Alte und ungelöste Fragen begraben wir vorläufig an der Biegung des Baches! (Walden Seventeen)

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Aufwachen und Hunger haben waren eins. In einer Ecke der Höhle – immer noch warm, immer noch trocken – lagen sie: die ungeöffneten Thunfischbüchsen. Bleiben wir präzise: die Büchsen, an deren Öffnung Archibald Mahler, hungriger Bär, in den letzten Tagen keinen Gedanken verschwendet hatte und – Seien wir ehrlich! – deren Öffnung für den Bären ein einziges großes Rätsel war und wahrscheinlich bleiben sollte. Nichtsdestotrotz: Hunger. Hatte nicht unlängst in der Nähe ein kleines Bächlein geplätschert? Kaulquappen? Jungfrösche? Anderes Flossengetier? Tierisches Eiweiß! Omega-3-Fettsäuren! Eisen! Vitamin B! Ein müder Bär schlenderte hinunter zu seinem Hausbach. Hoppla! Leer! Das Getröpfel der letzten Tage hatte im wahrsten Sinne des Wortes keinen Niederschlag gefunden. Die kleinen Wasserläufe, die den Wald am Fuße des Schiffenbergs durchzogen hatten: ausgetrocknet. Darf ein Bär „Scheiße“ sagen? Archibald dachte es zumindest. Falls ein Bär über ein Repertoire an Schimpfwörtern verfügen sollte. Und wenn er es dachte, dann tonlos. Die Stille des nächtlichen Waldes gilt es nicht zu stören.

Das Denken des Gedanken an einen Marsch zurück in die Höhle, in der Ernst Albert, Eva Pelagia und der geheime Fieberthermometerhalter jetzt wahrscheinlich vor einem opulent gedeckten Frühstückstisch saßen und das Wasser hektoliterweise aus den Hähnen sprudelte? Wäre dies eine Niederlage? Oder gar ein Rücktritt? Das Aufgeben? Vergiß es, lieber Archibald! Die legendäre einsame Hütte von Henry David Thoreau, dem Verfasser von „Walden“, lag knappe zwei Kilometer von der nächsten Siedlung entfernt. Poststation. General Store. Saloon. Pferdeverleih. Alles gleich um die Ecke. Die Konsequenz liegt in der Imagination der Konsequenz. Dig it! Aber? Nix aber! Ein großes Aber doch! Archibald hatte das tausendprozentige Gefühl, daß er für einen Marsch zurück – auch wenn es die ganze Zeit bergab ging – heute schlicht und einfach viel zu faul war. Was tun? „Wo kein Fluß ist, denk ich mir einen Fluß!“ Könnte funktionieren, lieber Bär! Down by the river.

Wenn der Morgen graut und es gleichzeitig Sonntag ist, verkleidet sich der Aufrechtgeher. Bunte Hemden, kurze Hosen und unvorteilhaft enge Trikotagen. Warum? Er rennt durch die Wälder. Oder prügelt sich und sein Fahrrad über holprige Wege. Quietschende Lungenflügel. Gepeinigte Bandscheiben. Die Zunge wird zur Krawatte. „Meine Ruh ist hin, mein Herz ist schwer; ich finde sie nimmer und nimmermehr. Mein armer Kopf ist mir verrückt, mein armer Sinn ist mir zerstückt.“ Das sprach nicht der Herr Geheimrat, sondern das dachte Herr Archibald Mahler, als am diesem heiteren Sonntagmorgen sein Wald zum Fitnessparcour mutierte. Ruhe schreibt sich anders. „Guten Morgen, Frau Bürgermeisterin! Auch schon agil?“ Ungelöste Fragen trabten durchs das Gebüsch. Archibald wurde etwas unleidig. Das mit dem sich Hindenken eines Flußes hatte leider nicht geklappt. Der Bach blieb leer. Der Magen auch. Was tun? Nichts. Warten! Am Sonntag fahren Ernst Albert und Eva Pelagia gerne mal mit dem Bus hinauf auf den Schiffenberg.

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Autor: Christian Lugerth
Datum: Sonntag, 1. August 2010 19:06
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