Beiträge vom 15. Mai 2010

Hömma, wat ich grad am Denken bin! (Folge 2)

Samstag, 15. Mai 2010 23:01

wm_unentschieden

Ich sach mal so: Dat Schöne am Pokal is ja, dat et kein Unentschieden gitt. Dafür gibbet manchmal Verlängerung und Elfmeterschießen. Manchen is dat nervlich ja zu anstrengend. Bitte, dann soll der sich inne Flimmerkiste eine gepflechte Partie Golf reinziehen. Ich mag dat, wennse im Sekundentakt vonne Hölle in den Himmel katapultiert wirs und wieder zurück. Dat Schlimme am Pokal is aber dat Gerede von die eigenen Gesetze, die wo der Pokal ja haben soll. Ich hab, obwohl ich auch nich imma weiß, wat Ambach iss, jedenfalls noch nie wat von eine DPSVO (Deutsche Pokalspiel Verordnung) gehört oder gelesen. Ich denk ma, dat sind einfach abgezuppte Kicker, die im Pokal der Haute Volaute vom Favoritenteam gerne mal einen in die Kiste ballern. Die vor der Partie sicheren Sieger stehen dann bedröppelt am Sechszehner rum und dat Rumgebölke is groß von wegen eigene Gesetze, bloß weil man nich in die Puschen gekommen is. Unvergessen, sach ich mal, wat den Pokal betrifft: Wolfgang Schäfer, Norbert Dickel mit dem kaputten Bein, Lajos Detari, Frank Rost und Klaus Sievers. Oder wie der Assauer – Nicht anfassen, nur gucken! – den Pott demoliert hat. Und für die Rentnerkombo unter Euch: Günter Netzer, der ollen Knötterich. Wat eine Kiste! Und dann isser ab nach Spanien. Ohne inne Nostalgie zu versinken: mit dem ganzen Shampoo, wo der Bierhoff für seine Werberei gekriecht hat, hättse die Fettlocken von den Jungens damals nich gewaschen bekommen. So getz, Scherz anne Seitenlinie und volle Konzentration auf den Spoat. Und weil heute die Fischköppe gegen die Nordösterreicher am Pöhlen sind, is eigentlich Jacke wie Hose, wer gewinnen tut und deshalb steht über meine bescheidenen Anmerkungen dat Bildken für Unentschieden. Weil die wahrhafte Pöhlerei findet nur im Städtedreieck Duisburg – Recklinghausen – Dortmund statt. Der Rest is Kopie. Sach ich mal so. Bevor et losgeht, steh ich noch mal auf und lege eine Schweigeminute ein für: Westfalia Herne, Rot-Weiß Oberhausen, Rot-Weiß Essen, Schwarz-Weiß Essen, Sportfreunde Katernberg, Sportfreunde Gladbeck, SG Wattenscheid 09, Hamborn 07, Meidericher SV, TSV Marl-Hüls, SpVgg Erkenschwick, STV Horst Emscher und die Historie von meine Herkunft. Davon später mehr. Ruhe getz, et geht los. Hömma, Archibald, tu uns noch zwei Pilsken.

Hand auffet Herz, fünfzehn Minuten Vorgeplänkel war ich dann doch am anschauen. Ersma der Schock wie der DSDS-Kicker Menowin Mehzad Boateng unserm Ballack auffe Socke springt. Muß dat sein? Dann war aber noch Freude angesacht. Sacht der Kahn: „Da hab ich mich zurückerinnert gefühlt.“ Dann sacht der van Gaal: „Wenn viel Wasser auf den Rasen gefallen ist, können meine Spieler nicht Positionsspiel ausführen.“ Dann isset aber doch ganz anders gekommen.

Zum Spiel: Wenn wat eindeutich war, dann dat. Da gibbet kein Vertun, dat is Freude beim Hinschauen, so schwer dat zuzugeben is. Drei Minuten Aufgebäume nache Pause bei die Fischköppe; Özil, Pizarro und Marin mit Tarnkappe und unsichtbar in jede Beziehung; der Mertesacker Volleyball am spielen und dat alte Blumenkind Frings kurz vor Schluß mit beknackten Foul an Schweinsteiger. Dat war Werder Bremen. Da hat der Günter Grass mit dem Lemke auffe Tribüne auch nich helfen können. Sonst? Robben. Olic. Ribery. Schweinsteiger. Und allet keine zufälligen und reingestolperten Kisten. Da gibbet nix zum rumkritteln. Und der Torjubel von van Gaal? Kurz mal den Kugelschreiber zücken und eine Notiz inne Kladde notieren. Heute kein Tod, aber vier Gladiolen. Da kannse nur hoffen, dat die Holländer uns bei der Weltmeisterschaft nich im Strafraum rumlaufen. Und unsere Nationalen Spielers? Der Spinnewipp Müller dat is eine Freude, der Schweini is getz ein Herr Schweinsteiger, der Lahm konstant vorhanden und sonst gibbet anne Stirn von Herrn Löw etliche Falten und viel Sorge. Denk ich mal. Noch ein Wort für die Herren Kommentatores: Wennse schon vorm Anpfiff Gänsehaut am kriegen bist, kannse dir ein Pullöverken überziehen. Dat hilft.

Also: Schicht im Schacht und ich danke Sie für heute. Et grüßt Euren „Lütten Stan“

Thema: Hömma, wat ich grad am Denken bin | Kommentare deaktiviert | Autor: Christian Lugerth

„Meh wie ä Schnitzel am Tag kannsch eh it fresse!“, sagte einst am See Herr H. Maier

Samstag, 15. Mai 2010 12:19

daemmerung

Einerseits: „Da habe ich mir ja etwas an die Backe geklebt!“ und andererseits – ungewohnt salopp – „Gefickt eingeschädelt!“. Das war es, was Archibald dachte, als er im Warmen saß und beschloß das Fenster erst wieder zu öffnen, wenn Herr Lenz Zwanzig Celsiusgrade in die Luft geblasen hatte. Das Einerseits, das war seine Expedition “Angstmuzak“, ein etwas größeres Vorhaben, wie ihm gerade schwante, das Andererseits war die Tatsache, daß er den Lütten Stan überzeugen konnte, jetzt wo die Kugelhysterie wieder aus allen Ritzen zu kriechen begann, sich zu outen und die Sache mit der Balltretkunst zu übernehmen. Dies schenkte seinem Auftrag etwas mehr Zeit und damit verbunden – so jedenfalls hoffte der Denkbär – auch Tiefe. „Doch die Kälte und die intensiven Angstschweißwolken da draußen hatten ihn etwas niedergeschlagen gemacht. Was solle solch eine Expedition überhaupt? Für wen war sie gedacht? Um einen Bärengott zu erheitern? Führte er Selbstgespräche? Was war das Ziel? Selbsterkenntnis oder Selbstzweck? Es gab Momente, da erschien es ihm maßlos, dem allem, was gedacht und gesagt war und noch gesagt und gedacht werden wird, noch mehr hinzuzufügen, es sei denn, man könnte tatsächlich Erleuchtung versprechen. Für sich. Für einen anderen.“ (Schön sich bei Frau Schmidt für die Anregung bedanken! Gelle, der Setzer.) „Natürlich! Danke Frau Schmidt! Seite 83.“ Ernst Albert hatte Eva Pelagia heute morgen vorgelesen und das feine Bärenohr hatte es vernommen und Glöckchen in ihm bimmelten los. Diese Glöckchen hatte auch der Alte von Bergedorf vernommen. Mit aufmunternder Strenge nickte er Archibald Mahler, dem Expeditionsreisenden vom Brandplatz, zu und dieser machte sich an die Arbeit. Versprochen ist versprochen.

Und so blickte durch ein anderes Fenster hinaus in die Welt, das heißt, er blickte nicht, er roch sich hinaus in die Welt, seine Nase beugte sich über Ernst Alberts gesammelte Zeitungen, saugte die Buchstaben und Geschichten ein, begutachtete sie, durchleuchtete sie, verwarf vieles und legte, was wertvoll, erhellend und erheiternd schien, in den Gedankenschrank zur späteren genauen Betrachtung, oder nur so, weil ein bißchen was für den langen Winterschlaf  zu sammeln – irgendwann steht der wieder ins Haus – ist nicht dumm. Und das war einiges, was Archibald da aus den Papieren der letzten Tage entgegen schwappte. Alles verstand er nicht. Wie auch? Bären waren bis jetzt noch nicht dazu gezwungen, sich ökonomischen oder finanzpolitischen Überlegungen hinzugeben. Doch beim Einsortieren hatte er das Gefühl, es lediglich mit zwei Arten von Zweibeinern zu tun zu haben, die sich da äußerten. Da waren einmal die Apokalyptiker, die Marktschreier und Krakeeler, die Anhänger Kassandras, die mit wuchtigem Pinselstrich Menetekel nach Menetekel an die Wände malten. Ihr Gezeter zielte offensichtlich nicht auf die Hirne ihrer zuhörenden Mitzweibeiner, sondern wendete sich an die kleinen und fiesen Ängste, die Ängste vor Verlust und Niedergang, an den Neid, an die Eifersucht, an all das unreflektierte Gewürm, was durch die Adern eines jeden Aufrechtgehers fließt. Archibald verstand das nicht. Wenn man nicht weiß, was tun, ist es dann nicht besser zu schweigen und nachzudenken, als rumzupoltern und die, die versuchen nachzudenken, permanent zu stören? Aber die zweite Art erschien ihm fast noch bedrohlicher, diese ganze Bande der Aussitzer, Beschwichtiger, Hinausschieber, Kreditnehmer, Schuldenmacher, Achselzucker, Raushalter, welche mit ihren heruntergezogenen Mundwinkeln und hochgezogenen Augenbrauen es schon immer gewußt haben. Jene, die nur mit den Einen reden wollen, wenn diese wiederum nicht mit den Anderen reden. Die, welche darauf warten, daß irgendwer den Mut hat etwas zu entscheiden, um dann auf den Zug der Entscheidung aufzuspringen oder, bei Nichtgefallen – das heißt bei der Notwendigkeit des eigenen Verzichts – zur Partei der Krakeeler und Radauvögel überzuwechseln. Schon seltsam! Archibald dachte darüber nach, ob es Zweibeiner gibt, die auch bedenken, daß die Welt, auf die Archibald schaut, auch Archibalds Welt ist, selbstredend im Nanogrammbereich, aber immerhin. Dann roch er etwas, was ihn beruhigte. Aus dem Papierberg sprach die Stimme des Alten von Bergedorf. Er hat mal wieder Zeit gefunden. Er meinte nichts anderes, als daß, wenn Zeiten sich ändern, selbstverschuldet oder nicht, nur eines hilft: Ruhe bewahren und Arbeiten. Warum ist das aber anscheinend so schwer? Archibalds Ehrgeiz war angestachelt. Die Expedition wird fortgesetzt. Das wußte er nun. Und er ahnte, daß diese ganze Angstsuppe irgendwas zu haben mußte mit dem einem Schnitzel am Tag, von dem Ernst Albert heute morgen beim Frühstück seiner besten Eva Pelagia erzählt hatte.

Thema: Anregende Buchstaben, De re publica | Kommentare deaktiviert | Autor: Christian Lugerth