Beitrags-Archiv für die Kategory 'Dichtung der Wahrheit'

MDdW / Heute von versöhnter Verschiedenheit

Montag, 1. April 2013 17:20

DW26

kein zimmer frei

tritt ein und nein nicht von dir nachdem

ins schloß die tür

das schloß nicht dein und frei

die tür fiel ins schloß

das schloß nicht dein

man sagt die neuen herren trampeln

trampeln durch die vorsichtig und

auf ewigkeit getrimmten

und konzipierten

gärten wie wildschweine dir

oh alter sack und wanstigkeit

oh geheimrat

willst du vergangenheit verhärten

der garten wächst doch du mein dichterfürst du

zwar angelegt geharkt und das restleben geparkt

im garten weiter warten

noch ein stück bis sich der kopf erhitzt und

platzt und stürmt und drängt

wer sich zwängt ins lebenskorsett

atmet weniger

ich bin dein

und geist deines zimmers

österlich’ wohngemeinschaft

verschieden in frieden

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MDdW / Studierzimmer / Des Mahlers Bedenken

Montag, 1. April 2013 13:05

DW25

Der Fels war weggerollt gewesen / der Bär trat ein / es schien ihm / er sei nicht allein / und sprach drum so: / “Soll ich mit dir das Zimmer teilen / Pudel, so laß das Heulen / So laß das Bellen / und reiche die Fernsehzeitung dem bärigen Gesellen / Ob einer muß die Zelle meiden / wenn Enge in Begegnung kriecht / jede Antwort strenge riecht / bevor man eine Frage stellte / ungern heb’ ich das Gastrecht auf / bevor ich selber eingerichtet / im fremdem Raum / in fremder Stadt / es hängen Bilder an der Wand / alte Erzählungen wohlbekannt / man wäre gerne fortgerannt / doch sitzt bald über andrer’ Leut’ Geschicht / fettleibig grinsend zu Gericht / das soll man nicht!“ / Zum wem er spricht? / Ist es ein Schatten? / Ists Wirklichkeit? / Trägt Budnikowski ein luftiges Sommerkleid? / Vier Augen schauen ihm fordernd und frei / ins Bärengesicht / Geister und Larven eilen herbei / Peitschen, die knallen und rasselnde Rätschen / heut hüpft ein Herz / und draußen tanzet ein Mädchen / der Herr singt vom nahenden Lenz. / Es rieselt sacht / der Bär zog ein die letzte Nacht / der Ofen brodelt, zischt / und morgen dann ein andrer spricht.

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MDdW / Studierzimmer / Budnikowski als Pudel

Samstag, 30. März 2013 18:25

DW24

Sei ruhig, Mahler! Renne nicht hin und wider! / an der Schwelle was schnoperst du hier? / Leg dich hinter den Ofen nieder, / mein bestes Kissen geb ich dir. / Wie du gestern und all die vergangenen Tage / durch Scharren und Murren ergetzet uns hast / und was ich nur krummen Fingers dir winke, / uns manchmal auch leidlich verärgert hast. / Ach, wenn in unsrer engen Zelle / die Wärmelamp’ freundlich dann brennt, / morgen wird’s in der Bärenseel’ helle / auch wenn man sein eigenes Herz nicht mehr kennt. / Vernunft braucht nicht sprechen, / es reicht wenn sie vorhanden / fällt der Erlöser vom Kreuz, / dann weich soll er landen. / Drum knurre nicht, Mahler, / dem Gretchen es graust / am Montag nach Ostern / erscheint sie zerzaust. / Und alle die’s wissen, so reimen sie schon: / „Mahler, wie hältst du’s mit der Religion?“ / Vom Guten und Schönen kein weiteres Wort, / Hoffnung bleibt knospenlos, / Mahler, was ist das bloß! / Welt, kalter Ort! Fort! / Und morgen wird es Ostern / selbst in unseren Klostern! / Dann füllen wir den Bauch! Auch! / Ihr angestrebt’ Zimmer werde ich heizen / mit Wort und Wärm’ und Lieb’, / ohne zu geizen! / Die Ungeduld ist ein Dieb! / So bleib sie uns gestohlen!

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MDdW / Des Mahlers Passione ist nicht ohne!

Freitag, 29. März 2013 14:48

DW23

Der heutige Tag ist ein Tag, aber auch ein Tag, an dem in sich geschaut wird. Der Eine und ein Anderer tun dies auch. Mahler kann es gewiß. Die Welt ist ihm ein ewiges Gefängnis, Erlösung ein wunder Traum, da man nicht geschaffen für ewiges Glück, nur für das unendliche Versuchen. Mahler umfaßt die Stäbe seiner Gitter und spürt, wie sie sich in seinen Pratzen erhitzen. In solchen Momenten gibt es auf dieser Welt für Mahler nur den Dichter Samuel Beckett. Dem Karfreitag ruft der Denkbär folgende Worte entgegen, entliehen dem Lieblingspoet! Leset:

was würde ich tun ohne diese Welt ohne Gesicht ohne Fragen

wo Sein nur einen Augenblick dauert wo jeder Augenblick

ins Leere fließt und ins Vergessen gewesen zu sein

ohne diese Welle wo am Ende

Körper und Schatten zusammen verschlungen werden

was würde ich tun ohne diese Stille Schlund der Seufzer

die wütend nach Hilfe nach Liebe lechzen

ohne diesen Himmel der sich erhebt

über den Staub seines Ballasts


was würde ich tun ich würde wie gestern wie heute tun

durch mein Bullauge schauend ob ich nicht allein bin

beim Irren und Schweifen fern von allem Leben

in einem Puppenraum

ohne Stimmen inmitten der Stimmen

die mit mir eingesperrt

Draußen hört man den Hammer klingen und das Kreuz knirscht unter den unchristlichen Schlägen. Der Vorhang zerreißt im Palast des Statthalters und man wäscht seine Hände in Unschuld. Das können wir auch und werden weiter es tun. Morgen schaut Mahler in einen anderen Raum. Vielleicht mag er dort einziehen.

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MDdW / Im Ostwind eine Wahrheit?

Sonntag, 24. März 2013 18:17

DW22

Kalt pfeift es und Fell sträubt sich dichtend / dem Wind ist es schnurz / man läßt einen Furz / das Haupthaar sich lichtend / und gestern bleibt gestern / dreh deinen eigenen Western / in porösen Stiefeln / alte Wahrheiten miefeln / ich hab doch schon immer / schales Gewimmer / gewußt und erwähnt / die Gegenwart gähnt / an einer Mauer man lehnt / die längst schon gefallen / im eigenen Hirnsaal die Einwände knallen / wie Hiebe von Peitschen am Hals toter Pferde / begrabe die Wahrheit in faulender Erde / und lege dein trauriges Ego daneben / auch ohne Dein Zutun / die Erde wird beben / über den eigenen Scheitel rollt grinsendes Leben / vergesse nur nicht für die Rente zu kleben / denn sonst wird es teuer / es sei denn die Steuer oder Mama und Papa / vielleicht sind sie da noch / klage nie ohne Zweck / der Ostwind pfeift weiter / doch der Lenz rennt nicht weg / er sitzt seiner Wanstigkeit seit Wochen im Nacken / die Faust wird geballt / morgen wird er ihn packen / doch hacken wir besser noch Holz / statt von Rosen zu träumen / eine Ahnung von Wahrheit / gibt’s nur ohne zu schäumen? / Hoch lebe die Wut!

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MDdW / Freiheit egal iss heut’, Fraternité? Nee!

Samstag, 23. März 2013 17:54

DW21

so dem mahler freigestellt ward

zu schweigen

frei er war und weil

gestern hatte er als er aufgestanden

beschlossen was und war er weg darauf

eisbachend osternglockend lockend

und so hängt man über und allein

herum und dumm

was gestern war geschehen

wir können es verstehen

wir müssen nicht

ein kurzgedicht

hallt nach und von der mauer putz der

bröselt löselt und so staubt’s

und mosert man

gelegentlich und

häufig läufig häuft man haufen auf und auf und

immer noch doch wieder

gerne wäre ruhe eingezogen

das trommelfell trommelt

alles andere gelogen und gesogen

aus klammen fingern wunderbar

(rettet die east side gallery! hihi!)

noch was?

i feel free

von cream

so hang on to – genau

mehr dann sonntags

weiter kalt

aua

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MDdW / Herr Beckett, Sie übernehmen, please!

Dienstag, 19. März 2013 13:34

DW20

Wir nehmen an, daß die Narzissen heute Samuel Beckett hießen und daß das geschwoll’ne Geheimratgezeter dem Bären vorbeirutscht am frierenden Pöter und das Warten so bleibt, als wär’s sich selbst genug, frierend, aber durchaus klug:

Stell dir vor wenn dies

Eines Tages dies

Eines schönen Tages

Stell dir vor

Eines schönen Tages dies

Aufhörte

Stell dir vor

Und ein Lächeln eilt herbei im zitt’rigen Flug, bis die Falten des Maules sich spannen und breit bis zum Schmerz, entquillt heizendes Lachen dem kalten Herz:

Bis zum Äußersten

Gehen

Dann wird Lachen entstehn

Mit Euch, Herr Beckett, zu sinnieren ist, trotz überlaufend’ Regentonne, stets mir:

Eine Sonnenwonne!

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MDdW / Vor dem kalten Tore man wartet

Sonntag, 17. März 2013 18:16

DW19

Vom Eise befreit? Dazu nicht mal ein Wort zur Zeit, denn Strom und Bäche künden von des Lenzen’ Schwäche, gluckern kühl und trübsalzäh. Winters Faust deckt braune Flur mit unerbittlichlich’ Weiß, Kranich kehrt und wendet und ihm schwindelt, alles Streben zarter Triebe wartet, es wandeln frierend Aufrechtgeher aus dem hohlen, finstren Tor, erkältet krächzt der Engel Chor, die Auferstehung wird verschoben, der Tag entgraut und ihn zu loben, fällt bestenfalls dem Teufel ein, doch selbst sein glühend’ Pferdefuß verlöscht in einem Regenguß. Man putzt nicht sich heraus, man putzt verschlammten Schuh, blickt nassen Auges auf der Stadt Getümmel, sucht hinter Wolken einen Himmel, ungläubig flüstert groß und klein: Wo ist der Lenz? Bitt’ ihn herein! Und auch Herr Mahler wär’ bereit, das Willkommenstuch zu hissen. Vielleicht tun’s die Narzissen, vielleicht auch können Osterglocken den späten Bengel locken, den Schritt nun eilend zu gestalten, mag er bald Einzug halten. Doch solang die Wolke weint: Warten ist die wahre Zeit.

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MDdW / Phantasie oder kühner Flug auf der MZ

Samstag, 16. März 2013 17:50

DW18

Wenn Phantasie sich sonst mit kühnem Flug und hoffnungsvoll, springt sie noch an die gute, alte MZ? Wenn ich nur einen Sturzhelm hätt` am Hirn. Ob ich ihn brauch’ im Zeitenstrudel, wo manches scheitert, Sorgen nisten, tiefe Herzen, geheime Schmerzen? Gib Gas, wo weilt der Has’, oh Mahler, wo? Den Göttern gleicht man nicht, das wurde schon bemerkt, der Aufrechtgeher zwergt so gerne doch und wurmt und staubt und trotzdem, er glaubt stets doch am Tisch der Götter Supp’ zu schlürfen und trödelt, tausendfach voll Tand, von der Jugend voll Versprechen ins taumelnd’ traurig Gottesland. Der Bart ist kraus, der Riegel, schwer liegt er im Schloß, wie finde ich den Bogen in den klingend’, singend’ Abschlußreim nun bloß? Es hebt und atmet Bärenbrust und fast, was Du ererbt von Deinen Vätern hast, erwirb es, um es zu besitzen. Kann Lenzbär sicher sitzen auf der versunkenen MZ? Im Hier und Jetzt? (Dieses sei nun ein Gesang zu Ehren des Kickstarters!) Merke: Schwächelt sie die Wade, so ist dies meistens schade!

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MDdW / Buchberührung, Flamme und Erdgeist

Donnerstag, 14. März 2013 17:56

DW17

„Wer ruft mir? Schreckliches Gesicht!“ Oder andersrum: wer spricht wann und dann mit wem, auch wenn es nicht sehr angenehm? „Schreckliches Gesicht! Wer ruft mir?“ Wer zieht wen mächtig an oder ran an sich, auch gerne dann und wann und brüllt mit Freud’ und Inbrunst dann: „Weh, ich ertrag Dich nicht!“? Das kann ja wohl jeder verlautbaren, mit gerauften Haaren oder verlautbaren lassen! Die Worte all’ in Massen. Viel wird gefurzt! Man versteht nix, doch es riecht ganz kurz. Mal nach Professor oder Doktor, meist nach alten Halden, deren Weisheiten erkalten, bevor sie heiß gegessen. Man weicht der Flammenbildung aus, behauptet man sei Faust und noch bevor es Gretchen graust, wallt und hallt der abgeholzte Wald, und der Späne Geknirsch’, als sei’s ein neuer Tisch, ist dennoch nur verdorb’ner Fisch. Die weite Welt wird nicht umschweift, der Doktor nach dem eig’nen Schwänzlein greift und läßt es wedeln. Dies wird den Quark, den seinen, heut’ nicht mehr veredeln und morgen kräuseln sich der Menschheit Schnitzel so unerquicklich wie der Nebelwind, der diesen Lenz beatmet noch! Oh Aufrechtgeher, so trete ich zurück, der Vortrag macht des Redners Glück, doch nicht mein’s, ich brauch’ kein’s, denn auf der Such’ nach redlichem Gewinn, ich bin!

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