Beiträge vom November, 2011

NACH DEN AUFGABEN DIE PFLICHT IV

Freitag, 18. November 2011 13:19

herbst09

Nachdem nun die Aufgaben aufgegeben, da erledigt, ist es an der Zeit sich frohen Mutes der Pflichten zu erinnern. Leib und Seele zusammenhalten, das Hirn nicht verrotten lassen, regelmäßig den Göttern danken und vor allem die Lager füllen! Man möchte ja nicht auf Kreditbasis den Winterschlaf antreten. Machen wir Holz. Beim Holzmachen empfiehlt es sich, Verse zu schmieden. Es erleichtert die Tätigkeit. Findet zumindest Archibald Mahler, Bär auf dem Weg in den Winterschlaf.

Spalt Keil berstend Holz

Tatzenarbeit Bärenstolz

Knistern Lohe Bärenfell

Worauf man liegt

Nur langsam sich der Raum erwärmt

Stapel Schichten feil

Zählen Ordnen weil

Winter kommt mit Macht gewiß

Heut’ in der Früh’

Die Kraft in meinen Muskeln schwärmt

Gestern Apfel doch

Hing an diesem Aste noch

Säge Beil Die Axt Sie fällt

Achtung Tatze weg

Am Himmel noch der Kranich lärmt

Streichholz Ster um Ster

Arm wird langsam ziemlich schwer

Letzte Rose frostgebeugt

Und die Zwiebel hier

Die schenk ich Dir

Falls Du weinen magst

Thema: PoesieSlambum, Thoughts From The Woods | Kommentare deaktiviert | Autor: Christian Lugerth

NACH DEN AUFGABEN DIE PFLICHT III

Donnerstag, 17. November 2011 6:58

herbst08

Nachdem nun die Aufgaben aufgegeben, da erledigt, ist es an der Zeit sich frohen Mutes der Pflichten zu erinnern. Leib und Seele zusammenhalten, das Hirn nicht verrotten lassen, regelmäßig den Göttern danken und vor allem die Lager füllen! Man möchte ja nicht auf Kreditbasis den Winterschlaf antreten. Zählen wir die gesammelten Nüsse. Beim Zählen der gesammelten Nüsse empfiehlt es sich, Verse zu schmieden. Es erleichtert die Tätigkeit. Findet zumindest Archibald Mahler, Bär auf dem Weg in den Winterschlaf.

Nußkern! Eine Frage, Nußkern.

Ist es Furcht, die Deine Schale,

Ist es Angst, die jeden Zugang

Zu Deiner Frucht, der Nuß, zur Quale

Macht, wenn man nicht will den Zahn verlieren?

Ohn’ Gerät sich Finger bricht?

Nuß, oh Nuß, dann bleib doch liegen.

Schlaf Dich aus! Ich brech Dich nicht!

Thema: PoesieSlambum, Thoughts From The Woods | Kommentare deaktiviert | Autor: Christian Lugerth

LETZTE FRAGE / VORLETZTE ANTWORT 4

Mittwoch, 16. November 2011 9:21

frage05

Noch eine Aufgabe, eine vorletzte, oder vorvorletzte. Die Neue Aufgabe! Ja, die neue Aufgabe also. Wie war noch mal die Frage?

„Warum wird mein Fußballverein nie Meister?“

Schlechte Frage. Außerordentlich schlechte Frage. Was wollen Sie sagen, was wollen Sie klagen? Sie haben doch die perfekte Wahl getroffen. Sie haben sich offensichtlich einen Verein Ihres Herzens zugelegt, der Ihnen jeden Samstag, und meistens nicht unter der Woche, vor Augen führt, wie schlecht diese Welt ist. Und da Sie ja ganz fest davon überzeugt sind, daß diese Welt die schlechteste aller möglichen Welten ist, seien Sie froh. Geheimnisvolle Mächte, hypertone Wurstfabrikanten, das seit der Sekunde Ihrer Geburt gegen Sie verschworene Schicksal, die letzte Umbenennung Ihrer geliebten Kampfbahn und der rapide Verfall der Bierpreise nach oben hin, haben Sie es nicht schon immer kommen sehen? Genauso diese im Jahr 1891 vom diesem unfaßbar blinden rechten Läufer unterschätzte Flanke, die dem Verein Ihres genetisch wunden Herzens die einzige Vizemeisterschaft seit seinem Bestehen bescherte? Haben Sie gesehen, wie Ihr Lieblingsspieler so eben nach einem Eigentor das Vereinswappen auf seinem Trikot geküßt hat?

Kurz und gut, es liegt mir fern Ratschläge zu erteilen, aber was halten Sie davon, einfach mal drei Wochen lang den 1. FC Bayern München anzufeuern? Fakire bohren sich auch mal einen Fleischerhaken durch die eigenen Nasenwände. Ansonsten empfehle ich Ihnen den nächsten Wochenendworkshop von Frau Elvira Bühne. „Präpubertäre Prägung bei der Vereinswahl oder: Haben Sie samstags eigentlich nicht Kehrwoche?“ Aha, die neue Frage.

„Warum habe ich eigentlich Eltern?“

Thema: Küchenschypsologie, Letzte Fragen | Kommentare deaktiviert | Autor: Christian Lugerth

NACH DEN AUFGABEN DIE PFLICHT II

Dienstag, 15. November 2011 7:21

herbst07

Nachdem nun die Aufgaben aufgegeben, da erledigt, ist es an der Zeit sich frohen Mutes der Pflichten zu erinnern. Leib und Seele zusammenhalten, das Hirn nicht verrotten lassen, regelmäßig den Göttern danken und vor allem die Lager füllen! Man möchte ja nicht auf Kreditbasis den Winterschlaf antreten. Zählen wir die gesammelten Äpfel. Beim Zählen der gesammelten Äpfel empfiehlt es sich, Verse zu schmieden. Es erleichtert die Tätigkeit. Findet zumindest Archibald Mahler, Bär auf dem Weg in den Winterschlaf.

Füllt die Lager, füllt die Speicher,

Kalter Wind fegt übers Land,

Hofft nicht auf die bess’ren Zeiten,

Dreht die Rücken an die Wand.

Alles was das Jahr erworben,

Unter Eurer Hand zerrinnt,

Schließt die Türen, schließt die Fenster,

Holt vom Hofe Hund und Kind.

Weh, wer vergaß den eitlen Rücken

Huldvoll Richtung Frucht zu beugen!

Erster Schnee liegt auf den Feldern.

Grabsteine. Die letzten Zeugen.

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NACH DEN AUFGABEN DIE PFLICHT I

Montag, 14. November 2011 11:01

herbst06

Nachdem nun die Aufgaben aufgegeben, da erledigt, ist es an der Zeit sich frohen Mutes der Pflichten zu erinnern. Leib und Seele zusammenhalten, das Hirn nicht verrotten lassen, regelmäßig den Göttern danken und vor allem die Lager füllen. Man möchte ja nicht auf Kreditbasis den Winterschlaf antreten. Sammeln wir ein paar Äpfel. Beim Sammeln von Äpfeln empfiehlt es sich, Verse zu schmieden. Es erleichtert die Tätigkeit. Findet zumindest Archibald Mahler, Bär auf dem Weg in den Winterschlaf.

Weit vom Stamm fällt nicht der Apfel.

Falls der Stamm sich nicht bewegt,

Fraglich bleibt es für den Baum doch,

Ob er Vaterschaftsgefühle hegt.

Stehen Bäume dicht auf Wiesen,

Greift ein Ast zum Nachbarsbaum,

Fällt der Apfel nah dem Fremdbaum,

Apfelfroh und merkt es kaum.

Nachtfrost bricht die Apfelschale

Und ins Freie dringt der Kern.

Ungebissen zu verrotten,

Dieses hat die Frucht nicht gern.

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LETZTE FRAGE / VORLETZTE ANTWORT 3

Sonntag, 13. November 2011 11:51

frage04

„Herr Mahler, Herr Archibald Mahler! Unter Zuverlässigkeit stelle ICH mir etwas anderes vor! Ein Samstag ist kein Dienstag, Sie Honk!“ Da stand Frau Elvira Bühne und schwang den Schlüssel über dem Kopf, wie einst ein Ritter seinen Morgenstern. Der Bär schwieg schuldbewußt. Die “Neue Aufgabe”! Ja, die neue Aufgabe also. Wie war noch mal die Frage?

„Warum nimmt man mich eigentlich nicht wahr?“

Gute Frage. Aber wollen Sie das wirklich? Wollen Sie, daß jeder mitbekommt, wie faul Sie sind? Wie unehrlich, wie selbstsüchtig, wie oberflächlich, wie unzuverlässig, wie maßlos, wie selbstgerecht, wie eitel, wie nachtragend, wie halbgebildet, wie vorschnell, wie vorurteilsbeladen, wie rückwärtsgewandt, wie feige, wie verfressen, wie vergnügungssüchtig, wie durchschnittlich, wie unbegabt, wie spießig, wie verzichtbar, wie durchnummeriert, wie undankbar, wie normiert, wie abhängig, wie unselbstständig, wie ewig unzufrieden? Wollen Sie wirklich, daß jeder wahrnimmt, daß Sie ein ganz normaler Aufrechtgeher sind? Und wollen Sie wirklich wahrhaben, daß derjenige Aufrechtgeher, der Sie unbedingt wahrnehmen soll, folgendes ist: faul, unehrlich, selbstsüchtig, oberflächlich, unzuverlässig, maßlos, selbstgerecht, eitel, nachtragend, halbgebildet, vorschnell, vorurteilsbeladen, rückwärtsgewandt, feige, verfressen, vergnügungssüchtig, durchschnittlich, unbegabt, spießig, verzichtbar, durchnummeriert, undankbar, normiert, abhängig, unselbstständig und ewig unzufrieden? Wollen Sie das wirklich? Aber einen Vorteil hätte es jedoch, nicht wahrgenommen zu werden. Ginge die Welt unter, täte sie das eventuell ohne Sie. Wären Sie dann beleidigt?

Kurz und gut, es liegt mir fern Ratschläge zu erteilen, aber wenn Sie zum Beispiel vorhaben übers Wasser zu gehen, tun Sie es dann, wenn es niemand mitbekommt. Sie wissen ja was daraus erwachsen kann. Fragen Sie den Nazarener! Aha, die neue Frage.

„Warum wird mein Fußballverein nie Meister?“

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POST AUS LITAUEN / FLASCHENPOST

Samstag, 12. November 2011 11:23

lit12

Lieber Herr Mahler!

Das glauben Sie nicht, wie schnell der Ostwind so ein Binnenmeer in höchste Konfusion versetzen kann. Da war nur noch Wasser. Oben, unten und mir war, als wäre da gar kein Platz mehr für Atemluft. Ich bin mit einem kleinen Boot rüber zum Memeldelta, als es begann zu regnen. Und zu stürmen. Das alte Boot rutschte über die Wellen wie eine Flaschenpost, aber der Kapitän hielt Kurs. Sie wissen von meiner Aversion gegen alle Arten des Wassersports. Dann kamen wir an, in einem kleinen Ort namens Minge, mitten im weitläufigen Delta der Memel. Und hier stand die Zeit nicht still, hier hatte man sie offenbar zurückgedreht. Kanäle, ein paar Feldwege, alte, windschiefe Häuslein, ein paar Boote, Gänse, Kühe, Störche und Nichts. Ich lief ein wenig durch den Regen. Ich hatte das Gefühl zwischen mir und den Wassern um mich herum lösen sich die Grenzen auf. Ich wurde H2O. Gefiel mir. Dann stand da dieser alte Wagen. Die Tür war offen. Ein guter Platz, die mitgebrachten Karotten zu benagen. Und ein Lebenswässerchen nach Art des Landes zu genießen. I sveikata! Jetzt fröstelt mir. Denke das erste Mal über eine Rückkehr nach Hause nach. Funktionieren die Heizungen in Mittelhessen?

Herzlichst Ihr treuer Herr von Lippstadt – Budnikowski

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VON DER SCHWINGENDEN SULTANINE UND DEM SINGENDEN STEINBRUCH

Freitag, 11. November 2011 10:52

nbg5

Herr Karl Ehrenfeld, der Honorige nebst Gattin und Herr Ernst Albert sind schon oben in der Nemmbercher Bleibe. Der Bär hat darum gebeten, noch etwas in der historischen Briefkastenanlage des Gebäudes verweilen zu dürfen. Nachsinnen möchte er über das Gehörte und Gesehene. Außerdem hält Archibald Mahler Ausschau nach einem komfortablen und standesgemäßen Örtchen in Sachen Winterschlaf. Konzentration! Also hatte Herr Zimmermann, der Ewige, gesungen. Zuerst jedoch ein ebenfalls älterer Herr, Kopf einer Musiktruppe, deren größter Hit vor mehr als dreißig Jahren „Wir sind die schwingenden Sultaninen“ war. Die Halle war voll, übervoll, überheizt und stickig. Die Musik? Harmloses Geklimpere aus dem Biosupermarkt! So würde es Herr Ernst Albert ausdrücken. Archibald Mahler fand es schlichtweg langweilig und vertrat sich derweilen vor der Halle die Tatzen. Da war er nicht alleine. Man ließ den Bären am Tucherbier nippen. Oder Ducher? Basst scho! Umbaupause. Black. Der Alte und seine Musikantentruppe entern die Bühne. Licht. Die ersten zwei Minuten des ersten Liedes atmen mehr Kraft, Freude, Spiellust und Spontanität als der gesamte Set des Vorgängers. Der darf aber bei den ersten vier Liedern Gitarre spielen, was er sogar kann. Warum tut er es dann nicht? Dann ist er weg. Und dann geht es noch mal richtig los. Zwar nur ganze zehn Liedlein lang, aber dafür laut, dreckig, grinsend, tänzelnd, bösartig, liebevoll, bis zu drei Gitarren schrammeln gleichzeitig, das elektrische Piano quietscht und über allem diese Stimme, die klingt, als sei sie ihr eigner Steinbruch, diese Stimme, die das ganze Leben eines Aufrechtgehers nimmt, zerpflückt, mit den Versatzstücken gurgelt, diese ausspuckt, ausbellt und wieder zusammensetzt, um sie im nächsten Moment den Zuhörern wieder vor die Füße und Ohren zu knallen. Friß oder leb! Und ja, einige Aufrechtgeher flüchten. Wahrscheinlich müssen sie noch in einen Biosupermarkt. Archibald Mahler hatte sich einen wunderbaren Platz erobert, einen Stehplatz, denn wie bei der Pöhlerei gilt beim Rock’n’Roll: Sitzen iss fürn Arsch. Er stand an der Seite der in die Halle hineinragenden Bühne, zwanzig Meter vielleicht entfernt vom, und Aug in Aug mit dem Sing- und Tanzmann. Der hat natürlich anderes zu tun als einem entzückten Bären zuzuwinken, aber gegrinst hat er schon, der Herr Zimmermann. Den ganzen Abend lang, von dem Moment an, als er sich den Leopardenfellhut aufsetzte, alles vorbei war für die traurige Maid, weil die Dinge sich geändert hatten am Mississippi, und, sei ehrlich zu mir, er dermaßen in der Traurigkeit gefangen war, daß alle Dämme brachen, er in die Straße der Verwüstung einbog, um seine Reise auf dem Highway 61 fortzusetzen, wo der Mann mit dem langen schwarzen Mantel auf ihn wartete und der Donner von den Gipfeln der Berge ins Tal rollte, bis ein balladesker dünner Mann den Raum betrat, nicht begriff was hier geschah, daraufhin den Wachturm bestieg und sich selbst in der Ferne davon rollen sah, heimatlos, wie ein Stein. Dann war Schluß. Kurze Verbeugung. Ab. Black. Es war großartig und Archibald war glücklich. Das war besonders. Fanden die Herren Ehrenfeld und Albert auch. Die müssen es ja wissen. Die haben den Meister schon oft genug gesehen und gehört. So sinnt der Bär nach, in einem Briefkasten in Nemmberch, als ihm einfällt, was er vergaß. Weia! Frau Elvira Bühne wartet auf ihn. Die vorletzte Antwort auf die letzte Frage! Die leeren Vorratskammern! Der Winterschlaf! Er stürzt hinaus in die freie Luft und ein Radfahrer kommt vorbei. Es hätt’ ja auch eine Trambahn sein können, aber nein, ein Radfahrer war’s. Er winkt und fragt den Pedaleur, ob er ihn denn ein Stück des Weges mitnehmen könne. Richtung Mittelhessen. Man hält an.

nbg6

Thema: Robert Zimmermann, Unterwegs mit Herrn Albert | Kommentare deaktiviert | Autor: Christian Lugerth

KONSONANTENVERSCHIEBUNG / KUNST ODER GUNST / UNABHÄNGIGKEIT

Donnerstag, 10. November 2011 18:36

nbg3

Bürger Mahler schreitet also die Stufen hinab. Ei gewiß, Bürger Mahler, denn einen Tag lang Kaiser zu sein reicht vollkommen. Man will ja nicht vermerkeln. Und hat nicht Herr Robert Zimmermann einstens gesungen: „I have dined with kings, I’ve been offered wings, And I’ve never been too impressed.“? Bürger Mahler ist also die Stufen hinab geschritten und steht vor dem Hasen, Türers weltberühmtem Hasen. Türer? Nemmberch, die Türerstadt geht natürlich nicht. Es wird der Konsonant verweichlicht und aus den Türern aus Ungarn werden die Dürers aus Nemmberch. Und aus der Kunst wird so die Gunst? Alles nur eine Frage der Konsonantenverweichlichung? Günstler? Kunstling? Türer war ein fleißiger Mann, ein erfinderischer Mann, er malte, stach Kupfer, schnitt Holz, aquarellierte, tat sich als Kunsttheoretiker hervor, fand sich ausgezeichnet zurecht in dem Denkgebäude namens Mathematik und entwarf sogar eine Festung drunten im fernen Schaffhausen. Und eines Tages, vielleicht kurz vor oder nach dem heiligen Osterfeste – der Türer war ein frommer Mann und disputierte sogar mit dem Herrn Luther – malte er ein Aquarell, darauf ein kauernder Feldhase. Und wie es so kommt – die Antwort weht im Wind – ist dieses Bildchen, das was für die meisten Aufrechtgeher übrig bleibt, fällt der Name Türer. (Die betenden Hände! Die betenden Hände! Gruß vom Säzzer!) Archibald Mahler hat noch nie von dem Hasen des Türer gehört, er kennt lediglich Herrn von Lippstadt – Budnikowski, aber wozu hat man den Herrn Ernst Albert an seiner Seite, der gerne mal schlaumeiert. Und weil der Aufrechtgeher per se nun mal Aufrechtgeher ist, reicht es ihm nicht den Hasen des Herrn Türer zu betrachten und sich daran zu freuen und einem Nemmbercher Pfeffersack reicht des scho glei gar ned, nein der Hase muß vermarktet und verwurstet werden. Souvenir, Souvenir! Bettwäsche, Kaffeetasse, Unterhose, Flaschenetikett, in Schokolade gegossen, mit Marzipan gefüllt, all die ungezählten Verballhornungen und üblichen Varianten der Witzichkeit. Und deshalb wohl hat ein Künstler diese Hasenvariante vor das altehrwürdige Türerhaus gestellt. Dieser Hase hier gebiert lauter kleine Ungeheuer. Sein Leib platzt. Man kennt sich selbst nicht mehr. Kunst zu Gunst und wieder Kunst. Wild sieht das aus, das große kupferne Hasenviech. Das gefällt dem Bären. Ein Nemmbercher kommt vorbei und bemerkt, daß dieser Hase ja nun wirklich nicht schön sei und ob das so sein müsse. Das Original aber, ja, das Original! So schön. Und Archibald Mahler freut sich, weil da ein Bildhauer die Verwurstung verwurstet hat und man kann es sehen. Jetzt drängelt Herrn Ernst Albert. Der Herr Robert Zimmermann würde warten. Und der Magen verlangte noch nach einer Wurst. Her damit, dies muß man dem Bären nicht zweimal sagen. Doch noch nicht einmal die Wurst heißt hier Wurst. Sie heißt: „Dra im Weckla“. Schmeckt aber ausgezeichnet. Da kommen zwei Aufrechtgeher vorbei. „Meinst Du er spielt heute ‚Blowing in the Wind’? In München hat er es gespielt!“ „Ja, aber total verhunzt. Das Original aber, ja, das Original! So schön.“ Bürger Mahler wischt sich den Restsenf vom Maul und spitzt seinen Bleistift.

nbg4

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SANDSTEIN / VISITENKARTE / KRÖNUNG

Mittwoch, 9. November 2011 16:52

nbg1

Wo war Archibald Mahler denn hier hingelangt? Hatte der ehrenwerte Herr Ernst Albert nicht davon gesprochen, man würde ins Frankenland nach Nemmberch – so klingt der Namen der Stadt in der Sprache der in ihr Geborenen! – reisen, um daselbst in Begleitung des honorigen Herrn Karl Ehrenfeld, seines Zeichens Tierstimmenimitator, Vorhangkünstler und alter Freund des Herrn Albert, dem ewigen Herrn Robert Zimmermann die Ehre zu erweisen? Nemmberch, eine weitere Stadt auf der Adressen- und Lebensliste des Herrn Albert, war dies nicht das Ziel gewesen? Und jetzt dies hier? Eine Art urbane Sandsteinwüste, ein fränkisches Canyonland, ein lokaler Ayers Rock für Flugängstler? Äußerst seltsam! Doch es sitzt sich gut! Das findet zumindest Herr Archibald Mahler, streckt seine Nase in die Frankenluft, mißt weiterhin zweistellige Celsiuseinheiten und lobt Herrn Freiherr Gottfried von Herbst ob seiner Lenzereien. Doch halt: von sitzen zu reden wäre untertrieben. Dem Bären ist es, als throne er in dieser Mulde des Sandsteingehügels, ja ihm ist, als sei sein Pöter geradewegs für diese kaiserliche Mulde wie geschaffen, nein nicht wie, sondern für den Pöter des Herrn Archibald Mahler, bisher lediglich Bär vom Brandplatz, wurde diese Thronmulde schon vor langer, langer Zeit in die Sandsteinhügel zu Füßen der Kaiserpfalz zu Nemmberch geschabt. Von Aufrechtgeherhand oder von Wind und Wetter. Dem Bären sei es gleich. Er blickt hinab auf die Stadt zu seinen Tatzen, grüßt huldvoll Dächer und eilendes Volk und, da er schon mal hier ist, faßt er folgenden Beschluß: Rauf auf die Burg! Hinein in die Kaiserpfalz! Vielleicht wird heute ja gekrönt! Und so sitzt der Bär vor der Burg, die auf und aus Sand gebaut, aber immer noch steht, ihm ist gar kaiserlich zu Mute und da ihm auffällt, daß er ja immer noch keine Visitenkarten sein eigen nennen kann, druckt er schon mal welche. Im Bärenkopp natürlich. Fanfaren! Tusch! Es grüßt aus historischer Höh’: Kaiser Archibald der Pelzige, Großfürst vom Brandplatz und Feldmarschall der Vereinigten Mittelhessischen Weltschauer. Dies die ersten überlieferten Worte Seiner Bärhaftigkeit: „Und so blicken Wir über unserer emsiges Reich und, siehe dort unten, da hoppelt ein Hase. Herr von Lippstadt – Budnikowski kann es nicht sein. Der weilt noch in Litauen. Schauen Wir doch mal nach dem Rechten. Du aber, mein Volk, bau den Christkindlsmarkt auf!“ Archibald Mahler, Verzeihung, Ihro Exzellenz und Erster Bedenker des Abendlandes, Seine Majestät Kaiser Archibald der Pelzige, Großfürst vom Brandplatz und Feldmarschall der Vereinigten Mittelhessischen Weltschauer erhebt sich. Und wenn der Kaiser sich erhebt, kann das dauern. Schauen wir morgen wieder vorbei!

nbg2

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