A. Mahler macht sich selbstständig / Rettung
Sonntag, 25. Januar 2015 18:44
Bären haben gute Ohren. Wenn der heimwehkranke Lachs an Vancouver vorbei schwimmt, merkt jeder Bär auf, vernimmt Flossenschlag vor Kalifornien und setzt sich schon mal an die Stromschnellen des Yukon – River. Bären haben auch gute Nasen. Wenn ein Aufrechtgeher auf irgendeinem Campingplatz zwischen Wyoming und Kamschatka sein Wurstbrot auspackt, geht der hungrige Bär schon mal los, denn auf des Aufrechtgehers Dummheit ist Verlaß. Des gemeinen Bären Augen schwächeln jedoch. Dies durfte schon mancher Aufrechtgeher erfahren, der verwechselt wurde mit einem allzu forschen Nebenbuhler, den es galt in die Schranken seines Reviers zu verweisen. Mit einem herzhaften Hieb. Oder Biß. Archibald Mahler nimmt Witterung auf, mit gespitztem Ohren.
Herr Kuno von Lippstadt – Budnikowski hatte sich in Mittelhessen gelangweilt, als er ein Rentier traf, welches der Weihnachtsmann auf einem uns bekannten Hinterhof geparkt und vergessen hatte, während er die erfolgreich absolvierte, flächendeckende Beschenkung mit etwas zu viel Punsch mit Schuß begossen hatte und die Vergeßlichkeit ihn anfiel. Ob nun auf dem Rückflug fünfzehn oder sechszehn Rentiere den Schlitten in die Luft erheben, das gemüdete Auge nimmt das nicht wahr. Jule Annika Haderströmsen – so der Name des Ren – war also höchst erfreut, als der Hase sie bat, ihn ein Stück des Weges Richtung Norden mitzunehmen. Als aber nun die kleine Reisegemeinschaft die Förde querte, genauer gesagt überflog, der Hase inständig auf eine Zwischenlandung bestand, das fliegende Nordtier aber entgegnete, daß ein nicht eingeplanter Stopp plus Erdkontakt leider verhindere die zur Querung der Ostsee nötige Flughöhe wieder zu erreichen und zudem die Alternative – die Fähre Kiel – Oslo – bis Ende Januar auf Trockendock läge und sie – die Dame Jule Annika Haderströmsen – keine allzu verspätete Rückkehr riskieren mögen wolle, denn die verkatert schlechte Jahresanfangslaune des Weihnachtsmannes sei Legende und außerdem liebe sie ihre Arbeit und selbst in Skandinavien sei Arbeitslosigkeit kein Salzstockschlecken. So warf sie den Passagier ziemlich genau über Kiel – Möltenort ab. Budnikowski segelte hinab und segelte. (In diesem Zusammenhang sei kurz erwähnt, daß Herr Budnikowski vor nun bald zehn Jahren in Acapulco eine erfolgreiche Karriere als Felsenspringer hingelegt hatte, welche er leider auf Grund einer bösartigen Kaktusstachelinfektion beenden mußte. Doch diese alte Geschichte gilt es an anderer Stelle zu erzählen.) Es segelte also und segelte der Budnikowski, doch ein fieser ablandiger Wind drückte ihn hinaus auf die Förde und sein anvisiertes Ziel, das Marineehrenmal, verschwand hinter seinem Rücken. Wenn ein wütender Westwind die Sturmflut in den Hamburger Fischmarkt drückt, zieht er zur gleichen Zeit das Wasser aus der Förde in die Ostsee hinaus. Des Hasen Glück und dann schwamm vorbei Rigobert Arjensen, der Robbenlotse.
Bären eignen sich nicht zum Rettungsschwimmer. Sie sind und bleiben Solitäre. Aber wenn die Klimaverschiebung einem den Winterschlaf raubt, kann man ja mal was anderes ausprobieren. Also greift Mahler zum Rettungsring, er der kürzlich sich noch sehnte nach Hotel und heißer Badewanne, haut sich todesmutig in die Fördefluten, Wind peitscht, Möwe stürzt, Lotse stoppt, Maschinist flucht und ein Bär kreuzt die Förde Richtung Möltenort. Ein Blick hinauf zu den Sternen. Fliegt da ein Rentier? Ohne Schlitten? Leuchtet die Nase? Skol!
Thema: Aufbrüche 2015, Kieloben | Kommentare deaktiviert | Autor: Christian Lugerth