Mahler sammelt Grenzerfahrungen und andere Familiaritäten oder schaut nur auf den See (3)

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Die Sonne scheint auch heut. Das ist gut. Und es ist noch wärmer geworden. Muß man sich fast schon wieder dran gewöhnen im Frühherbstsommer. Archibald Mahler war in die richtige Richtung gekippt. Links, gleich ums Eck – so sagt man hier – liegt der See. Nahocke und schaue. Da vorne ist die Rheinbrücke. Da drüben ist die Seestrasse. Und linker Hand schräg das Inselhotel. Das erste zu besteigende Haus am Platz. Einst kam es als Kloster zur Welt. Domikanerkloster. Bescheidenheit. Die Münsterglocken schweigen mittlerweile. Noch aber wird geheiratet. Im Inselhotel wird seit einigen Stunden weitergeheiratet. Archibald Mahler fällt auf, daß die gesamte Hochzeitsgesellschaft eine seltsame Sprache spricht. Fremd. Fürchterlich fremd. Woher soll der Mittelhessenbär wissen, daß dies Schwyzerdütsch ist? Dürfen die das? Hier grenzüberschreitend heiraten? Wahrscheinlich schon. Aber ist das eigentlich nicht ganz fürchterlich schade? Mahler liest nochmal Budnikowskis Postkarte. Er denkt. Und denkt nach. Der See grinst ihn an und ist unschuldig und schön. Ja, es ist ganz fürcherlich schade. Wer seine Heimat vor dem ersten Hahnenschrei verrät! Archibald Mahler kratzt sich am Pöter. Da ist keine Hose und kein am Pöter klemmender Geldbeutel, welcher des Bären Herz korrumpiert. Glück gehabt! Trotzdem! Der kehlige Singsang der Hochzeitsgesellschaft klingt unangenehm, wie er so über den allzu hübschen See hinweg poltert und singt. “Strafe muß demnach sein.” Nein! Sowas würde der Bär – noch immer Gast am See – niemals denken. Oder doch? Diesseits der Grenze aber kassiert der diesseitige Einheimische und klagt und jammert. Archibald Mahler wiederum ist froh drum, hier noch eine ganze Zeit verweilen zu dürfen. Vieles gilt es noch zu begreifen.

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Autor: Christian Lugerth
Datum: Dienstag, 18. September 2012 1:14
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