LICHER, LAHMENTO UND NICHT NEUES VOR DER NASE ALS DER NÄCHSTE TAG

poesie9

Archibald Mahler sitzt unter seinem Schirm. Weiterhin. Der Schirm hängt da rum. Im Botanischen Garten. An einen Baum. Über dem Buch. In der schwülen Luft, die Fräulein Else Sommer in einer Art letztem und reumütigem Gefecht angesichts ihrer doch recht dürftigen Tätigkeit in den letzten Monaten über Mittelhessen rauschen läßt. Im Norden jedoch sammelt der Freiherr Gottfried von Herbst schon seine Truppen, Luftmassen prallen aufeinander, es knallt und scheppert und Bäume lassen Äste fallen und der Schirm tut gute Dienste. Archibald Mahler – und darauf möchte er hinweisen – hatte diesen Schirm nicht eingefordert. Kein Rettungsschirm. Das ist ihm gänzlich fremd: sich in selbstverschuldete Unmündigkeit begeben, das Vergessen feiern und nach Hilfe rufen, wenn der geplante große Wurf müde ins Seitenaus hoppelt. Ist ein Schirm aber aufgespannt, warum nicht runter und drunter kriechen? Heute sowieso. Das Gewitter rasselt aufs gespannte Textil und überhaupt, wie will man da neue Reime basteln? Außer vielleicht: ein gelassenes Dadada? Doch das hatte man schon. Wie man überhaupt immer und immer und wieder alles schon hatte und sich wieder und wieder und nochmals aufregt und aufplustert und lahmentiert und es ist alles unwahrscheinlich lahm und lahmer und dumm und wadenbeißig und beleidigt beleidigend, aber da macht der Herr von Lippstadt-Budnikowski sich gewiß einen Reim drauf, auf dessen Rückkehr der Bär sich freut heut’ und es ruckelt das erhitzte Hirn und hirnt weiter und wieder zurück und verharrt, verharrt beim letzten Wochenende, als die Kleine Häßliche Stadt ihr alljährliches “Fest” feierte, freudig erregt ihre Strassen und Plätze vermüllte und – und das hat der Bär immer noch nicht begriffen – auf den Turm einer Kirche Werbung für ein lokales Biergetränk projizierte. Das mußte Archibald Mahler sich noch mal durchs Hirn strömen lassen. Man hat drei Tage lang Werbung für das gar nicht mal schlecht schmeckende Licher – Bier auf den übriggebliebenen Turm einer im Zweiten Weltkrieg in Schutt und Asche gebombten Kirche projiziert. Glaubst Du das, Bär? Nochmal: Man hat drei Tage lang Werbung für das gar nicht mal schlecht schmeckende Licher – Bier auf den übriggebliebenen Turm einer im Zweiten Weltkrieg in Schutt und Asche gebombten Kirche projiziert. Archibald Mahler hätte gerne die Augen geschlossen angesichts dieser unendlichen Geschmacklosigkeit, aber wer den Bären kennt weiß, daß dies leider nicht möglich ist. Was war da noch mal? Man hat drei Tage lang Werbung für das gar nicht mal schlecht schmeckende Licher – Bier auf den übriggebliebenen Turm einer im Zweiten Weltkrieg in Schutt und Asche gebombten Kirche projiziert. In einer zivilisierten Aufrechtgehergesellschaft müßte das eigentlich als Rücktrittsgrund für das Stadtoberhaupt ausreichen! Würg! Und dann auch noch der Lahm! Aber das erledigt dann Lippstadt – Budnikowski. Und was ist mit dem Reim? Weia! Nun, vielleicht ist die Welt heute einfach nur eine Wespe.

Sommer der Wespen Oder Denken bei Tiefdruck

O Ausgeburt des berstenden Schlamms ausgetrockneter Lenztümpel

Plage unablässige forderst Du Gelassenheit

Auf der letzten Seite der Zeitungen die Wetterkarten

Isobaren schlingernd vor dem brennenden Auge

Nichts als das Echo einer verglühten Erwartung

Fuchtiges Wedeln und im Limonadenglas summt sich

Eine Wespe ins Jenseits

Das Glas verschüttet auf dem glühenden Asphalt

Wie schnell es plötzlich dunkel wird

Rechts und links der Stirn

Übers Denken des Herrn Mahler ist es dunkel geworden und der Bär faßt sich an den Pöter und zusammen: Der eine Elfmeter wird gepfiffen und der andere Elfmeter nicht. Dann ist er auch keiner. Aber der morgige Tag, der ist neu.

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Autor: Christian Lugerth
Datum: Donnerstag, 25. August 2011 23:14
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