Beiträge vom 25. September 2014

Appenzeller Vergewisserungen / Der Vergleich

Donnerstag, 25. September 2014 16:54

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(Der Säntisgipfel eben noch umwölkt, vernebelt, zeigt sich in voller Felsenpracht. Zu seinen Füßen silberblau, strahlend klar, durchsichtig bis auf den Grund, spiegelt der Seealpsee freien Himmel und zurückgekehrte Sonne. (So ein pseudoliterarischer Schmonzes. Die Sonne ist immer. Ja. Der Säzzer!) Mahler, Budnikowski und der Rest strecken Bein und Wade aus. Milchsäure schießt in die Muskelfasern. Mägen knurren. Wunderbar, das alles.)

„Teurer Hase, mir ist leicht und warm und generell und erinnert das hier nicht auch Sie an…“

„Geschwiegen, Bär. Keine Vergleiche. Hier!“

„Oh, verzeihen Sie bester Budnikowski. Eine Frage am Rande dieses kleinen Sees nur: wo ist er, der Ihnen eigene Zungenschlag der letzten Tage? Das Hömma – Syndrom perdu?“

„Herr Lippstadt – Budnikowski von und zu Datteln war lediglich eine Kunstfigur. Sie stürzte – von Ihnen unbemerkt – beim vorherigen Abstieg eine Felswand hinab, fiel in einen Bach und wird bald den Rheinfall bei Neuhausen runterpoltern. Sie verschied ungeheuer friedlich. Und mir ist leichter ohne Bälle am Hals.“

„Und wie heißen Sie jetzt?“

„Wie immer schon: Kuno Zimmermann.“

„Ist hier Bitterkeit? Oder Dünkel gar?“

„Iwoh, weder noch! Mir war etwas zuviel geworden und mein Hasenherz verträgt gewisse Aufregungen nicht mehr. Nichts von Bedeutung. Verträge laufen aus. Beziehungen enden. Bäume werden gefällt. Man stirbt. Es ist wie…“

„Keine Vergleiche, Mister Zimmermann!“

„Gewiß, man soll nicht auf die fremden Teller schielen!“

„Schaffen wir besser die Speisekarten ab?“

„Sofort. Gegessen wird, was auf den Tisch kommt. Gilt übrigens für weit über 80% der Weltbevölkerung.“

„Nicht ganz so radikal. Vielleicht eher wie in einer kleinen und freundlichen Taverne. Der Koch kommt an den Tisch, sagt an, was die Küche heute zu bieten hat, spricht Empfehlungen aus und man läßt sich darauf ein. Fertig!“

„Nicht das letzte Wort. Trotzdem: Hunger! Durst!“

„Genau! Hunger! Durst!“

(Zwei einladende Alpengasthäuser am Ufer des Seealpsee. Zwei Speisekarten. Weia! Eine Terrasse da. Die andere Terrasse auch da. Einerseits. Aber? Sonne hier. Schatten da. Die einen und die anderen stehen und sitzen mal hier, mal da. Aber die Forelle da drüben oder die hier? Die Preise? Ob man noch mal drüben? Scheißegal! Schweizer Franken, da ist eh alles sauteuer. Hinsetzen. Guter Tag. Kommt nicht wieder so und niemals zurück. Noch nicht mal ähnlich. Wie war das noch? ‚Das Vergleichen ist… (Jaha! Danke! Kapiert! Schnauze! Der Säzzer) Zum Bestellen eines Bieres braucht es keine Speisekarte. Und dann das heutige Lied noch!)

„Zimmermann, haben Sie gehört, wie da jemand kurz vor Liedbeginn ruft: ‚We Want CREAM!’?“

„Eben! Eine einzelne Stimme ruft: ‘We!’ Wandernde Schatten! Sie sind überall!“

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Thema: Appenzeller Vergewisserungen | Kommentare deaktiviert | Autor: Christian Lugerth