Lenk I? Lenkscht Du? Lenkt wer? (Prinzip KN)
Abschied von der kleinen reichen eingebildeten Stadt. Festes Ritual immer ein letzter Blick auf das, was die Stadt wirklich reich macht, den See. Seine Weite. Sein Licht. Seine Farbenspiele. Das vergessen die lokalen Leichtgebücktgeher gerne und widmen sich lieber intensiv dem Studium der neuesten Gewerbesteuereinnahmen. Ein eiskalter Wind wehte über das Wasser. Archibald dachte, daß Herr Lenz sich genauso schoffel verabschiedete, wie er gekommen war, dieses Jahr seiner Aufgabe in keiner Weise gewachsen. Setzen: Sechs! Und was drehte sich da hinter seinem Rücken, in leichtem Gewand, üppig bearscht und gebrüstet? Ist es Fräulein Else Sommer, gekommen die Wärme und den lang ersehnten Wandel zu bringen? Offensichtlich nicht. Letzte Worte des Fremdenführers E. A. „Imperia“ nenne man dieses Mordsdrum von Weib. Vor sechshundert Jahren bald trafen sich in dem mit Holzschindeln verkleideten alten Kaufhaus die Kirchenfürsten der damaligen Welt zu einem Konzil. Sie brauchten vier Jahre, bis sie sich drauf einigten, wer denn nun der Stellvertreter des Herrn auf Erden werden solle. Und um zu verhindern, daß sie sich in dieser langen Zeit nicht nur der Sauferei hingaben und besoffen an den Meßdienern herumfummelten, sandte man nach einer namhaften Puffmutter aus Rom und bat sie mit ein paar professionellen Damen gen Constantia aufzubrechen. Die Dame hieß Imperia. Und Peter Lenk fand, man sollte ihr ein Denkmal setzen. Und es drehte und drehte sich, dieses Monument, immer um sich selbst, wie das die Aufrechtgeher halt gerne machen. Und es grüßte die Gäste, die kamen, vom See.
Immer wenn Peter Lenk der Seehasenstadt ein Kunstwerk vermacht, gibt es feste Rituale: Empörung, Aufschrei, Leserbriefe. An vorderster Front, mit dem meisten Schaum vor der kommentierenden Lippe, das lokale Blättchen namens SÜDGESCHMIER. Doch fahren wir den moralischen Zeigefinger nicht allzu lang aus, wer schaut schon gern in den Spiegel und beklatscht seine eigene Häßlichkeit, auch wenn der Spiegel lediglich ein Kunstwerk ist. Archibald dachte sich nur, der Mann liebt wohl gigantische Ärsche. Vielleicht war er mal mit einer Bärin zusammen gewesen. Ihm gefiel das. Rechts und links des Brunnens rasten die Blechmilben durch die Stadt. Der Fremdenführer E.A. sprach. Damals, als es auf den Straßen noch etwas ruhiger zu ging, standen hier in langen Reihen Kastanien, unter den mächtigen Bäumen mehrmals in der Woche Markt. Bauern von der Gemüseinsel, von der Höri, vom Bodanrück. Heute die Bäume gefällt, der Markt in der Vorstadt oder auf einem baumlosen Parkplatz und das Gemüse biobio. Deshalb strecken die Figuren auf dem Brunnen den Vorbeirasern die Zunge raus oder zeigen ihnen den Allerwertesten. Und das kann der Lokale nicht auf sich sitzen lassen. Dann aber kommt der Tourist, pilgert zu den Denkmälern, bestaunt sie, photographiert sie. Aaah und Ooohs! Druck erster Postkarten. Neue Wahrzeichen der Stadt. Kassen klingeln im crescondo. „Also wosch, i honn scho immer geseit, die Imperia, des hotts no braucht. Mal was anderes, oder it?“ „Der Brunnen der isch, Kunscht isch halt au, wie soll ich segge, was Neues halt. Oder it? Also, des muß mer derfe könne. Wa? Drei Poschtkarte mit der Imperia? Und des Buch über de Lenk! Fünfezwanzg Euro sind des!“
Der Zug stand auf dem Gleis und wartete auf die zwei Reisenden. Ein kurzer Blick noch auf das neueste Skandalon, welches der Herr Lenk den Seehasen ins selbstgerechte Nest gelegt hatte. Der Abguß einer der zwei Figuren, welche hoch oben über der Hafeneinfahrt auf den Händen des sich drehenden Lustweibes sitzen. Ob das Robert Zimmermann sei, fragte Archibald. Wie er bitte darauf komme? „Der sieht so aus! Ein kleines lustiges Männchen, dem man auch ein Denkmal setzen sollte! Deshalb!“ „Mein lieber Genosse Bär, ach hätte meine alte Heimatstadt nur Deinen Humor! Foto?“ “Yep!” Und Ernst Albert kaufte noch am Bahnhofskiosk eine Zeitung aus seiner Neuen Heimat und begann zu lachen und zu lachen. Warum? Deshalb! Sie lernen nie, hier unten, nie! Trotzdem, er liebte sein gutes altes Constantia und viele gute Menschen, die hier wohnen. Ein leises Winken und bis zum nächsten Mal. Der Zug rollt an. Archibald summt ein Lied des Herrn Zimmermann vor sich hin. „Because something is happening, and you don’t know what it is, do you Has from See?“ Natürlich ist Herr Archibald Mahler, Bär auf der Rückkehr zum Brandplatz, auch des Englischen mächtig. Zweifelt wer?
Dienstag, 22. Juni 2010 17:54
Das zum Abschied, platt oder nicht, Konschtanz oder nicht, irgendwas wird schon dran sein:
Vergiss nie deine Heimat, wo deine Wiege stand, du findest in der Fremde kein zweites Heimatland.
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Dienstag, 22. Juni 2010 18:17
Mir hat es außerordentlich gut gefallen. Ernst Albert muß halt immer ein bißchen nöhlen. Ich komm wieder. Dann muß der sowieso mitkommen. Yep!