Beiträge vom 8. April 2011

NAH DEM SPIEGEL, FERN DEM GESICHT!

Freitag, 8. April 2011 16:45

bot_gart05

Und wenn alles ganz anders ist? Das denkt der Bär und verabschiedet sich im selben Moment von dem Gedanken, jemals in seinem Leben zum Beispiel Flugzeuge entwerfen oder bauen zu wollen. Bei seiner manischen Bedenkerei würden die wahrscheinlich gleichzeitig vorwärts und rückwärts fliegen, Gurken hobeln, Kaffee zubereiten, Strümpfe stopfen und Kurznachrichten versenden können. Warum eigentlich nicht? Gedanken können das ja auch. Egal! Zurück zum Thema. Was war das Thema? Nähe und Ferne und ein Problem. Genau! In der Ferne geschieht etwas. Etwas Fürchterliches. Etwas Bedrohliches. Da will man hingucken. Will etwas verstehen, falls man nicht zur Gattung derjenigen gehört, die ohne den wohligen Schauer der täglichen Katastrophe gar nicht mehr leben können. Ok, also hingucken. Aber warum sehe ich nichts, da hinten? Ach so. Da steht ein Spiegel vor meiner Nase. Ei gucke mal, wie traurig ich schaue! Ei sieh, wie ich beeindruckt bin! Ach all dieses Leiden! Schau doch! Und wohin mit dem Blick? Wohin? Sieh mich an! Gut! Eine Frage nur. Wem gehört eigentlich dieses Gesicht? Mir? Pustekuchen und Potzrembel die Waldfee, dreimal nein! NEIN! NEIN! UND NEIN! Die Götter haben Dir ein Gesicht verliehen, auf daß Dich der Andere vom wieder Anderen und dem ganz Anderen unterscheiden kann. Und Du, mein Herr? Spieglein, Spieglein an der Wand, wer fühlt am feinsten im reichen Land? Ach und ach! Drück Dir meinethalben einen Pickel aus, dann verhänge den Spiegel oder stell ihn zur Seite. Breche durch! Da hinterm Spiegel die Ferne! Da geschieht etwas! Das denkt der Bär. Und wenn Bären über Aufrechtgeher nachdenken, denken sie auch noch nach über sich. Erhobenen Haupts und mit juckendem Pöter. Heureka! Und dann fällt dem Bären dies ein:

Er möchte wandern.

Zwischen ihm und dem Spiegel,

unendliche Rast.


Thema: Draußen vor der Tür | Kommentare deaktiviert | Autor: Christian Lugerth

NAHT AUF DEM HERZ UND FERNER ROCK

Freitag, 8. April 2011 6:13

bot_gart04

Denken kann auch schon mal traurig machen. An Fernes denken. Über Fernes denken. Schweifen wollen. Nicht näher kommen. Kreiseln. In, um und um das Problem herum. Und dann? Das Denken wird blau und hängt sich auf im Kreis. Und dann? Dann macht man sich ein Lied. Oder ein anderer macht sich darauf einen Reim. Und ein Lied. Und manchmal ist das Lied so traurig, daß es schon wieder heiter ist. Und falls ein Herz sich mal wieder in mehrere Teile aufteilen möchte, ein trauriges Lied kann einiges wieder zusammennähen. Wie ein abbes Bein wieder an einen traumatisierten Bär dran. Zum Beispiel. Wenn man ordentlich zuhört natürlich nur. Denkt sich der Bär. Immerhin ist Lenz und da kann man mal ein oder zwei Sekündchen sentimental werden? Einwände? Gut! Nicht nur Aufrechtgeher haben Wünsche. Auch Archibald Mahler im Alpinarium eines Botanischen Gartens zu Mittelhessen. Er weiß zwar nicht so genau, was genau und warum er sich etwas wünschen solle, denn die Sonne scheint, der Pöter ist warm und es riecht nach frischem Grün in mannigfacher Variation. Doch wenn Herr Robert Zimmermann dieses Lied in weiter, sehr weiter Ferne singt, dann ist dem Bären wohltuend traurig um den Bauch. Da fällt ihm ein, daß er auch sonst noch Hunger hat. Ganz viele verschiedene Hungers. Und möchte sich am liebsten ein Schiff, ein Pferd oder ein Motorrad kaufen und einfach losfliegen. Woher der Bär weiß, daß Herr Zimmermann das erste Mal in dieser fernen, fernen Stadt, wo immer der legendäre Sack Reis umfällt, singt? Weil er es weiß. Also hört er das Lied. Das traurige, das blaue Lied. „Ich mag ihn, den Herrn Zimmermann.“ Denkt sich der Bär. Und dann fällt dem Bären dies ein:

Da hinten. Ein Lied.

Ganz weit dort hinten. Ein Lied.

Ich höre das Lied.


Thema: Draußen vor der Tür, Robert Zimmermann | Kommentare deaktiviert | Autor: Christian Lugerth