HERR MAHLER VARIIERT ÜBER ENTEN 8

enten7a

Und dann fällt Archibald Mahler noch etwas ein. Was die Mimen immer gesagt haben. Oder gesucht haben eine ganze Zeit lang: die „Figur“. Was meinen die eigentlich damit? Dick war keiner von denen, also eine Art von Diät kann es nicht sein. Und die haben nicht nur diese Figur gesucht, sondern auch noch die “Haltung” von so einer Figur. Was soll das denn bitte sein? Man hält den Kopf hoch, oder eben nicht, kann auch die eine oder andere Tatze in die Luft halten – nicht zu lang, denn der Herbst kommt und man will ja noch Energie sparen für den langen Winter – und dann kann man darüber nachdenken, ob man mit der rechten oder linken Pfote sich am Pöter kratzt. Eigentlich Wurscht wie Lachs, wichtig ist, daß gekratzt wird. Und in Indien da stehen die Aufrechtgeher stundenlang auf einem Bein, um schneller denken zu können. Extreme Haltung. Dann sehen sie aus wie eine Figur, die man sich wegen der künstlerischen Gestaltung des Wohnraumes auch mal auf das Regal platziert und stellt damit seine offene Haltung in Bezug auf die Künste allgemein zur Schau. Aber zurück in den Musentempel. Diese Figur also, soviel hat Archibald Mahler verstanden, soll wohl jener Aufrechtgeher sein, den man dann sieht auf der Bühne. Das heißt: eine spezielle Ausgabe oder Ausformung des originären Aufrechtgehers. Also der Aufrechtgeher, der der Mime ist, will ein anderer Aufrechtgeher sein, eben jene Figur und die braucht, um eine Figur zu sein eben: eine Haltung. Und das würden dann die zuschauenden und zahlenden Aufrechtgeher sehen. Komisch, der Bär hat das nicht gesehen. Weil, wenn ein Mime eine sogenannte Figur war, sah er genau so aus wie davor. Gut, er mal einen Hut aufgehabt oder eine Krawatte am Hals oder eine Banane in der Hand. Aber sonst: klar zu erkennen war er als der, der er zuvor war. Und den Kopf mal nach rechts oder links drehen, wo ist da die Haltung? Das macht man doch, wenn man rechts was sehen will, wenn von links einer spricht. Nur eines fiel Archibald Mahler, Bär mit hörenden Ohren, gelegentlich auf: wenn die Mimen die herbeigesehnte Figur waren, haben sie nicht mehr wie normale Aufrechtgeher miteinander gesprochen, sondern so komisch gestelzt und betont. Wahrscheinlich wie Figuren mit Haltung. Das wollte der ehrenwerte Herr Albert aber nicht und hat genölt. Archibald Mahler mochte das auch nicht. Und eines Morgens kamen die Mimen und dann hat man sich unterhalten, alle vom Herr Mamet aufgeschriebenen Worte gesagt (außer natürlich diejenigen, die der Herr Albert weggestrichen hat), die Requisiten pfleglich behandelt und den Kopf oben gehalten. Und Mime und Aufrechtgeher und alles war eins und auch das andere. Und es machte Spaß zu hören und zu sehen, was dort geschah im Schilf. Die Figuren waren wohl des Nachts in die Lahn gefallen. Ob das alles so seine Richtigkeit hat? Archibald Mahler denkt noch mal drüber nach. Dabei macht er eine gute Figur. Hält den Kopf hoch. Aber wissen können tut er es nicht. Denn er ist und bleibt ein Bär und nur ein Gast auf dieser Welt und also auch im Musentempel.

Tags »

Autor: Christian Lugerth
Datum: Mittwoch, 12. Oktober 2011 18:29
Trackback: Trackback-URL Themengebiet: Musentempel

Feed zum Beitrag: RSS 2.0 Kommentare und Pings geschlossen.

Keine weiteren Kommentare möglich.