelangt, wo man schon mal war, ist das nicht Zeichen?“

„Aufgabe, Mahler, Aufgabe!“

„Weia! Darf ich Sie ab heute Immanuel nennen?“

„Kanttu machen!“

„Weisstunoch?“

„Wir hätten es besser wissen können, wenn wir gewußt hätten!“

„Wer sagt das?“

„Der Schatten!“

„Welcher?“

„Der!“

„Morgen werde ich seinen Namen wieder aussprechen können!“

„Versprochen?“

„Versprochen!“

…..

Und dann fiel dem Archibald Mahler, Bär vom Brandplatz auch wieder das Gedicht ein. Obwohl er es immer noch nur in Teilen begreift. Mehr ist aber auch nicht nötig.

…..

Im Schnee

Der Wahrheit nachsinnen –

Viel Schmerz!

Endlich Begeisterung

Bis zum Tod

Winternacht

Du reine Mönchin!

(Georg Trakl)

…..

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Kleben / Bilder / Gedanken / Schrank / 041

Dienstag, 17. November 2020 14:59

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…..

I tell you love, sister, it’s just a kiss away

It’s just a kiss away

It’s just a kiss away

It’s just a kiss away

It’s just a kiss away

Kiss away, kiss away

(M. Jagger / K. Richards)

…..

„Budnikowski?“

„…“

„Budnikowski??“

„….“

„Budnikowski???“

„…..“

„Heilige Bärenscheiße aber auch!“

„Mahler? Ich höre!“

„Was machen Sie?“

„Ich denke nach!“

„Sie schweigen mich an!“

„Nachdenken und Plappern schließen einander aus!“

„Ich dachte immer in unserer Konstellation bin ich der Klugscheißer!“

„Tja!“

„Dann schweigen Sie halt weiter.“

…..

Gesagt, getan. Die zwei Gefährten saßen in einer leicht derangierten Ex – Pforte. Klar, das war klar, also ihnen klar, daß sie vor gar nicht so langer Zeit schon mal hier weilten und hin und her dachten. Gar nicht so sehr wollten, jedoch mußten. Klar. Zeitläufte. Auch den Schatten hatten sie inzwischen erkannt. Wobei, es war ein Schatten, der von den Schatten gerne sprach. Also der eine Schatten, der den Schatten geworfen hatte, sprach gerne von den metaphorischen Schatten, die sich dieser Jahre auf die Erdenkugel warfen in so nicht erwarteter Dichte und Schwärze. (Das versteht doch keine Sau. Grüßle vom Säzzer) Lassen wir Mahler und Budnikowski zu Wort kommen. Die sind vielleicht, klar, in der Lage weiterzuhelfen.

…..

„Dem eigenen Schmerz hinterhersinnen vs die freiheit / die ich / meinung“

„Hä?“

„Tja, Budnikowski. Jetzt habe ich auch nachgedacht!“

„Und was ist das?“

„Eine neue Überschrift!“

„Für was?“

„Wenn wir weiterhin nachdenken wollen!“

„Müssen! Oder?“

„Leider ja. Im frühen Sommer dieses Jahres sah es noch etwas anders aus. Mehr wollen, weniger müssen.“

“Nee!”

“Sie haben ja recht. Schon wieder müssen. Man muß es halt wollen!”

„Ah! Kapiere. Wir waren hier schon mal!“

„Eben!“

„Drehen wir uns da nicht im Kreis?“

„Wir haben wohl keine andere Wahl.“

„Aber sprechen wir da nicht in den Wind?“

„Wir haben keine andere Wahl!“

„Wenn ich in den Wind spreche, trägt der meine Worte sonst wohin. Wenn ich in den Wind spreche, hört der Wind mich nicht, weil der Wind nicht hören kann!“

„Wir haben keine Wahl!“

„Der Schatten war übrigens …“

„Ich will den Namen nicht hören!“

„Sind Sie immer noch beleidigt?“

„Also …!“

„Psst! Das Lied ist so schön!“

„Ich bin froh, daß es Sie gibt!“

„Dann können wir ja anfangen! Mal wieder!“

…..

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Kleben / Bilder / Gedanken / Schrank / 040

Montag, 16. November 2020 15:49

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War, children, it’s just a shot away

It’s just a shot away

It’s just a shot away

It’s just a shot away

It’s just a shot away

(M. Jagger / K. Richards)

…..

Wenn sich an einem zufällig auf den dreizehnten gelegten Freitag ein Schatten über Dich beugt und dabei auch noch schweigt, beginnst Du gewiß nicht im Todesstreifen zu tanzen. Oder so zu tun als ob. Oder? Der Schatten war andererseits entschieden freundlicher gesinnt, als man es auf dem ersten Blick, falls man hinzusehen gewillt war, befürchtet hatte. Nun gut, etliche betrachten jegliche Warnung lediglich als Freiheitsberaubung. Dürfen sie, sollten aber danach nicht rumjammern. Kennt man ja, so in Sachen heiße Herdplatte und Finger drauf oder über zwei Promille ein Lenkrad anfassen zu müssen und überhaupt den nächsten Schuß werden ich und meine Venen schon überleben und meinen und den Dispo der Welt ignoriere ich eh geflissentlich. Denkste Puppe. Ist leider ein bisserl deppert und trotzdem singt man halt das Lied: mein Aufrechtgeherwille ist mein Himmelreich. Auch wenn ich in die Hosen … (Seller Reim wird etz gestriche. Gell. Der Säzzer) Der Schatten warnt trotzdem. Er spricht von stillgelegten Gleisen, davon jederzeit eine zurückkehrende Lokomotive in Betracht ziehen zu sollen, erinnert daran, daß Camping in einem Wadi Konsequenzen haben kann, da des Aufrechtgehers Wetterapp nicht alles weiß, sondern lediglich vorgibt dies zu tun. Von den Fluten, die keiner ahnt aka ahnen wollte, von der voreiligen Gewißheit: davon hatte der Schatten schon mehrfach gesprochen. Vorsichtig greift der Schatten nach den zwei Gefährten. Das finden die nicht so dolle. Springen auf …

…..

„Mahler. Was hat der Schatten gesagt?“

„Einiges!“

„Nur das von zuletzt!“

„Ähem … Dings … verschimmeltes Lachsbrot nochmal … „

„Konzentrieren Sie sich!“

„Es war ein langer Satz!“

„Auf!“

„Er meinte und da zitiere ich nicht wörtlich sondern lediglich in Fragmenten meiner Erinnerung, daß, hetzte man seine eigenen Dämonen den Anderen auf den Hals, man letztlich im Bunker landen würde und dann käme man da nicht mehr raus und schon wieder wäre Krieg und dies sei langweilig und öd und deshalb deshalb ist der Bunker doof und da drüben gäbe es ein anderes Gebäude, dahin sollten wir, an die Pforte und die alten Geschichten wieder reinlassen, aber genau hinschauen und und und an der Pforte saß man öfters schon einst und muß da immer wieder hin …  Ach! Ich verstehe das alles nicht!“

„Ich auch nicht! Aber auf die Pforte scheint mehr Sonne!“

„Der Bunker ist ganz, die Pforte kaputt!“

„Mahler, ein Grund mehr die Straßenseite zu wechseln!“

„Budnikowski! Sind sie ein Geist?“

„Möglich! Denken Sie an Hamlet.“

…..

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Kleben / Bilder / Gedanken / Schrank / 039

Freitag, 13. November 2020 11:46

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Oh, a storm is threat’ning my very life today

If I don’t get some shelter

Oh yeah, I’m gonna fade away

(M. Jagger/K. Richards)

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Der Schatten. Archibald Mahler kennt ihn. Kuno Budnikowski kennt ihn. Aber sie erkennen ihn nicht. Die Furcht trübt ihr Auge. Der Schatten ist gebeugt. Die Person, welche die zwei Gefährten hinter dem Schatten vermuten, hatte schon immer einen Hang zum Gebeugtsein, aber so gebeugt erinnern sie den Schatten nicht. Der Schatten schweigt. Dies ist keine große Hilfe. Im Rücken der zwei ein von der Nacht durchfrorener Schienenstrang. Gestrüpp wuchert über die Gleise. Wann hier das letzte Mal eine Lokomotive Waggons hinter sich her zog? Lange her, gewiß. Aber die Sonne wärmt als sei es ein April und kein November. Die Sonne blendet. Vorne blind und hinten kalter Pöter. Mahler fasst sich ein Herz und öffnet die Lippen. Soll der Schatten Schatten bleiben. Furcht ist gestattet, Angst trübt das Auge zusätzlich und ist zu vermeiden. Allein schon in Sachen Bärenehre.

…..

„Budnikowski, ich weiß zwar nicht, wo wir hier gelandet sind, aber hier sind wir.“

„Mahler, träumen wir oder bin ich Genosse im kalten Bett Ihres Winterschlafs?“

„Sein oder Nichtsein; das ist hier die Frage: Obs edler im Gemüt, die Pfeile und Schleudern des wütenden Geschicks erdulden oder, sich waffnend gegen eine See von Plagen, durch Widerstand sie enden? Sterben – schlafen – …“

„Sagen Sie ihrem Prinzen Hamlet, den Sie hier zitieren, daß der Hase gerne schläft, aber ungern stirbt!“

„Und zu wissen, daß ein Schlaf das Herzweh und die tausend Stöße endet, die unsers Fleisches Erbteil, ’s ist ein Ziel, aufs innigste zu wünschen. Sterben – schlafen – …“

„Schlafen! Vielleicht auch träumen! Mehr nicht! Basta! Mahler! Was ist mit Ihnen?“

„Was in dem Schlaf für Träume kommen mögen, wenn wir die irdische Verstrickung lösten, das zwingt uns stillzustehen …“

„Mir scheint, die Zeit steht still und mir ist kalt. “

„Daß wir die Übel, die wir haben, lieber ertragen als zu unbekannten fliehen. So macht Bewußtsein Feige aus uns allen; die angeborene Farbe der Entschließung wird von des Gedankens Blässe angekränkelt und Unternehmen, hochgezielt und wertvoll, durch diese Rücksicht aus der Bahn gelenkt, verlieren so den Namen Handlung.“

„Still! Sehen Sie. Der Schatten, er beugt sich hinab. Was tun?“

„Weg? Unterschlupf? Flucht? Standhalten? Ich weiß es nicht!“

„Sie sind wirr!“

„Budnikowski, Sie haben Recht. Mir ist, wir drehen uns alle im Kreis!“

„Scheint mir auch so. Wir waren hier schon mal! Mehr kann ich dazu nicht sagen!“

„Das Leben ist wohl ein Rundweg!“

„Ich finde in unserer jetzigen Lage ist die Philosophiererei nur bedingt dienlich, Mahler! Sehen Sie den Bunker dort drüben? Bewegung tut not!“

„Nun gut. Los also! Ein bißchen Schutz ist immer gut. Und vielleicht ist der Kasten beheizt!“

…..

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Kleben / Bilder / Gedanken / Schrank / 038

Mittwoch, 11. November 2020 15:33

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Mr trommle zu Hus und et blievt alles anders (su spricht hück Kölle)

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Die Arche MS BALD hatte losgemacht. Leider verfügen wir derzeit über keine Livebilder aus dem Bauch des Schiffes. Uns erreichen im Moment lediglich Meldungen widersprüchlicher Natur bezüglich der von der Arche gewählten Reiseroute. Straße? Schiene? Ähem, wo ist der Fluß? Zumindest ein Bach, der sich als Fluß ausgibt? Was wir verifizieren können: Bremsgeräusche. Und: Man vermeldet Unruhe im Bauch der MS BALD. Türen klappern, Türen schlagen, Türen fallen ins Schloß. Zwei Gestalten wanken ins Freie. Ein Schatten nähert sich ihnen. Morgen mehr. Jetzt ein Alaaf aus alten Tagen. Die Nächte bleiben weiterhin kalt.

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Kleben / Bilder / Gedanken / Schrank / 037

Montag, 9. November 2020 19:48

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Nässt der Regen flieg ich durch die Welt (City)

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Im Bauch der Arche MS BALD alle Vorhänge auf offen und die Leinwand leer. Leise rumoren die Motoren und vibrieren der Abfahrt entgegen. Ansonsten Leere im Bauch des Schiffes. Passagiere haben noch nicht Platz genommen. Wohin mag die große Fahrt gehen? Gar über den GROSSEN TEICH? Man munkelt dies könne sich wieder lohnen. Da drüben spiele man seit gestern nicht mehr nur noch Golf und Lügensolitaire. Andere weisen darauf hin, daß das Beurteilen eines Buches nach dem Blick auf den Umschlag weiterhin gewisse Gefahren berge. Wer liest schon sein Leben zu Ende? Die prominent platzierte Pappschachtel des Colonel Sanders ist leer, aber mittig. Im Hintergrund rattert laut eine Ankerkette. Rauf oder runter? Die Bordlautsprecher spucken ein Lied in den Bauch der Arche MS BALD.

…..

Land Ho.

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Zwei Passagiere haben Platz genommen im Bauch der Arche MS BALD. Wir kennen sie. Seltsames Licht. Blau und kühl. Die Türen stehen offen. Von rechts her Reste des Tageslichts, von links hineinflutend traumdunkle Nacht. Zwischenraum. Archibald Mahler und Kuno Budnikowski halten brav ihre Fahrkarten in die Luft. Warten. Kein Schaffner. Keine Mitreisenden. Bis jetzt. Und der Pappkarton des Colonel Sanders? Leer. Weiterhin mittig. Keine Fenster, aber zwei Bullaugen gewähren den Blick nach draußen. Der Regen prasselt unermüdlich wuchtig hinab. Doch ist der Bauch der Arche MS BALD erfreulich schallisoliert. Man muß nicht brüllen. Trotz des neuen Liedes welches in den Bauch des Wals gesungen wird.

…..

Am Fenster

…..

„Herr Mahler, was ist heute für ein Tag?“

„Ein Montag, glaube ich. Oder sonst einer.“

„Nee. Ich meine das Datum!“

„Budnikowski, meine Uhr ist beschlagen!“

„Mahler, konzentrieren Sie sich. Es gibt Tage und Tage!“

„Sicher. Heute ist so ein Tag.“

„Sie meinen: Datum!“

„Richtig. Der neunte November hielt schon einiges bereit. So und so!“

„Sind Sie jetzt Kabbalist?“

„Tja. Dreht man die Zahlen neun und elf, ist noch mehr möglich.“

„Mahler! Ich war noch niemals in New York!“

„Dann flieg ich in die Welt!“

„Ich würde gerne mitkommen!“

„Budnikowski! Machen wir!“

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Kleben / Bilder / Gedanken / Schrank / 036

Sonntag, 8. November 2020 12:05

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Extreme Arroganz kann katastrophale Folgen haben (Bob Dylan)

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Was hatten die zwei Gefährten erblickt? Etwa 400 Menschenmeter den Fluß hinab stand etwas, was sie bis die Tage noch nie bemerkt oder gesehen hatten. Ein neues gewaltiges Ding stand da am Ufer an dem sie saßen. Der Regen, der auf die zum Winterschlaf gestapelten Kanus prasselte und ihnen Schutz gewährte, machte ein Sprechen sinnlos und so schwiegen sie und schauten in die trübe, nasse Ferne. Ja, liebe Aufrechtgeher: Ferne! Denn 400 Menschenmeter sind umgerechnet etwa 5000 Bärenmeter (Halbmarathon!) und knappe 10000 Hasenmeter (Tagesreise!) und rechnet man den Regen dazu noch einiges mehr. Eine Hasenpfote und eine Bärentatze wiesen abwechselnd in die Luft und versuchten sich zu erinnern. Genau! 10 Jahre nun schon ist es her. Mehr als 10 Jahre. Ein heißer Sommer und Budnikowski trug noch stolz den Pöhlernamen Lütten Stan vor sich her und der Mahler schaute, mal verständnislos, mal wohlwollend zu. Dem Gepöhle. So saßen sie da einst vor einer griechisch – charmant zusammengebastelten Leinwand und freuten sich an einer damals jungen Mannschaft, die noch nicht so hieß, die Mannschaft. Ein paar Jahre später dann, der alte Inhaber des wunderbar aus der Zeit gefallenen Lokals war verstorben, hatten die Jungschen aus dem etwas maroden, aber charmanten Rhodos ein sogenannt angesagtes Aura gemacht, aus welchem diese – die gute alte hellenische Aura – ganz und gar ausgetrieben war, um es dann – die Umstände sind immer noch nicht geklärt – an einem eisigen Januarabend etwas ungeschickt mit Hilfe eines Schweißbrenners selber abzufackeln. Nun denn. Die letzten vier Jahre stand da ein Ruine, verkohlt, in sich zusammengebrochen, ragte sie wie ein verfaulter Zahn empor, unangetastet und vor sich hin modernd. Und nun dies. Die eben noch in die Ferne weisenden Pfoten und Tatzen rieben sich die Augen. Aha. Genau. Der Regen. Das Ding da. Fehlt nur noch der Berg Ararat. Die lange Gestalt, die ihnen zuwinkte, wohl auch zurief, was wollte sie? Nichts zu hören im Geprassel. Senkrecht fiel der Regen, schlug Blasen in die Pfützen, in den trägen Fluß. Das kann dauern. Die Flut? Hat der reichen Aufrechtgeher Arroganz es endlich geschafft? Die nächste große Flut? Zeit zu handeln, Zeit sich zu bewegen, Zeit miteinander zu sprechen. Man brüllte einander zu. Ein Anfang.

…..

„Was ist das, Mahler?“

„Wenn Geschichte sich wiederholt, eine Arche!“

„Wer winkt da?“

„Noah ist es nicht, die Silhouette kommt mir aber bekannt vor, Budnikowski!“

„Was machen wir?“

„Ich glaube, wir müssen los.“

„Und wenn wir ersaufen?“

„Dann haben wir es wenigstens versucht!“

„Aber Sie sind doch so müde!“

„Ich trage Sie, Budnikowski!“

„Warum kommt die Silhouette nicht uns holen?“

„Manchmal muß man den eigenen Pöter bewegen!“

„Wo die Arche wohl hinfahren wird, Mahler?“

„Falls da was fährt!“

„Haben Sie eigentlich das Schild bemerkt, was über unseren Köpfen hängt?“

„Ich ignoriere es schon seit einiger Zeit! Vorwärts!“

…..

Uns bleibt nichts anderes übrig als den zwei Gefährten die Daumen zu drücken. Manchmal ist man nur Beobachter, weder Taxi, noch Regenschirm und schon gar nicht in der Lage jemanden ans Ziel seiner Wünsche zu beamen. Oder doch?

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Kleben / Bilder / Gedanken / Schrank / 035

Freitag, 6. November 2020 11:43

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Menschen, die “mit dem Leben fertig werden”, sind eigentlich Unmenschen.

(Heinrich Böll)

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„Was ist das? Delphine im Winterschlaf?“

„Vielleicht die Antwort auf Ihre Frage, teurer Mahler!“

„Welche Frage? Nummer 56 oder Nummer 2525? Sie belieben zu scherzen!“

„Nein nur die aktuelle?“

„Sie meinen also, warum der reiche Aufrechtgeher in seiner dumpfen Gier sich eben das Sofa unter seinem ostipatösen Pöter wegzieht und so auch dem Rest der Schöpfung?“

„Nennen wir es einen Teilaspekt! Sie fragten nach der Querung, ich sprach von meinem lahmen Arm!“

„Auf dem Rücken des Delphins? Demnach bin ich ein Nachfolger Apollons und wurde von Ihnen ans rettende Ufer gebracht und bin so neu geboren?“

„Hätten Sie gerne! Stellen Sie den Delphin auf den Kopf und Sie sehen profane Kanus im Winterschlaf!“

„Dieses Kanu lastet mir auf Kopf und Schultern und Atlas mag ich nicht sein. Ich bin müde!

„Mit dieser übervollen Rübe, Meister Mahler, werden Sie aber auch nicht gut schlafen in diesem Winter!“

„Werde ich wohl nicht alleine sein! Wissen Sie an was ich immer hinhirnen muß, an den Ufern der Flüsse?“

„Na ja, gleich werde ich es ja hören!“

„Ob die Wasser trennen oder verbinden, frag ich mich. Ob die beiden Ufer einander fern und ferner werden durch das, was an ihnen vorüberzieht oder sie zum Gegenüber werden, nachsinnend über gemeinsam gesehenes Dahineilen und Vergehen? Ich weiß, bevor Sie hier eingrätschen, lieber Mats Budnikowski, die Frage ist keine Neue, genauso wenig wie die Welt eine Neue werden wird!“

„Ich denke, die Sicht der Dinge, Gautama Mahler, das ist Ihre Entscheidung!“

„Dies, um mir ein Geständnis zu entwinden, fällt dieser Tage sehr schwer.“

„Früher oder später wird es sich nicht vermeiden lassen! Selbst wenn die Kanus wieder erwacht sind und wir zurücksetzen könnten ans Ufer gegenüber, wird es nicht mehr dasselbe sein. Das Wasser schon gar nicht. Das liegt bis dann vor Helgoland, komplett versalzen und vom Wintersturm gepeitscht! Aber selbst, wenn Sie sich in naher Zukunft entschieden haben, werden Sie nichts wissen. Ist auch gut so! Bedenken Sie unsere heutige Überschrift!“

„Ja, der Herr Böll. Und: Sie haben ja recht, das nutzlose Wünschen!

„Bleiben wir erstmal hier! Werden wir schon nicht nass!“

„Und was ist mit dem doofen Ernst Albert?“

„Ich weiß es nicht!“

„Jetzt fängt es an zu regnen!“

„Heftiger als vermutet!“

„Wäre ich König von Deutschland …“

„ … wären Sie auch müde?“

„ … würde ich die Wettervorhersage abschaffen. Kaffeesatzleserei!“

„So ein Kanu über dem Kopf hat auch was Gutes!“

„Und ob! Sehen Sie das da hinten?“

„Ach Du grüne Neune! Ist es schon wieder so weit! No?“

„Ah!!!“

…..

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