Beiträge vom 17. Mai 2010

Hömma, wat ich grad am Denken bin! (Extrablatt)

Montag, 17. Mai 2010 15:41

wm_niederlage

Ich sach ma so: Regeln – Ich sach nur wat zu die Neunzig Minuten auffem Platz! – musse auch mal brechen, wenn et erforderlich. Getz zum Beispiel. Also! Hömma, Boateng, selbsternannter Prinz vom Panke-Kanal, wat bis Du für eine arme Socke? Mögen Dir die Fußballgötter verzeihen und Dir die nächsten Wochen ordentlichen Dünnschiß anne Backe kleben. Und Deine Lamborschinis immer ein Platten haben. Und dann ab dafür! Strafe genuch is ja der jämmerlichst vergeigte Elfmeter. Da hätte ja meine Omma noch mit mehr Schmackes an die Kirsche getreten! Aber der Schiedsrichter, der grade mal Gelb am zeigen war für dat schwachsinnige Rumgetrete, wat is dat ein Tütenkopp? Hemd aus nach Kiste, da sinnse alle die Karten am schwenken, aber so ein Mordversuch? Dat is dann „gesunde Härte“. Mein Gott, wat dämlich! Ich kann nur hoffen, dat die heute den Ribery, der genauso bescheuert dem Franzosen von Liong auffe Socke gesprungen war, nich begnadigen, auch wenn der Rummenigge noch so sehr die Rumwinselei betreiben tut. Und ein Wort an die Trainers: holt doch endlich die Maik Fränze und Fringse und Boatengse von unserem heiligen Rasen runter und schickt die nach Kunduz. Da können sie mal mit gesunde Härte und so, die Bratpfannen, die bescheuerten. Um Sackhaaresbreite am Volldepp vorbei, aber auffem Platz die dicken Eier schwenken. Ich glaubet nich! Wat sinn dat für Schiffschaukelbremser! Und dann musse auch noch hören: „Dat is ein Männerspoat und kein Rasenhalma!“ Selbst vonne sogenannte Lichtgestalt. Fresse halten, sach ich da nur!

So, getz noch ein Gruß an den Ballack. Dat tut mir am Herzen weh, wenn ich dat höre. Wat Du schon allet wechgepackt hast in Deine Karriere! Aber ich denk mal, Du bis doch kein Totalbekloppter! Lasset sein mit der Pöhlerei! Die ganzen aufgedrehte Hormondackel, dat musse Dir nich mehr antun. Und ein Vorteil hattet doch: Getz musse Dir die Plastiksprüche vom Herrn Löw nich mehr reinziehn. Erinner Dich dran, wiee im dem bekloppten Film über dat sogenannte Sommermärchen immer die Augen am verdrehen warst, wenn die Sprüchkes, die der Bäcker aus Kalifornien und der Herr Löw am ausscheiden waren, an Deine empfindlichen Ostohren eingetroffen sind. Mit “högschter” Disziplin die Polen anne Wand klatschen für den Olli oder so! Weisse noch? Dat is hiermit überstanden. Und die von Dir inne letzten Jahre so brutal unterdrückten Jungspielers, die können getz befreit aufspielen. Is doch auch nich ohne! Und dat Bildkes oben fürre Niederlage, dat schenk ich Dir. Mir gefällt dat sehr. Dir?

Gute Besserung und et gitt Schlimmeres! Herzlichste Grüße und ein gutes altes „Zicke Zacke Zicke Zacke Heu Heu Heu“ (davon hasse ja genuch) von Deinen Lütten Stan

Thema: Hömma, wat ich grad am Denken bin | Kommentare (1) | Autor: Christian Lugerth

Von angefressenen Lachsen, dem Trend zum Viertschnitzel und nachts vor dem Kühlschrank

Montag, 17. Mai 2010 12:40

kuehlschrank

Dann dachte Archibald: Vielleicht ist es ja auch so. Der Aufrechtgeher hat Hunger. Er kauft ein Schnitzel. Es würde auch ein halbes Schnitzel reichen, aber man weiß ja nie. Gestern hatte er zwar schon ein Schnitzel gehabt, müßte eigentlich für die Woche reichen. Vor gar nicht so langer Zeit verzehrte der durchschnittliche Zweibeiner vor Ort am Sonntag sein Schnitzelchen, basta. Aber, das soll nicht bekrittelt werden. Vielleicht hat die Aufrechtgeherheit eine genetische Veränderung heimgesucht, die notwendig macht, daß Fünfzigjährige jetzt Baseballkappen auf dem Kopf haben müssen, daß man seit einiger Zeit Kaffee nur noch im Gehen trinken kann, ständig mittels eines ominösen “Knopf im Ohr” Musik hören muß und eben jeden Tag ein Schnitzel braucht. Obwohl Schweine und Rinder für Bären nicht unbedingt zu einer schützenswerten Gattung gehören, muß kurz eingeworfen werden, daß selbst die fettesten Bären sich gelegentlich wochenlang nur von Beeren und Blättern ernähren. Gut, jetzt hat also der Aufrechtgeher Schnitzel, aber nicht nur das auf dem Teller, im Kühlschrank wartet noch ein Sicherheitsschnitzel – weiß man was passiert? – und neben dem Teller liegt das mobile Kommunikationsgerät, mit dem man jederzeit bei der Mama anrufen kann, ob sie nicht vielleicht noch ein Schnitzel bereit halten kann, falls, denn man weiß ja nie und sicher ist sicher und der Nachbar guckt auch schon so gierig durchs Fenster. Da beschleicht den Aufrechtgeher das Gefühl, ob es nicht höchste Zeit sei, ein viertes Schnitzel zu erwerben, um es in der Tiefkühltruhe, für alle Fälle – sicher ist sicher und man weiß ja nie. Ein schneller Biß ins Schnitzel auf dem Teller, er steht auf und während der Angstschweiß seine Stirne glänzen läßt, macht er sich auf den Weg in eine Kaufbude. Unterwegs denkt er darüber nach, ob man nicht vielleicht doch Schnitzelderivate erweben sollte, die könne man im Notfall in ein fünftes Schnitzel umwandeln oder gar Anteile an einer Schweinefarm dafür erwerben. Oder? Währenddessen wird das Schnitzel auf dem Teller kalt, verrottet und der arme Aufrechtgeher spürt einen gewaltigen Hunger seine Gedärme peinigen.

Archibald war eigeschlafen, was dann geschieht, wenn seine Nachdenkerei unermüdlich um die absurden Angewohnheiten der Aufrechtgeher zu kreisen beginnt und weder Ausweg noch Erhellung am Horizont zu erkennen sind. Und er träumte von einem Fluß im fernen Alaska, an einem der Tage, an denen die Lachse zurückkehren, um zu laichen und dann zu sterben und alle Bären sich dort sammeln, um ein dionysisches Mahl zu feiern. Und er träumte wie die dicksten Grizzlys am Ufer des Flußes faul auf dem Rücken lagen, einen Knopf im Ohr, ihren Tatzen wippten zu einem entnervenden wummernden Rhythmus, ab und zu fischten sie einen Lachs aus dem Fluß, bissen ein Stückchen aus dem Fisch heraus und warfen das angefressene Flossentier angewidert zurück ins Wasser. Der Fluß färbte sich rot. Am Waldrand warteten ein paar ausgehungerte Schwarzbären, Baseballkappen mit Liebeserklärungen an die Grizzlys auf dem Kopf, in der Hoffnung, ein kleines Stückchen, gerne auch toten und verstümmelten Fisch, zu ergattern. Ab und zu stand einer der Obergrizzlys auf, tobte und brüllte und drohte in Richtung der hungrigen entfernten Verwandten, um dann in den Fluß zu urinieren. Das entspannt. Der Fluß veränderte seine Farbe, unmerklich. Er wurde braun und brauner. Die Grizzlys lachten blöde, drehten die Musik in ihren Ohren lauter und schlürften Kaffee mit Lachsgeschmack, gehend. Der Fluß trat über die Ufer und spülte stinkendes und schimmelndes Lachsaas an Land. Die Sonne brannte vom Himmel. Es stank. Es war heiß. Geier lachten. Und handelten.

Archibald begann zu schwitzen. Er wußte nicht, ob er noch schlief oder schon wachte, als er in der Küche stand, verzweifelt versuchte, die Kühlschranktüre zu öffnen und Ernst Alberts Hand sich vorsichtig auf seine linke Schulter legte. „Was machst Du denn da, Archibald?“ „Ich suche das vierte Schnitzel!“ “Und warum, wenn ich fragen darf?” „Ich will es wieder zurückbringen. Wir brauchen das nicht.“ „Ich verstehe Dich nicht!“ „Es soll wieder Frieden sein in Alaska und die Schwarzbären sollen auch was abkriegen.“ „Archibald, wir haben zur Zeit noch nicht mal ein Schnitzel im Kühlschrank und Du solltest mal Denkpause machen. Pack Deine Sachen, wir fahren in den Osten. Dort besuchen wir den Geheimrat und trinken mit ihm eine Kanne Köstritzer!“

Archibald erwachte. Ganz langsam. Er befand sich auf dem Weg zum Bahnhof der kleinen häßlichen Stadt.

Thema: De re publica | Kommentare deaktiviert | Autor: Christian Lugerth