Beiträge vom 18. September 2011

WASTELANDS ODER VON TÄGLICHEN BAUSTELLEN DES MORALISCHEN / ACHT

Sonntag, 18. September 2011 15:08

moral08

„Und Gott segnete den siebenten Tag und heiligte ihn, darum daß er an demselben geruht hatte von allen seinen Werken.“ Oder wie man einstens rief: „Sonntags gehört mein Hirn mir!“ Pustekuchen und Potzrembel die Waldfee! Archibald Mahler fand die Ruh’ nicht zur Ruh! Ja, Freunde des Betrachtens: die Kastanie ist es. Noch und wieder! Der Schmerz und die Dumpfheit sind verflogen, doch es bleiben die Fragen. Man erkundigt sich beim Bären, woher die Kastanie, wann die Kastanie, mit welcher Wucht die Kastanie, ob sie denn selbstständig oder geworfen, beschleunigt oder ihr unschuldiger Flug ans Hirn des Bären abgelenkt wurde von fremder Macht, ob der Bär gar simuliere und Lustlosigkeit am Denken ihn diese Kastanie gar freudig begrüßen ließ, er sich im Leide einrichte und so willkommenen Rückzug feiere, ob denn die Ärzteschaft geschaut und bewertet und befunden und vielleicht nicht doch besser es wäre, wenn er anvertraut einem Spital und dann das Gewissen noch, das eigene, schlecht gestimmt ob des verpaßten Tuns und letztlich auch, ob er denn nun gefasst, ob es ihn gäbe – nun wen? -  nun ja den Schuldigen, den Kastanientäter und würden denn nun die Warnschilder endlich aufgestellt. Man bezahle schließlich Steuergelder. Auf jeden Fall die Stirn der Fragesteller ernst gefurcht und Archibald Mahler sorgt sich also mit, emphatiert mit dem Mitleide ob seines Leidens und verfaßt eine kurze Pressemitteilung.

„Also: Doppelpunkt: Wie die Woche letzten Montag begann und die Kastanie des Abends fiel mit Wucht auf meinen Schädel, hat es weh getan. Sehr weh. Jetzt ist es vorbei. Die Kastanie kam von oben. Das weiß ich. Genauer von hinten und oben. Warum? Fragen Sie die Kastanie. Was ich weiß: die Luft stank nach Adrenalin an jenem Montagabend. Ich hatte kurzfristig die Warnungen meiner für ihre Empfindlichkeit durchaus bekannten Nase in den Wind geschlagen. Dem Wind war das egal, er pustete und dann fiel die Kastanie und ich kurz um. Aber ich habe mir noch keinen Helm gekauft. Vielleicht leihe ich mir morgen einen Schirm. Die sind ja zur Zeit in Mode und versprechen Errettungen aller Art. Jetzt muß ich aber wieder denken. Oder erst mal hinschauen. Vielen Dank den Nachfragern, aber vom Weh zu reden ist einem Bären Pein!“

Archibald Mahler schaut nach oben. Ein wenig zwanghaft, gewiß! Der Wind weht. Äste schwanken, Früchte blicken sehnsüchtig gen Boden. Gravitation rules ok! Ein bißchen fühlt der Bär sich heute noch wie ein Erdmännchen auf Wachposten. Alles Gute käme von oben, wird gesagt. Archibald zweifelt! Vielleicht sollten die Götter doch an den Tischen der Erdbewohner Platz nehmen und was oben ist, bleibe oben. Regentropfen fallen. Kühle Luft beißt in des Bären Pelz. Das gefällt ihm. Den zwei Aufrechtgehern mit den Schaufeln, die auf der anderen Seite des Schlammloches vor sich hinquatschen, offenbar nicht. Weg sind sie. Sie hinterlassen die mitgebrachten Warntafeln. Archibald Mahler kneift die Augen zusammen. Was vermelden die Warntafeln? Nee? Nicht wirklich? Aber lustig ist es schon, was da steht. Archibald Mahler nimmt drei Kastanien vom Erdboden auf und beginnt zu jonglieren. Ganz langsam. Ganz vorsichtig. Wenn eine runterfällt, gibt er sich selber ein Schälchen Met aus. Versprochen! Uff! Cheerio!

Thema: Wastelands | Kommentare deaktiviert | Autor: Christian Lugerth