Beiträge vom 4. September 2010

Das letzte Wort ist bestenfalls das vorletzte Wort oder Jedes Ende ist lediglich eine Pause!

Samstag, 4. September 2010 20:35

leere buehne

(Da sitzt der Bär wieder. Wie ganz am Anfang des Stückes. Haltung, Bühne, Licht: keine Veränderung festzustellen. Stille. Konzentriert und nachdenklich blickt Archibald ins Publikum. Er versucht sich nicht durch Ernst Alberts Gegenwart beeindrucken zu lassen. „Scheißschauspieler!“, denkt er, aber das nur kurz. Dann atmet er ein – als Mime , kratzt sich am Pöter – privat – und legt los – als beides! Aha! Anderer Text als zu Beginn des Stückes.)

Mit kräftiger Stimme. Alleine nun. Wieder. Blickt zum Himmel. Veränderungen? Keine! Obwohl! Horcht in sich hinein. Der Darm ist tätig. Denkwürdig. Aber auch erfreulich. Denkt nach. Nicht zu vergessen das Bein. Dran! Kratzt sich. Als sei es nie ab gewesen. Plötzliche Angst. Und doch? Wenn diese ganze Reise? Die Worte? Alle? Nein! Nun feierlich. Hier sitze ich, zweihundert Tage nun die Welt betrachtend, kerngesund trotz mancher Blessur und intellektuell höchstwahrscheinlich auf dem…leichtes Zögern….Grund des Honigtopfes angelangt. Vorläufig, gewiß, vorläufig. Keine Eile. Nein! Keine Eile! Pause. Er schließt die Augen. Öffnet sie. Aha. Immer noch allein. Froh darüber. Horcht in sich. Leichtes Denken. Magenrumpeln. Leckt sich seine Lippen. Zeit für Honig. Viel Honig. Sehr viel Honig. Mit leiser Stimme Maßlosigkeit? Nun feste Stimme. Gewiß. Nein. Die Reise und die platten Pfoten sind die Boten der Veränderung! Wachstum! Ernte gar? Horcht wieder in sich. Da! Reste erquicklicher Begegnungen. Subkutan! Erfreulich! Höchst erfreulich! Ungewöhnliche Stille heute. Im Denkapparat. Es raschelt im Gebüsch. Stimmen. Man singt. Irgendwo! Amseln? Wohl nicht! Trotzdem: erfreulich! Sehr erfreulich. Ihn fröstelt. Wieder einmal geht der Sommer. Treulos. Lacht. Treulose kalte Tomate. Weiß nicht, daß ein nächstes Jahr kommt. Keine Ruhe. Lacht nicht mehr. Werde ich da sein? Bei seiner Wiederkehr? Mit fester Stimme nun. Keine Frage. Wir fangen weiterhin an. Lauscht angestrengt. Man singt immer noch. Schön. Habe ich je gesungen? Als kleiner Bär? Damals? Mit einem Bein? Auf zwei Beinen? Archibald, denke nach! Kratzt sich heftig und ausdauernd. So war es. Ein Lied. Ein kleines Lied. Er singt.

Der Tag neigt sich nach Westen

Es dämmert wieder ma-al

Und aus dem Magen…

Springt auf. Ich schaue zurück und es ist derselbe Hunger. Derselbe Hunger, der gestern aus meinen Gedärmen rief. Und vorgestern. Nachdenklich. Und vorvorgestern? Pause. Ach lassen wir das. Was bleibt? Die Fensterbank? Die Fensterbank. Streckt seine Nase in die Luft. So eine Stille! Noch nie solch eine Stille gerochen. Drinnen. Draußen. Zeit für ein Bad. In der Stille. Singt wieder.

Der Tag neigt sich nach Westen

Es dämmert wieder ma-al

Und aus dem Magen….steiget

Der ew’ge Hunger. Gute Nacht!“

(Langsam wird es dunkler. Auf, vor, neben und wahrscheinlich auch unter der Bühne. Ein paar Sekunden sitzt Archibald noch regungslos als Suchender Bär an der Rampe, ein letzter intensiver Blick, aufstehen, ausatmen und ein Lächeln huscht über sein Bärenantlitz. Geschafft. Das war’s. Fast!)

Thema: Musentempel | Kommentare deaktiviert | Autor: Christian Lugerth