Was man sieht bedeutet nichts, denn es ist nur da oder auch nicht! (Wenn der Schatten recht hat!)
Dienstag, 17. August 2010 22:16
(Das Lied vom Teddybären ist verklungen. Die Raben hatten sogar mitgekrächzt und die Bisamratte mitgeschunkelt. Nebel hüllt die Bühne ein. Der Lütte Stan leistet offensichtlich ganze Arbeit.)
„Was war dies für ein Lied, Herr Schatten?“
„Es war der König und nicht der Zimmermann, der eben jetzt Dein ungeduldiges Ohr besang.“
„DER König?“
„Der König ist tot!“
„Welcher?“
„Alle!“
„Und Sie? Sind Sie ein König oder – Verzeihung – der Schatten von einem König, der noch lebt?“
„Wenn alle Könige tot sind, warum sollte ich dann noch leben?“
„Stimmt auch wieder! Manchmal ist man ja blöd, Herr Schatten!“
„Aha, der Bär ist weise vor seiner Zeit! Aber Vorsicht: Hüte Dich vor Lob auf dem Weg!“
„Aber ich frage mich…“
„Da wirst Du keine Antwort finden!“
„Auch wieder richtig! Also: bin ich jetzt eigentlich schon bei Ihnen oder noch nicht so richtig ganz?“
„Ich bin nicht da. Aber ich freue mich sehr, wenn Du mich besuchen kommst!“
„Und diese blöde Ebene! Was hat die für eine Bedeutung?“
„Es ist eine Ebene!“
„Aber…“
„Kein Aber, Herr Mahler. Wenn in einem Stück oder in einem Lied eine Lokomotive oder ein Paar Schuhe oder ein Kuß oder der Regen auftauchen, sind das erstmal eine Lokomotive, ein Paar Schuhe, ein Kuß oder der Regen. Man muß es nicht mystifizieren.“
„Ist das jetzt kompliziert oder bin ich dumm?“
„Weder noch! Ich bin nur ein unverbesserlicher Schlaumeier. Das Alter! Verzeih mir! Versuche diese Ebene zu durchqueren! Wenn nicht: suche Dir einen anderen Weg. Aber paß auf die Rose auf!“
„Wollen Sie schon wieder gehen, Herr Schatten?“
„Der Abendnebel hüllt uns ein. Ich habe mir inzwischen angewöhnt des Nachts zu schlafen. Der Katze geht es gut, die Blätter fallen von den Bäumen und mögen die Götter uns gnädig sein. Gute Nacht!“
„Bis bald!“
(Eine Nebelbank schiebt sich zwischen den Suchenden Bär und das Orakel. Der Fischreiher bemerkt, die Sicht auf das Geschehen sei inzwischen sehr eingeschränkt. Und Archibald fröstelt es. Er arbeitet sich unauffällig Richtung Hinterbühne und zischt in die Kulissen.)
„Technik!“
„Sie wünschen, Herr Mahler!“
„Es ist ja beeindruckend, daß Sie es sogar schaffen die Nebelmaschine in Gang zu setzen, aber übertreiben Sie nicht etwas, Herr von Lippstadt-Budnikowski!“
„Verzeihung, Herr Mahler, das bin nicht ich. Die Natur ist’s. Plötzlicher Herbsteinbruch!“
„Dann machen Sie die Heizung an!“
„Rotes Licht könnte ich anbieten! Dann wirkt es zumindest wärmer!“
„Worauf warten Sie?“
(Technik ab und die Bühne wird in rotes Licht getaucht. Plötzliche Unruhe im Auditorium. Die Schwanenjungen rufen: „Vorsicht! Hinter Dir! Paß auf! Hinter Dir! Hinter Dir da steht der..…!”)
Thema: Musentempel | Kommentare deaktiviert | Autor: Christian Lugerth