Vom Notwendigen und den Angeblichkeiten / 5

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„Wert über Bord, Wert über Bord!“

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Und also stellte der Löffelträger Herr Kuno von und zu Budnikowski aka Lütten Stan dem bekennenden Kamschatkaner und Weggefährten Archibald Mahler aka Bär vom Brandplatz eine Frage an einem dieser häufigen Tage, da es vom Himmel herab grau und  trostlos dräute, feucht, windig, die Stimmung herumkellerte, trotz allgemein verbreitetem Schimpansengrinsen und den Fensterredebedürfnissen.

…..

„Hier, Bär, watt iss uns über Bord gegangen?“

„Einiges!“

„Kriegt man datt noch aussem Wellental gezogen? Und wat iss mit unsere Fähigkeiten in Sachen Wiederbeatmung?“

„Gut, daß Sie keine Wiederbelebung einfordern. Da sähe ich dunkelgrau!“

„Isset so schlimm?“

„Schlimmer!“

„Iss dat getz Stimmungsabhängigkeitswut oder Ergebnis vonne gelassene Nachdenklichkeitsarbeiten?“

„Beides!“

„Hömma hier, kannet sein, dat man Ihnen heute die Wörters und Silben im Einzelnen ausse ehrenwerte Bärennase ziehen muß?“

„Eventuell gewiß!“

„Aber nich dat dat Virus Sie inne Mangel hat!“

„Bin ich Aufrechtgeher?“

„Na immerhin drei Worte und ein Satzzeichen, wat ich hören tun kann! Also, wat schwimmet da inne bewegte See und will sinken hinab?“

„Oho! Man lyriert!“

„Sach wat, Du Heiopei!“

„Die Solidärität! Die Empathie!“

„Aber getz sind doch die Aufrechtgeher auch gerne solidarisch auffe betroffenen Marktplätze! Selbst führende Bayern aus Franken!“

„Allen Göttern sei Dank und den aufwachenden Gehirnen vielleicht. Sonst: Schiller!“

„Hä?“

„Zurück, Du rettest den Freund nicht mehr!“

„Aber datt Gedicht tut doch gut ausgehen!“

…..

Für den Textunkundigen und die Lyrikfernen hier nur die letzten fünf Strophen der Bürgschaft:

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Der Reim zum Tag / V

»Zurück! du rettest den Freund nicht mehr,

So rette das eigene Leben!

Den Tod erleidet er eben.

Von Stunde zu Stunde gewartet’ er

Mit hoffender Seele der Wiederkehr,

Ihm konnte den mutigen Glauben

Der Hohn des Tyrannen nicht rauben.«

»Und ist es zu spät, und kann ich ihm nicht

Ein Retter willkommen erscheinen,

So soll mich der Tod ihm vereinen.

Des rühme der blutge Tyrann sich nicht,

Daß der Freund dem Freunde gebrochen die Pflicht,

Er schlachte der Opfer zweie

Und glaube an Liebe und Treue.«

Und die Sonne geht unter, da steht er am Tor

Und sieht das Kreuz schon erhöhet,

Das die Menge gaffend umstehet,

An dem Seile schon zieht man den Freund empor,

Da zertrennt er gewaltig den dichten Chor:

»Mich, Henker!« ruft er, »erwürget!

Da bin ich, für den er gebürget!«

Und Erstaunen ergreifet das Volk umher,

In den Armen liegen sich beide

Und weinen für Schmerzen und Freude.

Da sieht man kein Auge tränenleer,

Und zum Könige bringt man die Wundermär,

Der fühlt ein menschliches Rühren,

Läßt schnell vor den Thron sie führen.

Und blicket sie lange verwundert an.

Drauf spricht er: »Es ist euch gelungen,

Ihr habt das Herz mir bezwungen,

Und die Treue, sie ist doch kein leerer Wahn,

So nehmet auch mich zum Genossen an,

Ich sei, gewährt mir die Bitte,

In eurem Bunde der Dritte.«

…..

„Soll ja das Lieblingsgedicht der Germanenchefin sein!“

„Wat heißt dat getz?“

„Der Hoffnungslosigkeit die Hoffnung vor die Füße pfeffern!“

„Dat iss aber anstrengend, woll!“

„So ist es!“

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Autor: Christian Lugerth
Datum: Donnerstag, 27. Februar 2020 15:48
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